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War ja klar: Luxman macht es mir mal wieder schwer, eine griffig-pointierte Klangcharakterisierung niederzuschreiben. Nicht, weil der DAC kaum Stärken bietet, sondern umgekehrt, weil er so viele besitzt – doch die nun hintereinanderweg aufzuzählen erscheint fast müßig beziehungsweise zielt nicht aufs Wesentliche. Denn entscheidender als Spitzenwerte in der einen oder anderen klanglichen Disziplin scheint mit die sehr, sehr ausgetüftelte „Über-alles-Balance“, die der DA-06 besitzt. Das hatte ich so ähnlich seinerzeit schon beim Luxman-Player D-05 erlebt, aber das D/A-Wandler-Flaggschiff der Japaner beherrscht diese klangliche Gratwanderung noch sicherer. Mal abgesehen davon, dass er in manchen Bereichen tatsächlich einfach „mehr“ bietet. Hören wir dem audiophilen Allrounder also genauer zu.
In den Bereich „Balance“ fällt natürlich auch die Tonalität. Sehr häufig versuche ich Geräten mit einer Wendung wie „ausgeglichen, aber mit eher wärmerer/schlankerer Tendenz“ gerecht zu werden. Und das hat durchaus seine Berechtigung, denn gerade bei DAC, Streamer und Co haben wir es meist nicht mit wirklichen Schlagseiten zu tun, sondern mit kleineren Neigungen in die eine oder andere Richtung. Beim Luxman DA-06 kann ich allerdings das einschränkende „Aber“ im Grunde ganz weglassen. Die Einordnung ins Feld mir geläufiger beziehungsweise kürzlich erst gehörter Digitalquellen fällt leicht: Mein SACD/CD-Player D-05 spielt vergleichsweise ein ganz kleines bisschen, der Accustic Arts Tube DAC dagegen deutlich wärmer. Ein B.M.C. Audio UltraDAC etwas leichter, ein NAD Masters M12 wärmer, Moon Neo 380D etwas kühler, La Rosita Alpha New: wärmer … Okay, ich will Sie nicht weiter langweilen, die Message ist rübergekommen, vermute ich. Der Luxman DA-06 ist schlicht und einfach – neutral. Punkt.
Doch jetzt wird das, was ich oben mit Über-alles-Balance meinte, erst richtig interessant. Aber auch verwickelt. Wenn Sie nämlich denken, besagte Neutralität ginge mit Nüchternheit, Langeweile oder gar einem herben Zug einher, sind Sie auf dem völlig falschen Dampfer. Tatsächlich gehört der Luxman zur Minderheit der digitalen Quellen, denen man ein charmantes, geschmeidiges und natürliches Klangbild attestieren kann – und genauer: zur noch viel kleineren Untergruppe, die diesen „Effekt“ nicht mittels eines leicht wärmer temperierten Mittenbandes erreichen. Ja, spontan will mir gar kein DAC einfallen, bei dem die Mischung aus neutral & charmant so ausgeprägt ist wie beim DA-06. Im Grunde hört man ihm zu und hat keine Fragen mehr. Aber da lautet die Frage natürlich: Wie macht er das? Eine abschließende Antwort fällt schwer, aber ich hab‘ da so ’ne Theorie …
Der Luxman beherrscht auch die DSD-Wandlung
Also: Zum einen bin ich davon überzeugt, dass die sehr hohe Auflösung zur Natürlichkeit beiträgt. Nein, Sie haben sich nicht verlesen. So wie der Luxman nicht die Wärme-Karte zieht, um Natürlichkeit zu simulieren, betont er auch nicht die oberen Mitten/Höhen, um eine höhere Auflösung vorzutäuschen. Von solchen tonalen Tricks sind wir hier meilenweit entfernt. Hier geht’s um echte Auflösung. Der DA-06 gehört zu den am detailreichsten spielenden Vertretern der Zunft, klar besser als mein Player Luxman D-05 und wohl auch dem in dieser Hinsicht verdammt guten B.M.C. Audio UltraDAC überlegen (der allerdings deutlich günstiger ist sowie einen Kopfhörerverstärker und eine Pegelregelung bietet, das sei nicht verschwiegen). Und für mich übersetzt sich detailreicher mit natürlicher: Es wirkt echter, wenn der Shaker hinten rechts nicht mehr oder minder rauscht, sondern feingranular rieselt, wenn man den Eindruck vermittelt bekommt, man höre jetzt viel mehr einzelne Schellen im Tambourin, wenn das ganz, ganz, ganz leise Aufsetzen der Dämpfer im Klavier genau das ist: kaum hörbar, aber trotzdem ganz klar, sodass man keine Millisekunde braucht, um zu wissen, was da gerade passiert. Dieser Japaner bietet ein Füllhorn an Details. Eine Formel, die sich fast schon mantramäßig durch meine Hörnotizen zieht, lautet: „arbeitet mit viel feinerem Pinsel“. Das trifft es ziemlich genau.
