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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Kultiviert konzentriert
  2. 2 Manger S1: Hörtest und Vergleiche

Zeitrichtige Wiedergabe bei gleichzeitiger Reduktion auf das Wesentliche – das sind sicherlich zwei Eigenschaften, die einem zum vollaktiven Standlautsprecher S1 von Manger Audio einfallen. Nimmt man als Drittes die seit Jahren kontinuierliche Produktpflege hinzu, wird das Bild noch klarer: Der Besitzer einer Manger S1 (Preis: 20.800 Euro) muss sich nicht zwischen Moderne oder Tradition entscheiden, denn der Schallwandler – gänzlich ohne „DSP-Spielereien“ auskommend – wirkt aufgrund seines Konzepts nicht nur zeitrichtig, sondern auch zeitlos.

Die Manger S1 in Cremeweiß mit rotem Zierring

Die S1 ist der aktive Standlautsprecher im Programm von Manger Audio – das Design ist zeitlos-schlicht, der Blickfang sicherlich der Biegewellenwandler oben, zumal wenn er wie bei unserem Testmodell mit einem roten Zierring versehen ist

Kein Wunder – mit Kurzlebigkeit braucht man Daniela Manger nicht zu kommen. Die „Firmen-Matriarchin“, die das Unternehmen ihres Vaters im fränkischen Mellrichstadt fortführt, setzt auf nachhaltiges und mit Ressourcen respektvoll umgehendes Wirtschaften. Da darf es als eine gewisse geistige Haltung und Form von Kulturpflege verstanden werden, wenn nicht nur auf eine traditionelle Herstellung in Deutschland mit viel Handarbeit gesetzt wird, sondern das Herzstück der Lautsprecher, der bestens beleumundete Manger-Wandler, noch nach Jahrzehnten technisch verfeinert wird und Manger-Kunden auch als Upgrade zur Verfügung steht. Die hier zum Test aufgelaufene S1 kommt mit dem Manger-Wandler der neuesten, sechsten Generation (W06), Besitzer älterer Versionen dieses Lautsprechers können sich auf die aktuelle Generation updaten lassen.

Zum Manger-Wandler selbst kommen wir später noch kurz, richten wir unser Augenmerk zunächst in Gänze auf die Manger S1, die nach dem Zwei-Wege-Prinzip konstruiert ist und als Aktivlautsprecher wie erwähnt auf jeglichen DSP-Eingriff verzichtet, mithin eher auf traditionelle Werte setzt – und folgerichtig, mit klassischer Class A/B-Verstärkung und einer Aktivweiche mit OP-Verstärkern versehen, eine symmetrische Ansteuerung per XLR-Leitung erwartet.

Grazile Erscheinung

Ihre äußere Form teilt sie sich mit ihren passiven Geschwistern, der P1 und der hier bereits getesteten P2. Es wäre wohl nicht vermessen zu behaupten, dass sich Formfaktor wie -sprache der Manger-Lautsprecher über die Jahre als eigenständige Kennzeichen etabliert haben. So reckt die Manger S1 ihre 1,13 Meter recht grazil in die Höhe, unterstützt wird der Eindruck durch eine Breite von 27 und einer Tiefe von lediglich 21,4 Zentimetern. Allen Manger-Modellen gemein ist die aufgeräumt wirkende Schallwand, auf der der Biegewellenwandler bündig „thront“, während darunter ein gleichgroßes Bass-Chassis dezent hinter einer Stoffbespannung seiner Arbeit nachgeht. Fast ist man gewillt zu vermuten, das Gehäuse habe sich vorgenommen, mit seinen Rundungen und weichen Linien dem Auge keinerlei Ablenkung zu bieten, auf dass sich alle Blicke auf den Manger-Biegewellenwandler richten.

