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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Monumentales Manifest
  2. 2 Marantz SACD 10: Hörtest und Vergleiche

Womit fängt man an, wenn man über ein Gerät wie den Marantz SACD 10 (11.000 Euro) schreibt? Am besten mit einer Klarstellung: Der SACD 10 ist nicht einfach nur ein weiterer Player in der langen Reihe ambitionierter CD- und SACD-Abspielgeräte des Herstellers. Er ist vielmehr ein Manifest für höchste audiophile Ansprüche und ein Statement gegen die Beliebigkeit digitaler Klangwiedergabe, die sich in Zeiten von Streaming und datenreduzierten Formaten immer weiter ausbreitet.

Marantz ist – zumindest für mich – seit vielen Jahrzehnten ein Sinnbild für die „gehobene Mittelklasse des guten Klangs“. Ein Hersteller, der musikorientierte, zuverlässige und schöne Elektronik baut, ohne sich als „Innovationsspeerspitze“ zu gerieren oder sich als „altbackener Traditionalist“ abstempeln zu lassen. Kompromisse um des Marktes willen sind den Japanern mit amerikanischen Genen eher fremd – jedenfalls hatte ich nie den Eindruck, dass sie sich von Trends haben treiben lassen.

Die Frontplatte des Marantz SACD 10 in Champagner-Ausführung

Massive Ansage – Marantz Top-Player SACD 10 bringt 33 Kilogramm auf die Waage wirkt wie für die Ewigkeit gebaut

Der Marantz SACD 10 ist zugegebenermaßen nicht mehr Mittelklasse, auch keine gehobene – sondern das, was herauskommt, wenn Ingenieure ohne Preis- und Zeitdruck und ohne umfragegetriebene Business-Development-Abteilung arbeiten dürfen. Die konstruktiven Details des Marantz SACD 10 künden vom Anspruch, ein Ausrufezeichen in einem gestreamlinten Markt zu setzen. Schauen wir mal auf die Details.

Läuft!

Da wäre zunächst einmal das SACDM-3-Laufwerk, das sich auf klassische CDs und SACDs beschränkt, allerdings auch Daten-CDs mit Musikinhalten diverser Formate auslesen kann. Marantz hat das Laufwerk schon vor über zehn Jahren vollständig in-house entwickelt. Ziel war ein Transport mit maximaler Resonanzunterdrückung, um eine möglichst akkurate Datenwiedergabe in Echtzeit zu ermöglichen – die Fehlerkorrektur soll möglichst gar nicht erst anspringen müssen.

Blick auf das SACDM-3-Laufwerk im Marantz SACD 10

Blick auf das SACDM-3-Laufwerk im Marantz SACD 10

Dazu setzt Marantz auf ein Sub-Chassis, das vom Gerät elektrisch abgeschirmt und über gummigepufferte Lager mechanisch vom Hauptchassis des Laufwerks entkoppelt wird. Jenes besteht aus einem massiven AluDeckel, kupferplattierten Bodenplatten und einer soliden Seitenstruktur mit zusätzlichen Schirmungen.

Blick ins Innere des Marantz SACD 10

Blick ins Innere des Marantz SACD 10

M&M&Ms

Und dann wäre da die proprietäre Digital-zu-Analog-Wandlung: Statt auf konventionelle D/A-Wandler zu setzen, hat Marantz getreu dem Motto „der beste DAC-Chip ist kein DAC-Chip“ mit der „Marantz Musical Mastering“-Technologie (MMM) ein eigenes Konzept entwickelt, das ohne Wandlerchips auskommt.

MMM ist eine vollständig differentielle, vollsymmetrische Lösung, die mit der MMM-Konvertierung und dem MMM-Stream zwei Stufen umfasst. Die erste sorgt mithilfe zweier Master-Clocks dafür, dass alle digitalen Signale – auch PCM – direkt ins DSD256-Format (das Vierfache des SACD-Standards) überführt werden, ohne dass eine Abtastratenkonvertierung erforderlich wird. Die separaten Taktgeneratoren sind der Referenzpunkt für die Samplingfrequenzen von 44,1 und 48 kHz und deren Vielfache und sollen dabei Jitter auf ein Minimum reduzieren.