Zum anderen aber – ich bin immer noch bei meinem Erklärungsversuch, wie der DA-06 Neutralität mit Natürlichkeit und Charme zusammenbringt – glaube ich, dass der Luxman die harmonische Zusammensetzung von Klängen korrekter abbildet als viele andere, weil er noch in den höchsten Lagen so luftig und feinsinnig vorgeht, wie ich das in den seltensten Fällen erlebt habe. Wohlgemerkt: Ich rede nicht davon, dass im Hochton jetzt einfach mehr Gas gegeben wird – da wird glatt durchgezogen. Aber der Junge kann im Luftband quasi beliebig fein auflösen. Und das wirkt wie Balsam …
Schon mal einen Supertweeter – also einen Hochtöner, der erst ab circa 8-12 kHz arbeitet – alleine, ohne den Hauptlautsprecher betrieben und dann die Musik angemacht? In der meisten Zeit hören Sie, dass Sie nichts hören. Hier und da ein zartes Britzeln, das war’s. Wozu das Ganze also? Alles Voodoo?
Nun, auch wenn man die höchsten Obertöne an sich nicht wirklich gut wahrnehmen kann, anders schaut es aus, wenn sie im Verbund mit Grund- und tieferen Obertönen wahrgenommen werden. Ich erinnere mich noch recht genau wie das mit dem Lautsprecher Neat Ultimatum XL6 war, wenn ich die auf der Oberseite befindlichen Folien-Superhochtöner mal abdeckte und mal nicht. Abgedeckt klang es spontan knackiger und prägnanter – aber in einer leicht vordergründigen Art und Weise, die auf die Dauer Gefahr lief, anstrengend zu werden. Aufgedeckt hingegen so, als würden die vormals leicht rauen, minimal brüchig wirkenden Klänge mildernd komplettiert. Ja, etwas weicher „aufs erste Ohr“, schlussendlich aber ehrlicher, natürlicher, geschmeidiger, weniger trocken und porös – da harmonisch vollständiger zusammengesetzt. Nicht mit der Neat, aber im anderen Zusammenhang hatte ich sogar einmal den Eindruck, durch Hinzufügen eines Supertweeters einen konturierteren, differenzierteren Eindruck vom Bassbereich geliefert zu bekommen – was ich zunächst für bizarr hielt. Überlegt man sich die Sache genauer, kann das aber durchaus schon sein: Die Empfindung einer Klangfarbe wird ja auch wesentlich vom Einschwingverhalten geprägt, und ein solches ist notorisch steilflankig, also hochtonlastig. Läuft’s da oben dann „korrekt“, kann das in der Gesamtmelange eben auch dort wirken, wo man’s nicht sofort vermutet hätte: im Tiefton.
Lange Rede, kurzer Sinn: Dass mir das mit den Supertweetern einfällt, während ich eigentlich einen D/A-Wandler teste, ist kein Zufall. Auf der Suche nach einer Erklärung, warum der Luxman DA-06 so natürlich-geschmeidig wirkt und sein Timbre so echt ist, kommt mir das einfach sofort in den Sinn. Er besitzt eine sehr reiche Palette an Klangfarben – was weder warm noch hell meint, sondern hochdifferenziert. Dies gilt fürs gesamte Frequenzband, doch insbesondere für die mittleren Lagen – und dürfte eben auch von diesen wunderbar „airy“ und aufgelöst daherkommenden obersten Oktaven herrühren. Eine echte Stärke!
Apropos Stärke: Dann auf zur Raumdarstellung, der spontan vielleicht auffälligsten Einzeltugend des Luxman DA-06. Und wenn ich da zur Abwechslung ein wenig im Telegrammstil aus meinen Hörnotizen zitieren darf: „Tori Amos/Boys for Pele: Der Luxman-DAC besitzt mehr Raumtiefe, Platz zwischen den Instrumenten nimmt zu.“ // „Mark Lanegan and Duke Garwood/Black Pudding: Dieses ‚Tocktock‘ der Drum bei ‚Mescalito‘ wird deutlich randschärfer in den virtuellen Raum gezeichnet. Zudem: Der Raumhall wirkt viel feiner, wird detailreicher präsentiert. Der DAC wirkt weitläufiger, offener, transparenter“ // „Cat Power/What Would The Community Think: Luxman einfach aufgelöster, Klänge präziser auf der Bühne verortet. Weniger flächig-breit, sondern auf den Punkt. Transparent-durchsichtiger Raumeindruck.“
Und so weiter. Absolut betrachtet lässt sich sagen: Der Luxman DA-06 zieht den virtuellen Raum lehrbuchmäßig bei der Grundlinie der Boxen auf und spielt sehr weiträumig, insbesondere die Tiefenausleuchtung ist phänomenal. Die einzelnen Klänge werden hoch konzentriert und fokussiert in diesen Raum gebeamt, gleichzeitig fehlt ihnen jegliche artifizielle (Über-)Schärfe, die damit einhergehen kann, denn die Plastizität der Abbildung (Stichwort: 3D-Eindruck) ist ebenfalls sehr gut. Und eine Klasse für sich ist der Umgang mit Raumhall, sei er künstlich, sei er echt. Ich erinnere mich nicht, das von einem Wandler schon man besser (also detailreicher, echter) reproduziert bekommen zu haben. Mazzy Star hör‘ ich nun seit zwanzig Jahren, und deren unverkrampfter Einsatz von kiloweise Kunsthall fand ich immer … naja: geht so. Aber jetzt erst weiß ich, wie das auch klingen kann. Hammer.
