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Vor einem knappen Jahr war eine Vor/Endverstärker-Kombination der Marke Moon bei uns, Preispunkt: so um die 16.000 Euro. Meine derzeitige Kombi aus Octave HP300 MkII und Musical Fidelity Monos M700 liegt ebenfalls in dieser Größenordnung – und unser aktuelles Testgespann macht da keine Ausnahme.
Es ist immer wieder interessant, was für unterschiedliche Schwerpunkte Komponenten aus der gleichen Preisklasse setzen können. Natürlich geht es hier nicht mehr um Schwarz oder Weiß, gut oder schlecht, sondern um klangliche Nuancen auf Basis einer sehr audiophilen, allroundtauglichen Abstimmung, die allen drei genannten Lösungen gemein ist. Doch es sind die feinen Unterschiede, die Akzentsetzungen innerhalb des stimmig-balancierten Klangbildes, die den Audiophilen letztlich für die eine oder die andere Marke geneigter machen. Wie wichtig man die Unterschiede nimmt und welche Geschmacksrichtung einem zusagt, muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden.
Die Einordnung der tonalen Gesamtbalance fällt leicht. Das Octave/Musical-Fidelity-Gespann kommt dem gedachten Neutralitätsideal am nächsten, ein klein wenig schlanker spielt es schon, okay, aber nicht viel. Das Moon-Duo ist da noch etwas straffer unterwegs, was vor allem an der Endstufe liegt, der Pre geht glatt als das viel beschworene Stück Draht mit Verstärkung durch. Und die Luxmänner? Wärmer als die beiden anderen und das wohl auch über den „100 % neutral“-Punkt hinaus. Ungefähr so viel wie die Moons schlanker sind, tönen die Luxman-Verstärker erdiger, sonorer. Soll heißen: schon klar vernehmbar, aber alles andere als dominierend oder gar störend, selbst nicht für den, der eigentlich ein entgegengesetztes Timbre schätzt.
Die Anzeige der Luxman-Vorstufe lässt sich zur besseren Ablesbarkeit zoomen. Wer die mit Lichtpunkten indexierten Einstellungen der C-700u ablesen möchte, muss freilich näher herantreten
Wie die C-700u/M-700u-Kombination das hinbekommt, ist nun auch kein Geheimnis: Sie legt im Oberbass/Grundtonbereich eine Fingerbreite drauf und gibt sich ein Fitzelchen milder ab Präsenzbereich aufwärts. Dementsprechend sind helle Frauenstimmen eben ein klein wenig weniger hell und etwas arg präsent eingefangener Gesang – wie beispielsweise der von Jack Johnson auf On and On (als 24/96-Download, auf Amazon anhören) – wird von oben tonal entgratet und von unten unterfüttert, wenn Sie wissen, was ich meine. Und das kommt gar nicht schlecht! Dito im Frequenzkeller. Hier geht’s sonor, rund und süffig zur Sache, aber auch nicht zu stämmig oder gar pummelig. Qualitativ lässt sich der Tiefton ebenfalls leicht einordnen: halbtrocken. Klar sind im Bass Kontur und Struktur vorhanden. Aber dieser „Schraubstock“-Ansatz, der fehlt hier. Liebe Japaner, liege ich falsch mit der Annahme, dass Ihr das absichtlich so gemacht habt, da „staubtrocken“ Eurer Ansicht nach ein falsches Ideal darstellt, da es regelmäßig die Tonsubstanz und Natürlichkeit unelektrifizierter Instrumente unterminiert? Nein? Dachte ich mir doch!
Tatsächlich wird diese Gangart, gerade wenn es um die Wiedergabe akustischer Instrumente geht (Kontrabass, Klavier oder Bassdrum, man denke aber auch an Cello oder Harfe), viele Freunde gewinnen, zumal sich die Nebenwirkungen in Grenzen halten. Bei subsonischen Synthibass-Eskapaden und Ähnlichem ließen sich noch mehr Profil und Relief herausarbeiten, stimmt, doch insbesondere dank der Power der Luxman-Endstufe kriegt man dergleichen immer noch ziemlich imposant vor den Latz geknallt, wenngleich sie nicht so vollends humorbefreit zulangt wie meine Musical-Fidelity-Leistungsmonster. Das ist aber auch eine von deren Spezialtugenden und nicht jedermanns Sache.