MMM-Stream bereitet das DSD256-Signal dann für die analoge Ausgabe an einen Verstärker vor. Da mit dem konvertierten Datenstrom praktisch ein analoges Signal von An-/Aus-Impulsen unterschiedlicher Dichte vorliegt, benötigt man eigentlich „nur noch“ einen geeigneten, hochwertigen Tiefpassfilter. Zwei Filtereinstellungen sollen es dem Hörer ermöglichen, den Klang in gewissen Grenzen zu formen; er darf zwischen einem schnellen und einem phasenkompensierten, langsamer ein- und ausschwingenden Analogfilter sowie vier verschiedenen Noise Shapern (Balanced, Natural, Dynamic Music, Dymanic Voice) wählen.

Bedienknöpfe auf der Front des Marantz SACD 10

Sehr wertig – die Bedienknöpfe auf der Front des Marantz SACD 10

Ach so: Die Digitalsektion ist selbstverständlich galvanisch vom analogen Rest des SACD-10-Innenlebens getrennt, nicht zuletzt um Einstreuungen über Massepotenziale auszuschließen. Zwei Netzteile mit aufwendigen Ringkerntrafos speisen die separaten Spannungsbereiche und die bekannten, bereits seit 1992 von Marantz eingesetzten HDAM-Module – diskrete, rausch- und verzerrungsarme Verstärkerschaltungen, die mit vollem Namen „Hyper Dynamic Amplifier Modules“ heißen – übernehmen die Line-Verstärkung, hier in der Generation „SA3“. Die HDAM-Module bestehen vollständig aus diskreten Komponenten und sollen schneller reagieren und geringere Verzerrungen produzieren als die oft geschmähten Op-Amps, die sie ersetzen.

Die HDAM-Module des Marantz SACD-10

Die HDAM-Module des Marantz SACD-10

Konnektiv

Angesichts des ganzen Aufwands wäre es natürlich schade, wenn er nur fürs Laufwerk des Marantz SACD 10 zum Einsatz käme. Also versteht sich das Teil nicht nur als Scheibenabspieler, sondern auch als High-End-DAC.

Über einen asynchronen USB-B-Eingang nimmt der Marantz PCM-Daten bis 384 kHz/32 Bit und DSD bis DSD256 entgegen. Macs docken umstandslos an, Windows-Rechner benötigen wie immer einen Treiber. Je ein koaxialer und optischer Digitaleingang sind ebenfalls an Bord, das S/PDIF-Format limitiert den Datenstrom dann auf (meines Erachtens) vollkommen ausreichende 192 kHz und 24 Bit. Am rückseitigen USB-A-Eingang lassen sich iPod und USB-Speicher mit FAT-16/32-Formatierung anschließen. Kleiner Wermutstropfen: HDMI gibbet nüscht. Das ist zwar suboptimal, wird aber sicherlich nicht viele Interessenten ernsthaft davon abhalten, den Marantz in die eigene High-End-Stereo-Kette zu integrieren.

Das rückseitige Anschlussfeld des Marantz SACD 10

Anschlussfreudig – Das rückseitige Anschlussfeld des Marantz SACD 10 bietet neben Cinch- und XLR-Outs auch vier Digitaleingänge

Zumal die weiteren Schnittstellen standesgemäß ausfallen. Wer denkt, er habe einen noch besseren Wandler im Regal stehen (Spoiler: unwahrscheinlich), kann den SACD 10 über S/PDIF-Koax- oder Toslink-Ausgänge daran anschließen. Im Normalfall dürfte aber einer der beiden fixen analogen Ausgänge – entweder unsymmetrisch via RCA oder symmetrische per XLR-Buchsen – zum Einsatz kommen, um direkt an eine Vorstufe oder einen Vollverstärker anzukoppeln.

Auf der Front findet sich zudem eine 6,3-Milimeter-Klinkenbuchse um Anschluss eines Kopfhörers. Anders als viele Mitbewerber, die sich mit einfachen Zusatzstufen begnügen, hat Marantz dem SACD 10 eine dedizierte Kopfhörersektion spendiert, komplett mit anpassbarer Verstärkung und einer Leistung von 130 mW.

