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Klang-Check: Norma Audio HS-IPA1

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Klang-Check: Norma Audio HS-IPA1

Norma Audio HS-IPA1 Hörraum

Bis zu 300 Stunden „warming up“, also Einspielzeit, empfiehlt Norma Audio seinen Kunden, um die Gerätschaften mit der optimalen Performance zu hören. Das ist auch nicht ganz falsch, denn wie viele andere Geräte durchlebt auch der Norma HS-IPA1 eine ganze Reihe von Stadien der klanglichen Charakteristik und Qualität, insbesondere in den ersten 100 Stunden. Anfangs einschmeichelnd, druckvoll und dennoch flott musiziert er, um dann (zu meinem Erstaunen) nach einigen Dutzend Stunden eine deutliche Schlankheitskur mit Betonung des Mittel-Hochtons einzulegen. Zum Glück setzt der HS-IPA1 die Diät nach einer weiteren Nacht am Netz ab – die endgültige Form des kleinen Norma können Sie in den nächsten Absätzen nachlesen. Doch zuvor möchte ich ganz generell die Wichtigkeit dieser Thematik betonen: Das „Einspielen“ eines Geräts darf man nach dem Kauf, oder auch wenn man beim Dealer ein Gerät zum Probehören leiht, nicht unterschätzen. Hören Sie bitte immer erst nach frühestens einem Tag, besser nach zweien, ernsthaft rein – vorher zeigt Ihnen der Frischling im schlechtesten Fall ein zu seiner wahren Identität komplett konträres Bild seiner selbst. Ähnliches gilt übrigens auch für Kabel.

brian ferryNun aber zu unserem vollständig aufgewärmten Probanden. In letzter Zeit lege ich zum Testen einer neuen Komponente gerne als erstes Album etwas eher Zurückhaltendes auf; Musik, die nicht mit dem Flutlicht auf bestimmte Aspekte der klanglichen Wiedergabe zeigen, sondern eher dazu zwingt, sich hinzusetzen und bewusst „ganzheitlich“ zuzuhören. Brian Ferrys Frantic (auf Amazon anhören) ist ein solches Album. Zwar strotzt es nur so vor klanglichen Details, brüllt diese aber nicht lautstark in die Welt hinaus, sondern bindet sie, ohne sie zum Selbstzweck aufs Podest zu heben, lebendig in das Musikerlebnis ein. Mit einer solchen Aufnahme lässt sich am besten der „Über-Alles-Klangcharakter“ einer Komponente ausmachen, denn man konzentriert sich viel eher auf musikalische Zusammenhänge und lässt Einzelfaktoren außen vor.

La Familia
YelloDer Norma Audio HS-IPA1 überrascht mich dann auch hinsichtlich seines grundsätzlichen Klangcharakters nicht wirklich. Sofort erkennbar ist seine feinstoffliche, detailreiche und dennoch strahlende Auflösung im Hochton, die mit der ebenfalls Norma-typischen Sauberkeit und verzerrungsarmen Ruhe im gesamten Frequenzspektrum einhergeht. Die Schlagzeugbleche auf Frantic können sich unbeeinträchtigt von störenden Artefakten in all ihren Verästelungen ausbreiten, und die elektronischen Impulse in Yellos „Electrified II“ vom neuen Album Toy (auf Amazon anhören) sind ansatzlos einfach da – das mutet über meine hORNS Mummy Lautsprecher schon fast ein wenig voyeuristisch an. In dieser Kombination zeigt sich auch, wie sehr sich die Verzerrungsarmut und „Auflösungsschnelligkeit“ des Norma HS-IPA1 in einer unaufdringlichen Sanftheit niederschlagen, die insbesondere mit Lautsprechern, die im Hochtonbereich etwas übermotiviert daherkommen, eine stimmige Liaison eingehen.

Norma Audio HS-IPA1 Display

Aber auch mit meinen Lansche Audio Model No. 3.1, die in den oberen Gefilden alles andere als vorlaut sind, vermisse ich nichts. Da fehlt kein Strahlen, kein Funkeln, keine Brillanz – da ist nur sauberer, seidiger Hochtonklang, dem alles Künstliche oder überzogen Kristalline abgeht. Solch strahlenden Detailreichtum ohne Härte an so unterschiedlichen Hochtonkonzepten zu erzeugen, schaffen nur ausgereifte Verstärker, die einerseits wirklich keine Details unterschlagen und andererseits nicht mit aufgesetzten Glanzpunkten oder gar bewusst in Kauf genommenen Verzerrungen die Illusion von strahlender hochfrequenter Energie und Detailauflösung zu erwecken versuchen. Mein Linn Majik DSM (3.500 Euro) scheitert in dieser Hinsicht zumindest teilweise an den hORNS, klingt hier vergleichsweise hart und ungelenk, gläserner als der Norma Audio HS-IPA1. Die einzige wirkliche Konkurrenz, die mir in dieser Disziplin und (ungefähren) Preisklasse in den Sinn kommt, ist der Plinius 9200, der obenrum etwas strahlender und dennoch nicht unangenehm, unsauber oder gar verzerrend zu Werke geht – aber mit 4.150 Euro dennoch mehr kostet.

