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Bühne frei: NAD C 390DD
Und nun Vorhang auf, Bühne frei – lassen wir den Knaben spielen. Als Zuspieler gab’s in erster Linie das Laufwerk des Audiolab 8200CDQ, dessen S/PDIF-Digitalsignal dem NAD per Koax-Eingang zugeführt wurde.
Wie lautete noch die Überschrift dieser Rezension? „Überraschung!“. Nachdem ich in meiner Adoleszenzphase schon einige Integrierte von NAD verschlissen habe und zuletzt auch hier bei fairaudio das Einstiegsmodell C 316BEE testen durfte, stellte sich bei mir ein echtes Erstaunen ein, als der C 390DD losspielte. Waren die mir bekannten Modelle allesamt ziemlich knackig-quirlige, im positiven Sinne fast ein wenig ungezügelte Vertreter, so schlug der C 390DD in eine völlig andere Kerbe.
Nehmen wir Robert Forster, der auf dem Album The Evangelist seinem viel zu früh verstorbenen Go-Betweens-Weggefährten Grant MacLennan ein Denkmal gesetzt hat. „Demon Days“ ist eine traurige und reich orchestrierte Ballade, die still mit leisen Akustikgitarren beginnt und im Verlauf des Stücks immer farbenprächtiger wird, mit Fender Rhodes, Streichern, einer zusätzlichen Frauenstimme und Chorgesang. Unglaublich mild und warm klingt dieser Song über unseren Kandidaten von NAD. Ganz ehrlich, hätte man mir den C 390DD in einem Blindtest serviert, ich hätte den Hersteller nicht am typischen Sound erkannt: Elegant, feinzeichnend, kultiviert, keinesfalls vorlaut, metallisch oder sonstwie „in your face“. Trotzdem kommt jedes wichtige Detail durch, wie zum Beispiel der auffällig lange Hall, der unter die Stimme gelegt wurde. „Demon Days“ ist ein Lied, in das man sich fallen lassen möchte – und der C 390DD ermuntert einen dazu, indem er mit viel Wärme und Feingefühl musiziert.
Ein Langweiler ist er jedoch keinesfalls, wie ein Griff ins Regal mit Gute-Laune-Musik zeigt. „Song for Aberdeen“ von Mando Diao darf sicherlich als echter Partykracher bezeichnet werden. Der NAD fetzt gut los, und zwar vor allem auf der rhythmischen Seite. Der Bass kommt ultraflink, doch auch Schellentamburin und Hi-Hat fliegen dem Rezensenten in positiver Art und Weise um die Ohren, das hat Rhythmus, Kick und Spielfreude.
In tonaler Hinsicht fällt eigentlich nur eines auf – dass nichts unangenehm auffällt. Der Bassbereich ist da, aber nicht überbetont, die Höhen sind feingezeichnet, aber nie überpräsent – und in der Mitte ist alles, wo es hingehört. Die Partystimmung wird also in erster Linie durch das sehr gute Timing des C 390DD erzeugt, nicht durch ein wie auch immer geartetes Sounding. Damit unterscheidet er sich vom bereits erwähnten C 316BEE, der mir ein kleines Oberbassbäuchlein mitzubringen schien.
Und nun zu einer meiner favorisierten Neuentdeckungen der letzten 12 Monate: Die deutsche Band Yesterday Shop, die sich ursprünglich im süddeutschen Raum formiert hatte. Ihr Sound erinnert an einen Mix aus den Foals und der deutschen Band Slut in ihrer Frühphase, ohne jedoch epigonal zu sein: melancholisch, mal elegisch, mal energisch, interessantes Wechselspiel aus Gitarren und synthetischen Klängen, verfeinert durch eine kluge und originelle Produktion.
Der Song „Paris Syndrome“ ist besonders abwechslungsreich, mit einer rhythmischen Verzahnung unterschiedlich abgemischter Gitarrenspuren, recht schrägen Synthesizer-Sounds, ergänzt um einen tighten, treibenden Bass und einen leicht ins Weinerliche lappenden Gesang. Auch hier fällt wieder in erster Linie das rhythmische Talent des NAD-Verstärkers ins Ohr. Er spielt einfach irre schnell und erzeugt damit eine spannende Atmosphäre. Die Bassfiguren ungemein kompakt und flink, die Gitarren-Fingerpickings akkurat und direkt. Hinzu kommt auch eine erfreulich breite, tiefe und gut gestaffelte Bühnenabbildung, was gerade bei den Keyboard-Effekten viel Freude macht.
Tonal fällt mir hingegen bei diesem Hördurchgang eine eher dezente Gangart auf. Deutlich wird dies beispielsweise auch im Song „Fat Man & Little Boy“ vom gleichen Album. Müsste ich die im Song reichlich gedroschenen Crashbecken visualisieren, dann würde ich dies beim C 390DD mit fluffig fliegendem Goldstaub tun – und nicht mit herabfallenden Alu-Spänen. In einem Satz: Tonale Milde trifft auf superschnelles Ansprechen.
Test: NAD C 390DD | Vollverstärker