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Nun – fast hätte ich die unscheinbaren Kisten wieder nach Südfrankreich zurückgeschickt, denn nach einer Woche Dauerbetrieb klang es zwar gut, aber fürs Geld nicht gut genug, und in solchen Fällen lautet unsere Devise „return to sender“. Wovon Dan Bellity aber nichts wissen wollte, wortreich entschuldigte er sich dafür, so „insane“ gewesen zu sein, ein brandneues Paar Monos und nicht seine Vorführer geschickt zu haben. Die verbauten speziellen Kondensatoren bräuchten ewig, ich solle die Tender einfach irgendwo in die Ecke stellen, dauerhaft anlassen und irgendwann einen zweiten Hörversuch unternehmen. Na gut, ziehe ich eben etwas anderes vor, fahre in den Urlaub und höre danach mal wieder rein. Und in der Tat – das wochenlange „Einbrennen“ lohnt sich, erst dann blüht’s so richtig auf. Mein Tipp an potenzielle Käufer lautet also: Im ersten Monat gar nicht erst ausschalten, diese Blöcke, es klingt dann wirklich besser.
Fragt sich nur wie es klingt – und wie gehe ich die Beschreibung an? Gar nicht so einfach zu fassen, die La Rosita Tender. Zum Start vielleicht die Einschätzung der Gesamttonalität. Mit einem Wort: ausgeglichen. Etwas ausführlicher und spezifischer: Der Bass gibt sich eher leichtfüßig-schnell als ausnehmend wuchtig-substanziell, und im Präsenzbereich (den oberen Mitten/unteren Höhen) wirkt es minimal sanfter/dezenter. Der Rest ist „geradeaus“, was insbesondere auch für den Hochton gilt. Interessanter allerdings als das rein quantitative Mischungsverhältnis ist die besondere Qualität der einzelnen Frequenzbereiche. Das fängt untenrum schon an.
Die 100000 µF Siebkapazität pro Kanal teilt Dan Bellity auf vier recht große Kondensatoren auf
Leichtfüßig und schnell, die Worte fielen gerade, konturiert und durchgezeichnet, auch das beschreibt den Tiefton der Tender-Blöcke gut – aber der Begriff „trocken“ trifft nicht. Worüber ich mich selbst etwas wundere, liegt der doch meist im gleichen Assoziationsfeld. Tatsächlich steht in meinen Hörnotizen aber etwas von „flutschig im Bass“, was daran liegen mag, dass ich den Verstand verloren habe. Oder es beschreibt eben doch einen wesentlichen, wenngleich subtilen Charakterzug der La Rositas. Ein Beispiel: Meine Musical-Fidelity-Monos stellen einen gezupften Kontrabass mit dem unbeteiligten Gestus „So sind die Fakten“ quasi nackt in den Raum, und sie lassen auch in den alleruntersten Lagen nicht nach, wofür ich sie heiß und innig liebe. Die La Rosita Tender kennen natürlich auch die Faktenlage und orientieren sich daran – aber sie präsentieren sie nicht derart eisenhart und stoisch wie die Briten, sondern bei aller Wahrheitsliebe eher elastisch-federnd, mit ein bisschen mehr Holz und … nun ja: geschmeidig(er). Der Stilunterschied ist in etwa der zwischen einem abgebrühten Durchreicher und einem fingerschnippenden, den Swing aufnehmenden Musiker, dem die Verbindung zwischen den Noten so wichtig ist wie diese selbst. Und war es nicht ein Franzose, der sagte, Musik sei der Raum zwischen den Noten?! Wie auch immer: Da sind jedenfalls Flow, Momentum und Spannkraft in diesem Bass. Schwierig zu beschreiben, aber leicht zu hören.
