Retro ist und bleibt ein Trend. Ob in der Mode, im Automobildesign oder der Innenarchitektur – was in der Vergangenheit richtig erfolgreich war, verkauft sich auch in der Gegenwart gut. Diese Erkenntnis ist längst auf die HiFi-Branche übergeschwappt, denn auch dort funktioniert sie. Mitunter werden nicht nur traditionelle Gestaltungselemente, sondern längst totgeglaubte Marken wiederbelebt. Die „International Audio Group (IAG)“, zu der Mission (Web: https://www.mission-deutschland.de/) gehört, hat da etwa mit Leak oder Wharfedale (okay, die waren nie wirklich tot) gute Erfahrungen gemacht. Und die Kundschaft dankt es.
Warum auch nicht, wenn die Hersteller sich so gekonnt selbst zitieren wie etwa Wharfedale mit seiner „Linton“ oder die ebenfalls britische Marke Mission mit ihrer 700er-Serie, aus der die beiden größeren Schwestern meines Testmusters – 700 und 770 – bereits seit 2022 am Markt und in der Tat weiterentwickelte Neuauflagen bekannter Vorbilder sind. Die Modelle 700 und 770 gab es schon Anfang der Achtzigerjahre, die kompakte „Seven-Fifty“, hier im bezaubernd schönen Walnussfurnier angetreten, hingegen nicht. Sie ist eine komplette Neuentwicklung und soll die 700er-Range sozusagen „nach unten“ abrunden. Zu einem Paarpreis von knapp 1.000 Euro könnte die Rechnung aufgehen. Wie Wharfedale war auch die Marke Mission tatsächlich nie komplett vom Markt verschwunden, aber Hand aufs Herz: Wer, außer eingefleischten HiFi-Aficionados, wusste wirklich, dass es sie noch gibt? Ich zähle nur wenige Wortmeldungen …
Die neue 700er-Serie mit ihrer markanten weißen Front, auf der selbstbewusst wie ein Rallyestreifen am aufgemotzten Opel Kadett das Mission-Logo prangt, ist jedenfalls so etwas wie ein Ausrufezeichen. Übrigens gibt es für die Mission 750 – wie für ihre Schwestern – wahlweise zwei Korpusfarben: Walnuss und Schwarz. Die auffällige Front in Weiß bleibt immer gleich. Wer das nicht mag – bitte woanders umschauen.
Mission 750: Technisches Konzept
Allerdings könnte Ihnen dann ein echtes Lautsprecher-Kleinod entgehen, denn die Mission 750 ist nicht nur neu-, sondern konsequent durchentwickelt und nutzt die Technologien ihrer großen Schwestern. So sind für die Serie 700, die im Kern auf den Gründer der Marke Mission, Farad Azima, zurückgeht, zwei Aspekte prägend: Die Verwendung von Polypropylen-Membranen und ein besonderes Augenmerk auf extrem versteifte und somit resonanzarme Gehäuse. Dass ein unkontrollierter „Zitteraal“ nicht gut klingen kann, ist logisch und gehört im Grunde zu den HiFi-Basics. Aber wussten Sie, dass die Briten von Mission die ersten waren, die Polypropylen für die Fertigung von Lautsprecherchassis verwendet haben? Heuer sollen eingebrachte Mineralpartikel beim Tiefmitteltöner der 750 für zusätzliche Steifigkeit der Membran sorgen.
Der bei der 700er-Serie charakteristisch weiße Treiber misst in der Mission 750 13,5 Zentimeter im Durchmesser und sitzt in einem stabilen Druckgusskorb vor einem recht großzügig dimensionierten Antrieb. Der Tiefmitteltöner arbeitet auf einen nach hinten abstrahlenden Bassreflexkanal und soll, so lässt Missions Entwicklerteam verlauten, auf eine untere Grenzfrequenz von 48 Hertz (-3 dB) abgestimmt sein. Ziel sei es gewesen, einen „schnellen, straffen, kontrollierten“ Bass zu generieren. Inwieweit das ist gelungen ist, wird der Hörtest zeigen.
Der Hochtöner der Mission 750 wurde unverändert aus der größeren 770 übernommen. Die 28 Millimeter durchmessende Mikrofaserkalotte sitzt vor einer eigenen, bedämpften Kammer und sei auf ein extrem sanftes Ansprechverhalten gezüchtet worden, was für Detailreichtum und Klarheit, aber auch für Ruhe im Klangbild sorge, so die Briten.