DeusEin guter Lackmustest für die Verzerrungsfreiheit einer Komponente ist „Fell Off The Floor, Man“ vom dEUS-Album In A Bar, Under The Sea (auf Amazon anhören). In den lauten Passagen des Songs scheppert die Band ganz gewaltig, und mit auch nur leicht den Überblick verlierenden Setups kann das gerade bei höheren Lautstärken nerven, weil es sich dann eher nach Lärm als nach strukturierter Musik anhört. Der Norma Audio HS-IPA1 bewahrt die nötige Ruhe und saubere Durchzeichnung im Hochton – und ebenso im Mittelton. Selbiger ist für diesen Preisbereich fast schon unglaublich transparent (auch beim kritischen „Fell Off The Floor, Man“) und offenbart wie der Hochton eine reiche Detailfülle, ohne sich dabei in irgendeiner Weise ins Rampenlicht zu drängen. Die vielschichtige Intonation von Devendra Benhart in „Insect Eyes“ (Album: Rejoicing In The Hands, auf Amazon Devendra Benhartanhören) ist in allen feindynamischen Abstufungen auf unangestrengte Weise nachvollziehbar. Ich kann seine Artikulationsgeräusche, ohne mich auch nur im geringsten Maße bewusst darauf konzentrieren zu müssen, miterleben: Das dann und wann einsetzende Vibrato, die leichte Kratzigkeit im Hals, die räumliche Abgrenzung des Sängers von seiner Gitarre, das Heranrücken seines Mundes ans Mikro – all das trägt in besonderem Maße zum Realismus der Darstellung bei. Die beeindruckende Obertonwiedergabe der Gitarren, die das Geschehen mit vielschichtigen Klangfarben unterfüttert, leistet diesem Realismus subtil weiteren Vorschub.

Dass diese gleichzeitig offen-transparenten und vollmundig-farbenfrohen Mitten mit einer den Höhen in nichts nachstehenden, ungemeinen Schnelligkeit vom Norma Audio HS-IPA1 reproduziert werden, setzt dem Gesamterlebnis die Piemont-Kirsche auf. Und hinter all dem steht immer wieder dieser charakteristische Eindruck von Seidigkeit und minimalster Körnung, den ich so bisher eigentlich nur bei Norma Audio kennengelernt habe – und der mir erst recht in dieser Preisklasse bisher unbekannt war. Ein letztes Beispiel, bevor ich Gefahr laufe, in allzu große Lobhudelei zu verfallen (aber sorry, ich muss ja ehrlich sein!): Dire Straits’ „Private Investigations“ vom Album Love Over Gold ist, wie viele Tracks der Briten, ein echter Klassiker, auch wegen seiner (fast schon zu klinisch) sauberen Aufnahme, mit der sich HiFi-Systeme prima vorführen lassen.

Norma Audio HS-IPA1 Lautsprecheranschluss

Das Erstaunliche bei der Wiedergabe dieses Titels über den HS-IPA1 ist, dass der kleine Amp diese Sauberkeit und klangliche Ordnung vollumfänglich transportieren kann, dabei aber ein emotional wärmendes Feuer entzündet, das vielen anderen Verstärkern abgeht und das ich nach mehrmaligem Hören auf drei (Haupt-)Ursachen zurückführe: Da wären die hohe Geschwindigkeit des Signaltransports in allen Frequenzbereichen, die damit verbundene äußerst zeitrichtige und mithin ausnehmend kohärent wirkende Wiedergabe des Norma HS-IPA1, zuallererst jedoch seine reichen Klangfarben zu nennen.

