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Klang: Progressive Audio Extreme 2 aktiv (Forts.)

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  1. 3 Klang: Progressive Audio Extreme 2 aktiv (Forts.)

Nicht zu Unrecht darf Progressive-Audio-Chef Koenen also stolz darauf sein, dass sich die von ihm „Babys“ genannten Aktiven in der Abteilung Bass so wacker schlagen, dennoch liegt für mich ihre wahre Berufung mehr noch in den Mitten. Ausgesprochen natürlich differenzieren die Progressive Audios die Stimmen der drei Tenöre und des Bassisten der A-capella-Spezialisten The Persuasions, wenn diese sich den Songs der Beatles widmen. Um die Sänger so klar voneinander zu trennen, ist eine hohe Analysefähigkeit im wichtigen Frequenzband von 150 bis etwa 4.000 Hertz hinauf unabdingbar. Fast beiläufig meistern die Extreme 2 diese Anforderung und laden das Quartett aus Kalifornien ob des gebotenen Realismus damit zum Privatkonzert in meinen Hörraum.

Progressive Audio Extreme 2 Aktiv

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, auch Instrumentales bringen die Aktiven mit gleicher Sorgfalt zu Gehör. Allerdings steht mir gerade jetzt der Sinn nach gesanglich Hochprozentigem, was im Klartext nur eine Oper sein kann. Und da die Extreme 2 Aktiv keineswegs über eine schüchterne oder zurückhaltende Hochtonwiedergabe verfügen, sondern klare und frische Höhen propagieren, ist durchaus zu befürchten, dass dabei ein Sopran in den oberen Lagen schon mal etwas aufs Gehör drücken könnte. Noch dazu ein Koloratursopran wie der der Violetta in Verdis La Traviata (RCA Victor/LSC 6154).

Doch fast überraschend drückt hier rein gar nichts. Im Gegenteil, selten habe ich die stimmgewaltige Anna Moffo als Lebedame Violetta Valery so unangestrengt in den Höhen genießen dürfen. Natürlich hat der Progressive-Audio-Chef eine Erklärung dafür parat und führt aus, wie sich mit phasenrichtiger Wiedergabe und korrektem Impulsverhalten die häufig zu beobachtende Angestrengtheit, um nicht zu sagen: Lästigkeit mancher Lautsprecher bei hohen Frequenzen komplett vermeiden lässt. Selbst wenn man die Hochtonanpassung benutzt und damit die oberen Frequenzen um ein Dezibel weniger bedämpft, ändert sich an der gediegenen und entspannten Gangart der Progressive Audio Extreme 2 kein bisschen.

Auch wenn die schlanken Essenerinnen unser Gehör bei guten Aufnahmen mit einer weitgehend stressbefreiten Wiedergabe verwöhnen, soll die Kehrseite keineswegs verschwiegen werden: Hat der Toningenieur die Aufnahme absichtlich oder durch Schlamperei mit zu viel Hochtonpfeffer versehen oder sonst wie verpfuscht, dann werden ihnen die Extreme 2 Aktiv – typisch für transparent und sauber aufspielende Lautsprecher – das keine Sekunde vorenthalten. Womit der für die ungekünstelte Offenheit und exzellente Analysefähigkeit solcher Schallwandler zu entrichtende Obolus benannt wäre.

Progressive Audio Extreme 2 Aktiv

In Sachen Dynamik lassen sich die Progressive Audio Extreme 2 Aktiv erst recht nicht die Butter vom Brot nehmen. Wenn es um Feindynamisches, aber auch Handfesteres geht, sollte allein schon wegen ihrer herausragenden Antrittsschnelligkeit für ein Plätzchen weit vorn gesorgt sein. So machen sich Cord Garben und Thomas Hoppe, die beiden Pianisten des The Ring Piano Project im Vorspiel zu den Walküren daran, die Zuhörer mit kraftvollem und dennoch behändem Stakkato schwindelig zu spielen. Hier darf die Qualität der Schallwandler dem nicht nachstehen, sonst wird es schnell unübersichtlich und konfus. Keine Sorge, die Extreme 2 halten mit. Wirklich gute, dynamisch charly antolinyakzentuierte Klavieraufnahmen über ein Paar der Progressive-Audio-Aktivisten zu hören, dürfen sie ruhig zu den sehr angenehmen Aufgaben eines Testers zählen.