Übrigens, wem es noch nicht aufgefallen sein sollte – ich schreibe hier von den Klangeindrücken der Kombination, und das deshalb, weil Vor- wie Endstufe die gleichen Gene besitzen. Sogar im Bassbereich, für den man ja häufig den Endverstärker als Hauptverantwortlichen ausmachen möchte, gilt das. Dies fällt zum Beispiel beim Torres-Song „New Skin“ (Album: Sprinter, netter Indie-Rock/Pop, auf Amazon anhören) auf, da gibt’s eine konstant durchgezogene Bassdrum, und egal, ob ich nun die Vorstufen Octave/Luxman oder die Endstufen Musical Fidelity/Luxman im Wechsel höre, das Ergebnis ist: Die Luxman-Amps klingen in der Attackphase vergleichsweise nicht ganz so knackig, kantig, bieten dafür aber insgesamt etwas mehr Saft.
Wo gerade von „Attack“ die Rede ist, sind wir thematisch schon mit einem Bein beim Dynamikverhalten. Hier würde ich die Luxman C-700u/M-700u als Vertreter eines guten Klassendurchschnitts einordnen wollen, und da die Klasse nun mal eine gehobene ist, heißt das im Klartext, dass einem nicht wirklich etwas fehlt. Doch Vergleiche innerhalb dieses Preislevels zeigen auch, dass schon noch schärfere und härtere Arten der Transientenwiedergabe möglich sind, wie auch grobdynamische Attacken noch überwältigender gefahren werden können – dass es andererseits aber auch gemütlichere Vertreter der Gattung gibt. Die Luxman-Kombo sitzt da ziemlich genau in der Mitte und scheint vor allem der Ansicht zu sein, dass der Anfang einer Note genauso wichtig ist wie deren weiterer Verlauf und ihr Verklingen (technischer formuliert: neben der Attack- besteht eine Hüllkurve ja auch noch aus Sustain-, Decay- und Release-Phase).
Das Signal der Vorstufe lässt sich symmetrisch und unsymmetrisch abgreifen. Standardmäßig tragen Luxman-Geräte Staubschutzabdeckungen auf den Buchsen
Das erinnert mich wiederum an den Charakter meiner Digitalquellen der letzten Jahre, den Player/Wandler Luxman D-05 und den, wie erwähnt, immer noch als Redaktionsreferenz dienenden D/A-Wandler Luxman DA-06. Auch die gehen nämlich sehr balanciert vor, eine Aussage, die sich eben nicht nur aufs Tonale bezieht, sondern auch auf die homogen wirkende Beziehung zwischen Attack und Sustain. Vielleicht gehört das zum Haussound der Japaner: Wie unsere aktuellen Probanden tonal im Gleichgewicht sind, dabei aber doch eher ins leicht Wärmere ragen, so sind sie’s auch in Sachen Hüllkurve, siedeln sich dort im Zweifel aber eher auf der geschmeidigen Seite an. Denn solch besonderes Talent zum musikalischen Fluss führe ich regelmäßig auch darauf zurück, dass leise Signalanteile – und somit eben auch das Verklingen – in ausnehmend delikater Weise herausgearbeitet werden. Besonders schön zu hören ist das bei Klavierspiel, so auch beim Jazzstück „Bapmgwala“ des Kari Ikonen Trio (Album: Bright, auf Amazon anhören): Während meine eigene Verstärkerkombi etwas mehr Fokus auf den jeweils einzelnen Anschlag setzt, steht beim Luxman-Gespann eher das Verbindende, der Klavierlauf im Zentrum. Natürlich ist das was Graduelles und kein weltbewegender Unterschied, aber trotzdem: Charakteristisch fürs Klangbild der Japaner ist es schon.
