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Tja, und wie nähert man sich denn nun einem Produkt, das sich unseren herkömmlichen HiFi-Kriterien aufgrund seiner speziellen Konstruktion ein Stück weit entzieht? Ich habe mich in diesem Fall dazu entschieden, mein Testprozedere dem Produkt anzupassen und umzuziehen. Sprich: Der Hörcheck fand diesmal nicht in meinem durch etliche Raumakustikmaßnahmen optimierten Arbeitszimmer statt. Sondern dort, wo man Komponenten wie das Nubert nuPro AS-250 in der Praxis einsetzt. Im Wohnzimmer. Wie heißt es so schön? Wichtig ist auf’m Platz! Und in dieser Umgebung war das Nubert-Board sowohl mit meinem Plasmabildschirm als auch mit meinem „AppleTV“ als Audio- und Videostreamer gekoppelt. Filmton wurde zudem auch von Blu-Ray zugespielt. Im Direktvergleich musste es sich gegen eine HiFi-Kette mit Kompaktlautsprechern (Yamaha „Pianocraft 400“ an Klipsch RP-160M) behaupten, die in meinem Wohnraum normalerweise für Beschallung sorgt und auch den Fernsehton – über einen externen DAC – wiedergibt.
Und den ersten Sympathiepunkt landete das Aktivsystem gleich zu Beginn des Hördurchlaufs: Was die Raumabbildung anbetrifft, muss man deutlich weniger Abstriche machen, als ich dies zu Beginn des Tests befürchtet hatte. Immerhin ist die Unterbringung aller Chassis in einem gemeinsamen Gehäuse nicht unbedingt die beste Voraussetzung für eine glaubwürdige „Bühne“. Der Hörabstand vom TV-Sideboard zum Sofa beträgt in meinem Wohnraum fast exakt drei Meter. Die Basisbreite der beiden Klipsch-Kompaktlautsprecher (gemessen vom Zentrum des Basstreibers links bis zum Zentrum des Basstreibers rechts) beträgt – akustisch nicht ganz ideale – 1,5 Meter. Das Nubert-Soundboard war exakt mittig platziert und ließ sich im Vergleich zur reinen HiFi-Kette jedoch nicht wirklich die Butter vom Brot nehmen und staffelte die Musiker der Dave Matthews Band während ihrer Europatour aus dem Jahr 2009 (DVD-CD-Set: DMB Live Europe 2009, auf Amazon anhören) in stets realistischen Bezügen zueinander und recht vorlagentreu auf der virtuellen Bühne. Einzig die Tiefenstaffelung blieb etwas kompakt, hier war die Stereo-Kette eindeutig im Vorteil und hinterließ einen räumlich insgesamt gelösteren und luftigeren Eindruck. Ein Tribut an das zugespitzte Konzept des Soundbars, was diesen aber keinesfalls für anspruchsvolle Musikwiedergabe disqualifiziert: Musikalische Einzelereignisse wie die Violinensoli eines Boyd Tinsley oder die Percussioneinlagen eines Carter Beaufort lösten sich mit verblüffender Selbstverständlichkeit von den Lautsprechern und verteilten sich bei sehr guter Ortbarkeit im Hörzimmer.
Gleiches beim wunderbaren Duett von Ray Charles und Natalie Cole in „Fever“ (Genius Loves Company als „Monstermusic High Definition DVD“ vorliegend): Gesangsstimmen lösen sich hervorragend und stehen nahezu dreidimensional plastisch und natürlich-unverfälscht im Raum. Auf gesprochene Dialoge traf dies in besonderem Maße zu. Stimmen wurden exzellent verstanden und körperhaft, gleichsam aber neutral abgebildet. In dieser Disziplin konnte selbst die Yamaha-Klipsch-Kette kaum besser punkten – und wenn doch, dann nur dann, wenn die tonalen Strukturen komplexer und dichter wurden, etwa wenn die Dave Matthews Band zu ihrer furiosen Interpretation des Klassikers „All along the Watchtower“ ansetzte. Dann wiederum zog die Nubert-Soundbar den Raum in der Tiefe enger und löste komplexe Strukturen innerhalb der Aufnahme sehr ordentlich, aber nicht so selbstverständlich voneinander wie das klassische HiFi-Setup.
Eine Bewährungsprobe in Sachen Durchhörbarkeit lieferte „The Leavers“ aus dem aktuellen Marillion-Album „F.E.A.R.“ (auf Amazon anhören). Die sich einander dicht überlagernden Melodiebögen innerhalb dieses mehrteiligen Tracks entfalten ihren düsteren Zauber nur dann, wenn man sie fein säuberlich getrennt verfolgen kann. Eine wirklich nicht einfache Aufgabe, die die Soundbar beachtlich, aber eben auch nicht vollends souverän löste. Ein wenig gepresst tönten derartige Passagen mitunter schon. Dennoch bleibt festzuhalten: Die Unterschiede in Raumabbildung und Transparenz zu einer konventionellen Zweikanal-Anlage sind natürlich hörbar, aber auch nicht dramatisch! Ich hätte sie noch deutlicher erwartet.