Die Fernbedienung des Marantz SACD 10

Die Fernbedienung des Marantz SACD 10

Massiv gebaut

Schon beim ersten physischen Kontakt mit dem Marantz SACD 10 wird klar: Hier wurde nichts dem Zufall überlassen. Das Gehäuse mit einer 12 Millimeter starken Abdeckplatte und 16 Millimeter dicken Seitenwänden stellt eine steife und stabile Struktur dar, die unerwünschte Vibrationen so weit wie möglich eliminieren soll. Das Ganze wirkt wie aus dem Vollen gefräst, und die beiden massiven Aluminiumfronten fügen sich nahtlos in die kupferbedampfte Innenarchitektur.

Wie jetzt, zwei Fronten? Ja! Denn auf der eigentlichen Gehäuseabdeckung sitzt eine weitere, die das Display und die Bedienelemente trägt. Diese „Bedienfront“ ist der elegant geschliffenen, eigentlichen Gehäusefront mit zwei, drei Millimetern Abstand vorgesetzt. Dazwischen findet sich ein transluzenter Kunststoffstreifen, der im Betrieb dimmbar hinterleuchtet wird. Das sieht klasse aus. Dazu kommt die Haptik der Bedienung: Jeder Knopf, jeder Regler vermittelt ein beruhigendes Gefühl von Wertigkeit.

Sieht klasse aus: Der Marantz SACD 10 kommt mit doppelt ausgeführter Aluminium-Front und einem leuchtenden Kunststoffelement in deren Mitte

Klar, massives Aluminium und doppelte Bodenplatten haben eine reale Konsequenz: Der Marantz SACD 10 bringt satte 33 Kilogramm (!) auf die Waage. Das mag dem ein oder anderen Plastikkistchen-Horter nicht mehr wirklich zeitgemäß erscheinen, erfüllt mich aber mit einem Gefühl von Vertrauen und Zufriedenheit.

Marantz SACD 10: Hörtest und Vergleiche

Der Marantz SACD 10 nimmt in der Testumgebung die Stelle des Wandlermoduls in meiner Norma Audio-Vorstufe SC-2 (6.890 Euro) ein. Zusätzlich zum Betrieb mit Silberscheiben fungiert die Streaming-Bridge Métronome DSS 2 (4.590 Euro) als digitaler Zuspieler.

Der Marantz SACD 10 auf den Audio-Möbel im Hörraum

Vorneweg: Die Qualitäten des Marantz SACD 10 bleiben unabhängig vom Quellmedium im Großen und Ganzen die gleichen, es spielt kaum eine Rolle, ob man CDs oder SACDs abspielt oder Signale vom Streamer zuspielt. Der SACD 10 reicht die Qualität des Eingangssignals anscheinend 1:1 durch und tut ansonsten einfach nichts weiter. Je nach Genre und Aufnahme gefällt mir mal die CD am besten (oft mit Metal, Rock und Pop), mal der Stream vom Server (gerne zackigen Electro), mal die SACD (relaxt mit Klassik, Jazz). Was das bedeutet? Dass die CD definitiv nicht zum alten Eisen gehört, wäre die erste und wichtigste Erkenntnis. Und die zweite: Der Marantz SACD 10 ist eine Offenbarung.

Wow!-Effekt mal anders

Was ich vom SACD 10 angesichts meiner Erfahrungen mit den eher zurückhaltend musizierenden Marantz-Komponenten nicht erwartet habe, ist ein Wow-Moment wie etwa mit dem Vollverstärker Chord Ultima Integrated (9.995 Euro), der mich von Beginn an mit seinem extrovertierten Grobdynamik-Speed, Detailreichtum und seiner faszinierenden Zackigkeit einfach umgeworfen hat. Oder wie mit dem Analyse-Meister Esoteric N-05XD (13.500 Euro; Streaming-DAC & Vorstufe). Und damit sollte ich Recht behalten.

Blick aufs Display des Marantz SACD 10

Blick aufs Display des Marantz SACD 10 – Neben einmal S/PDIF koaxial und zweimal Toslink ist auch eine USB-Schnittstelle mit an Bord

Doch was ich nicht bedacht habe: Das ist nicht die einzige Art von „Wow!-Effekt“, die es gibt. Der Marantz SACD 10 bildet so etwas wie einen „Kontrapunkt“ zur Herangehensweise des quirligen Briten und des nicht minder aufgeweckten, hochauflösenden Japaners. Chord und Esoteric wollen beeindrucken und tun dies auch – der Marantz nimmt sich hingegen selbst recht weit aus dem Geschehen zurück, ja, diszipliniert sich zum unbestechlichen Vermittler. Und genau so macht er den akustischen Weg frei für Details, Szenarien, Bühnenbilder und Stimmungen, die man zuvor nur erahnen konnte – oder von denen man gar nicht wusste, dass es sie auf einer Aufnahme gibt. Der Wow-Effekt braucht so zwar länger bis zum Eintreten, wirkt dafür aber umso nachhaltiger.

