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Oktober 2014 / Ralph Werner
Einer der Vorteile von Computeraudio läge darin – so Dan Bellity, Mastermind der im südfranzösischen Grasse gelegenen Firma La Rosita (http://www.larosita.fr) –, dass im Gegensatz zum CD-Player auf eine Fehlerkorrektur der Daten verzichtet werden könne, zumindest dann, wenn man beim Rippen der Silberscheiben entsprechende Einstellungen beachte. Dass ein bitkorrekter Datenstrom potenziell besser klingen kann als ein „on the fly“ hier und da interpolierter ist zwar nun keine exklusive Einsicht des freundlichen Franzosen, aber doch einer der Ausgangspunkte, weshalb er sich nun schon seit gut zehn Jahren mit dem Thema „Streaming“ und D/A-Wandlung befasst – und seine durchaus eigenen, für manchen vielleicht sogar eigenwillig anmutenden Wege geht.
„Schaut ja so aus wie ein CD-Player von vor 20 Jahren!“, entfährt es mir trotzdem unwillkürlich, als ich den Streamer La Rosita Alpha New von hinten betrachte. Denn sieht man von der Ethernetbuchse und dem komischen schwarzen Kästchen zur Rechten ab, entdeckt man dort nur noch drei Cinchbuchsen: ein Doppel für den Analogausgang und eine für den Digital-Out. Das nenne ich mal radikal reduziert.
Wir schreiben das Jahr 2014 und dieser Streamer mit integriertem DAC kommt ohne einen einzigen der im HiFi-Bereich gängigen digitalen Inputs daher. Kein koaxiales oder optisches S/PDIF, keine USB-Buchse, weder für einen Rechner noch für USB-Sticks oder -Festplatten. Gut, es handelt sich um einen Netzwerkplayer, nicht um einen Stand-alone-DAC. Aber trotzdem.
Mild lächelnd erklärt mir Bellity, dass derartige Inputs zwar vielleicht praktisch seien, man sich mit ihnen aber immer zwei Probleme einhandle: Jitter sowie eine galvanische Kopplung, und mit Letzterem ein Einfallstor für Noise seitens des Rechners. Einmal in Redelaune, macht er mir fast noch den einzigen verbliebenen elektrischen Digitaleingang der Alpha New – die LAN-Buchse – madig: Der funktioniere zwar einwandfrei, aber je nach Netzwerkaufbau könne man sich hierüber natürlich ebenfalls Störungen einfangen, weshalb alle seine Streamer auf WiFi-Empfang hin optimiert seien, denn nur das garantiere perfekte galvanische Trennung und damit beste klangliche Ergebnisse. Dass das ganze Konzept gewordene Überzeugung ist und nicht etwa aus Geiz resultiert, wird auch daran deutlich, dass es sich beim größten, fast 11.000 Euro kostenden Netzwerkplayer von La Rosita ganz genauso verhält: Auch hier gibt’s keine Digitalinputs jenseits von WLAN/LAN. Wer besten Klang wolle, müsse auf manche Features verzichten können. Im Grunde ein klassisches High-End-Glaubensbekenntnis, nur an unerwarteter Stelle auftauchend, nämlich bei einer Digitalquelle. (Wer von uns Audiophilen schaut etwa nicht kritisch auf Balance-, Bass-, Treble- oder gar Loudness-Regler bei einem Verstärker?)
Und wo wir beim Thema WLAN sind: Die schwarze Kiste, die ich oben erwähnte, lugt deshalb an der Hinterseite des La-Rosita-Players heraus, damit die im Inneren verbaute Apple-Airport-Karte guten Empfang hat. „Airport“, den Nicht-Mac-Jüngern sei es verraten, ist der Markenname für Apples Funknetztechnik. Und da staunt man dann vielleicht zum zweiten Mal – warum nehmen die Südfranzosen denn ausgerechnet Technik von Apple?