Wenn es noch heftiger, aber auch grobdynamischer sein soll, empfiehlt sich nach wie vor Charly Antolinis Schlagwerk-Klassiker „Knock Out“. Die überraschenden Beats und brachial hereinbrechenden Impulse des Direktschnitts sind ein durchaus willkommenes und genehmes Futter für die beiden Extreme 2. Ja, das geht mit den schlanken Schallwandlern sogar erstaunlich gut, wenn freilich auch der Sinn für Realismus jenseits gutnachbarschaftlich vertretbarer Lautstärkepegel etwas von seiner Faszination einzubüßen beginnt und allmählich ein gepresster Unterton die langsam einsetzende Komprimierung des Klangbildes ankündigt. Vielleicht sollte ich mit dieser Scheibe mal den Kollegen Werner besuchen. Der hat die Blumenhofer Genuin 1 Mk.II mit den 16-Zoll-Bässen bei sich herumstehen …

Progressive Audio Extreme 2 Aktiv

Halt, einen Punkt bin ich Ihnen schuldig geblieben: Sicher ist es durchaus nicht immer einfach, mit letzter Bestimmtheit zu sagen, wann ein Lautsprecher tatsächlich auf Idealline in allen tonalen Belangen ist, also dem Urmeter an Neutralität am nächsten kommt. Nichtsdestotrotz dürfen sich die Progressive Audio Extreme 2 Aktiv getrost zu den wirklich heißen Anwärtern für diese Auszeichnung zählen.

Mehr noch als meine La Campanellas und die mit reichlich Spielfreude imponierenden Zweiwege-Monitorlautsprecher Event Horizon von Clockwork Audio, welche auch weniger perfekten Aufnahmen mit etwas mehr Nachsicht begegnen, scheinen sich die Essener Aktivisten aus dem „kreativen“ Prozess der Schallwandlung heraushalten zu wollen. Und das kann Folgen haben. Lässt man sich eine Zeitlang auf so eine unverfälschte, impulstreue und im besten Sinne hochneutrale Art des Hörens ein, ist es durchaus vorstellbar, dass ein ziemlich unumkehrbarer Lern- und Erkenntnisprozess einsetzt. Damit könnte das Kalkül des Ralf Koenen tatsächlich aufgehen.

Progressive Audio Extreme 2 Aktiv

Überdies sollten Interessenten bedenken, dass die Extreme 2 Aktiv bei der Auswahl ihrer Mitspieler, insbesondere der des Vorverstärkers nicht ohne Anspruch sind. Sicherlich harmoniert die Extreme 2 Aktiv mit preislich standesgemäßen Vorstufen wie Jeff Rowlands Capri oder dem passiven Music First Audio Classic. Gut beleumundete Geräte der Dreitausend-Euro-Klasse, mit denen ich sie zu Vergleichszwecken zwischenzeitlich kurz verbandelt habe. Doch bringt Accustic Arts große Vorstufe Tube Preamp II Mk2 die Performance der Extrem 2 Aktiv nochmals deutlich weiter nach vorn und lässt sie damit aus ihrer Preisklasse herausragen. Schlimmer noch, ich bin nicht sicher, sie wirklich ausgereizt zu haben.

Wäre es da nicht an der Zeit, das Progressive-Audio-Portfolio um eine adäquate Vorstufe zu ergänzen?

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Test: Progressive Audio Extreme 2 Aktiv | Aktivlautsprecher, Standlautsprecher

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