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Februar 2015 / Michael Bruß
Was waren das noch Zeiten, als der 3er die Einstiegsofferte bei BMW darstellte! Ein E30, leicht, heckgetrieben, natürlich mit dem famosen (und konsequent saufenden) Reihensechszylinder, am liebsten mit M im Namen – so wurde ich zum Fan, auch ohne Führerschein. Und heute? Verschärfte Umweltschutz-Bestimmungen, Kostendruck, marktumfragetechnisch ermittelter Käuferwunsch und die damit einhergehende Änderung der Positionierung am Markt haben nicht nur den BMW 1er als neues Nesthäkchen geboren (der für sich genommen ja ein tolles Auto ist!), sondern auch dessen Abkehr vom Heckantrieb ab der für 2017 anstehenden künftigen Generation sowie den Tod der famosen Reihensechszylindermotoren in fast allen Bauklassen (außer 7er, X5 und X6) bis hin zur Typenziffer 28 (zum Beispiel 328i) eingeläutet.
Die Nummer 3 stellt dagegen bei Lansche Audio (www.lansche-audio.de, deutscher Vertrieb: www.lenhifi.de) vom schönen Bodensee auch heute noch den Einstieg ins Produktportfolio dar. Und anders als bei BMW trägt auch sie das Markenzeichen von Lansche auf der stolz erhobenen, leicht nach hinten geneigten Stirn: Den Corona Ionenhochtöner. Dieses Stück Ingenieurskunst trägt allerdings (und hier lag der BMW-Hase im betriebswirtschaftlichen Pfeffer) dazu bei, dass besagter Einstieg bei nicht ganz Kompaktklasse-gemäßen 18.500 Euro für das Pärchen beginnt. Für die hier getesteten Exemplare in Makassar-Polyesterlack werden 21.500 Euro fällig. Allerdings sind die Lansche No.3.1 auch mitnichten das, was man als Kompaktlautsprecher bezeichnen würde, denn mit knapp einen Meter Höhe und über 50 Kilogramm Gewicht pro Stück sind sie ausgewachsene Standboxen. Um im Autojargon zu bleiben: Wer’s größer braucht als diese obere Mittelklasse, läuft schnell Gefahr, in den Verdacht zu geraten, etwas kompensieren zu müssen. Ein sehr, sehr großes Wohnzimmer, zum Beispiel …
Die Vorgängermodelle der Lansche No.3.1, logischerweise 3.0 getauft, hatten nämlich diesbezüglich so was wie einen Wettbewerbsnachteil: Als reinrassige Zwei-Wege-Lautsprecher waren sie trotz ihrer 20-cm-Tiefmitteltöner wohl nicht immer in der Lage, einen Raum von sagen wir mal: deutlich über 35 Quadratmetern bis in die untersten Lagen (in diesem Fall circa 35 Hz) mit ausreichend Energie auch bei höheren Lautstärken zu versorgen. Nun hat, wer annähernd oder über 20.000 Euro für ein Paar Lautsprecher ausgibt, wahrscheinlich keine Besenkammer als Wohnzimmer, sondern dürfte neben reichlich Platz auch ästhetisch hohe Ansprüche haben. Will heißen: Ein Lautsprecher darf zwar gerne groß klingen, sollte aber – bitteschön! – nicht allzu groß sein. Und wenn der Wille zur finanziellen Selbsterleichterung nicht für die nächstgrößeren 5.1-Passivlautsprecher mit je zwei 22-cm-Treibern für den Bassbereich oder die teilaktiven und wesentlich bassstärkeren Lansche Audio No.4.1 ausreicht, dann steht der (potenzielle) Lansche-Liebhaber vor einem Dilemma.
Das haben auch Rüdiger Lansche, Gründer und Kopf von Lansche Audio und der deutsche Vertrieb LEN HiFi aus Duisburg erkannt und getan, was getan werden musste: Die Lansche 3.0 wurde kurzerhand zur 3.1 gemacht, indem ihr ein zusätzlicher Basstreiber ins elegante und wohnraumfreundliche Gehäuse implantiert wurde, und zwar in dessen Fuß und nach unten abstrahlend. Dies hat den Vorteil, dass das Gehäuse nicht grundsätzlich verändert werden musste. Außerdem konnte so ein richtig amtliches 22-cm-Chassis als Ergänzung des frontseitig montierten 20-cm-Töners eingebaut werden. Der neu hinzugekommene Bassist ist als Langhubchassis ausgelegt, hat ein 40-Liter-Volumen im Rücken und kann über das ebenfalls zum Boden hin abstrahlende, ziemlich fette Bassreflexrohr bis 30 Hz (bei -3 dB) hinunter spielen – dies erweitert den Frequenzgang um gute 5 Hz im Vergleich zur 3.0. Das klingt vielleicht nach wenig, kann nichtsdestotrotz viel ausmachen – wichtiger aber noch als die messtechnische Angabe ist jedoch unzweifelhaft die Qualität, mit der Treiber das tut. Doch dazu später mehr.
