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Musikhören per Smartphone hat im Consumer-Bereich die Nutzung von MP3-Playern weitestgehend abgelöst. Gleichwohl lässt sich die Audioqualität über den Kopfhörerausgang des Handys meistens eher belächeln. Lösungen in Form von externer DACs/AMPs sind häufig klobig und meistens nicht viel kleiner und leichter als das Smartphone selbst. Genau an dieser Stelle versucht die noch recht junge, erst 2014 gegründete taiwanesische Firma NextDrive (www.nextdrive-spectra.io) mit ihren Produkten anzusetzen und stellt mit dem mobilen DAC/-Kopfhörerverstärker Spectra X (189 Euro | Verkauf in Deutschland über Amazon) eine relativ preiswerte und vor allem kleine und leichte Alternative auf die Beine. Der NextDrive Spectra X ist in zwei Varianten, mit USB-A- oder USB-C-Anschluss, verfügbar. Wie sich die beiden Ausführungen schlagen, kann im folgenden Testbericht nachgelesen werden.
Firmenhintergrund
Das taiwanesische Unternehmen NextDrive wurde 2014 in Taipeh mit dem Ziel gegründet, Technologien auf intelligente Weise zu vernetzen und dadurch die Handhabung von Dingen des täglichen Lebens zu vereinfachen. Nach Schwerpunkten in den Bereichen „Smart Home“ und „Firmensicherheit“ entschloss man sich 2017 in den audiophilen Markt vorzustoßen und stellte mit dem Spectra-DAC den laut NextDrive „kleinsten 384-kHz-DAC-Kopfhörerverstärker“ zunächst in Taiwan, Japan und später in den USA vor. Europa wurde bei der ersten Inkarnation dieses mobilen DACs noch außen vor gelassen.
Ende 2018 wurde schließlich eine Weiterentwicklung des recht populären mobilen Kopfhörerverstärkers präsentiert. Der NextDrive Spectra X verfügt trotz des gleichen DAC-Chips über ein verbessertes Rauschverhalten, weniger Verzerrungen und einen verringerten Energieverbrauch. Bis zum Ende des letzten Jahres mussten sich interessierte Kunden aus Europa allerdings gedulden, um auch hierzulande in den mobilen, audiophilen Genuss des NextDrive Spectra X zu kommen.
Lieferumfang, Optik & Haptik
Der Spectra X von NextDrive wird in einer schlichten, weißen Box mit Magnetverschluss geliefert, auf deren Front der eigentliche DAC abgebildet ist. Rückseitig wird man über die wichtigsten technischen Spezifikationen informiert. Im Lieferumfang befinden sich neben dem Spectra X USB-DAC noch ein Quick-Start-Guide, eine Garantiekarte mit QR-Code – leider nur in chinesisch-taiwanischer Sprache – und ein schön gearbeitetes Etui mit einer Art Veloursüberzug zum Verstauen des DACs. Zu meinem Bedauern gehört ein Adapter von 3,5 Millimeter auf 6,3 Millimeter nicht zum Lieferumfang. Dieser muss, wenn nicht schon vorhanden, separat erworben werden, will man am NextDrive Spectra X auch größere Kopfhörer mit 6,3-Millimeter-Klinkenanschluss betreiben.
Die tadellose Verarbeitung des NextDrive Spectra X wird bereits beim Herausnehmen des mobilen Verstärkers aus der Verpackung sicht- und spürbar. Der Materialmix aus robustem Kunststoff und Aluminium wirkt wesentlich hochwertiger als zum Beispiel das überwiegend aus Plastik bestehende Gehäuse der Audioquest-Dragonfly-Serie (Black/Red/Azure) und ist mit gerade einmal 17 Gramm angenehm leicht. Der Spectra-X-DAC bietet zudem einen weiteren Vorteil im Handling: NextDrive hat den Spectra X in einer stabähnlichen Form designt und das mit Stoff ummantelte USB-A- oder USB-C-Kabel gleich mit integriert. Dies hat zwar einerseits den Nachteil, dass man das USB-Kabel bei einem möglichen Kabelbruch nicht austauschen kann. Andererseits minimiert man durch eine zusätzliche Kabelverbindung – der optionale Adapter von USB-A auf USB-C fällt hier weg – das Risiko, die USB-Buchse am Quellgerät übermäßig zu strapazieren und dadurch zu beschädigen.