Akustisch Bildgebendes

Fangen wir mal etwas unorthodox nicht mit der Tonalität, sondern mit der räumlichen Darstellung in Kombination mit der Detailauflösung im Hochton an.

Der Marantz SACD 10 macht mir wie kaum eine Komponente vor ihm klar, dass eine hohe Analysebegabung – also die Fähigkeit, verlustarm Mikroinformationen zu transportieren – für eine realistische Bühnenabbildung mindestens ebenso wichtig ist wie eine tadellose Phasenkohärenz. Wichtig: Die Auflösung darf dabei nicht zum Selbstzweck werden und schon gar nicht durch eine Überhöhung des Frequenzgangs im Hochton unterstützt werden.

Der Marantz SACD 10 ist diesbezüglich gefühlt so nahe am Ideal, wie man es überhaupt nur erwarten kann. Massig Information zu Mikrodetails über den gesamten Frequenzbereich und zum Raum fließen mir entgegen, vollkommen nonchalant und beiläufig, dabei allerfeinstens mikrodynamisch abgestuft und differenziert. Auch auf die Gefahr hin, mich hier in den typischen HiFi-Test-Phrasen zu verlieren: Der SACD 10 meidet dabei den „analytischen“ Zugriff so mancher High-End-Digitalquellen, die den Klang um der Show willen in Einzelteile zerlegen, und zelebriert stattdessen mittels Introspektion akustische Kohärenz.

Die CD-Lade des Marantz SACD 10

Dabei stellt er den Hochton maximal neutral und im besten Sinne „charakterlos“ dar, kann Schärfe transportieren, wenn gefragt, ihn aber auch so schön organisch-seidig fließen lassen, als sei eine Weltklasse-Röhre beteiligt. Im Superhochton schließlich gibt sich der Marantz so offen, frei und unbeschwert, dass ich wider besseren Wissens mutmaße, meine ATC SCM50PSL habe eine frische Entmagnetisierung erfahren. Nun ist das Norma-Wandler-Modul ja nicht gerade unbeleckt, was Offenheit in den obersten Frequenzlagen angeht – aber das hier ist eine andere Liga. Wohlgemerkt, ohne Spotlights, ohne ostentative Effekthascherei, ohne Frequenzanhebung.

Bassiges und Dynamisches

Massive Attack MezzanineDer Marantz SACD 10 stellt die gängigen Schemata von „warm“ oder „kühl“ hörbar in Frage: Bedeutet die Fähigkeit, den im Magen spürbaren, druckvollen Bass in Yellos „Get On“ darzustellen und die Abwesenheit von Härten und übertriebenem Glanz im Mittel- und Hochton eine warme Färbung? Oder lassen der knochentrockene und superpräzise Drum-Impuls in A Perfect Circles „The Doomed“, die fantastische Durchhörbarkeit, Strukturiertheit und Kontrolle der Bässe in „Teardrop“ von Massive Attack (Album: Mezzanine) oder die silbrig schwebenden Cymbals in Tools „Pneuma“ auf eine analytisch-schlanke Abstimmung schließen?

Lassen Sie uns beim Bass anfangen. Der Marantz SACD 10 reproduziert den unteren Frequenzbereich eher trocken-federnd statt süffig, sehr kontrolliert, straff und agil. Auf jeden Fall immer ausnehmend tiefreichend, nie aufgebläht oder schwammig. Dass er die präzise herausgearbeitete Struktur vor den Effekt einer feisten Basswoge stellt, ist für mich definitiv ein Pluspunkt. Analytisch oder kühl klingt er deshalb nie, auch weil der Grundton substanziell, solide und farbecht grummelt. Dennoch klingt ein Esoteric N-05XD beispielsweise satter und nach mehr Hubraum, was Fans einer wärmeren oder betont druckvollen Abstimmung sicherlich gefallen dürfte.