Übrigens: Die Mission 750 steht nicht auf dem Kopf und unser Testmodell ist auch nicht falsch herum montiert worden. Dass der Tiefmitteltöner über dem Hochtöner sitzt, hat bei Mission – zumindest in der 700er-Familie – Tradition und nennt sich „Inverted Driver Geometry (IDG)“. Sinn dahinter ist das möglichst zeitgleiche Eintreffen der Schallwellen von Tiefmittel- und Hochtöner am Ohr, also eine möglichst hohe Phasen-Kohärenz. Die Übergabefrequenz zwischen beiden Chassis liegt bei 2,4 Kilohertz.
Ein besonderes Augenmerk wurde laut Chefentwickler Peter Comeau zudem auf das Layout der Frequenzweiche gelegt: Nur wenige, dafür hochwertige Bauteile fänden Verwendung und die Signalwege seien sehr kurz. Die Empfindlichkeit der Mission 750 gibt der Hersteller mit 86 Dezibel (2,83V@1m) an. Die 750 hat also nichts gegen einen kräftigen Verstärker, auch wenn sie nicht als „antriebskritisch“ durchgeht.
Noch ein paar Worte zum in dieser Preisklasse doch recht aufwendig versteiften Gehäuse: Dieses besteht aus mit hochdämpfendem Kleber verbundenen MDF und Spanplatten – ist also doppelwandig –, die Frontplatte ist an ihrer Innenseite zudem mit zusätzlichen Verstrebungen versehen. Eine Lage Akustikschaum mit bedämpfenden Fasermatten sorgt für zusätzliche „Ruhe im Karton“.
Abschließend noch ein kurzes Statement von Peter Comeau über die Mission 750: „As always sound tuning was carried out through hundreds of hours of listening to a wide variety of music to make sure that the musical excitement and emotion were conveyed without dilution. This is what Mission has always been known for, encompassed by the brand’s slogan ‘Music Leads, Technology Follows’.” Hehre Worte – hören wir uns das Ergebnis der Mühen einmal an.
Mission 750: Hörtest und Vergleiche
Wenn es im Pop-Rock-Universum eine sichere Bank in Sachen Bass gibt, heißt sie wohl Flea. Was der Bassist der Red Hot Chili Peppers mit seinen Saiten anstellt, sucht seinesgleichen – und ist trotz des leichtfüßigen „California Surfer Sounds“ alles andere als simpel. Der inzwischen 63-jährige Michael Peter Balzary bildet damit nicht weniger als das musikalische Rückgrat der Band. Zum Glück werden Fleas Bassläufe stets auch sehr präsent abgemischt, sodass wir Tester immer etwas zum Checken haben …
Hier treten die Chilis mit „Peace and Love“ vom aktuellen Album „Return of the Dream Canteen“ an, um die Tiefmitteltöner der Mission 750 ordentlich durchzuwalken. Und die halten Wort: Die Eingangssequenz – übrigens eingeleitet von einem zwar simplen, aber schön sauber und definiert gespielten Drumbeat – lässt das Herz von E-Bass-Fans hüpfen. Die Saiten knarzen und knurren griffig und erdig, der Melodielauf hat ein strukturiertes Tiefenrelief, straff, sehnig und schnell. So muss ein E-Bass klingen.
Auch der Drumbeat, im Stück „My Cigarette“ elektronisch leicht aufgemotzt, steht dem in kaum etwas nach, lediglich „ganz unten“ wird dann klar, dass der kleine Tiefmitteltöner und das überschaubare Gehäusevolumen ihre physikalischen Grenzen erreichen. Das elektronisch verstärkte „Woom“ auf einem der Bassdrumkicks lässt die Mission 750 zwar erahnen, kann es aber nicht vollumfänglich ans Gehör bringen. Dafür braucht es eben doch mehr Membranfläche und Volumen, wie sie etwa eine Vestlyd V12c (Paarpreis: 1.298 Euro) mitbringt. Die drückt einen solchen Tritt aufs Pedal körperlich deutlich spürbarer in den Hörraum, wobei ich hier eher noch untertreibe. Aber sei’s drum, das ist ein ganz anderes Konzept und zielt auf eine andere Zielgruppe – und wer „Wände einreißen“ will, greift ohnehin zu einer größeren Box. Maximaler Tiefgang und Druck sind mit der kompakten Mission 750 nicht drin. Bei ihr macht vielmehr das gelungene Zusammenspiel aus Agilität, Präzision und punktgenau gesetztem Punch den Charme der Basswiedergabe aus.
