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Als erstes fällt mir auf, dass die Umgebungsgeräuschdämmung des LZR 980 nicht sonderlich stark ausfällt. Trotz des geschlossenen Prinzips dringen Stimmen und andere Geräusche recht ungefiltert ans Ohr des Hörers durch. Das ist zwar gerade beim mobilen Einsatz nicht unbedingt von Vorteil, doch im Betrieb zu Hause nicht wirklich sehr relevant. Wie gesagt empfinde ich den Anpressruck der Ohrmuscheln als etwas zu fest, aber das hängt ja stark von der Größe des Kopfes ab. Mein Sennheiser Momentum jedenfalls sitzt etwas leichter und leichtgewichtiger über den Ohren. Allerdings währt die Freude darüber nur in etwa so lange, wie die ersten Töne aus dem Magnat LZR 980 mein Trommelfell erreichen, denn die sind unmittelbar schon mal ziemlich umwerfend.
Nach gut 100 Stunden Einspielzeit am Kopfhöreramp Meier Audio Corda Classic sind die Membranen tüchtig durchgewalkt, und das merkt man: Offenheit, Schnelligkeit, Lockerheit und ungebremste Dynamik kennzeichnen das Magnat-Topmodell. Hugh Masekelas Live-Album Hope ist zwar fast schon totgehört, aber immer noch ein Erlebnis, musikalisch wie klanglich. „Stimela“, der grandiose Höhepunkt des Albums, bleibt diesmal außen vor, dafür muss Track Nummer 7, „Languta“ herhalten. Der Song zeigt eigentlich auch schon alle Facetten auf, die die Performance des Magnat charakterisieren. Fangen wir mal mit dem Hochton an. Hier schlägt er den Sennheiser Momentum mit einer blitzsauberen, funkelnden Auflösung, die schon einen wichtigen Hinweis auf den Grundcharakter des LZR 980 gibt, den man am konkretesten wohl mit „direkt“ und „anspringend“ beschreiben könnte. Wo der Sennheiser sich in vornehmer Zurückhaltung übt, legt der Deutsch-Italiener eine gepfefferte Schippe Energie drauf, die aber nie in Schärfe driftet oder die tonale Balance ins Helle abgleiten lässt. Das verhindert schon der saubere, eher runde als kantige Mitteltonbereich, der von einem kräftigen Oberbass und einem tief hinabreichenden, druckvollen Tiefbass unterfüttert wird.
Der Oberbass übrigens ist vielleicht der einzige Aspekt der tonalen Abstimmung, den man ansatzweise kritisieren könnte. Denn obwohl er nicht wirklich zu fett ist, fällt er in einem ansonsten sehr neutralen Frequenzgang mit seinem leichten Bauchansatz doch ein wenig auf. Ansatzweise kann man zumindest den leisen Verdacht hegen, dass er etwas im unteren Mittelton überdecken und verschleiern könnte, was zum Beispiel der in dieser Beziehung mustergültige Momentum schön transparent aufs akustische Tablett hievt. Klar, es ist der Fluch einer in den anderen Frequenzbereichen sehr nah an der tonalen Neutralität liegenden Performance, dass beim Magnat kleine Abweichungen deutlicher auffallen. Auf jeden Fall trägt die Extra-Energie im Bass zu den heftigen Dynamikfähigkeiten des LZR 980 bei, die gerade mit sehr direkt aufgenommenen Drums und bei elektronischer Musik sehr viel Spaß machen. Das liegt nicht nur an der schieren Wucht, mit der der Magnat zu agieren weiß, sondern auch an seiner gleichzeitig recht ausgeprägten Sensibilität, seinem Gefühl für feinste Dynamikunterschiede, die er zu transportieren vermag. Die Phrasierung der Trompete von Meister Masekela wird in allen Schattierungen einfühlsam und mühelos reproduziert, während die Kessel des Schlagzeugs und die Percussioninstrumente mit unglaublicher Schnelligkeit und Präzision zielgenau ins Schwarze, also ins Trommelfell treffen.
Ich denke, das ist das größte Talent des Magnat LZR 980: Die direkte, geradezu explosionsartig schnelle und selbst im Mittelton physisch als pointierte Druckwelle spürbare Dynamik von Schlaginstrumenten und anderen akustischen Impulsen habe ich in dieser Preisklasse bei einem (im Vergleich zu DJ-Kopfhörern ja eher domestizierten und zivilisierten) HiFi-Kopfhörer so noch nicht gehört. Und auch darüber gibt es meiner Erinnerung zufolge lange nichts, was in Sachen Direktheit in allen Frequenzbereichen mit dem Pulheimer gleichziehen könnte. Erst der japanische Ausnahmekopfhörer Fostex TH500 RP (circa 700 Euro) vermag es (in meiner Erinnerung) in dieser Beziehung vorbeizuziehen und dabei noch mehr Raum und Luft ins Spiel zu bringen. In dieser Beziehung nämlich gibt der Magnat eindeutig der direkten Ansprache, dem Knalleffekt und dem Spaßfaktor den Vorzug vor weitläufigen Klanglandschaften. Auch wenn er den Sennheiser Momentum in dieser Disziplin ebenfalls übertrifft (wenngleich nur um Haaresbreite).