Technik
Das Herz des NextDrive Spectra X bildet ein Digital-Analog-Converter-Chip des Herstellers ESS-Technologies. Der grundsolide ES9018 überzeugt bereits in vielen höherpreisigen DACs mit seinem besonders hohen Signal-Rausch-Abstand und Detailreichtum. Im Spectra-X-DAC ist, wie bereits im Vorgänger Spectra, die Mobilversion ES9018Q2C verbaut. Bei verringertem Energieverbrauch gegenüber seinem Desktop-Pendant ES9018K2M liefert der Chip noch immer respektable 121 dB Dynamikumfang (DNR). Der Spectra X kann PCM-Signale bis zu 32 Bit/384 KHz sowie DSD-Streams mit bis zu 11,2 MHz verarbeiten.
Lobenswert ist, dass auch für hochauflösendes Material weder unter Mac-OS noch bei Windows-10-PCs oder Android-Devices ein Treiber vonnöten ist. Man verbindet den NextDrive Spectra X einfach mit einem freien USB-Port und wählt in den Einstellungen den mobilen DAC als Quelle aus, schon kann der Musikgenuss beginnen. Die USB-A-Version kann – mittels USB-Lightning-Adapter – auch mit den meisten iPhones und iPads verbunden werden. Ausnahme soll hier das iPad Pro 2018 sein, welches nicht mit dem NextDrive Spectra X kompatibel sei. Optional wird von NextDrive auf deren Website auch ein ASIO-kompatibler Soundtreiber für Windows-Versionen angeboten, welcher ein Control-Panel zur Verfügung stellt. Hier kann zum Beispiel vom Desktop aus bequem die Bit- und Abtastrate eingestellt werden, ohne die Audioeinstellungen öffnen zu müssen.
Aufgrund des sehr kompakten Designs wurde auf eine Lautstärkeregelung am NextDrive Spectra X verzichtet. Stattdessen wird der Pegel direkt über das Quellgerät (Smartphone, Mac, PC) digital eingestellt. Vor allem für Mobilgeräte mit dedizierter Lautstärkewippe stellt dies aber keinen Nachteil dar. Für mich persönlich ist eine solche Lösung sogar angenehmer, da ich so nur auf einen Lautstärkeregler achten muss. Die kleine Bauweise zwingt den Hersteller aber auch, sowohl den Eingang als auch Ausgang auf jeweils einen USB-Stecker beziehungsweise eine 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse zu beschränken. Klar, eine Multimediazentrale mit mehreren Ein- und Ausgängen kann und will der Spectra X nicht sein – für den angedachten Einsatz mit Mobilgeräten ist dieser puristische Ansatz meiner Meinung sinnvoll und zweckmäßig. Der NextDrive Spectra X verfügt zudem über keinen physischen Ein-Aus-Schalter. Der DAC ist, sobald er mit dem Quellgerät per USB verbunden ist, „unter Strom“. Leider scheint er keinen Standby-Modus zu besitzen, der zum Beispiel den DAC ohne Musiksignal vom Smartphone oder Tablet in einen Energiesparmodus versetzt. Der DAC-Chip und die blaue Status-LED, welche den Betrieb anzeigt, ziehen vom Akku des Mobilgerätes deshalb auch Strom, wenn gerade kein Signal anliegt oder kein Kopfhörer angeschlossen ist.
Laut Datenblatt soll der in Form und Größe einer Zigarette ähnelnde DAC-/Kopfhörerverstärker auch Kopfhörer mit bis zu 600 Ohm Impedanz betreiben können. Keinesfalls nur Marketingbehauptung, wie meine Versuche zeigten. Der mobile NextDrive Spectra X liefert tatsächlich genügend Kraftreserven für fast jeden Kopfhörer. Aber hören wir ihn im Folgenden genau an.
NextDrive Spectra X: Klangtest & Vergleiche
Auflösung und Hochton
Dem ES9018-Chip wird, unabhängig vom eigentlichen DAC oder Kopfhörerverstärker, häufig eine etwas kühlere, dafür aber hoch detaillierte Spielweise attestiert. Wie mir bereits bei den ersten Takten des neuesten, 2018 erschienenen Studioalbums The other side des norwegischen Tord Gustavsen Trios (Album auf Amazon anhören) auffällt, stellt der Spectra X von Nextdrive hier keinesfalls eine Ausnahme dar. Im Song „Kirken, den er et gammelt hus“ besitzen im Zusammenspiel mit dem AKG K702 vor allem die Hi-Hats, Becken und die Snare-Drum eine solch detaillierte und feinfühlige Spielweise, wie ich sie selten von einem mobilen DAC/Kopfhörerverstärker in dieser Preisklasse hörte. Der Audioquest Dragonfly Red (zirka 189 Euro) bewegt sich grundsätzlich zwar auf ähnlich hohem Niveau, den Detailreichtum und die Hochtonenergie, die der Spectra X präsentiert, erreicht der Dragonfly aber nicht.
