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Am faszinierendsten finde ich an den Musical Fidelity M8 700 die fast schon unglaubliche Mischung aus Auflösung, Dynamik und Raumdarstellung. Und obwohl man diese Kriterien nicht künstlich trennen sollte – denn gerade das Zusammenspiel macht’s aus –, werde ich es aus Gründen der Darstellung trotzdem tun. Fangen wir einmal hinten an.
Was mich am „Bühnengeschehen“ begeistert, ist nicht so sehr die Plastizität der einzelnen Klänge – die ist schon da, aber ich habe es von mancher Röhre auch schon dreidimensionaler serviert bekommen. Die Electrocompaniets spielen ebenfalls plastisch und „bauen“ etwas größere Klangkörper, gar nicht übel, allerdings bilden die Musical Fidelitys noch mal randschärfer ab. Nein, die schiere Raumgröße und insbesondere -tiefe, wenn die Aufnahme es denn hergibt, frappieren. Die AW180 sind hier wahrlich ziemlich klasse, aber relativ gehört ist’s fast schon so, als sei der Bühnenaufbau mit den Norwegern wie ein Dreieck, dessen Spitze nach hinten weist, während die Engländer unbeeindruckt einen großen, tiefen, viereckigen Kasten ins Zimmer schieben. Oder anders ausgedrückt: Die Ränder und Ecken der Bühne (die Bereiche hinter den Boxen) werden deutlich besser ausgeleuchtet. Und üppiger gerät das Klangpanorama sowieso. Wow! Hätte ich die M8 mit einem Vollverstärker für um die 3.000 Euro verglichen, gut, man hätte es erwartet – aber so? Hut ab.
Nicht nur die Größe des Klangbilds und die hohe Präzision der Darstellung beeindrucken – sehr selten zu finden ist auch diese fundamentale Stabilität der Abbildung, komme, was da wolle. Leise Signale „versuppen“ nicht, wenn ein Lautstärkeinferno losbricht und/oder die Musik dichter instrumentiert wird. Ein leichtes Ticken am Ridebecken hinten links bleibt an Ort und Stelle fixiert, egal was sich da weiter vorne zusammenbraut. Und man kann es eben, wenn man denn will, weiterhin „als solches“ sauber identifizieren.
Bei Nils Petter Molvaers „Recoil“ (Album: Baboon Moon) fiel mir diese souverän-stabile Bühnenzeichnung schlagend auf: Circa bei 2’20“ türmt sich eine Wall of Sound auf, ein veritables Noise-Brett, was einen schön mit Schmackes in den Sessel pressen muss. Was so Jazz-Trompeter manchmal alles anstellen! Nun gut, das „Pressen“ kriegen schon einige Amps hin. Das Geschehen in dieser Cinemascope-Größe darzustellen wird schon schwieriger. Vor allem aber: Mit den M8 fühlte ich mich wie vor ein akustisches Wimmelbild gesetzt, während es sonst eher homogenisierte Klangtapete bleibt. Sie wissen schon, diese sehr detailreich gezeichneten Bilderbücher für Kinder, bei denen der Nachwuchs mit funkelnden Augen und ausgestrecktem Zeigefinger „da!, da!, da!“ ausstoßend auf Entdeckungstour geht. Tja, ganz wie der Papa mit seinem neuen Spielzeug … ich bin begeistert.
Womit wir auch schon beim Auflösungsvermögen sind – ich sag’s ja, man kann die klanglichen Bereiche nicht wirklich trennen. Und was soll ich auch groß Worte machen. Was die Musical Fidelitys M8 an Texturen und Feininformationen offenbaren, das darf auch in Relation zur Preisklasse als erstklassig gelten. Die Electrocompaniet AW180 kommen da nicht mit. Und auch die insgesamt etwas wärmer und weicher spielenden Audionet-Monos AMP sind da weniger explizit. Wobei angesichts dessen Kollege Jörg Dames die Frage aufwarf, ob man denn wirklich immer über Anzahl und Größe aller Zahnlücken einer Sängerin informiert werden möchte. Hmm, gute Frage. Doch warum eigentlich nicht? Die Aufnahme – Francioz Breut/A Vingt A Trente Mille Jours – ist eben so, die Dame steht bei vielen Liedern sehr nah am Mikro. Aber klar, in Kombination mit der strikt neutralen Linie der Monos und an einer hochauflösenden Anlage hängend, kann das manchem Hörgeschmack wohl zu viel werden. Andere hingegen flüstern leise und verliebt: „Oh ja!“
Zur Grobdynamik mag ich nicht mehr viel sagen, ich denke, es klang schon an, dass es fast schon aberwitzig ist, wie heftig die M8-Leistungsriesen zulangen können. Egal wie hoch der Ausgangspegel liegt, da ist immer noch unbegrenzt Reserve vorhanden, so der Eindruck. Viel interessanter ist da vielleicht die Frage: Wie verrückt kann man sein, solche Muskelprotze an 93-dB-Lautsprecher anzuschließen, wie die Monitor 8.12 es sind? Weiß man doch, dass solche Kraftmeier im Kleinleistungsbereich nicht laufen können. Die brauchen echte Stromsäufer, um ihren Arbeitspunkt zu erreichen.
Bla, bla, bla. Die gängigen Vorurteile dürfen getrost zur Seite gelegt werden, zumindest den M8-700m-Endstufen gegenüber. Keine Spur davon, dass sie bei niedrigeren Pegeln an wirkungsgradstarken Boxen lieblos, ungelenk oder unbeholfen klängen. Das Gegenteil ist richtig. Wenn etwas ins Ohr fällt, dann ihr Potenzial zum sehr differenziert abgestuften Vortrag, ihre Auflösung im Allgemeinen und das Nachzeichnen kleiner Lautstärkeschattierungen im Besonderen, also die Feindynamik.
Ben Harpers „Wipping Boy“ läuft (Album: Welcome To The Cruel World), das Stück ist gespickt mit Schnarr-, Flirr- und Slide-Geräuschen der Gitarre. Die feinen Abstufungen und Details, ich bekomme sie nun deutlicher und klarer transportiert als ich’s gewohnt bin. Da bleibt nichts im Ungefähren. Dazu dieser griffige Basslauf, der nun – sorry, aber was kann ich denn dafür? – noch einiges prägnanter und rhythmisch zwingender gerät. Auch an Harpers Stimme bin ich jetzt gefühlt näher dran, es wirkt unmittelbarer, deutlicher artikuliert. Etwas weniger sonor als über meine Standardverstärkung, das auch. Aber dieses Thema hatten wir ja schon oben angeschnitten.
Kurz und gut: Die M8-Monos laufen, was die Dynamik angeht, ganz hervorragend mit meinen für sie vermeintlich übersensitiven Dynamikks-Boxen. Keine Spur von Ungeschliffenheit oder des Eindrucks, sie würden nicht recht aus den Startblöcken kommen. Ich weiß nicht, wie sie es hinkriegen – aber dass sie’s können, scheint mir einiges über die Qualität der britischen Hochleistungs-Verstärker zu sagen. Dass die M8 700m mit mehreren Kilowatt Impulsleistung in der Hinterhand wirkungsgradschwachen und zur Gemütlichkeit neigenden Lautsprechern gegenüber den Zuchtmeister geben können, das erwartet man von solch einem Konzept. Feinsinnig, differenziert und lebendig mit der „ersten Handvoll Watt“ umzugehen – das wohl weniger. Nun, die Musical Fidelity M8 700m-Endstufen sind offenbar in vielerlei Hinsicht Ausnahmegeschöpfe.
Test: Musical Fidelity M8 700m | Endstufe