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Es zeigt sich übrigens auch bei diesem Song, dass das etwas zurückhaltende Höhen„sounding“ den Lautsprechern sehr gut tut. Das sehr brachiale, Crash- und Ridebecken-betonte Schlagzeug erfährt durch diese Maßnahme eine wohltuende Durchhörbarkeit und Differenziertheit, ohne dass die „in your face!“-Gangart des Schlagzeugers dabei unter den Teppich gekehrt würde. Vielmehr macht es Spaß zu hören, wie unterschiedlich eben doch die relativ „stupiden“ Crashbeckenschläge klingen können, wenn man sie sauber und nicht zischelnd präsentiert bekommt. In den ruhigeren Strophen erfreut einmal mehr die räumliche Darstellung, die zugleich großzügig, sauber und realistisch klingt. Wiederum fallen mir, wie auch schon bei den ersten Tracks, die sehr natürlich und einfach schön klingenden Gitarren auf. Ich habe es oft schon erlebt, dass günstige Kompaktlautsprecher im Mittenbereich ein gewisses Näseln oder nicht immer günstig betonte Formanten mitbringen. Die Image B6 wirkt in diesem Bereich für mich beinahe monitorhaft sauber.
Immer wieder erstaunlich, wohin eine assoziative Musikreise einen doch führen kann. Ich hätte nicht unbedingt gedacht, dass ich mich ausgerechnet bei einem preiswerten Kompaktlautsprecher auf harte Sounds einschießen würde, doch genau das macht mir gerade Freude, und daher möchte ich Nachschlag, und zwar Shellacs „Paco“ vom Album Excellent Italian Greyhound. Dieses klassische Bass/Gitarre/Schlagzeug-Instrumentalstück ist so richtig schön böse. Obwohl es in durchaus gemächlichem Tempo daherkommt, spürt man, dass Bandleader und Gitarrist Steve Albini kurz davor ist, vor Wut zu bersten – und diese Stimmung überträgt er auf seine beiden Mitmusiker. „Paco“ lebt von Laut-Leise-Wechseln, dem typisch düster-trockenen und alles andere als gefälligen Klang der Gitarre, sowie einem leicht verhallten, präzise polternden Schlagzeug.
Die Regler nach rechts bitte – und das macht Freude! Die B6 gestattet es, die Lautstärke ordentlich weit aufzureißen. Alles andere als handzahm brettert sie los, angenehm kontrolliert schiebt sie die Gitarren- und Schlagzeugattacken in den Raum und weist den Musikern mit strenger Hand ihre Plätze zu. Und damit transportiert sie die typische Shellac-Atmosphäre aus Zorn und Kontrolliertheit sehr überzeugend. Bis natürlich auf den letzten „körperlichen“ Wums im Bass. Kann sie auch nicht können, klar. Ich leine mal kurz den Nubert AW-441 Subwoofer dazu an und – bingo! Die beiden verstehen sich auf Anhieb, eine – auch preislich – wunderbare Paarung.
Und nun: Klassik! Johann Sebastian Bach. Das fünfte Brandenburgische Konzert in D-Dur, gegeben vom Bath Festival Orchestra unter Yehudi Menuhin. Zunächst das Positive: Erstaunlich wiederum, wie sauber die räumliche Auflösung ist. Hier wird nicht zu dick aufgetragen, nichtsdestotrotz ist die Bühne breit und das Orchester sehr glaubhaft und wohlsortiert dargestellt. Gut, „nach hinten raus“ ist die Übersicht natürlich nicht so gut, wie bei merklich teureren Lautsprechern, aber das Gebotene ist für den Preis sehr gut.
Etwas weniger gefiel mir an dieser Stelle, dass es dem Cembalo im Vergleich zu den Streichern ein wenig an Präsenz fehlte. Wird es doch gerade bei den Brandenburgischen Konzerten immer wieder solistisch eingesetzt, so kam es mir passagenweise so vor, als würde es eher ein wenig im Hintergrund herumklimpern. Sicherlich auch eine Frage der Aufnahme und Einspielung; witzigerweise klang es dann tatsächlich auch bei einer vorhandenen Zweiteinspielung (Slovak Chamber Orchestra unter Bohdan Warchal) durchsetzungsfähiger. Trotzdem sorgt vermutlich die bewusst ruhige Obertongangart der B6 bei einem Instrument wie dem Cembalo, das von reichen Obertönen sehr lebt, für eine gewisse Zurückhaltung.
Andere Orchesterwerke hingegen, beispielsweise das Mozart-Requiem (Berliner Philharmoniker unter Claudio Abbado), klingen über die B6 überzeugend, weil sauber und erwachsen, wenn ihnen auch gegenüber großen Standboxen zuweilen in Tutti-Passagen naturgemäß eine gewisse Wucht oder Körperlichkeit abgeht, aber das ist nun einmal in dieser Preis- und Abmessungsklasse nur logisch und damit „entschuldigt“.
Noch ein Ausflug ins Elektronische. Der Berliner DJ und Produzent Miwon hat 2008 mit dem Album A to B eine angenehm hypnotische, gut durchhörbare und durchaus auch humorvolle Elektronikscheibe (unter anderem gibt es auf diesem Album ein SEHR aus dem Zusammenhang gerissenes Fleetwood Mac-Zitat) herausgebracht. Der Track „They Leave In Autumn“ reitet im Grunde gut sechs Minuten lang auf zwei Harmonien herum. Dies aber mit einer so faszinierenden Steigerung in Rhythmus und Sequenzerphrasierungen, dass die sechs Minuten im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug vergehen. Erfreulich ist, was die B6 daraus macht:
Es zeigt sich erneut ihr flinker, spielfreudiger Antritt, und zwar nicht nur im Bass, sondern durchaus auch im gesamten Mittenbereich. Der Song bekommt dadurch im positiven Sinne etwas Drängendes, das dem elektronischen Klangcharakter sehr entspricht. Ich sage dazu gern, „der Song klebt direkt an den Membranen“ – der Lautsprecher wirkt hier wie an der Stange geführt und spielt federnd-zackig. Die Wiedergabe ist auch räumlich wiederum sehr fokussiert und zieht den Hörer angenehm hinein ins Geschehen. Diese Spielfreude, gepaart mit einer guten, ermüdungsfreien Durchhörbarkeit lässt den bauartbedingten Mangel an Tiefstsubstanz an dieser Stelle beispielsweise fast ganz vergessen.
Test: PSB Image B6 | Kompaktlautsprecher