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Bei der konstruktiven Ähnlichkeit ist völlig klar, dass sich der Magnat MA 1000 am hauseigenen Verstärkerboliden RV 3 messen lassen muss. Nach den ersten Tönen schien es mir denn auch so, als habe man um die klangrelevante Elektronik herum nur kein so showträchtig aufwändiges Gehäuse gebaut und die Leistungsreserven gegenüber dem Flaggschiff etwas reduziert. Von wegen „Respektabstand“, Marketing und so. Sie verstehen? Wäre dies exakt so gewesen, hätte ich an dieser Stelle keine weiteren Worte verloren und Sie kurzerhand auf die Lektüre des Magnat RV 3-Tests von Anfang dieses Jahres verweisen können. Zum Glück – ich habe was zum Schreiben und Sie etwas zum Lesen – sind sich die beiden Vollverstärker dann doch zwar durchaus ähnlich, aber klanglich nicht identisch.
Wenn Sie bereits den ein- oder anderen Test von mir gelesen haben, werden Sie wissen, dass ich zur Beurteilung von HiFi-Komponenten gern Konzertmitschnitte verwende, bei deren Aufzeichnung ich selbst zugegen war. Ein ganz wunderbares Event dieser Kategorie fand am 21. Dezember 2013 in der Hamburger Sporthalle statt, Axel Bosse & Freunde feierten dort den Abschluss der „Kraniche“-Tournee vor 7000 Zuschauern, seit Anfang Juli liegt „Kraniche – Live in Hamburg“ auf CD und DVD vor. Eine Perle deutschsprachiger Popmusik! Mit einer Atmosphäre, die zwischen ausgelassener Riesenparty, verschwitzter Tanzekstase und melancholisch-ruhiger Intimität alle Gemütszustände kannte. Kurzum: Das alles muss ‚rüberkommen, wenn ich die Konserve höre. Möglichst lebensecht.
Dieser Forderung kommt der MA 1000 verblüffend nahe. Zunächst mit seiner erstaunlich exakten Raumabbildung, die den Abmessungen der hanseatischen Sporthalle – gefühlt – weder etwas hinzufügt, noch etwas wegnimmt. Jetzt kann man solche Dimensionen nicht 1:1 in ein Hörzimmer transportieren, das ist schon klar. Aber was mir der Pulheimer Hybridverstärker an die Ohren trägt, erinnert mich sehr an die Bühnentiefe und Breite des Konzertsaals und des Zuschauerraums. Und um die gelungene Illusion geht’s doch, oder? Und die gelingt dem Rheinländer auch bei dem Geschehen auf der Bühne, hier die Ortbarkeit der einzelnen Musiker und ihrer Instrumente betreffend. Das kommt alles in den Entfernungsbeziehungen untereinander realistisch gestaffelt und dennoch präsent – fast dreidimensional – aus meinen Lautsprechern. Die ich nach kurzer Zeit und mit geschlossenen Augen vergessen habe, so flüssig löst sich das Geschehen von ihnen.
In „Frankfurt/Oder“ – dem vorläufigen Konzerthöhepunkt vor den Zugaben – bekommt Bosse Unterstützung von diversen Gastmusikern und brennt, gemeinsam mit dem enthusiastischen wie textsicheren Publikum, ein wahres Feuerwerk ab, bei dem die heimische Wiedergabeelektronik durchaus gefordert ist. In dem komplexen Tönechaos aus Instrumenten, Gesang und Jubelstürmen ist es nicht ganz einfach, so etwas wie „Übersicht“ und „innere Ordnung“ bei gleichzeitiger Durchhörbarkeit zu gewährleisten. Ein Stolperstein, an dem mein Yamaha A-S 1000 beispielsweise scheitert. Er ist ein wenig günstiger als der Magnat MA 1000 und natürlich als reine Transistorkonstruktion technisch nicht direkt vergleichbar, dennoch hätte ich nicht für möglich gehalten, dass es ihm nicht gelingt, „Frankfurt/Oder“ in nachvollziehbare Einzelereignisse aufzudröseln, ohne dem Stück seine ausgelassene Laune zu nehmen. Der Japaner versucht über Kraft und Nachdruck zu punkten, wo diese gar nicht gefragt ist, und „sumpft“ den musikalisch komplexen Teil des Stücks damit zu. Schade. Aber gut für den Magnat, der sich deutlich absetzen kann. Seine souverän-luftige Performance orientiert sich am Vorbild aus eigenem Haus. Dem RV 3.