Vom Boden entkoppelt werden die Lansches mit Hilfe von vier über 8-mm-Gewinde eingeschraubten Kegeln aus Vollmetall, die beigelegt sind. Sie sorgen auch für den korrekten Abstand zum Boden, so dass der Bass seine Energie optimal in den Raum verteilen kann. Ich habe darunter noch die etwa 5-6 mm hohen Linn Skeet als Unterteller eingesetzt. Rüdiger Lansche zufolge macht diese Erhöhung in der Performance keinen nennenswerten Unterschied. Ebenfalls legt Lansche zwei Paar hochwertige Kabelstücke bei, die mit Bananas an einem und Gabelschuhen am anderen Ende konfektioniert sind; die Lansche No.3.1 tragen nämlich im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin nun Bi-Wiring-Terminals auf ihren Rückseiten. Die sind qualitativ tadellos ausgeführt, genauso wie der Rest der badischen Qualitätsarbeit. Direkt daneben sitzt eine Kaltgerätebuchse – der Ionenhochtöner braucht eben Strom und zieht etwa 80 Watt Leistung aus dem Netz, auch wenn der Lautsprecher rein passiv ausgelegt ist.
Alle Lansche-Modelle besitzen demnach auch einen Ein- und Ausschalter, der in diesem Fall weiter oben zwischen zwei kleinen Ventilationsöffnungen positioniert ist, die sich um einen ausgewogenen Temperaturhaushalt des Corona Ionenhochtöners – den wir uns gleich noch intensiver anschauen werden – kümmern.
Der Mitteltöner schließlich ist originär eigentlich ein 20-cm-Breitbandtreiber, der von Lansche Audio kräftig modifiziert wird und unterhalb 80 Hz sowie oberhalb 2.500 Hz sanft mit 6 dB pro Oktave von seinen Pflichten entbunden wird. Nun kann man auch verstehen, warum Rüdiger Lansche von einem 2,5-Wege-Lautsprecher spricht (und dies bei den Spezifikationen so angibt), auch wenn wir es technisch streng genommen mit einem Dreiwegler zu tun haben: Der versteckte 22-cm-Bass ist in der Realität ein passiver Subwoofer – eigentlich auch klar, denn würde er höhere Frequenzen abstrahlen, würden unsere Ohren ob der vom Boden stammenden Grundtonfrequenzen mit Sicherheit irritiert reagieren …
Glanzlicht
Kommen wir nun zum unbestreitbaren Kernstück einer Lansche, dem Corona Ionenhochtöner. Ohne hier allzu sehr ins technische Detail gehen zu wollen, möchte ich doch ganz kurz die Funktionsweise dieses Highlights (ha, Wortspiel!) erklären. Normale Kalotten– oder Inverskalotten-Hochtöner (sowie etwa auch Bändchen oder Air-Motion-Transformer) bedienen sich des gleichen Prinzips wie übliche Mittelton- und Basstreiber: Ein von Strom durchflossener Leiter (Schwingspule) beziehungsweise eine Leiterbahn befindet sich auf einem Schwingspulenträger oder direkt auf Membran aufgebracht (bei Flächentreibern) in einem Magnetfeld – oder ist sogar unmittelbar (Bändchen) die Membran. Fließt ein Strom durch den Leiter und ändert sich, bewirken die entstehenden Kräfte eine Bewegung des Trägers/der Membran im Magnetfeld. Immer jedoch muss Masse bewegt werden – in Bezug auf die Wirkfläche mal mehr (Kalotte), mal weniger (zum Beispiel Air Motion Transformer). Das bedeutet, dass ein feststoffliches Medium den Kräften der Masseträgheit sowie dem Luftwiderstand ausgesetzt ist und somit per se nicht in dem Maße beschleunigen und abbremsen kann, wie das Musiksignal es vielleicht erfordert. Hinzu kommen Unwägbarkeiten in der Beschaffenheit des Materials selbst oder bei der Art der durch die/bei der Bewegung entstehenden Unregelmäßigkeiten (Membrantaumeln, Partialschwingungen).
Was aber, wenn man Masse und Feststofflichkeit der Membran und des gesamten Antriebs los würde? Ein quasi masseloser Treiber wäre theoretisch schneller als jeder Verstärker, der ihn antreibt. Er würde keine zusätzlichen Verzerrungen produzieren und wäre selbst bei Ultraschallfrequenzen problemlos einsetzbar.
Zu schön, um wahr zu sein?
