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Die Hörrunden mussten die Plinius-Amps sowohl an der Kharma CE 3.2 als auch an meinem Monitorlautsprecher Gamut Phi3 absolvieren. Dabei betrieb ich den Plinius SA-103 hauptsächlich mit der M8 oder überließ die Vorverstärkung der integrierten Vorstufe des Multiplayers Bladelius Gondul M. Außerdem habe ich die Vorstufe M8 an meinen Monos M 500 von Mudra-Akustik gehört.
Plinius M8 und SA-103 fühlen sich in dieser Umgebung auf Anhieb wohl. Die Kombi zaubert aus den Kharma 3.2 ein energiegeladenes, quicklebendiges Klangbild. Ätherische Soundwolken und nur zaghaft hingetupfte Klangwölkchen sind nicht ihr Ding. Die Plinius-Verstärker sprechen eine verbindliche Sprache. Sie wirken dabei druckvoller und substanzieller als viele Verstärkerkollegen. Dass feine Details und Klangverästelungen dabei nicht auf der Strecke bleiben, zeugt von einer gekonnten Gesamtabstimmung und einem Ohr für musikalische Belange. Obenherum klingt es nämlich feinsinnig und detailliert. Kein plumpes Gezischel kommt aus den Keramikhochtönern meiner Kharma. Ein sorgfältig austarierter Hochtonbereich, der, bei aller gebotenen Klarheit, nie aufs Ohr zu drücken droht.
Die amerikanische Singer-Songwriterin Lucy Kaplansky verarbeitet auf ihrem neuen Album Reunion die großen Themen Trauer, Tod, Glück und Hoffnung in sehr persönlichen, fast intimen Momentaufnahmen. Die Tontechnik hat dazu ein sehr ausgewogenes, fast unspektakuläres Klangbild kreiert. Eher ein ruhiges Album, das gerade deshalb zu intensiverem Hören einlädt. Kaplansky Stimme steht, ausgesprochen plastisch abgebildet, im Mittelpunkt. Die Transienten erscheinen mit den Plinius-Verstärkern dabei minimal zurückgenommen, was aber keinesfalls mit unterbelichtet oder gesoftet übersetzt werden darf. Vielmehr hört sich alles sehr natürlich an. So profitiert auch die Langzeithörtauglichkeit enorm von dieser Abstimmung. Das neuseeländische Duo schöpft aus einer reichen Farbpalette, sodass das Klangbild nie gräulich oder steril zu wirken droht. Stimmen und akustische Instrumente erhalten ihren typischen Charakter. Das Klavier auf „Sleep well“ ist ein Klavier und eben kein Flügel.
Die Raumabildung geht in der Breite deutlich über die Lautsprecher hinaus und lässt dabei zwischen den Agierenden ausreichend Luft. Das ist schon ein beeindruckendes Panorama, zumal sich der Klang komplett von den Speakern zu lösen vermag. Etwas weniger ausufernd ist die Ausleuchtung des Raumes hinter der Lautsprecherebene. Von einem flachen Klangbild zu sprechen, wäre allerdings grundfalsch. Sagen wir lieber, die Plinius-Amps vermeiden es diesbezüglich zu übertreiben.
Anastasis, die neue Platte von Dead can Dance, ist sicher eine solide Produktion, auch wenn ich weniger Halleinsatz bei den Gesangsparts als stimmiger empfunden hätte. Dafür kommt der Bass überzeugend, gewaltig und ziemlich tief. Dass es der Stereoverstärker Plinius SA-103 versteht, diesen Bassbereich überzeugend griffig und profund darzustellen, zeigen mir Quervergleiche mit den Mudra-M500-Monos. Der Plinius geht nicht nur tiefer in den Basskeller hinab als die deutschen Endverstärker, sondern legt dabei auch noch eine erstaunliche Kontrolle an den Tag. Diese Endstufe ist kein Tieftonmonster, sie geht vielmehr als Basskünstler durch!