Den Unterschied zu den passiven Geschwistern erkennt der geneigte Manger-Freund recht schnell. Zwei kleine, grüne, frontseitige Leuchtdioden verraten die Aktivtechnik und die eingebauten Limiter, die Unbill von den Chassis fernhalten sollen. Deren in Rot aufleuchtendes Eingreifen kam bei mir aber nie vor. Zudem lässt die Manger S1 die am unteren Teil ihres Rückens angebrachten Kühlrippen des Verstärker- und Anschlussmoduls keck in Erscheinung treten. Für hohe Standsicherheit sorgt die Bodenplatte aus zentimeterdickem Metall – daran lassen sich entweder Spikes oder Gummidämpfer anbringen, Traversen gibt es nicht.

Kühlrippen des Verstärker- und Anschlussmoduls der Manger S1

Elegant integriert: Kühlrippen des Verstärker- und Anschlussmoduls der Manger S1

Das Schöne an manufakturartiger Fertigung ist, dass eine Individualisierung möglich wird. Bei Manger Audio kann neben dem Finish des Gehäuses, das sich seidenmatt- und hochglanzlackiert sowie furniert ordern lässt, auch besagter Metallsockel sowie der äußere Zierring um den Manger-Wandler individualisiert werden. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber ich finde, dass das unaufgeregte seidenmatte Cremeweiß des Testmodells von dem satten, roten Kontrast des Zierrings im wohnfreundlichen Sinne profitiert. Doch wie, will man sich bei dieser Erscheinung fast fragen, kommt eigentlich das Gewicht von 48 Kilogramm je Box zustande? Ganz einfach: Ein gehöriger Teil kann dem versteiften, geschlossen konstruierten Lautsprechergehäuse mit 38-Millimeter-Wandstärken zugesprochen werden, ein weiterer der Bodenplatte und dem in Aluminium gehüllten Elektronikmodul, das seine beiden Verstärkerstufen aus aufwendiger Stromversorgung mit klassischen Ringkerntransformatoren speist.

Manger-Biegewellenwandler mit rotem Zierring in der S1

Manger-Audio-Lautsprecher sind Manufakturprodukte – nicht nur das Oberflächenfinish der Gehäuse lässt sich individualisieren, es sind auch unterschiedlich gestaltete Zierringe und Bodenplatten im Angebot

Den beiden Chassis, die in für sie optimierten, separierten Kammern agieren und sich deshalb gegenseitig nicht beeinflussen, stehen genau abgestimmte Frequenz- und Leistungsanteile zur Verfügung, die sich mit 250 Watt für den Tiefton und 180 Watt für den Manger-Wandler durchaus sehen lassen können. Von über 40000 Hertz bewegt sich der Manger-Wandler vorgeblich absolut kohärent bis 330 Hertz hinab, wo dann die analoge Frequenzweiche trennt. Theoretisch könnte der Biegewellen-Wandler auch tiefer spielen, das aber – konstruktiv bedingt – leiser. Deshalb ergibt es durchaus Sinn, das 200 Millimeter messende Basschassis früher hineinzuziehen, das als Spezialist mit seinem bedämpften Glasfaser-Sandwich-Konus für reichlich Druck im bis 30 Hertz tief hinabreichenden Basskeller sorgen soll – und das wohlgemerkt in einem geschlossenen Gehäuse spielt.

XLR- und Netzbuchse auf der Rückseite der Manger S1

Übersichtlich – Das Signal wird der Manger S1 über ein analoges XLR-Kabel zugeführt, andere Möglichkeiten sind nicht vorgesehen. Wir haben im Test Kabel von WSS verwendet, was sich als gute Wahl erwies

