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Klangeindruck vom Norma-Audio-Verstärkertrio

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Klangeindruck vom Norma-Audio-Verstärkertrio

Herr Rossi ist ja, wie schon erwähnt, begeisterter Klassikhörer und passionierter Konzertgänger, und mehr als einmal hat er mir gegenüber betont, wie unverzichtbar es für einen Entwickler sei, zu wissen, wie sich echte Musik live anhört. Den größten Fehler, den man machen könne, sei es, Geräte rein anhand der Theorie und messtechnischer Perfektion zu entwickeln. „Wir haben das Glück in Cremona zu leben, wo wir Konzerte und Musik jeder Art in großer Bandbreite zu fast jedem beliebigen Zeitpunkt erleben können, und von diesen Möglichkeiten machen wir auch intensiv Gebrauch.“ Das hört man seinen Geräten an.

Norma Audio Revo SC-2

Wie das? Nun ja, dazu eine kurze Anekdote. Sie müssen wissen: Ich mag Klassik, komme aber selten dazu, sie zu hören – außerdem finde ich, dass klassische Musik über HiFi-Ketten in den seltensten Fällen wirklich gut und natürlich und mitreißend und echt klingt, also lasse ich es öfter als mir lieb ist ganz sein damit. Wie dem auch sei, zum ersten Mal seit vielen Jahren ließ ich mich im September 2015 dazu hinreißen, ein großes Symphoniekonzert zu besuchen. Das San Francisco Symphony Orchestra gastierte in der Berliner Philharmonie und spielte Teile eines Werks von John Adams, die Variationen Op. 43b von Arnold Schönberg und die 3. Symphonie von Ludwig van Beethoven. Ich saß gut im ersten Rang des zweiten Balkons, recht mittig, und die Berliner Philharmonie ist bekannt für ihre hervorragende Akustik. Daher war ich im ersten Moment (zu Beginn stand Schönberg auf dem Programm) ziemlich perplex, als ich den Klang des Orchesters in den leiseren Passagen als matt und wenig differenziert wahrnahm. Was mir im ersten Moment fehlte, war Brillanz, die transparente Differenziertheit, die ich in so vielen High-End-Ketten doch immer auf dem Silbertablett serviert bekomme – was war da los? Das erste Crescendo und anschließende Sforzato brachte diesbezüglich Aufklärung: Aha, wenn es laut wird, dann sind auf einmal auch mehr Höhen und eine gewisse natürliche Härte, Schärfe und sogar Kantigkeit da – aber eben nur dann. Denselben Eindruck erhielt ich im folgenden „Absolute Jest“ von John Adams, und auch in Beethovens Dritter.

Realismus Galore!

John AdamsZurück im Wohnzimmer befleißigte ich mich, John Adams Werk (auf Amazon anhören) in der Aufnahme mit dem SFSO in 192 kHz/24 Bit zu kaufen und zeitnah zu vergleichen. Und siehe da: Mit den Norma-Audio-Verstärkern an den Lansche-Lautsprechern erlebe ich das Konzert ein zweites Mal, mit genau dem gleichen Effekt einer eher homogenen Grundfärbung des Klangkörpers Orchester in leisen und mittellauten Passagen, aber auch mit einer sich bis zum Tutti ansatzlos aufschwingenden Dynamik, wandelnden Farbigkeit und Tonalität, die fast schon schneidend wirken kann, wenn nötig. Die lockere, ungehemmte Kraftentfaltung und unprätentiöse, präzise Differenzierungsfähigkeit stehen dem originalen Klang in kaum etwas nach. Als ich Enrico Rossi davon bei unserem Skype-Chat erzähle, hätte sein Grinsen nicht breiter sein können: Ja, genau darum ginge es ihm – keine künstliche, aufgesetzte Brillanz und falsche Durchsichtigkeit um jeden Preis, sondern um freie Entfaltung der Klangfarben, um das Schwelgen im Ton, die Wucht des donnernden Tutti und die fragile Zartheit leiser, sanfter Tonschwingungen.

