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Mag sein, dass der Begriff „Manufaktur“ überstrapaziert wird, doch für das Berliner Unternehmen Klangheim (Web: www.klangheim-audio.de) passt er nun mal wie die Faust aufs Auge. Nicht nur, dass sich die Lautsprecher der Firma individualisieren lassen: Auch Aufbau und Installation beim Kunden vor Ort gehören zum Konzept, was schon darauf hindeutet, dass hier nicht auf Massenproduktion, sondern eher auf Maßarbeit gesetzt wird.
Tatsächlich hatte Jörg Weber, Eigner und Chef des Unternehmens, vor zehn Jahren Klangheim gegründet, um fortan kundenindividuelle Lautsprecher-Einzelanfertigungen anzubieten – inspiriert von seinen Erfahrungen als Senior engineer bei California Audio Technology in den Nullerjahren, die genau das machen. Doch wenn ein einziges Produkt die gesamten Entwicklungskosten tragen muss, wird es natürlich sehr teuer, und so kam schnell die Idee auf, mit einigen Standardmodellen etwas breitere Käuferschichten anzusprechen. Von diesen derzeit vier Modellen haben wir heute den kleinsten Standlautsprecher namens Klangheim Gloria (Preis: 13.800 Euro) im Test. So richtig „Standard“ will mir diese Gloria aber nicht erscheinen.
Klangheim Gloria – Konzept und Optionen
Allein schon die äußere Gestalt ist ungewöhnlich. Die Klangheim Gloria besitzt einen trapezförmigen Korpus, der auf einer Vollholz-Bodenplatte steht und eine drei Zentimeter starke Schallwand – ebenfalls aus massivem Holz gefertigt – trägt. Für den Korpus stehen, wenn ich mich da nicht verzählt habe, 48 Nextel-Coatings zur Verfügung, und bei Front- und Bodenplatte lässt sich aus 20 unterschiedlichen Hölzern wählen. Da sollte wohl jeder eine Paarung finden, die dem individuellen Einrichtungsstil entspricht. Dass die Holzfront handschmeichlerisch geölt wurde findet gerade im Zusammenspiel mit dem „Streichellack“ Nextel mein Wohlwollen: So sieht es nicht nur wunschgemäß aus, sondern fasst sich auch angenehm an.
Das Trapez
Warum nun die Trapezform? Das hat mehrere Gründe: Man wollte eine schlanke Schallwand haben – sie ist 20 Zentimeter breit – , gleichzeitig aber Volumen gewinnen. Zudem vermeidet diese Form parallele Seitenwände, was stehende Wellen im Innern vermindern helfen könnte, wenngleich das im entsprechenden Frequenzbereich vernachlässigbar sein dürfte. Vor allem schafft man so aber überhaupt erst die Basis dafür, auf der Rückseite Passivradiatoren von 18 Zentimetern Durchmesser zu verbauen. Derer drei hat’s nämlich auf dem 28 Zentimeter breiten Rücken der Gloria, während vorne drei normale 13-cm-Tiefmitteltöner ihren Job verrichten.
Tief und passiv
Die Passivmembranen stammen von Wavecor und wurden nach Klangheim-Vorgaben dergestalt angepasst, dass sie eine etwas geringere Masse und eine weniger steife Aufhängung besitzen als üblich – außerdem wurde die Möglichkeit, Zusatzgewichte anzuschrauben, komfortabler gestaltet. Was hier nebenher anklingt, ist eine entscheidende Besonderheit der Klangheim Gloria. Die Verwendung von Passivradiatoren ist, salopp gesprochen, so etwas wie eine avancierte Bassreflex-Lösung, die bei entsprechender Ausgestaltung jedoch den Vorteil bietet, dass der Kunde, je nach Hörgeschmack und räumlichen Gegebenheiten, die Resonanzfrequenz des Masse-Feder-Systems – das aus den frontseitigen Treibern, dem Luftvolumen im Gehäuse und den Passivradiatoren auf der Rückseite besteht – einstellen kann. Genau das ist bei der Klangheim nun möglich, zum Lieferumfang der Gloria gehören drei 6er-Sets unterschiedlich schwerer Gewichte, entsprechende Befestigungsschrauben und ein Inbus. Was es damit genau auf sich hat und wie es sich klanglich auswirkt, darum soll es später noch ausführlicher gehen.