Minimalismus: ein unsymmetrischer Eingang, ein Paar Lautsprecherklemmen, das war’s
Doch – wie gesagt – dieses Geschmeidig-Federnde rührt eben nicht aus einer besonderen „Wärme“, einer Betonung im Bass, im Gegenteil, eher ist der ’ne Nuance leichter als dicker; und ebenfalls nicht daher, dass der Tiefstton stiefmütterlich behandelt würde und er nun, von dieser Fußfessel befreit, federleicht aufspielen kann. Nein, die alleruntersten Lagen sind so gut, wie man es für diesen ambitionierten Preispunkt auch erwarten darf. Es ist richtig, es gibt Vertreter mit noch mehr Durchgriff und Energie in diesem Bereich, wie etwa genannte Musical Fidelitys – doch das ist auch deren Spezialtugend. Was es aber auch gibt, sind solche mit weniger, wie etwa die Moon-760A-Endstufe, die untenrum insgesamt schlanker (dafür phänomenal definiert) auftritt, oder auch die Gold Note PA-1175, obwohl diese jüngst getestete Stereoendstufe – umgekehrt zur Moon – eher pfundig im Bass agiert, pfundiger auch als die französischen Endstufen. Aber ganz unten eben auch nachlässiger als die La Rositas. (Stimmt natürlich: Moon wie Gold Note sind deutlich günstiger.)
Hören wir uns weiter oben im Frequenzgang um. Ein Song macht mir die besondere Gangart in den Mitten exemplarisch klar: Kate Nashs „Dickhead“ (Album: Made of Bricks). Der gezupfte Bass kommt nicht so bretthart-knallig wie sonst, sondern flutscht halt mehr (s.o.) … und Kates Stimme – nun, die hat über die französischen Verstärker zweifellos Charme, denn die eher hart-direkte Aufnahme wird nicht gnadenlos weitergereicht, sondern vielmehr ganz, ganz leicht „in Samt eingepackt“. Das ist immer noch ehrlich – wenngleich nicht sooo nackt-offenbarend, wie ich es gewohnt bin –, hat jetzt aber diese gewisse Milde mit im Gepäck, die bei dieser Aufnahme einfach humaner wirkt.
Zudem – langweiliger wird es dadurch nicht: Zwar bin ich durch meine britischen Amps damit vertraut, den Klängen noch direkter ausgesetzt zu sein, was – wenn die Rechnung aufgeht – die Unmittelbarkeit des Klangeindrucks verstärkt. Die La-Rosita-Endstufe hat hier aber einen Trick in petto: Quasi ausgleichend zum Umstand, dass durchs „samtige Verpacken“ das Gefühl von Präsenz ganz minimal gedämpft wird, zieht sie Stimmen und Instrumente räumlich einfach etwas weiter nach vorne, sprich projiziert sie vor die Grundlinie der Lautsprecher – und bildet die einzelnen Klänge zudem auch lieber etwas größer als kleiner ab. Also: Das was der leicht samtig-milde Charakter an Direktheit mindert, kompensiert das Gefühl, den Klängen räumlich näherzukommen. Nicht schlecht gemacht! Involvement mit zarter Note.
Und wo wir jetzt schon beim Raumeindruck gelandet sind – folgendes Bild kam mir in den Sinn: Es gibt diesen klassischen Ansatz, bei dem die virtuelle Bühne kastenförmig vor einem steht. Meist geht’s dann bei der Grundlinie los, mehr oder weniger breit, mehr oder weniger tief. Und dann gibt’s den „Liegendes-Ei-mit-der-Spitze-nach-vorn“-Ansatz. „Jetzt spinnt er wieder“, denken Sie – aber ich kann’s erklären. Also: Gedanklich einfach ein Ei auf den Tisch gelegt und von oben betrachtet – die Spitze, wie gesagt, nach vorne – und da, wo Sie’s aufschlagen würden, befindet sich die Boxen-Grundlinie. Daraus folgt: Das was in der Aufnahme nach vorne gemischt wurde, ist wirklich weiter vorne (im Vergleich zum „Kastenansatz“), der Eindruck von Bühnentiefe variiert nach … ähhh: Ei-Größe – und kann durchaus so ausgeprägt sein wie beim Kasten. Was aber die Bühnenbreite angeht, liegt einem das Wort „cinemaskopartig“ nun nicht gleich auf der Zunge und die Ausleuchtung hinten bei den Bühnenrändern ist ebenfalls steigerbar.