Puristisch

Mit Blick auf die Anschlussseite des Elektronikmoduls muss man wohl auf blanken Purismus schließen, gewährt doch lediglich ein einziger XLR-Eingang Zugang zur Manger S1. Weder ein analoger Cincheingang noch Digital-Inputs sind an Bord, geschweige denn eine Streamingfunktionalität. Mancher wird das eine oder andere vermissen, keine Frage. Andererseits kann das Motto „weniger ist mehr“ auch Vorteile haben. Da kein Streamer an Bord ist, läuft man nicht Gefahr, dass die Lautsprecher nicht mehr „up to date“ sind, nur weil nach einer gewissen Zeit bestimmte Codecs nicht beherrscht werden. Ähnlich ließe sich argumentieren bei Fortschritten in der D/A-Wander-Technik. Anders gesagt: Die klassisch-puristische Manger S1 veraltet nicht, nur weil sich im Laufe der Jahre im Digitalaudio-Bereich etwas tut – sie konzentriert sich ausschließlich aufs Lautsprecher-Kerngeschäft.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist die per Schiebeschalter auswählbare Eingangsempfindlichkeit – zwischen dem Studiostandard +6 dBu und 0 dBu lässt sich schalten. Das ist ganz praktisch, so ließ sich etwa meine zunächst viel zu laut agierende Brooklyn-DAC+-Vorstufe zügeln. Wer noch mehr Eingriffsmöglichkeiten benötigt, dem sei der Drehschalter empfohlen, der weitere 2,5 dB in beide Richtungen ermöglicht; den hierfür notwendigen Schraubendreher liefert Manger dankenswerterweise gleich mit.

Filter-Optionen der Manger S1

Auch ohne DSP flexibel – Die Manger S1 lässt sich mittels Filtereinstellungen auf den Raum beziehungsweise den Hörgeschmack abstimmen

Aber das ist natürlich nicht alles in Sachen Klanganpassung: Steht die S1 (zu) nah an der Wand oder in einer Ecke, hilft ein Shelving-Filter weiter, das bei 100 Hertz ansetzt und neben einer dann sicherlich sinnvollen Absenkung von bis zu 6 dB auch eine Erhöhung im Tiefton von +3 dB ermöglicht. Im Hochton gibt‘s ebenfalls einen Kuhschwanz-Filter, das ab 10000 Hertz entweder ein Dezibel erhöht oder absenkt. Interessant ist zudem die dritte und letzte Einstelloption: Mit ihr senkt die S1 im Bereich zwischen 3000 Hertz und 4000 Hertz entweder um -1,5 dB oder -3 dB ab, was Nahfeldhörern bei höheren Pegeln entgegenkommen kann, während eine Anhebung um +3 dB bei Heimkinoanwendungen im Falle einer Aufstellung hinter einer Leinwand in die Karten spielt. Subwoofer-Integration? Klar, auch das ist möglich, per Schalter lässt sich ein Hochpassfilter bei 80 Hertz für den Tieftonzweig zuschalten.

Herzstück

Habe ich etwas vergessen? Ach ja, ich wollte noch kurz die Arbeitsweise des Manger-Wandlers und sein letztes Upgrade anreißen. Für eine detailliertere Beschreibungen möge mir bitte der Verweis auf meinen Manger-P2-Test erlaubt sein.

Manger-Wandler der sechsten Generation (W06)

Guter Stern in allen Hörräumen? Der Manger-Biegewellenwandler der sechsten Generation (W06)

Der Manger-Wandler ist, wie bereits gesagt, das Herzstück der S1. Basierend auf dem Biegewellen-Prinzip, besteht der Manger-Wandler vereinfacht ausgedrückt aus einer hauchdünnen, aber unterschiedlich starken Folie, die von einer Doppelschwingspule angetrieben wird und deren Impulse vom Zentrum der Membran zu ihrem Rand laufen. Er agiert breitbandig und vor allem „zeitrichtig“ (siehe Phase), da zwischen 330 und 40000 Hertz keine Übergänge wie bei Mehrwegesystemen vorhanden sind. Verbessert wurden bei der neuesten Version des Manger-Schallwandlers folgende Punkte: Das neue Magnetsystem besorgt etwa zehn Prozent mehr Feldstärke, sodass jetzt circa 1,5 Tesla zur Verfügung stehen. Neu hinzugekommen ist auch ein Zentraldämpfer im Zentrum, der kleine Dips bei bestimmten Frequenzen entschärfen soll und so für geringere Klirrwerte im Bereich zwischen 400 und 1600 Hertz Sorge trage sowie noch mehr Kontrolle beim Beschleunigen und Abbremsen der Membran ermögliche, so Daniela Manger.