Die „aktive“ Bestückung
Doch zunächst einmal zu den „aktiven“ Treibern auf der Front: Die drei schon erwähnten, bierdeckelgroßen „Wooferchen“ stammen von Eton und kommen mit einer sogenannten Hexacone-Membran. Der Name stellt auf den bienenwabenförmigen Kern dieser Membran ab, der – vorne und hinten mit einer Schicht aus Aramidfasern versehen – ein dreischichtiges „Sandwich“ ergibt, womit man das entscheidende Verhältnis aus Steifigkeit zu Gewicht optimiert haben möchte. Die Tiefmitteltöner spielen vom Bass (ab 25 Hertz (-3 dB), so Klangheim) bis 1500 Hertz hinauf, was ziemlich erstaunliche sieben Oktaven sind. Okay, ohne die passiven Gesellen auf dem Rücken wäre das kaum möglich, aber trotzdem: Sie sind schon recht breitbandig unterwegs. Das unterste Chassis betreut dabei ausschließlich den Bereich bis 100 Hertz, während die beiden anderen, D’Appolito-artig um den Hochtöner arrangierten, weiter hinauf marschieren. Die Gloria ist somit ein Zweieinhalb-Wege-Konzept.
Dass der Hochtöner, ein Ringradiator-Modell von SB Acoustics, schon so tief übernehmen kann, liegt natürlich auch an seiner Größe: Sein Durchmesser beträgt 34 Millimeter. Jörg Weber sieht den Vorteil der ringförmigen Segmentierung insbesondere im besseren Abstrahlverhalten, das sogar jenseits von 20000 Hertz eine hervorragende Charakteristik biete. Um jeden Einfluss vom „Tumult“ im Innern des „Bassvolumens“ auszuschließen, sitzt der Hochtöner in einer eigenen Gehäusekammer.
Die Frequenzweiche
Apropos: Eine solche wurde auch der Frequenzweiche spendiert, was sich segensreich auf die Mikrofonieanfälligkeit auswirken dürfte. Man sieht es schon auf der Rückseite: Das Viereck, das sich gedanklich um die Schrauben legen lässt, die das Single-Wiring-Terminal umgeben, umrahmt diese Kammer.
Die Weiche trennt die Frequenzwege zweiter Ordnung und sei „zeitkohärent und symmetrisch“ angelegt, so Weber. Letzteres war schon deshalb nötig, weil die Folienspule, die den Tieftöner abkoppelt, in der benötigten Größe technisch nicht realisierbar war – also wurden zwei Spulen in symmetrischer Bauweise miteinander kombiniert, um den gewünschten Wert zu erreichen. Der Auswahl der Bauteile und Abstimmung der Frequenzweiche gingen ausgiebige Hörtests voraus, erfahre ich von Weber weiter, und der Aufbau ist zwar Platinen-gebunden, gleichwohl werden die Anschlussfahnen der Bauteile zusätzlich auf den Leiterbahnen miteinander verlötet, denn das zahle sich klanglich aus. Und das geschieht, noblesse oblige, mit Silberlot, welches auch zur Kontaktierung der Chassis verwandt wird, die ihr Signal natürlich nicht von „irgendeinem“ Kabel geliefert bekommen, sondern von highendiger Ware von Supra Cables, so Jörg Weber.
Sand & Kasten
Zurück zum Gehäuse der Klangheim Gloria. Ein bisschen komisch ist das ja schon: Den Tiefmitteltönern stehen lediglich 23 Liter Volumen zur Verfügung – warum hat Weber das Anschlussterminal und die Weiche nicht einfach nach ganz unten positioniert, so hätten sich vielleicht noch 10 Liter zusätzlich rausholen lassen …? Nun, zum einen sei das wegen des Konzepts mit den Passivradiatoren nicht nötig, zum anderen habe er unten etwas anderes vor. Sehen Sie den silbernen Stutzen unter dem Terminal?
Dahinter verbirgt sich eine Art „Tanköffnung“. Eine „leere“ Gloria sei naturgemäß einfacher zu händeln, beim Kunden vor Ort wird sie dann aber mit Quarzsand befüllt, was der Dame gut zehn Kilogramm zusätzlich auf die Rippen bringt, ihren Schwerpunkt tieferlegt – und klanglich gut bekommt. Wir haben Vorher/Nachher-Hörrunden gedreht, glauben Sie mir, man will nicht wieder zurück, mit dem Sand im Kasten klingt’s einfach noch etwas klarer und präziser.
Die Mischung macht‘s
Doch nicht nur der Sand minimiert das Resonanzverhalten des Gehäuses, auch der Materialmix zahle sich aus, so Jörg Weber. Das Kabinett wird aus 22-mm-MDF-Platten aufgebaut, die mit 7-mm-Bitumenplatten großflächig verklebt wurden. Auf der Front kommt, wie schon erwähnt, die 30-mm-Vollholz-Schallwand hinzu, montiert auf einer 4 Millimeter starken Filzdämpfung. Rückseitig geschieht Ähnliches: Auch hier trifft das Gehäuse auf eine Filzschicht, die eine weitere, 16 Millimeter starke MDF-Blende dämpft. Durch die Kombination unterschiedlicher Materialien mit entsprechend unterschiedlichen spezifischen Schallgeschwindigkeiten soll die Ausprägung von Eigenresonanzen des Gehäuses unterbunden werden.