Bühne frei für den Corona-Ionenhochtöner. Was sich ein bisschen anhört wie eine Science-Fiction-Waffe, ist ein gar nicht mal so neuer, aber aufgrund der komplexen Bauart und hohen Herstellungskosten auf dem Markt wenig verbreiteter Lautsprechertreiber, der in etwa so funktioniert: Es wird ein 8 mm großer Lichtbogen über eine kleine, verrundete Spitze in der Mitte einer Brennkammer und eine auf hoher Spannung liegende Außenelektrode außerhalb der Brennkammer aufgebaut. Es entsteht eine ionisierte Gaswolke, die eine fünfmal kleinere Fläche hat und mehr als 100.000-mal leichter ist als eine übliche 2,5-cm-Gewebekalotte inklusive des gekoppelten Antriebs. Entgegen sich hartnäckig haltender Gerüchte nimmt man übrigens während des Betriebs der aktuellen Corona-Ionenhochtöner selbst mit empfindlicher Nase keinen Ozongeruch mehr wahr. Nur wenn man es wirklich darauf anlegt, kann man im Moment des Einschaltens der Hochtöner mit der Nase knapp über dem Gitter noch etwas erschnüffeln – und zwar kurz nach dem Sekundenbruchteil, in dem der elektrochemische Prozess ausgelöst wird, mit dem der Lichtbogen entsteht. Danach hat es sich dann aber auch sofort wieder.
Das Ionenfeld wird nun durch das aufmodulierte Musiksignal an allen Punkten seines Volumens durch die Veränderung elektrischer Feldstärke gleich beschleunigt. Dabei kommt es prinzipbedingt zu keinerlei störenden Eigenbewegungen der „Membran“, wie sie eben bei massebehafteten Vertretern der Hochtongarde mehr oder weniger stark entstehen. Wegen der fast masselosen und nahezu punktförmigen Abstrahlung sollen auch bis weit über den Hörbereich hinaus weder Intensitätseinbrüche noch eine gerichtete Abstrahlung auftreten. Laut Webseite von Lansche Audio spielt der Corona von 1.500 bis 150.000 Hz verzerrungsfrei und ohne Resonanzen und soll vollkommen ohne Amplituden- und Phasenfehler auskommen.
Ein Alleinstellungsmerkmal ist ein solcher Ionen- oder Plasmahochtöner für Lansche Audio zwar nicht, denn auch andere Hersteller versuchen sich an dem Konzept. Allerdings bestehen zwischen den Produkten Unterschiede: Lansche arbeitet beim Corona mit galvanischer Trennung und rein passiv, während andere einen Verstärker integrieren und ohne galvanische Trennung vorgehen. Außerdem hat der Lichtbogen beim Corona 8 mm Durchmesser, während z. B. beim Acapella-Ionenhochtöner 5 mm entstehen. Das ist vor allem relevant für den maximal möglichen Schalldruckpegel. Auch kann Lansche Audio seinen Ionenhochtöner bereits bei 2.500 Hz voll einsetzen, während andere Konstruktionen erst ab 5.000 Hz spielen. Rein messtechnisch funktioniert der Corona wie gesagt sogar schon bei 1.500 Hz, doch die Trennung mit phasengünstigen 6 dB verlangt nach einem höheren Crossover-Punkt.
All diese Technologie sitzt in Gehäusen, die schon für sich genommen so etwas wie Kunstwerke sind. Abgesehen vom Haben-Wollen-Faktor, den die elegant nach hinten geneigten Tonmöbel impulsiv auslösen, sind sie zudem absolut perfekt verarbeitet. Der Klavierlack über dem Makassarfurnier der Testlautsprecher ist so gleichmäßig aufgetragen, dass ein befreundeter Gitarrenbauer fasziniert aus allen Winkeln die Lichtreflexionen der Lansche No.3.1 begutachtete und seine Finger kaum von der Oberfläche lösen konnte. Shame on me: Ich habe bis heute vergessen, Rüdiger Lansche nach dem Namen seines Zulieferers zu fragen, den ich meinem Bekannten versprochen habe, in Erfahrung zu bringen! Eine eher ungewöhnliche Lösung liefert Lansche Audio auf den Innenflächen der No.3.1 ab, die auch für das erstaunlich hohe Gewicht der eigentlich überschaubar großen Lautsprecher verantwortlich ist. Das durchgehend 19 Millimeter dicke MDF des Gehäuses wird nämlich mit einer zusätzlichen, ein Zentimeter dicken Lage aus Steinkacheln beklebt. Im Zusammenspiel mit den üblichen internen Matrix-Verstrebungen und Absorberschwerschaum entsteht so ein Gehäuse, das den obligatorischen Klopftest mit einem ziemlich toten „Tock“ beantwortet. Die ein Zentimeter dicke Bodenabschlussplatte aus massivem Aluminium, in der der Basstreiber sitzt, verschafft der Lansche No.3.1 nicht nur zusätzliche Stabilität, sondern auch einen sehr tiefen Schwerpunkt – umkippen ist fast ausgeschlossen.
Test: Lansche Audio No.3.1 | Standlautsprecher