Manger S1: Hörtest und Vergleiche

Hören wir also rein in die elegante Erscheinung. Um die Manger S1 prologartig kurz zu charakterisieren: Es ist sicherlich angemessen, von einem unkapriziösen Schallwandler zu sprechen, der einerseits sehr emotional, anderseits betörend stressfrei aufspielt – eine Mischung, die nicht so oft zu finden ist. Legen wir los – und da trocken rocken wenig Freude bereitet, ist der trefflich korrespondierende L‘Appel des Sereines von François Villard glücklicherweise schnell zur Hand …

Manger-Wandler W06 von hinten

Rückseitige Ansicht des Manger-Wandlers W06

Raumdarstellung

Die These, dass für eine große Bühnenabbildung auch ein großer Lautsprecher notwendig ist, hat die kompakte nuZeo 4 von Nubert (2.800 Euro) zuletzt Lügen gestraft. Aber dass ausgewachsene Standlautsprecher wie die Manger S1 oder eine Kii Three BXT (circa 30.000 Euro) in dieser Hinsicht – aber auch was die Ortbarkeit und Tiefenstaffelung anbelangt – noch eine Schippe mehr drauflegen, ist ebenfalls kaum von der Hand zu weisen.

Manger-Wandler in der S1 - perspektivisch von oben-rechts

Es gibt kaum etwas Schöneres, als sich an einem Abend in die Aufzeichnung einer Oper zu verlieren, wenn man sie schon nicht live erleben kann. Und bei solcher Kost bietet die Manger S1 tatsächlich jede Menge Raum. Nehmen wir Puccinis Tosca, den ersten Akt, in einer Aufnahme von 1958. Beim berühmten „Dammi i colori … Recondita armonia“ schafft die S1 das Kunststück, eine frei von räumlichen Einschränkungen wirkende, „dreidimensionale“ Bühne in den Hörraum zu projizieren, in der man fast meint, sich frei bewegen zu können. Etwas, das ich auch von der Kii Three BXT kenne.

So erscheint Mario Del Monacos Gesangsstimme geradezu bestechend herrlich in der Bildmitte fokussiert, während sich Streicher, Blechbläser und die Holzflöten an den Seitenrändern positionieren. Die sowohl in der Bühnenmitte wie den Seiten erlebbare Tiefe reicht sehr weit nach hinten, ohne künstlich zu wirken – ja, eine saubere Raumausleuchtung darf mit Fug und Recht als Steckenpferd der S1 bezeichnet werden. Interessant dabei: Während günstige(re) Studiomonitore wie etwa die Adam Audio A8H (circa 3.000 Euro) gerne eine Art Draufsicht aufs Geschehen vermitteln, versteht sich die Manger S1 auf etwas anderes. Sie lässt mich quasi mit auf die Bühne, es wirkt fast so, als könne ich um die Akteure herum wandeln, so plastisch-griffig sind sie, und während Cavaradossi sein leidenschaftliches Libretto zelebriert, bin ich versucht, nach den Farben zu suchen, nach denen er anfangs verlangte.

Die Manger S1 aus leichter Froschperspektive

Den Bassbereich der Manger S1 verantwortet ein 20-cm-Tieftontreiber, der in einem geschlossenen Gehäuse bis 330 Hertz hinauf seine Arbeit verrichtet

Auflösungsvermögen und Hochton

Sicherlich spielen beim räumlichen Talent der Manger S1 in besonderer Weise auch das Auflösungsvermögen und die Qualität des Hochtons mit hinein – schauen wir hier genauer hin.

Während es zur Zeit meines Tests der P2 die sechste Generation des Manger-Wandlers noch gar nicht gab, ist in der aktuellen S1 ebendiese verbaut. Da stellt sich natürlich die Frage, ob und inwiefern sich hier ein Unterschied ergibt. Klar: In Ermangelung der P2 kann dies nicht im direkten A/B-Vergleich beantwortet werden, zudem spielt hinein, dass die P2 ein Passiv-, die S1 ein Aktivlautsprecher ist, mithin Verstärker und Grundkonzept unterschiedlich sind. Doch wie dem auch sei – ich nehme mit der S1 eine Steigerung des Detailreichtums, der Ortungsschärfe und der Separationsfähigkeit wahr, woher genau das nun auch herrühren mag. Gerade bei Opern wie Tosca wirken komplexe und reich instrumentierte Passagen je nach „Vorgabe“ mal hoch, mal tief, mal großzügig breit gestaffelt – und das im Verbund mit einer bestechenden Positionsbestimmung der Stimmen und Instrumente.

