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Klangliches zur Kef Q900 – Fortsetzung

Inhaltsverzeichnis

  1. 4 Klangliches zur Kef Q900 - Fortsetzung

Kef Q900

Eine weitere Besonderheit der Kef – ich erwähnte es eingangs – ist die Art der Bühnendarstellung. Die ist zunächst einmal: groß und involvierend. Ich kenne viele Lautsprecher, bei denen beginnt die Bühne bei der Boxen-Grundlinie und erstreckt sich mehr oder weniger tief und mehr oder weniger eckig oder rund nach hinten – das schaut dann ungefähr so aus:

Nennen wir dies vereinfachend mal das „HiFi-Bühnen-Standardmodell“. So funktioniert die Kef Q900 in meinem Raum nicht wirklich. Sie ragt nämlich aus diesem Modell seitlich und nach vorne heraus, dafür geht‘s nicht ganz so tief nach hinten, so dass das Ganze insgesamt eher wie eine große ovale Musikwolke um die Boxen herum ausschaut – äh, sich anhört – denn wie ein nach hinten ragender Kasten:

Nun sind die Skizzen natürlich eher prinzipverdeutlichend gemeint – und das Prinzip, noch mal in Gegensatzpaaren umrissen, lautet dabei: Musik im Raum statt Fenster zur Musik. Dabeisein statt Draufsicht. Die Kef spielt im positiven Sinne nach vorne – aber nicht frontal. Es wird Hörer geben, die etwas mehr Respektsabstand schätzen würden – und andererseits jene, denen das „Standardmodell“ zu wenig involvierend, zu distanziert erscheint und daher die offene, leicht ausladende Spielweise der Q900 mögen.

Interessant waren in dieser Hinsicht die Vergleiche der Kef Q900 mit meiner Thiel SCS4, die ja ebenfalls auf das Koax-Prinzip setzt – nicht, weil diese Lautsprecher im echten Leben groß gegeneinander konkurrieren würden, sondern wegen der prinzipiell anderen räumlichen Darstellung: Die Thiel tickt eher nach dem Standardmodell und besitzt (deshalb) auch eine ausgeprägtere Tiefenstaffelung. Deutlich wurde mir dies beispielsweise bei Sades „Sweetest Taboo“ (Album: Promise): Der Regenschauer zu Beginn des Songs ist weiter von mir entfernt, weil a) die Bühne als Ganzes nach hinten rückt und b) die Tiefenabstände innerhalb der Bühne ausgeprägter sind; dito beim Background-Chor auf Howe Gelbs „The Farm“ (Album: ’SNo Angle Like You).

Der Bühnenraum der Thiel wirkt im Direktvergleich allerdings auch kompakter. Akkurat ausgeleuchtet: ja, das schon, aber eben einiges kleiner dimensioniert als mit der Kef. Doch nicht nur die Bühne insgesamt, sondern auch die einzelnen Klänge, Stimmen Boy/Mutual Friendsund Instrumente gestaltet die Q900 großzügiger, üppiger: So erlebe ich Valeska Steiners Stimme bei „This is the Beginning“ (siehe Boy/Mutal Friends-Besprechung) nicht nur als räumlich „näher dran“, sondern auch als um einiges größer gezeichnet – „nah und groß“, das übersetzt sich hierbei schon mit: berührend. Die emotionale Ansprache gelingt mit der Thiel genauso gut, aber mit anderen Mitteln: Die Stimme ist zwar weiter weg und ein bisschen kleiner, aber dafür schön plastisch skulptiert – sie wird quasi zum Anfassen ausgestellt, etwas, dass der Kef in diesem hohen Maße abgeht.

Ist in der Musik mal mehr los, dann wirkt die Bühne der Kef Q900 ziemlich „ausgefüllt von Klängen“, jedenfalls hab ich schon mal mehr Platz zwischen den einzelnen Instrumenten/Stimmen erlebt. Gleichwohl (oder gerade deshalb) macht der Bühnenraum, den die Kef aufzieht, einen sehr involvierenden Eindruck auf mich.

Was fällt noch auf? Tonal im Mitten-/Hochtonband nicht viel. Die mittleren Lagen besitzen eine kleine Präferenz fürs Sonore, Erdgebundene, Männerstimmen jedenfalls haben gehörig Volumen und nicht jede Frau fistelt mit der Kef wie eine Elfe – doch ist das eher ein Tendenzchen als ein richtiggehender Charakterzug. Und auch nach ganz oben hinaus geht’s im Großen und Ganzen neutral zu: Es gibt Luftigeres und Matteres, Spitzeres und Verhangeneres, Silbrigeres und Bronzeneres. Ja, ich muss zugeben: So richtig viel habe ich zum Tonalen nicht notiert – und das mag daran liegen, das sich die Kef Q900 hier im positiven Sinne unauffällig gibt und gut integriert in dem Sinn, dass Übergänge zwischen den Frequenzbereichen nicht als solche ins Ohr fallen, sie verbindet alles schlüssig miteinander. Auch an der Schnittstelle Mitten/Hochton kommt es zu keinen Irritationen. Gut, bei sehr hohen Lautstärken verliert der ansonsten smoothe Präsenzbereich seinen Charme und kann auch pieken und zu deutlich werden. Sich sehr dynamisch aufgenommene Frauenstimmen (Lisbeth Scott/Charmed, als 24/96-Download – hui!) sehr laut anzuhören, kann ein grenzwertiges Erlebnis sein. Bei normalen Pegeln aber droht keine Gefahr.

Kef Uni-Q-Chassis

Last but not least: Die Kef Q900 agiert angenehm dynamisch, insbesondere grobdynamisch, was wohl wiederum mit der zur Verfügung stehenden Membranfläche zusammenhängen dürfte. Attacken werden sehr plötzlich ausgeteilt, und es wird dabei nicht nur lauter, sondern auch größer – größer, was den räumlichen Eindruck, den die Musik bietet, angeht. Ja, im Idealfall, wenn die Aufnahme stimmt und die Anlage das durchlässt, hat man es tatsächlich mit einem dynamisch atmenden Bühnenkörper zu tun, die Musik wirkt alles andere als starr und wie in ein Korsett gesperrt, sondern federnd und beweglich … wirklich nicht übel. Die Leichtigkeit, mit der grobdynamische Umschwünge dargeboten werden, ist in dieser Preisklasse alles andere als selbstverständlich. Die Feindynamik stimmt mit der Kef Q900 ebenfalls, geht aber auch nicht als besondere Stärke durch. Das kriegen beispielsweise auch gut gemachte Kompakte hin, teils wohl noch besser – zuerst genanntes freilich nicht.

Hochtöner der Kef

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Grimm Audio / Hoerzone

Test: Kef Q900 | Standlautsprecher

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