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Dieses Fundament begründet auch die durch nichts zu erschütternde, im Bedarfsfall mächtig druckvoll antretende Gangart der Performa F208.
Die Leichtigkeit und Klarheit der Wiedergabe dagegen ist – genauso wie die reichhaltig bestückte Palette an intensiven Klangfarben, mit der die Revel agieren – eine der Überraschungen, die diese vollausgewachsenen Lautsprecher bereithalten: Man erwartet eigentlich geradezu, bei höheren Lautstärken vom (Tief-)Bass erdrückt zu werden, aber gerade das passiert trotz allen vorhandenen Potenzials eben nicht. Stattdessen agieren die F208 erstaunlich behände, präzise, schnell und agil und verdecken weder Oberbass noch Mittelton mit der im Bedarfsfall abrufbaren energischen Tiefenkraft ihrer insgesamt vier 20er-Bässe.
Auch wenn die Performas nicht ganz verleugnen können, dass sie sich im unteren Frequenzbereich diesen Prinzips bedienen, bleibt der oft so unangenehme Druck auf den Ohren, den viele andere Bassreflexlautsprecher hervorrufen, dankenswerterweise aus. So bleiben die Revel Performa F208 mustergültig neutral, kultiviert und feinsinnig, verzichten auf Effekthaschereien und tun ihr Bestes, auch dem Vorurteil vom amerikanischen Bassmonster für Riesenwohnräume entgegenzutreten.
Selbst sehr tieftonlastig aufgenommenes und abgemischtes Material wie zum Beispiel Massive Attacks „Angel“ verschwimmt nicht zu einem Brei aus tieffrequenten Druckwellen, sondern bewahrt Form und Gleichgewicht auch bei hohen Lautstärken. Während viele Lautsprecher beim Einsatz der elektrischen Gitarren und Crash-Becken um zirka 2:30 Minuten herum „dicht“ machen, verzerren und nerven, kann man sich’s mit den großen Revel kaum verkneifen, die Stromlieferfähigkeiten der Endstufen immer weiter auszureizen.
Die Teile können einfach unglaublich laut unverzerrt spielen, und die „Über-Alles-Abstimmung“ der Performas ist trotz des hohen Auflösungsvermögens und der tonal neutralen Spielart tendenziell auf der angenehmen und relaxten Seite angesiedelt. Selbst bei Portisheads selbstbetiteltem Zweitwerk, einem notorischen Tweeter-Killer mit unbarmherzigen Analogsamples insbesondere im Album-Opener „Cowboys“, bleibt der Impuls, die Lautstärke zu drosseln, aus, es gibt keine Spur von Grellheit.
Und auch wenn der Hochtöner im Zweifelsfall lieber die allerobersten Spitzen kappt, statt es für den Hörer unangenehm werden zu lassen, ist sein Auflösungsvermögen spitze. Ich lehne mich damit jetzt vielleicht etwas weit aus dem Fenster, denn David Wilsons Kreationen spielen bekanntlich in einer ganz anderen Preisklasse, aber ich fühle mich insgesamt fast ein wenig an Wilson Audios Sophia erinnert, die es ebenfalls schafft, Feingeist und schiere Kraft so gekonnt und ungekünstelt zu vereinen – auch wenn die Sophia im Hochton noch eins draufzusetzen vermag.
Dabei fällt mir auf, dass die Spielfreude der Lautsprecher und mein Spaßfaktor exponentiell mit der Erhöhung der Wiedergabelautstärke ansteigen. Egal ob Alternative Metal wie auf Filters unerwartet starkem Comeback-Album The Sun Comes Out Tonight oder Trip-Hoppigem wie „Low Place Like Home“ vom Sneaker-Pimps-Album Becoming X: Musikmaterial der dezibelintensiven Art macht so richtig laut eben erst so richtig Spaß!
„Where Is The Line“ von Björks ebenso verstörendem wie bizarr-schönem Album Medúlla sprüht funkelnd, pulsierend, ansatzlos explodierend und gänsehauterregend aus den Lautsprechern – bis meine Frau kopfschüttelnd in der Tür zum Wohnzimmer steht.
Natürlich geht’s auch leise, aber der druckvolle, klare und ungemein tiefe Bass der F208 kommt erst dann vollauf zur Geltung, wenn er auch physisch spürbar ist. Wer ultimative Rasanz und Attacke über das gesamte Frequenzspektrum sucht, sollte sich zwar immer noch lieber bei Horn & Co. umsehen, doch für einen Drei-Wege-Bassreflex-Lautsprecher mit konventionellen Treibern und langhubig ausgelegten 20er-Bässen gibt es bei den Revel in Sachen „Speed“ nicht wirklich was zu bekritteln. Die hell abgestimmte Snare in „Low Place Like Home“ (Sneaker Pimps) zum Beispiel knallt ordentlich, und das Drum-Solo in „Bouncin‘ with Bud“ auf Chick Coreas 1997er Album Remembering Bud Powell lässt kein Auge trocken, wenn es in livehaftiger Lautstärke mit viel Körper und Druck aus den Boxen drischt – dynamisch scheinen die F208 einfach keine Grenzen zu kennen, so sie denn mit entsprechend viel stabiler Leistung versorgt werden. Sorry, liebe Mietwohnungsbewohner, aber der nachbarliche Frieden gehört mit einer F208 klar auf die rote Liste der gefährdeten Sozialbeziehungen …
Nun ja, einen solchen Lautsprecher kauft man sich ja auch nicht, um nach Mitternacht Streichquartette zu hören – auch wenn man es, ohne je an die schiere Masse der F208 denken zu müssen, mit Genuss könnte.
Test: Revel Performa F208 | Standlautsprecher