Klangheim Gloria: Hörtest und Vergleiche
Vor den Hörgenuss haben die HiFi-Götter die Lautsprecherausstellung gesetzt – und das ist mit der Klangheim Gloria natürlich nicht anders als mit anderen Boxen. Zwei Parameter möchte man dabei meist optimieren: Den Basspegel und die Qualität der räumlichen Abbildung. Bisweilen kann das zum Trade-off werden, wenn man für mehr Tiefton Wandnähe sucht, damit aber die Abbildungsqualität mindert. So lange hin- und herschieben, bis man einen guten Kompromiss gefunden hat und sodann mit der Einwinkelung spielen, wäre mein Standardrat. Mit der Gloria empfiehlt es sich allerdings, erstmal etwas stärker auf die Raumdarstellung zu achten, denn das mit dem Bass lässt sich noch auf anderem Wege regeln, nämlich mit den Gewichten an den rückseitigen Passivmembranen.
Erhöht man die Masse eines Masse-Feder-Systems, reduziert man natürlich dessen Eigenresonanz. Das hat Folgen: Die Gloria spielt mit den schwereren Gewichten auf dem Rücken tiefer hinunter, der Unterschied zwischen dem leichtesten und dem schwersten liege ungefähr bei circa 10 Hertz, was die untere Grenzfrequenz angeht, so Weber. Da damit gleichzeitig aber sozusagen die „Gesamtenergie“ im Bass auf einen größeren Bereich gestreckt wird, steht im Oberbass entsprechend weniger zur Verfügung – sprich: Schwerer bedeutet nicht nur tiefer, sondern auch schlanker. Das ist auch das erste, was ins Ohr fällt. Und da alles mit allem zusammenhängt, wirkt es sich auch im Mittenband aus. Stimmen kommen beispielsweise etwas klarer, präsenter, treten mehr hervor, wenn die höheren Gewichte an den Passivmembranen hängen, was einfach an der veränderten tonalen Gesamtbalance liegt.
Das alles ist ziemlich interessant: Stücke mit fetten Bassläufen wie „Bad Guy“ von Billie Eilish sind mit den beiden leichteren Gewichten schon etwas zu fett für meinen Geschmack – mit dem schwersten gerät es nicht nur pegelseitig ins Lot, es herrscht auch mehr Durchzeichnung und in Kombination mit dem ausgebauten Tiefgang einfach mehr Differenzierung im tonalen Untergeschoss. Ein klarer Gewinn.
Allerdings kommen Akustikgitarren oder Celli nun ebenfalls etwas leichter, drahtiger, was man besser finden kann, aber nicht muss. Auf Frauenstimmen wirkt sich die ganze Sache übrigens weniger aus, aber Micah P. Hinsons Stimme bei „When we Embrace“ (Album: Micah P. Hinson and the Red Empire Orchestra) kam mir mit dem schwersten Passivmembrangewicht doch etwas zu schlank vor. Am Ende des Tages bin ich beim mittleren Gewicht gelandet, aber das heißt nichts, schließlich ist das sehr abhängig vom Raum und Hörgeschmack, kann sich bei Ihnen also ganz anders darstellen. Wem das alles zu kompliziert erscheint: Keine Bange, unter anderem deshalb kommt Jörg Weber ja persönlich beim Kunden vorbei. Doch ich würde empfehlen, selbst auch einmal ein wenig damit herumzuspielen, es macht Spaß und ist ganz instruktiv.
Katze & Sack
Um gleich mal die Katze aus dem Sack zu lassen: Die Klangheim Gloria ist ein Allrounder. Ich kann bei einzelnen Klangparametern andere Lautsprecher herbeizitieren, die hier und da vielleicht noch ein bisschen mehr rausholen. Aber bei der „Über-alles-Geschlossenheit“ und dem etwas klischeehaft wirkenden, nichts desto trotz wahren „Ich höre einfach nur Musik und vergesse die ganze Technik“-Thema – da ist die Gloria weit vorne in ihrer Klasse. Nach langem Playlist- und Qobuz-Gesurfe fällt mir wieder ein, dass ich dieser Klangheim für Testzwecke ja noch analytisch auf den Leib rücken muss und nicht einfach so weiterhören kann, was schon ein wenig lästig ist … Aber gut, das ist wohl mein Job, ich will mich nicht beschweren.