Aber lassen wir die beiden Systeme weiter gegeneinander kabbeln: Etwa bei der Frage, welches System ein Livekonzert des niederländischen Bluesrockers Julian Sas (Konzert-DVD: Wandering between Worlds, auf Amazon anhören) in seiner Dynamik authentischer in mein Wohnzimmer transportiert. In „Ain’t no change“ schenkten sich die Yamaha-Klipsch-Kombi und das Nubert-Board grobdynamisch praktisch nichts. Der süddeutsche Schallriegel feuerte die Drumkicks eher noch wuchtiger und energetischer in den Raum als es die (passiven) Kompaktlautsprecher vermochten. Überhaupt: Der Bassbereich, seit jeher eine Domäne Nubert’scher Entwicklungen, überzeugte auch hier mit fulminantem Nachdruck und einer Tiefe, die mit einer kleinen Standbox durchaus gleichziehen kann. Wenn Dave Matthews Band-Drummer Carter Beaufort in einem seiner Soli seine Doppelfußmaschine in irrwitzigem Tempo bearbeitete, fuhren mir die Bassdrumkicks in alle Glieder. Dabei setzt das Nubert nuPro AS-250 den Fokus in den tiefen Lagen ein klein wenig mehr auf beeindruckende Wucht und Attacke denn auf absolut punktgenaues Timing.
In seinem direkten Wettbewerbsumfeld, also im Vergleich zu anderen „Klangbrettern“, spielt das Nubert-Board ohnehin in seiner eigenen Liga. Weder die mit insgesamt neun (!) separaten Digitalverstärkern und zahlreichen „Virtual Surround“-Settings technisch hochgezüchtete „Playbar“ des US-Anbieters Sonos noch Cantons konstruktiv ähnliches „DM 100“ können klanglich gleichziehen. Der Sonos-Lösung fehlt es an Natürlichkeit, es klingt insgesamt vor allem bei Stimmen recht künstlich, die Lösung von Canton erreicht nicht ansatzweise die dynamische Durchschlagskraft und die voluminöse Präsenz des Nubert nuPro AS-250. Ich komme zu dem Schluss, dass die Schwaben schlicht und ergreifend eine klanglich sehr ausgewogene und „vollständige“ Variante dieser Produktgattung am Start haben. Und das ganz ohne virtuelle Effekte oder sonstige Soundspielereien. Nur Stereo. Punkt.
Am oberen Frequenzende zeigen die Tweeter aus der monitoresken nuPro A-200 ihre Klasse, indem sie zum einen ein sehr detailliertes und gut ausgeleuchtetes Spektrum an Informationen übertragen, auf der anderen Seite aber so sanft nach oben hin auslaufen, dass die Wiedergabe nicht spitz und bissig wird. Ein Vorwurf, den man den kompakten „Klipschies“ mitunter machen kann. Verursacht durch das herstellertypische, den Hochtönern vorgesetzte „Tractrix“-Horn, können die oberen Lagen vor allem in lauten Passagen vorwitzig und je nachdem auch schon mal leicht nasal werden. Das können die schwäbischen Hochtöner klar besser! Hier muss man allerdings auch wieder berücksichtigen, dass ein Soundboard akustisch auf mehreren Hochzeiten tanzen können muss. Versetzen Sie sich einmal in die Situation, in der bei einem Fernsehfilm ein Sektglas auf einen Fliesenboden fällt. Im Idealfall möchten und werden Sie hören, wie das Glas birst und es wird ein unangenehmes Geräusch sein. Wichtig ist aber, dass Ihnen dieses Geräusch nicht körperlich weh tut. Dieser Balanceakt gelingt dem Nubert-Board sehr gut. Alle relevanten Obertöne werden transportiert, aber nichts überbetont. Vor allem hinsichtlich der Wiedergabe komprimierter Musik und/oder Filmton ein sehr angenehmer Charakterzug.
Und so wanderte schließlich eine Konzert-DVD nach der anderen in meinen Blu-Ray-Player und auch die Reise durch meine umfangreiche iTunes-Mediathek endete erst nach vielen Stunden. Irgendwann hatte ich nämlich in der Tat fast vergessen, dass hier eben keine „reinrassige“ und nach konventionellen Maßstäben aufgebaute HiFi-Kompakt-Anlage spielt, sondern „nur“ – Verzeihung! – ein TV-Soundboard. Der musikalische Fluss und der quirlige Groove des nuPro AS-250 sind derart einnehmend, dass man es im positiven Sinn als „Zwitterwesen“ – auf der Schwelle zwischen HiFi und AV wandelnd – bezeichnen kann.
Test: Nubert nuPro AS-250 | Aktivlautsprecher