Noch mehr Bass muss sein. Diesmal allerdings akustischer. Gespielt von Renaud Garcia-Fons. Die Art und Weise, wie Garcia-Fons seinen Kontrabass spielt, oder besser bespielt, ist zumindest für meine Ohren ganz und gar ungewöhnlich und verblüffend. Wenn Sie beim Hören der Illusion erliegen, einem mehrköpfigen Ensemble zu lauschen, Flötisten und Percussionisten heraushören können, liegen Sie komplett falsch. Der Mann ist wirklich Alleinunterhalter. Das Feuerwerk, das er mit Hilfe von Effektgeräten und Loops auf Solo. The marcevol Concert abbrennt, macht über die Plinius-Kombi wirklich Laune. Wieder fällt dieser gut kontrollierte Tiefgang auf, dabei wirkt hier nichts gestelzt oder unnatürlich. Die Vorführung gerät so mitreißend, dass es mich kaum auf dem Hörplatz hält. Ganz klar, Swing und Timing sind beileibe keine Fremdworte für den SA-103. Dagegen wirken selbst Mudras M500 schon fast ein wenig hüftsteif.
Auch die auf „Anastasis“ schon vernommenen dynamischen Qualitäten der Plinius-Verstärker versetzen mich hier erneut in Erstaunen – besonders dann, wenn Garcia-Fons die Saiten seines Basses mit einer Vehemenz auf das Griffbrett knallen lässt, dass das Reißen einer Saite nur mehr eine Frage der Zeit zu sein scheint. Wer glaubt, dass ein Kontrabass keinen wirklichen Hochton besitzt, wird hier schnell eines Besseren belehrt. Unter Renaud Garcia-Fons Händen stöhnt und jauchzt das große akustische Instrument auch in relativ hohen Lagen, dass es eine Freude ist. Genau der richtige Moment, um endlich auf den Class-A-Betrieb umzuschalten.
Mit einem vernehmlichen Klacken schaltet das Relais im Plinius SA-103 die Betriebsart um und … nein, keine Angst, der Grundcharakter des Verstärkers bleibt der gleiche, aber der wichtige Mittenbereich, der eben noch einen kleinen Hauch von Strenge verspüren ließ, wirkt nun ein Stück entspannter, irgendwie geschmeidiger. Der Kontrabass lässt seinen Holzton deutlicher zutage treten und sein Korpus legt an Konturenschärfe nochmals vernehmlich zu. Die natürliche Anmutung des Klangbildes wirkt insgesamt noch glaubwürdiger, eine Disziplin, in der ich den SA-103 sowieso schon weit vorne wähnte.
Auch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass ein imaginäres Zoomobjektiv den Hörer ein Stückchen näher an die Protagonisten heranbringt. Die Atmosphäre gewinnt einfach an Nähe und Intimität. Der Gänsehautfaktor steigert sich merklich. Getreu dem angelsächsischen Motto „there’s no such thing as a free lunch“ registriere ich aber auch einen etwas weniger kontrolliert daherkommenden Bassbereich. Der im AB-Betrieb konstatierte feste Griff scheint sich etwas zu lockern. Weil auch die Raumdarstellung kompakter gerät, hat das zur Folge, dass zum Beispiel großorchestrale Aufnahmen, hier namentlich Denons Onepoint-Recordings der Mahlersinfonien mit dem Radio Sinfonie Orchester Frankfurt unter Eliahu Inbal, nun weniger Spektakel entfachen und der Boden der Konzerthalle unter der großen Pauke weniger lange nachzuhallen scheint.
So würde ich große symphonische Werke und auch bassgewaltige Rockmusik weiterhin eher im Class-AB-Modus genießen wollen. Wenn das Programm aber maximale Feinauflösung und eine möglichst nuancenreiche Wiedergabe erfordert, ist der Einsatz des Class-A-Modus für mich die erste Wahl …
Test: Plinius M8 und SA-103 | Vor-End-Kombi