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Test: Clearaudio Stradivari V2 | Tonabnehmer

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Test: Clearaudio Stradivari V2 | Tonabnehmer

 

November 2015 / Frank Hakopians

Nein, schamhaftes Tiefstapeln ist wirklich nicht der Stil, den sie bei Clearaudio (www.clearaudio.de) pflegen. Oder was soll man dazu sagen, wenn man wie ich letztens auf der High End vor einer mannshohen Trutzburg von Laufwerk steht, die nicht von ungefähr auf den Namen Statement hört und mit 105.000 Euro im Fall des Erwerbs auch ein sattes Loch ins Portemonnaie zu reißen droht? Beim Phonovorverstärker Absolute Phono Inside dürfte bereits die Typbezeichnung so ziemlich auf das Gegenteil von unbedeutend hinweisen. Was sich im Hörbericht vor Jahresfrist dann auch durchaus bestätigen ließ.

Einen Tonabnehmer mit dem Namen Stradivari zu versehen, ist da eigentlich nur konsequent, denn schließlich gilt der Namensgeber Antonio Stradivari als Schöpfer der bekanntesten und wahrscheinlich auch besten Violinen aller Zeiten. Naheliegend, dass Clearaudio mit dem Stradivari nicht gerade ein Einstiegsmodell bezeichnet.

Dass Stradivari gehört in der Tat zu Clearaudios Top-MCs. Es entstammt einer Serie von insgesamt fünf Tonabnehmern, an deren Spitze unangefochten das mit 10.500 Euro sündhaft teure Goldfinger Statement steht. Der Einstieg beginnt allerdings bei 2.200 Euro, die für das Concerto fällig werden. Darauf folgt unser Testproband. Zwischen diesem und dem Goldfinger finden sich mit dem Clearaudio da Vinci und dem Titanium dann noch zwei weitere Systeme zur Auswahl. Schon seit 2003 ist das Stradivari im Programm. Allerdings erhielt es vor 3 Jahren ein grundsätzliches „Facelift“, und darf sich seitdem Stradivari V2 nennen.

Clearaudio Stradivari V2

Ein Kaufpreis von 3.000 Euro ist natürlich schon „highendig“, ohne allerdings in die Stratosphäre der Super-Tonabnehmer abzudriften, was den größeren Geschwistern vorbehalten bleibt. Tatsächlich kann die 3.000-Euro-Klasse für erfahrene und einigermaßen solvente Analogfreunde genau richtig sein, finden sich hier und knapp darüber doch Tonabnehmersysteme, die sich klanglich deutlich von den Brot-und-Butter-Abtastern des breiten Mittelfeldes absetzen und zum Teil schon nahe an die Performance der wenigen Tonabnehmerlegenden heranreichen, deren Anschaffung dann aber so richtig ins Kontor schlägt.

Hält man sich vor Augen, dass die diamantene Nadelspitze, egal welch raffinierten Schliff sie aufweist, immer ein Verschleißteil von begrenzter Haltbarkeit ist und die Anschaffung eines solchen Kleinods in der Regel auch noch vor einem kritischen und fatalerweise meist vetoberechtigten Mithaushaltsvorstand zu rechtfertigen sein wird, sollte der Quotient aus klanglicher Rendite, Lebensdauer und finanzieller Aufwendung schon einen deutlich positiven Ausschlag aufweisen.

Ob unser Clearaudio Stradivari V2 diese Bedingung erfüllen kann, wird sich zeigen. Jedenfalls birgt es schon konstruktiv einige Besonderheiten, die zumindest darauf hoffen lassen. So fällt das System äußerlich zunächst einmal durch einen zwölffingrigen Kragen auf, in den eine Montageplatte aus poliertem Neusilber eingelassen ist. Kragen und Systemkörper bestehen aus einem Stück Ebenholz, welches laut Clearaudio über viele Monate gelagert wurde. Der hölzerne Body und die Montageplatte wurden danach auf das Akkurateste geschliffen und in Form gebracht. Hut ab vor den geschickten Händen, die solch ein nahezu perfektes Ergebnis verantworten.

Clearaudio Stradivari V2

Dann fällt der Blick auf einen weit aus dem System herausragenden Nadelträger. Das dünne Stäbchen aus Boron hat eine Länge von fast einem Zentimeter und trägt an seinem Ende einen recht kleinen Diamanten, der mit dem sogenannten Micro-HD-Schliff versehen wurde.

Unangenehmerweise kann die ungeschützte Physis des nackten Nadelträgers bei eher grobmotorisch orientierten Zeitgenossen schon mal ein gewisses Zittern auslösen. Auch bei mir entfacht der Umgang mit der bruchgefährdeten Preziose nicht nur Glücksgefühle. Schließlich erweist sich sogar die Montage des Nadelschutzes als nicht ganz ungefährliches, weil fummeliges Unterfangen. So sorgt das Stradivari V2 schon vor dem ersten Ton für eine gewisse Dosis Adrenalin in den Adern.

Das Systemgewicht von lediglich 7 g (zum Vergleich: Dynavector XV-I S 12,6 g, Benz LP-S 16,4 g), erfordert in der Regel die Anwendung leichterer Tonarmgewichte. Dem Vernehmen nach soll es sogar Arme geben, mit denen sich das Clearaudio Stradivari V2 gar nicht mehr ausbalancieren lässt. Hier kann, wenn auch wenig elegant, etwas Karosserieknete o. ä. auf der Headshell helfen.