4Hero Parallel UniverseDass der SACD 10 die Qualität des aufgezeichneten Basssignals so frappierend deutlich herausstellt, bedeutet auch: Selbst wenn ein Bass nicht wirklich druckvoll aufgezeichnet wurde, kann er dröhnen – das zeigt sich zum Beispiel im Dub-Stück „No Imitation“ von 4Hero (Album: Parallel Universe). Der Bassbereich dieser Aufnahme wirkt zwar laut, aber seltsam hohl, ohne die Couch auch nur im Geringsten in Schwingung zu versetzen. Dass hier irgendwo im 100- bis 150-Hertz-Bereich eine (Dub-typische) Überhöhung vorliegt, macht der Marantz so klar wie kaum ein anderes Gerät.

Mittendrin

Die Mitten stellt der Marantz SACD 10 einfach, nun ja, neutral dar. Ohne langweilig oder nüchtern zu wirken – da sind schon die reichhaltigen und natürlichen Klangfarben vor. Dank seines sehr hohen Detailierungsgrads und der absolut verzerrungsfrei anmutenden Transparenz stellt der Marantz den wichtigen Mittenbereich zudem ausnehmend differenziert und offen dar. Man muss ihn schon mit richtig ekelhaften Aufnahmen treten, um ihm die dann unabdingbaren stressigen oder harten Töne zu entlocken. Aha! Also doch ein Schönfärber?

Marantz SACD 10 in der Testanlage

Masselaufwerke, links wie rechts – der Marantz SACD 10 in der Testanlage

Nein, denn er kann ja auch anders. Er enthüllt aber einen Grad von Schmelz auch in bestens bekannten Aufnahmen, der mir mit Digital-Quellen bis dato verborgen blieb. Das mag vielleicht für den ein oder anderen intuitiv nicht zusammenpassen – hochauflösend-neutral und doch mit Schmelz? –, aber meine Theorie ist: Mehr Information ist immer besser. Kombiniert mit geringstmöglichen Verzerrungen? Noch mal besser, weil natürlicher. Hier zahlt sich wohl einfach die Summe der Maßnahmen aus, die Marantz ergriffen hat: das Laufwerk, die Stromversorgung, das supermassive Gehäuse, der Verzicht auf Op-Amps, die MMM-Technologie.

Sensibelchen mit Selbstbewusstsein

Wie dem auch sei, kommen wir zum Thema Dynamik. Grobdynamik kann der Marantz, muss es einem aber nicht auf die Nase binden. Der trocken-kontrollierte Bass mag sich nicht für effektheischende Wuchteinsätze hergeben, wirkt eher flott-agil als wuchtig wie beim energetisch ab und zu etwas überambitionierten Esoteric N-05XD. Aber das ist sowieso nicht der Punkt des Marantz SACD 10.

Die Sensation ist vielmehr, was dieses Gerät in Sachen Feindynamik draufhat. Meine Herren! Ein Beispiel: Ein Schlagzeuger dürfte in einem durchschnittlichen 4-Minuten-Rock-Stück grob geschätzt etwa 200 bis 300 mal seine Snaredrum treffen. Der Marantz macht mir klar, dass kein einziger dieser Snare-Schläge genauso klingt wie der andere: Winkel, Härte, Ort des Auftreffens auf dem Fell – alles da. Auch die Sprach-Samples in 4heros „Parallel Universe“ vom gleichnamigen Album ergeben auf einmal viel mehr Sinn. Mit dem Marantz gelingt mir mühelos ein besseres Verständnis der phonetischen Zusammenhänge des Samples – sogar die durch die Bearbeitung hervorgerufenen Oszillationseffekte der Obertöne serviert der SACD 10 extrem klar.

Raum im Raum

Doch das ist nicht das einzig Einzigartige: Der Marantz SACD 10 scheint einen eigenen Raum im Hörraum aufzubauen und den Hörer aus der physischen Welt in diesen neuen Raum hineinzuziehen. Das Paradoxe dabei: Der kann problemlos größer wirken als der physische Raum, in dem man sich befindet – Dr. Who und die TARDIS lassen grüßen.