Vorder- und Rückseite der Manger S1

Vorder- und Rückseite der Manger S1

Das Auflösungsvermögen der S1, die der Dreidimensionalität in die Karten spielt, geht aber nicht ins Artifizielle über, nein, vielmehr gefällt die Verbindung von akustischer Durchlässigkeit und Transparenz und der stimmigen (fein)dynamischen Agilität. So soll es in dieser Preisklasse sein. Woran ich das festmache, fragen Sie? Ganz einfach, während die Manger P2 durch ihre etwas sanftere Art nicht ganz das hohe Maß an Feinauflösung wie die Kii mitgehen konnte, ist die S1 schon ungemein nah dran.

Nala Sinepho EndlessnessUnd der Hochton? Das perkussive Spiel im Stück „Continuum 1“ von Nala Sinepho (Album: Endlessness) reicht die Manger S1 mit Natürlichkeit und Luftigkeit durch, ohne dabei dominant oder abrundend einzugreifen. Hier schimmert der genau richtige Grad an metallischem Glanz durch: feinpoliert und ansatzlos agil, weder kristallin-hell noch sanftmütig-dunkel timbriert. Die S1 bietet Detailreichtum bis in höchste Lagen hinauf, was zu einem feinstofflichen, luziden Hochton führt, wie er in dieser Liga geboten erscheint.

Der Mittelton

Eine Besonderheit der Manger S1 ist die absolut bruchlose Anbindung des Hochtons an den Mittelton. Zu diesem kohärenten Gleichschritt gesellen sich neben einer bemerkenswerten Impulsfreudigkeit reichhaltige und intensive Klangfarben.

Piano Sonata No. 3 Largo von Frederic Chopin The Chopin Project v. Olafur Arnalds und Alice Sara OttEin Beispiel: Der Klavieranschlag in Piano Sonata No. 3: Largo von Frederic Chopin (Album: The Chopin Project v. Olafur Arnalds und Alice Sara Ott) wird transparent und körperhaft gezeichnet – und mit präzisem Umriss. Ja, es stimmt, vorherrschend sind eher kräftige denn pastellige Farbtöne, aber das wissen die meisten Hörer ja zu schätzen – zumal dann, wenn wie hier die feinen Schwebungen und Details keinesfalls überdeckt werden. Das Ganze ließe sich unter „authentische, leicht sonore Klangfarbenpracht“ verbuchen. Doch die Manger S1 bietet den entscheidenden Schritt mehr, nämlich diese Impulsfreudigkeit: Die Intensität des Saitenanschlags dringt förmlich ungefiltert aus dem Manger-Wandler. Grandios! Um nicht falsch verstanden zu werden: Auch andere Aktivsysteme zeigen sich hier nicht nachlässig, aber diese völlig authentisch wirkenden Impulse sind die Nuance mehr, die den Unterschied ausmacht, bei der man innehält – die ganze Klasse im Mittelton offenbart sich genau hier. So betrachtet, heftet sich die Manger S1 ziemlich nah an die Fersen der Kii Three BXT, die allerdings bei den tiefen Tönen der Klaviatur noch weitere Facetten kennt und eine schärfer nachgezeichnete Kontur in die Waagschale legt.