Brit-Fi? Die Mitten
Mit ihrer Liebe zur Wiedergabe „aus der Mitte heraus“ sind HiFi-Komponenten von der Insel berühmt geworden. Es gab Zeiten, in denen das Gerücht umging, dass unterhalb und oberhalb der mittleren Lagen nicht mehr viel los sei, aber das ist schon lange vorbei. Geblieben ist, so scheint es mir, dass britische Hersteller dem besonders gehörsensitiven Frequenzbereich zwischen etwa 400 und circa 2500 – 3000 Hertz immer noch besondere Aufmerksamkeit widmen. Anders ist es wohl kaum zu erklären, dass die Stimme des niederländischen Musicalstars Annemieke van Dam in „Ich gehör nur mir“ (aus: Musical „Elizabeth“ in der Aufführung im Schloss Schönbrunn, Wien) über die Mission 750 derart unter die Haut geht und so körperhaft-plastisch, fast dreidimensional vor dem Hörplatz projiziert erscheint, dass man glaubt, man könne danach greifen – sehr klar und doch mit einer leicht samtenen Note. Das kommt so locker-luftig und leicht und mit einer Selbstverständlichkeit, die am Preisschild der kompakten Speaker zweifeln lässt.
Wenn Tori Amos ihren Bösendorfer-Flügel auf ihrer nach langer Abstinenz ersten neuen Single „White Telephone to God“ anschlägt, verursacht das ebenfalls Gänsehaut, so griffig und sauber, wie sich der mächtige Klangkörper des Tasteninstruments vor dem Auditorium platziert. Ein anderes Highlight: Hören Sie mal in „Warm Shadows“ von Fink (Album: Perfect Darkness) rein. Wie dicht, detailreich und natürlich insgesamt drei Gitarren miteinander korrespondieren und sich die leicht verfremdete Stimme des Triphop-Folkers Fink davor setzt – ein Erlebnis!
Mit einem klaren Mittenband kann freilich auch die kompakte Bowers & Wilkins 706 S3 (Paarpreis: 2.000 Euro) überzeugen, die bei Gesangsstimmen – männlichen wie weiblichen – allerdings noch feinfühliger zu Werke geht und das Flirren der Saiten in „Warm Shadows“ crisper zu Gehör bringt. Aber: Sooo riesig ist der Abstand der Mission 750 zu ihrer britischen Wettbewerberin nun auch nicht, und sie kostet gerade einmal die Hälfte.
Nur keinen Stress: Die Höhen
Peter Comeau selbst bescheinigt der Mission 750 einen sehr „sanft“ abgestimmten Hochtöner. Doch was heißt das in der Praxis? Sanft = lahm, gar dunkel? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Wenn wir nochmal zurückgehen auf Tori Amos‘ neues Werk „White Telephone to God“, eine EP mit insgesamt fünf Songs: Der zweite Track „Dixie“ zeigt die klangliche Fülle des Bösendorfer-Flügels ganz besonders deutlich auf, und die Mission 750 stellt die subtilen Obertonschwingungen, die etwa beim Abklingen der Saiten nach einem Tastenanschlag entstehen, sehr fein und transparent dar. Eine Teufel Theater 500S – eine im Vergleich sehr günstige (circa 450 Euro), jedoch durchaus allroundtaugliche Kompaktbox – nimmt das noch nicht einmal wahr. Wohingegen besagte Bowers & Wilkins 706 S3 derlei Feinheiten deutlicher herausarbeitet, im Hochtonbereich indes ohnehin etwas offensiver abgestimmt ist. Was wiederum dazu führt, dass ambitioniert bediente Blasinstrumente bei gehobenem Lautstärkepegel schon mal zur Schärfe neigen können und sich etwas weniger sorgfältig abgemischte „Software“ mit dem ein oder anderen Zischlaut zu Wort melden kann. Was des einen Freud … Die „sanftere“ Gangart des Mission-750-Tweeters sorgt hier jedenfalls für ein vergleichsweise entstressteres, gegenüber kritischeren Aufnahmen gnädigeres Hörerlebnis. Also: Die Mission 750 wirkt nicht richtiggehend superdetailreich, überträgt aber alle relevanten Informationen des oberen Frequenzendes – ohne kristallinen Schimmer. So kann man sich „sanft“ doch gefallen lassen.