Also: Nur weil eine Airport-Karte in der La Rosita Alpha New steckt, heißt das natürlich noch nicht, dass man sie nicht auch mit einem Windows-Rechner und unter Zuhilfenahme eines Nicht-Apple-WLAN-Routers ansteuern könnte. Allerdings ist man zwingend auf das Airplay Streaming-Protokoll angewiesen, denn im Grunde sind die südfranzösischen Netzwerker nichts anderes als Airplay-Receiver mit highendigem DAC an Bord. Hieraus folgt dreierlei: 1) Alle Gerätschaften beziehungsweise Mediaplayer, die Airplay unterstützen, können sehr einfach Musik auf die Alpha schicken. Natürlich klappt das mit allen „i“-Devices und mit iTunes, aber auch mit entsprechend präparierten Android-Smartphons oder beispielsweise mittels JRiver oder MediaMonkey als Player auf einem PC. 2) Dieser Streamer „zieht“ sich nicht die Daten, die auf einem Musikserver im Heimnetzwerk liegen, sondern bekommt sie vom jeweiligen Airplay-Sender „zugeschoben“, um es mal vereinfacht auszudrücken. 3) Ja, stimmt, man ist auf CD-Auflösung festgelegt, denn das Airplay-Protokoll überträgt nichts Höheres (okay, 48 kHz geht auch). Gleich mehr dazu.
Weshalb der Besitz eines Rechners aus Cupertino – sei’s nun MacBook Air oder Pro, Mac mini oder iMac – trotzdem seitens Hersteller und Vertrieb sehr empfohlen wird, liegt weniger hardwareseitig an der empfangenden Karte in der Alpha, sondern an der sendenden Software, nämlich iTunes, oder besser gesagt: an dem vormals gesondert für ein paar Hundert Euro angebotenen und nun mit jedem La-Rosita-Streamer inkludierten „Rosita-Plugin“ für iTunes, welches es ausschließlich für Macs gibt. Dieses spezielle Stückchen Software sorgt dafür, dass die Netzwerkverbindung mit hoher Geschwindigkeit, vor allem aber mit zeitlich konstantem Takt arbeitet. Etwas, das Bellity besonders am Herzen zu liegen scheint. Natürlich könne man die Daten im Streamer buffern, also zwischenspeichern, was auch geschehe, gleichwohl sei ein exaktes Timing des Datenstroms im Netzwerk klanglich ganz entscheidend – Buffer hin, Buffer her. Zur Verdeutlichung, was das Plugin leistet, hat er ein kleines Video ins Netz gestellt.
Dass es Bellity mit dem zeitlich konstanten Datenflow im Netzwerk wirklich wichtig ist, erkennt man auch daran, dass der in der La Rosita Alpha New verbaute Wandlerchip PCM5102A sich zwar ohne Weiteres mit Daten bis zu 32 Bit/384 kHz versteht, nach seiner Überzeugung aber kein Betriebssystem für Home-Computer gleich welcher Couleur in der Lage ist, eine derart hohe Samplingrate zu senden, ohne Jitter zu generieren (siehe hierzu auch Bellitys Blog-Eintrag hier), weshalb man sich bewusst für Airplay entschieden habe, und somit dafür, mit 44,1 beziehungsweise 48 kHz zu „funken“. Darüber hinaus gehende Werte werden entsprechend gekürzt. Den Trend zu immer höheren Samplingfrequenzen hält er letztlich für kontraproduktiv, aber nun, die Leute liebten halt große Zahlen … Offenbar gibt es noch Menschen, die nicht jede (Digital-)Mode mitgehen müssen.
Ein übersichtliches Anschlussfeld
Die Entscheidung für iTunes sei natürlich auch wegen der sehr großen Verbreitung und der überzeugenden Benutzerfreundlichkeit gefallen – das leuchtet ein, Apple hat so etwas wie Usability im Computerbereich ja quasi erfunden und genau deshalb diesen legendären Siegeszug hingelegt. Aber warum gibt’s das Plugin nicht auch für die Windows-Variante von iTunes? Mangelnde Verbreitung kann ja wohl kaum der Grund sein.