Liest sich ganz nett? Stimmt. Doch statt weiterer Absolutbetrachtungen lieber eine Verortung. Spaßeshalber seien zwei polar entgegengesetzte Arten, wie man eine Stereobühne alternativ auch aufziehen kann, angeführt: Beim Streamer/DAC La Rosita Alpha geht es üppig zu Sache, die einzelnen Stimmen auf dem musikalischen Schauplatz werden eher groß, rund, beweglich und voller Elan präsentiert – und besitzen durchaus auch einem kleinen Drall nach vorne. Ein bisschen eng geht’s da zwischen den Akteuren auf der Bühne schon zu und vor lauter Fleischeslust wird hier und da ein Detail vergessen … but who cares? Mächtig involvierend das Ganze, macht Spaß. Eine Freude ganz anderer Art dagegen ist es, mit dem B.M.C. UltraDac auf den Feldherrenhügel hinaufzuklettern und den Blick über die weiten Ebenen vor einem schweifen zu lassen. Jeder Soldat da unten ist klar zu sehen, und sei er noch so weit weg, kein Nebel versperrt einem die Sicht in irgendeine Richtung. Manchmal möchte man den Jungs da unten vielleicht „Rührt euch!“ zurufen, aber stattdessen delektiert man sich an der Akkuratesse, der schieren Detailversessenheit und Transparenz. Dinge, die hier ohne Zweifel wichtiger genommen werden als bei der La Rosita.
Okay, ich habe aus plottechnischen Gründen die Sache etwas arg überspitzt dargestellt, aber tendenziell stimmt das schon. Was macht nun aber unser Proband? Nun, in Sachen Transparenz und Klarheit ist der definitiv eher beim BMC, ja, noch einmal besser als dieser. Auch die kompakt-fokussierte Abbildung ist ihm zueigen. Doch während man sich beim Deutsch-Chinesen noch etwas mehr Plastizität und dynamische Beweglichkeit auf der Bühne hätte wünschen können, bietet einem der Japaner genau das. Er geht schön körperlich vor, Klänge besitzen eine dritte Dimension (und das insbesondere mit dem Minimum-Phase-Filter, das das sogenannte Pre-Ringing verhindern soll), und starr und mechanisch wirkt das Klangbild nun überhaupt gar nicht. Auch wenn das Ganze nicht den „Swingfaktor“ der La Rosita hat, das war ja eh etwas Spezielles. Kurz und gut, der Luxman macht das, was er am besten kann: alles in Balance halten. Was hier meint: „richtig“ und korrekt den Klangraum ausleuchten und gleichzeitig plastisch-physisch zu modellieren. Man mag – subjektiv – mehr zur einen oder anderen Art der Bühnenillusion tendieren. Objektiv am Zeug zu flicken ist dem DA-06 nicht.
Klappt das vielleicht auf dynamischem Felde? Nur dann, wenn man es sich zurecht konstruiert: Klar, ein Accustic Arts Tube DAC hat, wenn es mal richtig „Umpfta!“ machen soll, mehr Gesamtmasse in die Waagschale zu werfen. Was allerdings eine Nebenwirkung davon ist, dass die unteren Frequenzlagen im Vergleich zu den darüber liegenden betonter sind, was dann eben grobdynamisch schon mal mehr Wucht bedeuten kann. Härter und genauer bei Impulsen ist der Luxman DA-06, wie überhaupt die Durchzeichnung im Bass bis in aller tiefste Gefilde erstklassig ist. Aber der DA-06 ist tonal neutral, und dann iss eben weniger Umpfta als bei basskräftigeren Geräten. Soweit zur „Konstruktion“. Feindynamisch ist das freilich alles … wie sagen die englischsprachigen Kollegen so schön: as good as it gets. Betrachten Sie die Feindynamik als Unterpunkt der Rubrik Auflösung und setzen hier den Superlativ Ihrer Wahl ein. Ich hatte dies Vermögen ja schon über den grünen Klee gelobt. Und das völlig zurecht!
Test: Luxman DA-06 | D/A-Wandler