Übrigens auch in Sachen Basswiedergabe. Der knarzig-trocken gezupfte E-Bass in „You goin‘ miss your Candyman“ von Terry Callier (Album: What Color is Love?) reicht tief hinab und pfeffert sich mit reliefscharfer Struktur in den Gehörgang. Kommt, wie bei „1000 Years“ von The Gaslight Anthem (Album: Get Hurt) noch ein wuchtiges Schlagzeugthema im klassisch vor sich hinstampfenden Viervierteltakt hinzu, bringt das Leben in die (Bass)-Bude! Das hat Punch, das hat Druck, das hat Verve. Ohne freilich die gnadenlos unerschütterliche Massivität und den noch erdigeren Tiefgang des RV 3 zu erreichen. Aber der hat auch höhere Leistungs- und damit Dynamikreserven, weshalb mich sein Vorsprung nicht wundert.
Den bruchlos-flüssigen Frequenzübertrag zwischen tiefen, mittigen und hohen Lagen hat Magnats Spitzenverstärker dabei fast zwillingshaft an seinen günstigeren Bruder vererbt. Dessen geschmeidiges, natürliches und angenehm „echt“ tönendes Mittenband, das sich dabei eine ganz leicht warme Tönung allerdings nicht verkneift, vermittelt Stimmen und Naturinstrumente mit hoher „Fassbarkeit“. Schon beeindruckend, wie greifbar Natasha Khan aka Bat for Lashes ihr „Sarah“ (Album: „Fur and Gold“) vor meinen Hörplatz projiziert. Ihre leicht rauchige Stimme, mit etwas Hall aufgenommen, verursacht mit ihrem Nuancenreichtum wohlige Gänsehautschauer auf den Unterarmen. Auch hier fällt ein Quercheck mit dem Yamaha und einem derzeit „zur Untermiete“ bei mir wohnenden Musical Fidelity m3i (um 1.300 Euro) zugunsten des Pulheimer Hybriden aus. Während der wuchtige Japaner Natasha Khan tendenziell (zu) warm und voluminös darstellt, bemüht sich der quirlige Brite im Mittenband um mehr Neutralität, lässt den Gesang allerdings minimal zu kühl wirken. Beim Magnat MA 1000 passt’s für mich einfach besser, es „schlüpft“ angenehmer ins Ohr. Seine samtigere Intonation Effekt zu nennen, wäre dabei übertrieben.
Die Leistungstransistoren des Magnat MA1000
Am oberen Frequenzende findet der „Tausender“ das richtige Maß zwischen brillanter „Crispness“ mit fein illuminierten Details und jener Zurückhaltung, die auch komprimierte und artefaktbehaftete Musik nicht harsch und nervig präsentiert. Interessant der Vergleich zwischen Mighty Sam McClains „Sledgehammer Soul“ (Album: Joy and Pain) in voller CD-Auflösung und einer komprimierten MP3-Datei (256 kbit/s), die ich vor Jahren einmal fürs Autoradio angefertigt habe. Die sehr präsenten und zuweilen laut abgenommenen Bläsersätze, die unmittelbar und mit Attacke gespielt werden, haben durchaus eine blecherne Schärfe, die derlei Instrumenten nun einmal zu Eigen ist. Von der Original-CD zugespielt, nerven sie allerdings nie. Sogar die Anblas- und Klappengeräusche sind teils zu hören. Die komprimierte Fassung kann damit nicht dienen, solche Details sind beim „Eindampfen“ der Daten verloren gegangen. Eine irritierende Schärfe, die man eventuell auf Dauer nicht ertragen möchte, vermittelt aber auch die 256-kBit/s-Fassung über den Magnat-Vollverstärker nicht, wenngleich er den allgemeinen Qualitätsverlust selbstverständlich schon ‚rüberbringt.
Test: Magnat MCD 1050 und MA1000 | CD-Player