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Jörg Dames / Juni 2015
Fremde Planeten, Kampfsterne und eigentümliche Kreaturen – ich mag das. Und oute mich an dieser Stelle mal schmerzfrei als Science-Fiction-Fan, der sogar Filme wie, hüstel, den einst für die „Goldene Himbeere“ nominierten „Alien versus Predator“ kurzweilig findet. Vielleicht mit ein Grund dafür, dass die aktuellen Testprobanden – die beiden Monoendstufen NuForce Reference 20 – vom Fleck weg überdurchschnittlich große Neugierde bei mir auslösten. Zum einen mit zukunftsträchtiger Class-D-Technologie daherkommend – ein Konzept, das sich auch im High-End-Bereich noch deutlich stärker verbreiten wird -, haftet den amerikanisch-taiwanesischen Verstärkerflundern zum anderen auch optisch etwas Futuristisches an: Besäße Meister Yoda ein Musikzimmer, hätte er sicher Amps im Stil der Ref 20 am Start. Und natürlich, logo, einen echten Plattenspieler samt umfangreicher Vinylsammlung … aber das ist ein anderes Thema.
Aber auch als in der Gegenwart verhafteter Hörer hat man Grund, sich am coolen Äußeren sowie an der Verarbeitung der NuForce Reference 20 (Vertrieb: www.tad-audiovertrieb.de) zu erfreuen: Insbesondere in der schwarzen Farbausführung geben sich die Amerikaner äußerst dezent und sollten sich eigentlich brav in fast jede Art von Einrichtungsstil integrieren, ohne dabei selbst profan auszusehen. Bei der des Weiteren erhältlichen silbernen Variante wirkt die facettierte Gerätefront markanter, was den optischen Auftritt etwas auffälliger geraten lässt und mir persönlich noch besser gefällt – gut designte HiFi-Geräte sollen durchaus Akzente im Wohnzimmer oder Hörraum setzen, finde ich.
Aber wie dem auch sei – die Verarbeitung der mit sieben Kilogramm je Block erfreulich leicht ausfallenden Reference 20 geht jedenfalls als vorbildlich durch: Oberflächenqualität, Kantenverläufe, Spaltmaße und Materialstärke (inklusive der lobenswert „unblechernen“, resonanzarmen Deckelplatte) des übriges generell sehr steif und knarzfrei wirkenden Gehäusekonstrukts sind auch bei pingeligem Hinsehen bar jeder Kritik. Die mechanische Qualität der Schnittstellen und Schalter mutet ebenfalls wertig und vertrauenerweckend an. Klar, all das sollte man in dieser Preisklasse auch erwarten dürfen – geboten wird’s dennoch nicht immer.
Nahezu Seltenheitswert – gerade in Anbetracht der Leistungsklasse, die Ref 20 werden mit immerhin 2 x 200 Watt an 8 Ohm RMS deklariert – hat die Genügsamkeit, mit der unsere Probanden ihre Arbeit verrichten: Lediglich 11 Watt Leistungsaufnahme ließen sich sowohl im Leerlauf als auch im Betrieb bei Zimmerlautstärke pro Block messen. Selbst für ein Class-D-Design ist das ein sehr schlanker Wert. Was mit ein Grund dafür sein wird, dass die 20er nicht nur optisch, sondern auch haptisch cool wirken: Im Leerlauf ist beim Handauflegen von Wärmeentwicklung so gut wie nichts zu verspüren, im Normalbetrieb erwärmt sich lediglich der Geräteboden leicht.
Unbedingt vermeiden sollte man – im Manual wird das ausdrücklich erwähnt, ich bringe es sicherheitshalber dennoch aufs Tapet – die NuForce Reference 20 ohne Lautsprecherlast oder eingeschaltete Quelle (Vorstufe, DAC etc.) in den Betrieb zu nehmen, da es ansonsten zu Resonanzen kommen kann, die den eigentlich doch so coolen Ref 20 den Schweiß auf die Stirn treiben und letztlich die integrierte Schutzschaltung auf den Plan treten lassen. Die übrigens tadellos funktioniert, wie ich unfreiwillig ausprobierte: Denn vom Vertrieb gab’s zunächst weder eine Bedienungsanleitung (die Neugeräten selbstverständlich beiliegen, unsere Probanden sind Vorführer, die direkt vom Händler kamen) noch Warnhinweise – und logo zieht man als Tester bei diversen A/B-Vergleichen auch mal unreflektiert an irgendwelchen Strippen, ohne die Geräte zuvor ins „Off“ zu befördern. Nachdem die NuForce Reference ungefähr 15 Minuten lang unter kompletter Netztrennung die Beine hochlegen durften, funzte aber wieder alles bestens.