Nein, das liege zum einen am Apple-Betriebssystem, welches auf Unix aufbaue, erklärt Dan Bellity, weshalb es ihm für Streaming-Zwecke einfach besser geeignet scheine. Zum andere stecke in Apple-Computern letztlich eine überschaubare und – das vor allem – bekannte Anzahl vertrauter Hardwarelösungen; bei Windows-Rechnern hingegen gäbe es eine derart große Hardware-Vielfalt, dass letztlich jeder Rechner ein bisschen anders sei. Damit einhergehend kämen je Hardware-Anbieter unterschiedliche Bios hinzu sowie unterschiedliche Arten des Audiodaten-Handlings. Sprich: Eine maßgeschneiderte Software wie das Rosita-Plugin ließe sich nur dann wirklich realisieren, wenn man den „Körper“ – also: die Hard- und Software-Umgebung – auch genau kenne. Bei Windows-Rechnern gleiche so etwas mehr der Stangenware, die mal ganz gut passen kann, mal weniger gut. Dass es das iTunes-Plugin in Zukunft auch einmal für Windows geben könnte, will Bellity zwar nicht völlig ausschließen, aber als nächstes stünden erst einmal ein Plugin für den (ähnlich wie WiMP CD-Qualität liefernden) Streamingdienst Qubuz sowie eine komplett eigenständige Player-Software auf der Agenda.
La Rosita Alpha New – Innenansicht
Schraubt man die Alpha New auf, zeigt sich ein übersichtliches Bild: die Stromversorgung inklusive Trafo & Kondensatoren einerseits – die „schwarze Kiste“ (links-oben im Bild) andererseits. Naturgemäß regt sich sofort Interesse, dieser Black Box auf den Grund zu gehen, doch ist die nicht nur eine im wörtlichen, sondern auch im übertragenen Sinn. Viel lässt sich über den Inhalt der Box nicht ans Tageslicht fördern – hinzu kommt noch, dass sie vergossen ist (was aber nicht nur Betriebsgeheimnisse sichern, sondern auch Mikrofonieneigungen austreiben soll). So viel ist klar: Empfangseinheit, Datenaufbereitung, Clocking, die eigentliche D/A-Wandlung sowie schlussendlich die Ausgangsstufe, all das steckt in diesem kleinen Kasten. Bellitys Hinweis, dass sehr auf Kürze des Signalwegs geachtet wurde, gewinnt da unmittelbare Anschauung.
Hier steckt (fast) alles drin
Natürlich hat man bei La Rosita auch ein paar hübsche, englische Technik-Begriffe auf Lager: „Instant Full Energy“ etwa soll die Qualität der Stromversorgung unterstreichen. Die ist übrigens der am offensichtlichsten wachsende Teil, geht’s die Preis- und Qualitätsleiter der französischen Streamer hinauf, aber natürlich ändern sich beim Weg nach oben auch die Ingredienzen der eigentlichen Audioschaltung. Mit „Full Matched Output Load“ hingegen wird die peinlich genaue Abstimmung von Eingangs- zu Ausgangsimpedanzen der einzelnen Funktionseinheiten der Schaltung bezeichnet, etwas, das sicherstellen soll, dass jede für sich ohne ungewünschte Rückkopplung mit vor- und nachgelagerten Einheiten ihren Job erledigt. Am besten gefällt mir allerdings der Begriff „BioClock“, der schillert so schön mystisch. „Die akkurateste Clock ist nicht zwangsläufig die am besten klingendste“, so Dan Bellity. Darüber hinaus erfährt man lediglich, dass das Clockdesign letztlich mithilfe einer Testgruppe, der auch Musiker und Dirigenten angehörten, klanglich abgestimmt worden sei – und dass psychoakustische Erkenntnisse eingeflossen seien. (Im hauseigenen Blog gibt’s zur BioClock noch diesen Hinweis) Offenbar befinden wir uns hier am Übergang von Audio-Wissenschaft zur -Kunst. Diese Franzosen!
Test: La Rosita Alpha New | Netzwerk-Player