Bühnengeschehen
Dazu passt sehr gut, wie realistisch und nachvollziehbar die Mission 750 das Bühnengeschehen abbildet. Der Raum wirkt weder zu groß noch zu klein: Man hat den Eindruck, die kleine Mission habe den Raum, den sie darstellen soll, vorher abgeschritten und ihn sich gut eingeprägt. Schön auch, dass sie die Musiker auf der Bühne gut ortbar und mit „Luft zum Atmen“ abbildet und ihre Darbietung – Briten sind und bleiben eben doch Gentlemen – mit etwas Distanz zum Publikum präsentiert. Heißt: Die Bühne „beginnt“ auf Linie des Lautsprecherstandortes. Eine „sensationell stereofone Bühne“, die nahezu mit „Hyperrealismus“ einhergeht, wie es Kollege Jochen Reinecke der doppelt so teuren Bowers & Wilkins 706 S3 ins Zeugnis schrieb, kann ich der Mission 750 allerdings nicht attestieren. Sei’s drum, die Mission pflegt einen unspektakulär-natürlichen Habitus: „Ich führe vor, Du hörst mir bitte aufmerksam zu.“ Dem folgt man gerne.
Grob- und Feindynamik
Metalheads und Technojünger aufgemerkt: Die Mission 750 ist nicht eure Box! Zumindest nicht, wenn ihr auf ansatzlose Pegelattacken steht, die euch die Haare föhnen. Dafür ist sie nicht gemacht, wenngleich sie ein Neunzigerjahre-Hardrockbrett wie „Jet City Woman“ von Queenscryche (Album: Empire) durchaus mit Vortrieb und energiegeladen in den Hörraum schieben kann. Die wuchtige Durchschlagskraft, mit dem die Band nach dem Intro mit vollem Einsatz in die Saiten und auf die Felle drischt, transportiert eine JBL 4309 (Paarpreis: 2000 Euro) – wen wundert´s, die wurde für sowas gemacht?! – natürlich mit mehr Pfund.
Nur damit Sie mich nicht falsch verstehen: Es geht hier nicht um gut oder schlecht, es geht um einen grundsätzlichen Charakterzug. Kleinere Bandbesetzungen mit überschaubarer Instrumentierung und ohne „Krachpegeltendenz“ liegen der Mission 750 eben mehr, hier kann sie ihre sensible Feindynamik und tonale Ausgewogenheit ausspielen. Kein Frequenzband wird überbetont oder unterbelichtet, das Klangbild der Mission 750 ergibt ein schlüssiges und flüssiges Ganzes, dem man gern stundenlang zuhört.
Nicht zu viel, nicht zu wenig – die Auflösung
So ausgewogen und angenehm ausbalanciert, wie sie es mit den zuvor beschriebenen Disziplinen hält, widmet die Mission 750 sich auch dem Thema Auflösung. Getreu dem Motto „No sports, please!“ verzichtet sie auf das Anlegen einer kompletten Tauchausrüstung, mit der sich bis auf den Grund selbst komplexester musikalischer Strukturen herabsinken ließe. Wie auch zu diesem Kurs? Sie belässt es bei einem – wenngleich doch langen – Schnorchel und einer guten Brille, um im Bild zu bleiben. Mit der sie zum Beispiel das dichte Klanggewebe von „Victim“ von Lonely the Brave (Album: What we do to feel) so gut durchdringt, dass man die musikalischen Ebenen klar nachvollziehen kann, ohne dass das Stück gleich „zerlegt“ wird. Zusätzlicher Skill: Der Track leidet unter starker Kompression – umso bemerkenswerter, was die Mission 750 dennoch herausholt. In ähnlich dicht verwobenen Klangwelten wie in „Pneuma“ von Tool (Album: Fear Inoculum), die deutlich hochwertiger produziert sind, verhält sich die Mission genauso. Die kompakte Britin bietet eine detailreiche Auflösung, die einen guten Einblick in die Aufnahme gewährleistet, die allerfeinsten Verästelungen erfasst sie weniger genau.
Kommt Zeit, kommt …
… die Mission 750. Wie im Technikteil des Tests bereits erwähnt, hat die umgedrehte Einbaulage der Chassis einen Hintergrund. Die Schallwellen aus Tiefmittelton- und Hochtontreiber sollen das Ohr ohne Zeitversatz erreichen. Dass das Team um Peter Comeau seine Hausaufgaben hier gemacht hat, hört man daran, wie gut die „Sevenfifty“ am „Gas hängt“, wie agil, quirlig und knackig-zackig sie Impulsen folgt, kurz: wie viel Spielfreude sie vermittelt. Ein leichtfüßig-rhythmusbetonter Popper wie „Tippa my Tongue“ von den Red Hot Chili Peppers (Album: Return of the Dream Canteen) zieht nur dann wirklich mit, wenn jeder Takt „on point“ sitzt und nicht verschliffen oder verschleppt rüberkommt. No Problem, Sir – die Mission liefert. Just in Time, sozusagen …
Test: Mission 750 | Kompaktlautsprecher