Die Obertöne der einzelnen Instrumente werden klarer und präsenter ausgearbeitet, was dem Klavier ein recht natürliches, wenn auch minimal auf der hellen Seite von neutral liegendes Timbre verleiht. Die Stahlsaiten des Kontrabasses werden mit dem Spectra X ebenfalls in allen Facetten, die die Aufnahme zu bieten hat, wiedergegeben.
Nahezu durchgängig stellt sich bei den verwendeten Kopfhörern heraus, dass der kleine NextDrive im Hochton zwar etwas mehr Pegel als zum Beispiel ein FiiO E17 (149 Euro) oder eben Dragonfly Red zu bieten hat, dies durch die hohe, saubere Auflösung aber keinesfalls angestrengt oder gar harsch klingt. Kopfhörer, die von Haus aus etwas dunkler klingen, kann der Spectra X im Hochton so etwas mehr Leben einhauchen. Einem Audeze LCD-2 zum Beispiel verleiht der mit dem ES9018-Chip ausgestattete DAC einen präsenteren und detailreichen Hochtonbereich. Sogar ein doch recht hell abgestimmter Sennheiser HD800S kann mit dem Winzling einen Performancesprung auf Mobilgeräten machen, ohne den Kopfhörer zu anstrengend klingen zu lassen.
Es gibt hier aber auch Ausnahmen. Einem Beyerdynamic DT880 (zumindest in den 32- und 250-Ohm-Varianten) bekommt der mobile Kopfhörer-DAC zum Beispiel nicht so gut wie anderen offenen Modellen. Grund dafür ist ein Höhenpeak des Kopfhörers an – bezogen auf den NextDrive – ungünstiger Stelle. Hier kann es manchen Musikgenießern, die eine wärmere, langzeittaugliche Vorstellung der Musik einer lupenhaften Detailliertheit vorziehen, schon zu viel des Guten werden. Die 600-Ohm-Version des Beyerdynamic harmoniert durch den etwas weniger stark ausgeprägten Höhenpeak des Kopfhörers dann schon wieder besser. Und ja, die hohe Ausgangsimpedanz des DT880 600 Ohm stellt qualitativ sowie die Lautstärke betreffend keinerlei Problem für den winzigen Spectra X dar. Auch mit solch „schwierigen“ Kopfhörern kann man es ordentlich krachen lassen.
Man muss mit dem NextDrive Spectra X die Kopfhörer aber keinesfalls zu Maximalpegeln treiben, um die volle Dynamik der Aufnahme hören zu können. Auch leise spielt der DAC aus Taiwan ausgesprochen detailliert und verschluckt keinen Ton. Mit dunkler abgestimmten Zeitgenossen – auch In-Ears mit niedriger Impedanz à la Audiofly AF160 treibt der Spectra X tadellos an – schafft es der NextDrive, die Musik auf ein sehr hohes Niveau zu heben. Im Superhochton lässt er auch schon mal teurere, stationäre DACs wie den Benchmark DAC 1 USB hinter sich.
Bei aller Transparenz: Auch was das Sustain betrifft, verhält sich der NextDrive-DAC vorbildlich. Sowohl dem Schlagzeug als auch dem Klavier und der Bassgeige werden, je nach Abstimmung des verwendeten Kopfhörers genug Zeit gegeben, um ausklingen zu können, ohne sich schwammig anzuhören.
Die Mitten
Im Mittenbereich kann der NextDrive Spectra X qualitativ ebenfalls überzeugen, wie die drei Country-Damen von Puss n Boots mit ihrem neuesten Album Sisters (auf Amazon anhören) beweisen. Der Spectra X schafft es, die Stimmen von Norah Jones, Sasha Dobson und Catherine Popper natürlich und in Relation zu den anderen Frequenzbereichen sauber herauszuarbeiten. Der Präsenzbereich und die oberen Mitten können als markant, aber nicht überbetont beschrieben werden. Der Fabs Fabulous Ears Basic Duo (399 Euro) profitiert von dieser Klangsignatur des Spectra X und lässt die Musik insgesamt ausgeglichener erscheinen. Der Fabs-In-Ear bewegt sich von seinem kräftigen Grundton weg und zeichnet vor allem bei Frauenstimmen ein neutraleres Klangbild, was auch deren Verständlichkeit einen kleinen Schub gibt.
Die E-Gitarre mit Jazz-Tuning kommt über den NextDrive-DAC etwas weniger sonor als mit meinen anderen DACs, fügt sich aber trotzdem homogen ins restliche Klangbild ein. Das wirkt bei „The Grass is Blue“ sogar vorteilhaft, da die soulige Stimme von Norah Jones so besser zur Geltung kommt. Dem günstigeren FiiO E-10 (ca. 90 Euro) gelingt das Freistellen der Stimmen zum Beispiel wesentlich weniger gut. Die tieferen Gitarrensaiten und das jazzige E-Vibrato vermag der Spectra X dank der auch im Mittenbereich detaillierten Spielweise ohne Qualitätseinbußen darzustellen.