Tom Waits Big TimeVielleicht noch ein Satz zu Frauen- und Männerstimmen: Tom Waits röchelndes Stimmorgan bei „16 Shells From A 30.6“ (Album: Big Time) gibt sich aufgrund der zupackenden Darstellung fast schon beängstigend realistisch. Patti Smith wiederum erscheint wegen der ausgewogen timbrierten Stimmkolorierung (nicht zu warm, nicht zu kalt) und dem mühelos dargereichten stimmlichen Variantenreichtum lebendig und mitreißend. Dabei wirkt die Manger S1 zwar insgesamt einen Hauch dunkler timbriert als streng neutral operierende Lautsprecher wie die Kii, aber das geht als Geschmackssache durch. Qualitativ auf deutlich höherem Niveau als eine nuZeo 4 von Nubert oder die Adam Audio A8H, eint beide die besondere Fähigkeit, Stimmen völlig frei und losgelöst von den Lautsprechern in den Raum zu beamen – und sie damit eine ganze Schippe natürlicher und authentischer wirken zu lassen.

Dynamik & Bass

Kommen wir zu den dynamischen Meriten. Wer es gerne krachen lässt, findet in der S1 einen Partner, der die entsprechenden Reserven bis 110 dB Maximalpegel zur Verfügung stellt. Das sollte für normale Bedürfnisse und Hörräume eigentlich reichen. Klar ist aber auch, dass fürs Geld grobdynamisch mehr geht – und erst recht dann, wenn noch mehr investiert wird. Eine Kii Three BXT bietet einfach mehr „Action“ und tritt pegelfester auf. Andererseits muss man auch sagen: Wer es schafft, die am Sockel der Manger S1 angebrachten LEDs rot aufleuchten zu lassen, dem dürfte kaum zu helfen sein.

Links die Kii Three BXT, rechts daneben die Manger S1

Auch wenn beide Lautsprecher aktiv sind, konzeptionell gibt es einige Unterschiede – links die Kii Three BXT, rechts daneben die Manger S1

Wie dem auch sei – die S1 ist definitiv eher Fein- und Schöngeist als Haudrauf. Ja, tatsächlich muss man mit ihr gar nicht laut hören, um ein vollständiges Bild zu erhalten: Bei mittleren und leisen Pegeln übermittelt sie mit großer Bravour ein homogenes und komplettes Klangbild inklusive feiner Pegelabstufungen und einer klaren Sprachverständlichkeit. Kurzum: Dynamische Feinheiten, die andere Lautsprecher insbesondere bei niedrigen Lautstärken schon mal unterschlagen, lassen sich mit dieser Manger ganz selbstverständlich erleben.

Zudem rechne ich es der S1 hoch an, dass ihr die Anbindung zwischen dem „schnellen“ Manger-Wandler und dem Tiefton nahtlos und ausbalanciert gelingt. Nehmen wir das Stück „Revelation“ von Prince (Album: Hit’n‘Run Phase One & Two), bei dem die Bassimpulse mit der Manger hinreichend kräftig, tiefgehend und vor allem mit der akkuraten Präzision einer geschlossenen Konstruktion auftreten. Die Töne klingen sofort ab, da wabert nichts nach.

Andererseits ist die Manger S1 nicht das Richtige für ausgemachte Bassheads oder Hörer mit sehr großen Räumen (weit) jenseits der 45 Quadratmeter – bei normalem oder gar knappem Platzangebot ist sie hingegen ideal, und die Möglichkeit, über das Verstärkermodul eine individuelle Raumanpassung zu realisieren, ist praktisch.

Der Tiefton der S1 zeigt sich also mit der für geschlossene Systeme typischen Geradlinigkeit und straffen Konturierung, sodass er vortrefflich zum schnellen Spiel des Biegewellenwandlers passt – um Wumms allein geht’s hier nicht. Davon hat sogar eine Nubert nuZeo 4 etwas mehr zu bieten, die Kii Three BXT sowieso. Doch die S1 zeigt sich davon unbeeindruckt und stellt den Bass ganz in den Dienst des Manger-Wandlers, sodass ein nahtlos ineinandergreifendes, homogenes Ganzes entsteht.

Billboard
SPL - Professional Fidelity

Test: Manger Audio S1 | Aktivlautsprecher

  1. 1 Kultiviert konzentriert
  2. 2 Manger S1: Hörtest und Vergleiche

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