CD-Lade des Marantz SACD 10 von vorne

Das legendäre Trompetenspiel auf „Kind of Blue“ von Miles Davis erscheint so nicht einfach im Hörraum, sondern schwebt plastisch, fast greifbar zwischen den Lautsprechern – nur dass diese Bezugspunkte mit dem SACD 10 eigentlich keinen Sinn mehr ergeben, da wir uns ja zusammen mit Miles „im Aufnahmeraum befinden“ … Okay, das mag sich vielleicht etwas abstrus anhören, doch das liegt einfach daran, dass der Marantz es wie kaum eine andere Quelle schafft, mich mit geschlossenen Augen aus meinem Wohnzimmer in die auf der Aufnahme dokumentierte Situation zu versetzen. Meine (milde) Synästhesie kann sich dabei so richtig austoben: Vor meinen Augen entstehen Klangbilder von einer soliden, greifbaren Qualität, mit perfekt voneinander abgezirkelten Klangereignissen, wie ich sie tatsächlich noch nicht kannte. Das funktioniert auch mit völlig anderem Musikmaterial – sogar Rammsteins alles andere als audiophil eingefangenes Völkerball-Live-Album nimmt seinen eigenen, wenn auch kompakten Raum in Anspruch, materialisiert sich räumlich vor mir.

Rundumschlag

Wenn eine HiFi-Komponente Klang so homogen, musikdienlich und kohärent reproduziert wie der Marantz SACD 10, schickt es sich, seine Fähigkeiten ebenfalls etwas weniger auf einzelne Gebiete fokussiert zu beschreiben. Das ist Ihnen sicherlich schon zu Beginn des Hörtests aufgefallen, und ich möchte den guten alten Spruch „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ hier weiter bestätigen. Also los.

Der Marantz SACD 10 von oben

Wie aus dem Vollen gefräst – der Marantz SACD 10 von oben

Viele Geräte erschaffen vornehmlich eine Art der Textur – das eine wirkt eher rau, das andere eher seidig, das dritte platziert sich irgendwo dazwischen. Der Marantz hingegen spielt diesbezüglich so wandelbar wie kaum eine andere mir bekannte Komponente. Die unangestrengt und beiläufig anmutende Flut von Informationen und die Sauberkeit des pechschwarzen Hintergrunds erlauben es ihm, ohne Betonung und Show-Effekt das Wesen eines Klangs und komplexer Klanggeflechte aufzudröseln und abzubilden.

65daysofstatic replicrHören Sie sich nur mal „stillstellung“ von 65daysofstatic (Album: replicr) mit dem SACD 10 an. Was dabei an Textur und Information neu aus dem Nichts zu entstehen scheint, wie sich die Komposition zur dräuenden, bedrohlichen Wall of Sound aufbaut, das erzeugt Gänsehaut. Vier Tracks weiter („sister“) bleibt mir erstmal kurz das Herz stehen: Der Song eröffnet mit einem tiefen Bass – und bei dem scheppert und klappert es von irgendwo hinter dem rechten Lautsprecher, dass ich denke: „Jetzt hat es die Schwingspule oder die Membran des Basstreibers gekostet!“ Oder vibriert etwa ein Möbelstück plötzlich mit? Aufgesprungen, alles gecheckt – und realisiert, dass es sich bei den fürchterlichen Geräuschen um Teile des Stücks selbst handelt. Ich war überzeugt, dass diese Geräusche ihren Ursprung in meinem Hörraum hatten, dass hier keine Mittelbarkeit durch eine HiFi-Kette stattfand. Dass sie auf der Aufnahme sind, hätte ich mir nie träumen lassen.

Marantz SACD 10, perspektivisch von der linken Seite

Das ist nur ein Beispiel dafür, wie schwerelos befreit, wie schnell, unmittelbar und ohne artifizielle Färbung der Marantz SACD 10 Klänge und Töne an die ihm nachgelagerte Kette weitergeben kann. Ich könnte jetzt noch weiter schwärmen, zum Beispiel mit Track #8 vom selbem 65daysofstatic-Album, „popular beats“. Unendliche Raumtiefe, mikroskopisch feine Synthesizertexturen, rasend schnelle Transienten und eine vakuumartige Durchhörbarkeit. Aber irgendwann ist es auch mal gut …

Billboard
Westminsterlab Entree Kabel

Test: Marantz SACD 10 | CD-Player, D/A-Wandler

  1. 1 Monumentales Manifest
  2. 2 Marantz SACD 10: Hörtest und Vergleiche

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