Selbige wiederum fußen auf einem Bassbereich, der ein kleines bisschen vollmundiger ausfällt, als dass man ihn als „100% neutral“ bezeichnen könnte. In diesem Aspekt grenzt sich der HS-IPA1 vom Vollverstärker-Topmodell der Italiener, dem im Bass schlanker auftretenden Revo IPA-140, etwas ab. Diese leichte Betonung des Oberbasses macht sich insbesondere bei langgezogenen Bässen im 60-bis-100-Hz-Bereich bemerkbar – sprintstark und kontrolliert ist der HS-IPA1 dennoch. Und zwar bis zum Anschlag, wie die Bassdrum und vor allem die spärlich, aber effektvoll eingesetzten Toms in „Private Investigations“ eindrucksvoll belegen. Vorbildlich wie die von rechts kommenden Trommelschläge über die zugegebenermaßen wirkungsgradstarken (93 dB/W/m) hORNS intensive und urgewaltige Wirkung zeitigen … Ein Gänsehaut erregendes Fest für die Ohren – und für die Magengrube! Dabei spielt der HS-IPA1 auch im tiefen Keller druckvoll bis ans Ende des Frequenzspektrums von Nubert nuVero60 und hORNS Mummy. Selbst mit den Lansche Audio 3.1, deren untere Grenzfrequenz bei herstellerseitig angegebenen 30 Hz liegt, konnte ich kein echtes Aufweichen der Bassstrukturen provozieren. Klar, die Kombination aus Revo SC-2 und PA-160MR Monos kann den akustischen Schraubstock noch enger ziehen und im kaum noch hörbaren Frequenzbereich deutlicher spürbar Luft verschieben – und noch einiges anderes mehr, insbesondere in Sachen Raumgröße, Mitteltondurchzeichnung und noch luftigerer Detailauflösung, doch an dieser Stelle geht’s ja vorrangig um den Bassbereich. Aber lassen wir mal die Nonne im Kloster: Wir sprechen hier von einer etwa achtfachen Preisdifferenz zwischen HS-IPA1 und SC-2/PA 160 MR.

Norma Audio HS-IPA1 Ringkerntrafo

La Bassista
Der Norma Audio HS-IPA1 wählt im Bass ebenso wie in Sachen Dynamik schnurstracks den Königsweg zwischen HiFiAkademie PowerAmp P6 und SAC Igel-Monos, die ich beide jeweils mit dem Linn Majik DS als Streamer, Wandler und Vorstufe gehört habe. Beim HS-IPA1 fällt zwar die Vorstufensektion des Linn raus, einen Quervergleich auch zu den Endstufen wage ich dennoch zu ziehen. Der HS-IPA1 spielt mit mehr Wollust und Erotik (oder sagen wir, leidenschaftlicher und mit mehr Verve) als der „glattere“ P6 und führt mehr Punch ins Feld als die SAC Igel, insbesondere bei im Bass dynamisch anspruchsvollem Material. Dabei integriert er diese dynamischen Ausbrüche so fließend in die Klanglandschaft, dass Vieles erst so richtig Sinn ergibt: Ergreifende Emotionalität wie die resignierte Hoffnung in Hugh Masekelas „Stimela“ und die introvertierte Melancholie von Michel Jonasz „Le Temps Passé“ erlebe ich mit einem HS-IPA1 fast genauso intensiv wie mit seinen größeren Geschwistern – und das will viel heißen. Der wichtige Punkt dabei ist, dass der HS-Amp immer die Balance zwischen Dampfhammer und zartem Federstreich wahrt – beides kann er (gleichzeitig!) mit einem erstaunlichen Grad an Perfektion. Jedoch vermittelt er nie den Eindruck einer Person mit bipolarer Störung, sondern den eines weisen, gestrengen und gütigen Lehrers. Das mag sich etwas sehr allegorisch anhören, aber ich hoffe, Sie wissen, was ich meine … Alles passt, alles fließt, nichts stört, nichts fehlt, die Loreena McKennittlockere Selbstverständlichkeit der Wiedergabe lässt Fragen nach einem irgendwie gearteten „Mehr“ in so gut wie jeder Beziehung verstummen.

Okay, da wäre vielleicht die räumliche Ausdehnung, die der Norma HS-IPA1 vermittelt: Insgesamt wirkt die vom HS-IPA1 entworfene Bühne nicht übermäßig groß – die Weitläufigkeit des Raums wirkt angemessen, setzt aber keine Glanzpunkte. Dabei löst der Norma die Bühne sehr schön von den Lautsprechern ab und zeigt eine der Aufnahme angemessene Tiefe mit beachtlich akkurater Staffelung, wie die des Chors in Loreena McKennitts „Dante’s Prayer“ (Album: The Book of Secrets, auf Amazon anhören). Trotz der direkten Ansprache von Transienten und beschriebenen „Schnelligkeit“ gibt es bei alledem keinen „In-your-face-Effekt“, sondern eine penible Draufsicht auf das Geschehen: Die Bühne beginnt etwa auf der Basisbreite der Lautsprecher, um sich von dort nach hinten zu recken. Mit den Nubert nuVer60 fällt der Raum übrigens besonders in der Tiefe noch mal ein Stück weiter aus als mit den eher flach und tendenziell zum Hörer hin abbildenden hORNS.

Norma Audio HS-IPA1 Front

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Test: Norma Audio HS-IPA1 | Vollverstärker

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