Räumlichkeit
Ein weiterer Punkt, bei dem der NextDrive Spectra X die Nase gegenüber vergleichbaren mobilen DAC-Verstärker-Kombinationen vorne hat, ist die Räumlichkeit. Über den Spectra-DAC wirkt die Bühne deutlich plastischer. Sogar verglichen mit stationären Amps wie dem Benchmark DAC1 USB und Burson Soloist, kann der leichtgewichtige Mobilverstärker dem ohnehin schon als Raumwunder bekannten Sennheiser HD800S nochmals auf die Sprünge helfen. Nicht in Form einer übergroßen Bühne, sondern mittels recht guter Ortungsschärfe, zusammen mit einer strukturierten Tiefenstaffelung. Man fühlt sich beim Titellied „Sister“ des jazzig- souligen Country-Trios direkt in einen mittelgroßen Texas-Club hineinversetzt, bei dem für das Bar-Publikum performt wird.
Harter Stoff
Um den tatsächlichen Kraftreserven des mobilen DACs auf den Zahn fühlen zu können, muss man aber schon zu schnellerer und härterer Musik wechseln. Die Mitte der Neunziger-Jahre gegründete Crossover-Band Insolence vereint mit dem 2001 erschienenen, fünften Studioalbum Revolution (auf Amazon anhören) genau das. Mit dem Spectra X kann man sehr gut weniger gelungen gemasterte Aufnahmen entlarven, wie zum Beispiel dieses Album. Artefakte und die auf der Aufnahme recht komprimierte Dynamik deckt der NextDrive wesentlich gnadenloser auf, als zum Beispiel der verzeihendere Dragonfly Red oder der etwas günstigere FiiO E17. Hierdurch erscheint auch der Bass im Vergleich zu anderen DACs quantitativ etwas flacher.
Dass die Schuld aber nicht unbedingt beim Spectra X zu suchen ist, beweist ein Dreh am digitalen Volume-Regler. Der Basspegel nimmt mit zunehmender Lautstärke in Relation zu den anderen Frequenzbereichen keineswegs ab. Die Kraftreserven für eine grobdynamische Pegelmassage des Trommelfells liefert der NextDrive Spectra X auch mit anspruchsvollen hochimpedanten Kopfhörern wie dem 600-Ohm-Boliden Beyerdynamic DT880 600. Vergleicht man die Maximallautstärke mit dem direkten Konkurrenten Dragonfly Red, lässt sich dem Spectra X eine etwas lautere Spielweise attestieren. Man sollte es gerade bei hohen Laustärkepegeln aber möglichst vermeiden, den DAC aufgrund der Genauigkeit, mit der er Musikfiles durchleuchtet, mit 64-kBit/s-Files oder schlecht gemasterten Aufnahmen zu füttern. Es gilt also: Je besser die Aufnahme, desto mehr Qualität liefert auch der Spectra X.
Die Basswiedergabe
Fehlt eigentlich nur noch die Nagelprobe für die (Tief-)Basswiedergabe. Der für seine elektronisch-experimentellen Tracks bekannte Solokünstler Marcos Ortega alias Lorn geizt in seiner Compilation Rarities nicht mit verstörenden und düsteren Klängen. Über den Sennheiser HD800S reicht der NextDrive Spectra X den überaus trocken und bis in tiefste Kelleretagen hinabreichenden Bass von „Hex“ ohne Fehl und Tadel zum Ohr durch. Qualitativ gibt es am Bassbereich des Mobil-DACs überhaupt nichts auszusetzen. Die knorrig-trockene Tieftonwiedergabe unterstreicht die sich durch die ganze Track-Sammlung ziehende, düstere Stimmung perfekt.
Im Gegensatz zum Insolence-Album sind hier weder eine Komprimierung noch anderweitig ungewollte Verzerrungen wahrzunehmen. Ein Gegencheck mit dem Audioquest Dragonfly Red bescheinigt dem Spectra X wie schon anfangs erwähnt zwar einen quantitativ leicht zurückgenommenen Kickbass, qualitativ muss sich der Bassbereich des NextDrive aber keineswegs vor teureren und stationären DAC-/Verstärker-Kombinationen verstecken. Ja, ich lehne mich sogar so weit aus dem Fenster, dass die Bassqualität des Spectra X auf einem Niveau mit der des NuPrime HPA-9 liegt, wobei letzterer natürlich noch mehr Punch in die Musik bringt.
Test: NextDrive Spectra X | Mobiler Kopfhörerverstärker & DAC