Letzterer vermag es einen Tick besser, Transparenz im Mittelton zu schaffen, was auch auf den etwas knorrigeren, drahtigeren und schlankeren Bass zurückzuführen ist. Allerdings wirkt der Sennheiser insgesamt distanzierter, im direkten Vergleich dynamisch zurückgenommen und wesentlich weniger involvierend, so dass die pure Spielfreude der Masekela’schen Band mehr über die intellektuelle Schiene perzipiert wird als beim diesbezüglich deutlich emotionaler spielenden Magnat.
Die Distanz des Momentum im direkten Vergleich zum LZR 980 schlägt sich auch in der recht unterschiedlichen räumlichen Darstellung des Geschehens nieder. Mit dem filigranen Niedersachsen wirkt alles etwas weiter von den Ohren des Hörers entfernt – jedoch ohne dass er eine größere Bühne zu bespielen vermag. Im Gegenteil, der Sennheiser wirkt räumlicher kompakter und minimal unschärfer, während der Magnat zwar viel mehr „im Kopf“ abbildet, selbigen aber auch bis in den letzten Winkel mit präzise definierten, kantenscharfen akustischen Ereignissen auszufüllen vermag. Außerdem reicht das Klangbild (trotz der konzentrierteren Abbildung) wenn nötig auch weiter über die Grenzen der Ohrmuscheln hinaus – schön nachzuhören beim schwebenden Keyboard in (und da ist es doch) „Stimela“ von Hugh Masekela.
Als letzter Quercheck steht ein Vergleich mit meinem privaten Referenzkopfhörer Final Audio Design Pandora Hope VI auf dem Programm. Der kostet fast dreimal so viel wie der Magnat und ist ein massives Stück Kopfhörerkunst mit einem Zwei-Wege-Balanced-Armature-Treiber. Selbiger verleiht dem Hope VI einen sehr präzisen, hochauflösenden Klang, der – ganz im Gegensatz zu dem des Magnat, bei dem ich an feines, weiches Tuch denken muss – Assoziationen an Stahl und Kristall hervorruft. Das hört sich vielleicht negativ an, ist aber nicht so zu verstehen: Im direkten Vergleich mit dem erwähnten, seidig-druckvoll spielenden Fostex TH500 RP markiert der Pandora den neutral-präzisen, nüchternen Vermittler von Information, und in dieser Rolle zeigt er auch dem Magnat LZR 980 ganz klar, wo dessen Grenzen liegen.
Mit dem Final Audio Design gehört, lassen sich die Musiker in Barb Jungrs „The Times They Are A-Changin’“ vom Album Man in the Black Coat (192 kHz/24 Bit FLAC, über iFi iDSD nano) gegenseitig mehr Platz, kommunizieren besser miteinander, das Klangbild wirkt entschlackter und offener, weiträumiger und dank des nun gänzlich fehlenden Bassbauchs auch präziser und tonal noch neutraler. Die vom Pandora zusätzlich gelieferte Information im Hochtonbereich scheint eine weitere Lage akustischer Schleier zu entfernen, wobei der Magnat hier, für sich genommen, keinen wirklichen Nachholbedarf hat. Im Bass federt der Deutsche immer noch einen Zacken kräftiger, lässt die Tom-Toms und die ziemlich fett schnalzende Bassdrum in Charlotte Gainsbourgs „Le Chat Du Café Des Artistes“ (Album: IRM) mit mehr Körper ertönen und qualifiziert sich so klar für alle Musikrichtungen, die mit elektrischer Verstärkung und/oder elektronischer Tonerzeugung zu tun haben. Ein schneller Ausflug in Death-Metal-Gefilde mit „2014“ von God Dethroned (Album: The Toxic Touch) und „Anubis“ sowie „Persepolis“ von Septicfleshs Kracher-Album Communion aus dem Jahr 2008 bestätigt das dann auch umgehend: Druckvoll, präzise, mit Schmackes und ohne Härten selbst bei nicht mehr ohrenfreundlichen Lautstärken ist dies der vielleicht für alle Arten von Metal am besten geeignete Kopfhörer, der mir bisher in der 300-Euro-Klasse untergekommen ist.
Test: Magnat LZR 980 | Kopfhörer