Was derart exzellent den Noten nachzufühlen versteht, zeichnet sich meist auch ganz generell durch ein erstklassiges Auflösungsvermögen aus. Genau das ist bei der Kombi C-700u/M-700u der Fall. Es dürfte auch ein Ergebnis des hohen Signal/Rausch-Abstands sein, der für die Vorstufe beispielsweise > 20 dB höher liegt als der meines Octave-Pres (okay, da arbeiten auch Röhren drin, es sei ihm verziehen). Die Luxman-Verstärker klingen erst mal nach … gar nichts. Soll heißen, sie geben sich totenstill, wenn kein Signal anliegt. Das ist der sprichwörtliche schwarze Hintergrund, vor dem sich quasi alles, und sei es noch so leise (Raumhall, Stuhlknarren, Ansatzgeräusche) völlig transparent abzeichnet. In dieser Güte bin ich das – leider – nicht gewohnt. Kompliment an die Japaner.
Irritierenderweise lässt das meinen Eindruck von der erwähnten Moon-Kombination wieder aufleben, denn die war ebenfalls mucksmäuschenstill und hochauflösend. Irritierend deshalb, weil es tonal ja in unterschiedliche Richtungen geht: Moon etwas drahtig, Luxman eher sonor. Wie auch immer – was das Aufdecken von Klangtexturen und feiner Details angeht (etwa das klangfarbliche Changieren des angeschlagenen Metalls bei „Bapmgwala“, direkt zu Anfang des Stückes), ist man mit den Luxman-Amps weit vorne.
Vielleicht ist es auch diese ungewöhnliche Kombination – hochauflösend, dabei aber leicht wärmer unterwegs und nicht heller, wie man’s ja sonst häufig hat –, die mitverantwortlich für die besondere Art des Bühneneindrucks ist: Die Luxmänner machen’s in 3D! Nicht nur hat der Bühnenraum eine angenehme Tiefe, nein, auch die einzelnen Instrumente und Stimmen auf dieser Bühne besitzen eine solche, sind also das genaue Gegenteil von „randscharf umrissen, aber flach“. Nein, die Japaner skulptieren die Klänge; nicht so freischaffend wie manche 300B-Triode, na gut, aber dafür wohl auch realistischer. Und dieser Eindruck ergibt sich nicht nur bei Klavierspiel oder Gesang – sehr schön fand ich den Kontrast zwischen meiner Verstärkung und der von Luxman bei Kate Nashs „Dickhead“ (Album: Made of Bricks, auf Amazon anhören): Die Japaner geben sich nicht ganz so offen nach oben heraus, setzen Frau Nash nicht ganz so weit nach vorne, machen vielleicht weniger offensiv an, aber glatter und geschmeidiger herausgestaltet wirkt die Stimme über sie, zudem tonal angenehm unterfüttert, sehr detailliert und eben plastisch. Nein, die 700er-Kombi formt sogar noch leise Ticks auf die Becken irgendwie körperhafter und kohärenter, von den Streichern will ich gar nicht reden. Sehr, sehr gut ist das.
Für meinen Geschmack könnte der Bühnenraum zwar noch größer, weitläufiger und insbesondere noch breiter sein – für so etwas habe ich nun mal ein Faible und bin da durch die Musical-Fidelity-Monos auch verwöhnt. Aber als „kompakt“ geht das keinesfalls durch, eher wohl als „realistisch“ dimensioniert. Wie dem auch sei: Wer auf einen sehr natürlich wirkenden, organisch gestalteten, mit griffigen Klangkörpern ausgestatteten Bühneneindruck aus ist und von Weitwinkel-Panoramablicken Abstand zu nehmen bereit ist, der wird hier reichlich bedient.
Test: Luxman C-700u und M-700u | Vor-End-Kombi