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Juni 2013 / Jochen Reinecke
In den vergangenen 20 Jahren haben in den HiFi-Racks audiophiler Genießer gleich mehrere Generationenwechsel stattgefunden. „Früher“ gab es hauptsächlich klassische Verstärker mit einem Phono-Eingang und einigen Hochpegelinputs. Peu à peu gesellte sich in jüngerer Vergangenheit hier und da ein kleiner USB-Eingang hinzu. Inzwischen gehört eine digitale Schnittstelle bei Vollverstärkern der neuesten Generation schon fast zum guten Ton. Und jetzt kommt auch noch NAD und bietet einen Verstärker, der in der Basisversion nur noch digitale Eingänge kennt! C 390DD heißt der gute Freund, er leistet 2 x 160 Watt und erleichtert das Portemonnaie des geneigten Käufers um knapp 2.500 Euro.
Der NAD C 390DD (www.nad.de) basiert in der Grundphilosophie auf dem M2-Vollverstärker, den Kollege Jörg vor gut drei Jahren hier bei fairaudio getestet hat. Kernstück des C 390DD ist ein Chip des britischen Herstellers Zetex, welcher D/A-Wandler, Vorverstärker und Treiberstufe beherbergt und von einem zweiten Chip ergänzt wird, der den Sensor und die „Korrekturschaltung“ der digitalen Gegenkopplung bildet.
Das Besondere am NAD C 390DD ist die konsequente Umsetzung eines rein digitalen Datenflusses. Der Zetex-Chip nimmt die eingehenden Daten und rechnet sie mit einer Samplingrate von 844 kHz in ein pulsweitenmoduliertes Signal um. Das ergibt – vereinfacht gesagt – eine gigantische und sehr hoch getaktete Impulsfolge, bei der die einzelnen Impulse in 7 Bit Auflösung dargestellt werden, somit 2 hoch 7 = 128 unterschiedliche Breiten haben können. Dieser gepulste Strom wird nun über Schalttransistoren verstärkt und letztlich über ein Tiefpassfilter an die Lautsprecher ausgegeben. All dies erfolgt unter einer digitalen Gegenkopplung, die bei Zetex „Noise Shaping Error Correction“ heißt: Abweichungen vom Originalsignal werden über einen Referenzpuls ermittelt und korrigiert, wobei der Referenzpuls wieder aus dem korrigierten Signal herausgefiltert wird.
Ganz schön viel Rechenpower steckt also in diesem Gerät; und wo Rechenpower auf Multifunktions-Chips mit DSP-Qualitäten trifft, da kann zumeist ziemlich herumgedaddelt werden – und so ist es auch bei unserem Probanden: Per Menü kann ein 6-Band-Filter zum Handling von Raummoden zugeschaltet werden, ebenso ist es möglich, im Handstreich die Kanäle ohne Umkabeln zu vertauschen oder – wer’s mag – dem Signal mit invertierter Phase oder, für Feinschmecker, sogar in Mono zu lauschen. Zusätzlich verbirgt sich in den Tiefen der Konfigurationsmenüs noch eine Impedanzanpassung, was sehr löblich ist, denn gerade Class-D-Designs stehen ja im Ruf, sich lastabhängig uneinheitlich zu verhalten. Insgesamt sieben Anpassungsstufen gibt es: 2, 4, 5, 6, 7, 8 und größer 8 Ohm.
Wie erwähnt, zeigt sich der C 390DD ab Werk ausschließlich Digitalsignalen gegenüber empfangsbereit. Geboten werden acht entsprechende Eingänge: Je zwei optische und koaxiale S/PDIF-Eingänge, ein XLR- beziehungsweise AES/EBU-Eingang sowie drei USB-Schnittstellen. Zwei, eine davon auf der Frontseite, sind für den Anschluss von passiven Speichern wie Laufwerken oder Sticks gedacht, die andere nimmt Daten vom Computer (maximal 96 kHz/24 Bit) im asynchronen Modus entgegen. Hier fungiert der NAD C 390DD also als externe „Soundkarte“. Doch damit nicht genug, er stellt einen regelrechten „Hub“ dar – durch je einen koaxialen und optischen Digitalausgang können eingehende Signale weitergeroutet werden, ebenso ist es möglich, die Endstufe zu umgehen und das vorverstärkte Signal über einen Cinch-Pre-Out abzugreifen. Hinzu kommen noch echte Bi-Wiring-Lautsprecheranschlüsse – fertig ist die Gartenlaube.
Nein, eben nicht! Der C 390DD kann nämlich noch durch optionale Einschubmodule aufgerüstet werden. Zwei gibt es derzeit: Ein HDMI-Modul mit drei HDMI-Eingängen und einem HDMI-Ausgang sowie ein Analogmodul, das einen analogen Hochpegeleingang (Cinch), einen Phono-MM/MC-Eingang (ebenfalls Cinch) und einen symmetrischen XLR-Eingang bietet. Das zeugt von einem gewissen Realitätssinn bei NAD, denn fast jeder hat doch noch irgendeine analoge Quelle im Wohnzimmer herumstehen.
Ein bisschen ungewöhnlich ist es trotzdem: Die analogen Signale werden im Modul mit einer Abtastrate von 48 kHz in ein Digitalsignal gewandelt – denn die Vorstufensektion des NAD C 390DD frisst ja ausschließlich gepulste Kost. Wir haben es also durchaus mit einem unkonventionellen Gerätekonzept zu tun. Mir stand für den Test übrigens ein voll ausgerüstetes, also mit beiden Zusatzmodulen versehenes Exemplar zur Verfügung.
Test: NAD C 390DD | Vollverstärker