Yellos Pocket Universe Einsteigen in die etwas konkretere Klangbeschreibung möchte ich aber mit ganz anderem Musikmaterial, quasi dem kontrapunktischen Klangideal zum klassischen Klangkörper und seinen unzähligen organischen Feinheiten. Von der NAS streamt sich Yellos Pocket Universe (auf Amazon anhören) seinen technoiden Weg über die AURALiC Aries Bridge und wird vom DAC-Modul des Norma Audio SC-2 mit CD-Auflösung in Empfang genommen. Hier geht es nicht um Klangfarben oder seelenvolle Verbindung von miteinander akustischen Sex habenden Musikern – nein, mit dieser Aufnahme lassen sich die Ausdehnung und Präzision des Bassfundaments sowie die Schnelligkeit der Mittel-/Hochtonwiedergabe ausloten, ganz profan. Und auch wenn die AVM-Monos MA 3.2 eins nicht sind, nämlich schwächlich und ohne Kontrolle, so beweisen die Norma-Verstärker PA 160 MR im Track „Magnetic“ noch deutlicher, dass eine gute Basskontrolle und physisch spürbarer Druck sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern im Gegenteil Hand in Hand gehen müssen, um die Feinheiten der tiefreichenden Frequenzausdehnung zur Geltung zu bringen. Ich kann dazu sagen, dass diese Qualität vor allem auf das Konto der Monos geht, denn die Norma-Vorstufe spielt zusammen mit den AVM-Monos nicht ganz so rabenschwarz und gleichzeitig differenziert im Bass wie im Verbund mit den hauseigenen Amps.

Norma Audio Revo SC-2

Die Vorstufe wiederum zeichnet ganz wesentlich für die relaxte und geradezu sinnliche Feinstofflichkeit des Analogsythesizers und die affenschnelle Wiedergabe der elektronischen Transienten im Mittelton bei „Pan Blue“ verantwortlich – und Junge, hier geht standesgemäß die Post ab, auch grobdynamisch. Hören Sie mal wieder „Stimela“ von Hugh Masekela (Album: Hope, auf Amazon anhören) – die sich immer wieder aufschwingende Dynamik mit ihrem ohrenbetäubenden Finale und den entfesselten Drums, die plötzlich aufkreischende Stimme des südafrikanischen Sängers und Trompeters, all das wird den Adrenalinhaushalt eines Hugh Masekelaalltagssedierten Hörerkörpers gehörig auf Vordermann bringen. Garantiert. Zweiter Beitrag in Sachen „Mach mal lauter!“, mein neuer Lieblingstrack: „Tsunami“ von DVBBS & Bourgeous – so böse rollt kaum ein anderer Technobass aus den malträtierten Treibern, so aggressiv schlägt kaum ein anderes Mittelton-Synthesizer-Stakkato direkt mit dem Stahlkeil zwischen die Augen, immer wieder – einfach großartig! Okay, in Sachen gnadenloser Grobdynamik erreichen die Italiener nicht ganz das Maximum des für über 20.000 Euro Machbaren, doch ein Grinsen ins Gesicht des Hörers können sie locker zaubern. Das wirklich Interessante dabei ist, dass die leichte Frequenzänderung des Technobasses inmitten des Infernos immer deutlich bleibt; das ist mir in anderen Geräteumgebungen bisher nie aufgefallen – erst hier beim Erstkontakt mit den Normas.

Krass und ebenfalls so zuvor ungehört: Die Wiedergabe des an sich reichlich scheppernd gesampelten Blechwerks in Leilas „Daisies, Cats and Spacemen“ vom Album Blood, Looms and Blooms (auf Amazon anhören) verleitet mich dazu, zur Verdeutlichung der fast schon paradoxen Sachlage die Allegorie einer mundschleimhautfreundlichen Bhut-Jolokia-Chilischote zu bemühen. Nicht etwa, dass die Norma-Kombi gefühlt etwas beschönigen würde, aber sie schafft es, einen Grad an LeilaDifferenzierung und Präsenz zu erzeugen, der die klanglichen Defizite des Samples zwar klar aufzeigt, ihnen aber keine Dominanz erlaubt – vielmehr wird das Sample aufgrund der unglaublich sauberen klanglichen Trennung vom Kontext der restlichen Musik als nicht störende Erscheinung integriert. Übrigens besitze ich genanntes Leila-Album auch auf Vinyl, was mich zum direkten Quervergleich DAC vs. Analog-Eingänge bewegt. Natürlich spielen hier noch ganz andere Faktoren eine wesentliche Rolle für die Klangcharakteristik, doch zeigt sich eine geradezu erstaunlich ähnliche Darstellung bei der Wiedergabe von beiden Medien. Tonal ergibt sich hier keineswegs ein von der Schallplatte ja oft erwartetes wärmeres Klangbild, und weder Auflösung noch räumliche Abbildung unterscheiden sich wesentlich.