Nicht ausprobiert habe ich dagegen, was passiert, wenn man den kleinen rückseitigen Eingangswahl-Knebelschalter auf XLR stellt und die Blöcke nichtsdestotrotz per RCA füttert – das Manual warnt hier vor reichlich „Noise“, der einem aus den Lautsprechern entgegenschallen kann. Umgekehrt (XLR-Betrieb und RCA-Schalterstellung) soll dieses Phänomen nicht auftreten – was ich bestätigen kann.
Das alles liest sich vielleicht etwas eigen, ist in praxi aber eigentlich unproblematisch – man sollte nur darüber informiert sein und sich im Fall der Fälle nicht über die einsetzende Schutzschaltung wundern.
NuForce zählt zu den erfahrenen Anbietern von Class-D-Amps – seit der Einführung der Reference-Linie im Jahre 2005 setzt man auf eigenentwickelte und patentierte Schaltungsdesigns, unsere Probanden haben bereits ein Modul der dritten Generation intus, welches erstmals beim Reference 9V3SE zum Einsatz kam und für die Reference 20 noch weiter verbessert und leistungsfähiger gestaltet wurde. Und da wir eh gerade bei Geschichtlichem sind, noch ein paar Worte zum Markennamen: Genaugenommen sind die Geräte der Reference-Serie schon seit geraumer Zeit der Marke NuPrime zugeordnet, wenngleich einige Bestandsmodelle noch NuForce im Namen tragen. Der Hintergrund: NuPrime ist seit der Übernahme von NuForce durch den Projektorenhersteller Optoma im letzten Jahr eine „abgespaltene“ eigenständige Firma, die sich ausschließlich auf die (bisherigen und künftigen) Premium-Modelle konzentriert und von Jason Lim, dem ehemaligen CEO von NuForce, geleitet wird. Für die Endkunden mag das ein wenig verwirrend wirken, ist im Grunde aber nur „Hintergrundmusik“ – denn fester Ansprech- und Servicepartner in Deutschland für die Reference-Geräte ist so oder so der TAD-Audiovertrieb.
Die NuForce Reference kommen mit Lasten bis zu 2 Ohm problemlos zurecht – und das augenscheinlich kontrolliert: Der Ausgangswiderstand wird mit unter 10 Milliohm über den gesamten Frequenzbereich (!) angegeben
Zurück zur Technik: Klassische Probleme von Class-D-Schaltungen seien – so NuPrime – die vergleichsweise geringe Bandbreite sowie vermehrte Phasenverschiebungen und Verzerrungen, hervorgerufen durch das ausgangsseitige LC-Filter. Dieses ist nötig, weil für den Verstärkungsprozess eine konstante, hochfrequente Sägezahnspannung als Trägersignal mit dem eigentlichen Audiosignal zusammengebracht werden muss, um Letzteres zu modulieren beziehungsweise in eine Serie von Pulsen mit unterschiedlicher Weite zu überführen (Pulsweitermodulation). Und dieses Trägersignal muss am Ende des Verstärkungsprozesses wieder herausgefiltert werden, bevor es an die Lautsprecher geht. Bei den patentierten Schaltungen in den NuForce-Geräten setze man, so der Hersteller, mithilfe eines speziellen Oszillators auf eine Lösung, welche die mit einer konstanten Trägerfrequenz einhergehenden Nachteile vermeide. Die Rekonstruktion des (verstärkten) Audiosignals am Ausgang gestalte sich in Sachen Bandweitenlimitation und Phasenverschiebungen deutlich unproblematischer als das bei klassischen PWM-Systemen der Fall sei. 120 kHz werden als ‑3 dB-Punkt in den Specs angeben, selbst für klassische Class-AB-Verstärker ein flotter Wert, wenngleich manche Hersteller hier freilich mit noch wesentlich „schnelleren“ Schaltungen arbeiten.
Hinein geht‘s in die Reference 20 sowohl per Cinch als auch – das Schaltungsdesign ist vollsymmetrisch konzipiert – per XLR
Stolz sei man zudem auf das Cross-Matrix-Array-Kondensator-Board, auf dem die einzelnen Kondensatoren so angeordnet sind, dass sich deren Verlustwiderstände in Summe minimieren – Musikimpulsen könne deshalb mit noch „schnelleren Stromlieferungen“ und letztlich einem überlegeneren Dynamikverhalten begegnet werden.
Bei alledem betont NuPrime – ähnlich wie zuletzt Lindemann –, dass sämtliche Verstärkerschaltungen im Grunde auf analoger Modulationstechnik beruhen. Von Class-D-Lösungen, die eingangsseitig digitalisieren, halte man nicht viel – daher spreche man mit Blick auf die eigenen Produkte auch explizit von „Analogen Schaltverstärkern“. Die übrigens – analog hin oder her – hardwareseitig gleichwohl „updatefähig“ sind: Künftige technische Weiterentwicklungen seien grundsätzlich in die Reference-20-Plattform integrierbar, so dass ältere Geräte „kostengünstig“, wie versprochen wird, auf den neusten Stand gebracht werden können.
Test: NuForce Reference 20 | Endstufe