Die La Rosita Tender sind eher vom Ei- als vom Kasten-Typus. Womit der „Bühnenaufbau“ für sich einzunehmen weiß, ist der Schritt nach vorne Richtung Zuhörer, die plastische und durchaus üppige Modellierung der Musiker auf dieser Bühne sowie die saubere Staffelung nach hinten. Wem es um schiere Raumgröße und insbesondere panoramaartige Breite allein geht, der ist hier eher falsch.
Das erwähnte Samtige im Mittenband resultiert nach meinem Dafürhalten nicht allein daraus, dass in den oberen Mitten/unteren Höhen etwas weniger Gas gegeben wird, sondern auch aus der fantastischen Auflösung noch weiter oben – und dass das Luftband, also der Superhochtonbereich, komplett, artefaktfrei und ausnehmend feinzerstäubt „da ist“. Ganz sicher muss man die Wiedergabe der oberen Oktaven als Schokoladenseite der La-Rosita-Monos werten. Ein Wechsel auf meine Musical Fidelitys mutet da fast schon etwas ernüchternd an. Zwar sind in beiden Fällen alle Details vernehmbar, aber die besonders geschmeidig-feine Verbindung der Einzelheiten zu einem fließenden Ganzen bleibt den französischen Amps vorbehalten. Andere Verstärker drehen ganz obenrum erst gar nicht so viel Licht an – der NAD M22 etwa, oder der schon erwähnte Gold Note PA1175, oder, drittes Beispiel, meine langjährige Referenz, die Electrocompaniet AW180. Flüssig-geschmeidig klingen die auf ihre Art ja auch, aber obenrum so derart luftig, airy und geradezu delikat? Nein, wie die französischen Monos es inszenieren können sie es nicht. Bei den La-Rosita-Amps schwingen Hi-Hats einfach noch etwas länger und feiner aus, eine Rassel wirkt tendenziell weniger porös/trocken, sondern fast schon wie geölt – ohne aber dass nun die einzelnen Körner im Innern zusammenklumpen, wenn Sie wissen, was ich meine. Schon eine sehr feine Sache.
Noch ein Beispiel: Beim passenderweise „Singing Bowl“ genannten Jazz-Stück vom Torque Trio (Album: Osmosis) streicht ein Finger auf dem Rand einer Klangschale (so hört es sich zumindest an). Das klangfarbliche Changieren dieser singenden Schale wirkt mit den Tender-Amps einfach echter, im positiven Sinne weicher und ausgearbeiteter, facettenreicher. Und das deshalb, weil – so meine Theorie – der Obertonbereich kompletter, in allen Teilaspekten dargeboten wird. Die zum Vergleich gehörten Musical Fidelitys geben sich da ein wenig nüchterner, vom Timbre her ein kleines bisschen ausgewaschener. Interessanterweise gelingt ihnen aber wiederum die Illusion des Raums um die Klangschale herum etwas authentischer. Es ist immer wieder erstaunlich, welche unterschiedlichen Akzente verschiedene High-End-Geräte setzen.
Um zu rekapitulieren: schneller, federnder Bass, samtene Mitten, liquid-luftiger Hochton. Sicherlich darf man das Klangbild der La Rosita Tender „über alles“ als ausnehmend flüssig und geschmeidig bezeichnen – dieser schwer erklärbare musikalische „Flow“, hier hat man ihn. Manche assoziieren damit allerdings eine eher wärmere Abstimmung. Das passt hier nicht. Wenn überhaupt tendieren die Tender, wie gesagt, eher ins tonal Leichtere. Wieder andere denken bei „Flow“ gleich an gemütlich, gefällig. Das passt noch weniger. Ganz im Gegenteil, neben der flüssigen Gangart ist eine weitere Stärke der La-Rosita-Monos der dynamische Antritt. Auch wenn es stimmt, dass grobdynamisch hier und da durchaus noch etwas mehr geht und das Transienten bisweilen noch „schärfer“ ans Ohr gebracht werden (was man aber auch mögen muss) – die La Rosita sind überdurchschnittlich flott unterwegs. Nie wirkt’s verbummelt, sondern immer ganz lässig, mit leichter Hand und wie nebenher gemacht, ohne Anstrengung. Also: Weniger wie Kugelstoßen, mehr Richtung Ballett.
Test: La Rosita Tender | Endstufe