Norma Audio Revo PS 160 MR

Diese Fähigkeiten zur „integrierenden Differenzierung“, zur peniblen Analyse ohne Gnadenlosigkeit in der Realisierung gehen mit einer grundsätzlich nicht gleißend hellen oder kühlen tonalen Abstimmung einher. Die im Ansatz eher samtig anmutende, farbenprächtige und angenehm milde Tonalität der Normas wird kongenial balanciert von der extrem filigranen, flinken und sauberen Darstellung von Impulsen sowie einer seidigen und feinkörnigen Auflösung über das gesamte Spektrum, insbesondere aber im Hochton. Keinesfalls sollte man die McLaren Test Tracks Vol. 1härtefreie, minimalgranulare und in den obersten Lagen etwas dezente Gangart der Normas und die Abwesenheit artifiziell anmutender Leuchtkraft zum Beispiel bei den Schlagzeugbecken von Bill Morriseys „You’ll never get to Heaven“ (Album: McLaren Test Tracks Vol. 1) mit tonaler „Wärme“ verwechseln: Der Bassbereich bewegt sich immer auf einem neutralen Pfad und dickt nicht auf, schiebt nie mehr als er sollte. Das ist insbesondere bei produktionstechnisch in diesem Bereich überversorgten Tracks wie Massive Attacks „Angel“ eine Wohltat. Hier dröseln die Normas tugendhaft die Vorgänge im Tiefbass auf, die komplexer sind, als einem die meisten anderen Amps weismachen wollen.

Wenn ich mich recht entsinne, bieten die großen (und teuren) Class-A-Verstärker von Nelson Pass eine vergleichbare tonale Charakteristik und Textur – doch wenn mich meine schon etwas zurückliegenden Hörerfahrungen in verschiedenen Verstärker-Lautsprecherkombinationen nicht schwer täuschen, blieben selbst diese Traumverstärker ganz obenrum einen Tick kantiger und grobkörniger. Jede Frage nach „mehr Helligkeit“ bei den Normas wird sowieso von der schwerelosen, niemals unterbelichteten Darstellung dreidimensional differenzierter Klangbilder bereits vor ihrer Formulierung im Keim erstickt – diese Kombi braucht eben keinen Schuss extra im Präsenzbereich, um akustische Dreidimensionalität zu schaffen.

Linker Hand die Anschlüsse des optionalen DAC-Moduls des Norma Audio Revo SC-2
Linker Hand die Anschlüsse des optionalen DAC-Moduls des
Norma Audio Revo SC-2

Jene Körperhaftigkeit steigert sich mit entsprechendem Material ins fast schon Unheimliche. Talk Talks „Such a Shame“ ist jetzt nicht unbedingt ein klanglicher Meilenstein der Musikproduktion und besitzt im Grunde gar keine natürliche Raumtiefe – und doch erlauben es die Normas, dass jede einzelne noch so kleine Soundspielerei nicht einfach so nebenbei daher erscheint, sondern ihren ganz eigenen, fest umrissenen Platz auf der kleinen Klangbühne einnimmt. Ohne Spotlights zu setzen, einfach so.

Die meisten Komponenten, die ich gehört habe, tendieren dazu, den Raum ganz generell eher hinter die Lautsprecher oder aber (seltener) leicht davor aufzubauen. Nicht so die Norma-Kombi: Ganz offensichtlich kommt es den Italienern nur darauf an, wo in der Realität der Aufnahmesituation die entsprechende Schallquelle platziert war – so materialisiert sich Talk Talks Mark Hollis inklusive Instrumentarium wie auf der Schnur gezogen ziemlich genau auf der Lautsprecherebene, während Magnificats „Parsons, White & Byrd: Where Late the Sweet Birds Sang“„Lamentation a5“ auf Magnificats Parsons, White & Byrd: Where Late the Sweet Birds Sang (auf Amazon anhören) sich in die Tiefe des Raums erstreckt – aber sich dort nicht verliert. Die Grenze des Aufnahmeraums bleibt ziemlich deutlich hörbar, der Chor agiert sauber darin gestaffelt. Anders bei „Symphonie Fantastique – IV Marche au supplice“ in der Aufnahme des Scottish Symphony Orchestra: Als sei man mit einem akustischen Fernglas bewaffnet, kann man beobachten, wie sich der Klangraum gestochen scharf irgendwo weit hinter der plötzlich transparent gewordenen Panoramaleinwand abspielt. Den absoluten Gegensatz in Sachen Platzierung liefert Jacintha mit „Danny Boy“: Gänsehaut pur, wenn die fantastische Stimme zum Körper wird und wenige Schritte vor mir im Hörraum steht.

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Ortofon Concorde Music

Test: Norma Audio Revo SC-2 und PA 160 MR | Vor-End-Kombi

  1. 2 Klangeindruck vom Norma-Audio-Verstärkertrio