Zwar pflegen Clearaudios Spitzen-MCs optisch eine ganz eigenständige Linie, doch verbirgt sich die eigentliche Novität im Systemkörper. Damit sind nicht die Spulen aus 24-karätigem Gold gemeint, wenngleich auch das keinesfalls den üblichen Gepflogenheiten beim Tonabnehmerbau entspricht, wo meist Kupfer zur Anwendung kommt. Vielmehr geht es um die Lage der Magnete im Generator. Hier schwört Clearaudio auf einen präzise symmetrischen Aufbau mit zwei kanalgetrennten, hintereinander angeordneten Baugruppen aus jeweils vier Super-Neodym-Magneten.

Anordnung der Magnete beim Clearaudio Stradivari
Die Anordnung der Magnete beim Clearaudio Stradivari V2

Genau mittig in dem vergleichsweise kräftigen Magnetfeld ist der Nadelträger positioniert. Folgt man den Ausführungen von Clearaudio, ergibt sich eine mechanisch, magnetisch und elektrisch vollkommene Symmetrie, die erforderlich ist, damit selbst allerfeinste Auslenkungen des Boronstäbchens registriert und in Spannungsänderungen umgesetzt werden können. Auch auf die Kanaltrennung soll sich dieser Aufbau, der nur mit exakt gleichstarken und daher selektierten Magneten möglich ist, ausgesprochen förderlich auswirken. (Etwas mehr zur Clearaudio-Technik im Allgemeinen im Interview mit Peter Suchy.)

Aus dem beschrieben Aufbau resultiert am Ende eine Ausgangsspannung von gut 0,6 mV bei einer Schnelle von 5 cm/sec. Das ist für ein Moving-Coil-System der Spitzenklasse, wo auch schon mal mit unter 0,3 mV zu rechnen ist und nicht wenige Phonovorstufen dann rauschmäßig die Segel streichen müssen, durchaus üppig bemessen. Mit dem Clearaudio Stradivari V2 werden sich die meisten MC-Entzerrer daher problemlos anfreunden können.

Das Stradivari V2 wird in einer schmucken Holzschatulle geliefert
Das Stradivari V2 wird in einer Holzschatulle geliefert

Den Frequenzgang gibt Clearaudio mit 20-100000 Hertz an, der damit nur unter Fledermäusen für Diskussionen gut sein dürfte. Die Systemimpedanz beträgt 50 Ohm, was einen Abschlusswiderstand von 300-500 Ohm als praxistauglich erscheinen lässt.

Jedem System liegen ein Messschrieb und eine individuelle Empfehlung für das optimale Auflagegewicht bei. Das Testsystem zeigt dabei bis etwa 10 kHz einen ausgesprochen linear verlaufenden Frequenzgang, erst oberhalb davon findet sich ein moderater Anstieg zu den höheren Frequenzen hin. Das Auflagegewicht soll demnach systemspezifisch 2,8 g betragen. Von dieser Empfehlung ausgehend haben Veränderungen von bis zu 0,5 Gramm keine wirkliche klangliche Verbesserung nach sich gezogen. Ich beließ es daher bei den vorgeschlagenen 2,8 g, was letztlich auch für ein stimmiges Ergebnis sorgte.

Die Montage erfolgte auf einem Arm des hierzulande noch wenig bekannten koreanischen Analogspezialisten Pyon Sound. Der 10-zöllige Iris SE ist ein mittelschwerer, kardanischer Tonarm, welcher sich durch erfreulich ungehemmte Dynamikentfaltung und eine ausgesprochen offene Spielweise auszeichnet. Zu seinen Besonderheiten gehören eine spezielle punktförmige Resonanzableitung auf einen Keramikring und die Möglichkeit, die Tonarmbasis mittels Madenschrauben feinfühlig „ins Wasser“ zu stellen.

Der Pyon Sound Iris SE ist auf einem Raven AC von TW-Acustic montiert. Dort residiert er im Moment allein, da der Zweitarm von Analog Tools für ein Update zum Hersteller nach Kaarst geschickt wurde und ein neu angeschaffter Graham Phantom II für diesen Test leider zu spät eintraf.

Clearaudio Stradivari V2

Nachdem das Clearaudio Stradivari V2 recht zügig und ohne den befürchteten unfreiwilligen Kontakt mit dem Nadelträger unter die Headshell geschraubt ist, droht die Ausrichtung des Systems zu einem kleineren Problem zu werden. Der Kragen, dem konstruktiv die Aufgabe zukommt, etwaige Gehäuseresonanzen zu minimieren und der zu diesem Zweck unterschiedliche Radien zwischen den einzelnen „Fingern“ aufweist, versperrt den Blick von oben auf Nadelspitze und Gehäusekanten. Schlussendlich ermöglicht mir aber eine mit Tesafilm auf der planen Front des Ebenholzbodys fixierte Bleistiftmiene die Justage des inneren und äußeren Nulldurchgangs mit der gebotenen Präzision.

Phonovorstufen

Den Part des Entzerrervorverstärkers übernimmt Clearaudios Absolute Phono Inside. Eine Kombination, welche sich aufgrund der Familienbande natürlich geradezu anbietet und die ich ausgesprochen gerne nutze, schließlich haben die eingesetzten Tonabnehmer, vom Denon DL103R bis zum Dynavector XV-1 S, bislang am Absolute Phono Inside stets für hochgezogene Mundwinkel gesorgt. Um Quervergleiche zu ermöglichen, steht Einsteins bewährte Phonovorstufe The Turntables Choice bereit.

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Test: Clearaudio Stradivari V2 | Tonabnehmer

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