Freundlich balanciert
Fangen wir mit der Gesamttonalität an, die die Grundlage für oben angedeutete Generalisten-Tugend ist. Ich bezeichne sie als „freundlich balanciert“, was heißen soll, dass sie im Großen und Ganzen recht neutral rüberkommt, aber eben nicht, übertrieben formuliert, „Hardcore-studiomäßig“ wie etwa die dreimal so teure Magico A5, die ich zuletzt zu Gast hatte. Derweil die Kalifornierin tiefer im Bass hinabsteigt, präsentiert die Deutsche diesen Frequenzbereich insgesamt etwas wärmer-weicher-sonorer – zudem bleibt sie im oberen Mittelton ein wenig höflicher/milder, zieht weiter oben aber wieder glatt durch. Definiert man die Magico als Benchmark, so sind die einzelnen Abweichungen von ihr nur gering, in der Gesamtschau ergibt das aber eben doch einen gewissen „Easy to like“-Appeal, der beispielsweise auch vielen Dynaudio-Lautsprechern zu eigen ist: Nicht wirklich warm und erst recht nicht kalt, schon sehr ehrlich, doch ohne „Friss oder stirb“-Attitüde. Der tonale Mix der Klangheim Gloria wirkt auf mich sehr ausgereift und mehrheitskompatibel.
In den Tiefen
Erstaunlich ist die Bassperformance. Weniger angesichts des Preises – da gibt es substanzieller wie tiefer Aufspielendes, wer es denn braucht –, aber angesichts der doch recht überschaubaren Größe der Klangheim. Dass die Gloria meinen Raum tieftontechnisch tatsächlich füllen kann, wundert mich, da haben größere Lautsprecher teilweise mehr Schwierigkeiten. Natürlich lässt auch sie sich in die Ecke treiben, wenn man ihr mit Dub, Techno oder anderer fieser Kost und sehr hohen Pegeln kommt. Aber dass sie solcherlei überhaupt deutlich über Zimmerlautstärke in meinem Raum locker-lässig zur Aufführung bringt, dafür verdient sie sich meinen Respekt.
Klar ist aber schon, dass sie nicht schwerpunktmäßig für solche Genres entwickelt wurde, sondern für „normale“ Musik. Und das funktioniert prima. Andrea Schröders Bowie-Cover „Helden“ startet mit der Klangheim schön wuchtig, groß und satt wie es sein muss, dito „Soothing“ von Laura Marling (Album: Semper Femina). Flügel, Kontrabässe und sogar Pauken bekommen einen glaubhaften Körper spendiert und wirken authentisch. Dass der Bass dabei insgesamt eher halb- denn staubtrocken gereicht wird, kommt akustischen Instrumenten sogar vielfach zugute – wenngleich richtig ist, dass im Tiefbass bisweilen mehr Durchzeichnung auch nicht übel wäre, wie mir beim sehr ausladenden Basslauf auf „Love at first sight“ von Spain (Album: Sargent Place) auffällt. Nun, wem danach der Sinn steht, braucht einfach einen größeren und/oder aktiven Lautsprecher, es gibt nun mal physikalische Grenzen. Die Gloria spielt jedenfalls deutlich größer als man ihr spontan zutraut.
Obenrum
Am anderen Ende des Frequenzschriebs, im Hochton, überzeugt mich die gute Auflösung, die der Ringradiator bietet. Um die Detailzeichnung der Klangheim in den oberen Lagen zu testen, habe ich extra meine Totally-Wired-II-LP herausgesucht, denn auf der hat’s so einiges an interessanter Beckenarbeit, beim Stück „Tilldess“ ist auch ein Sizzle-Becken am Start. Ich behaupte jetzt nicht, dass man hier die Nieten im Blech quasi per Ohr „durchzählen“ kann, doch mit der Gloria ist es eben weit, weit mehr als ein homogenes Ausrauschen nach dem Anschlag, wie es sonst auch in dieser gehobenen Preisklasse schon mal vorkommen kann – aber nicht mit ihr, sie transportiert jede Menge Textur und feindynamische Details. Und da, wie angedeutet, im Superhochton nicht weggedimmt wird, wirkt der Obertonbereich sehr offen und natürlich, was sich nicht zuletzt klangfarblich auszahlt. Womit wir bei den Mitten wären.
Sahnestück
Die Mitten sind vielleicht doch so etwas wie das Sahnestück dieses Allrounders, jedenfalls verbinden sich hier einige Tugenden zu einem sehr schmackhaften Gericht. Eigentlich bin ich ein Freund davon, für die Zwecke der Darstellung einzelne Klangkriterien zu separieren, doch hier ist wirklich der Mix entscheidend.
Zum Rezept gehört zunächst einmal als „Fond“ die balancierte Tonalität, die in den Präsenzen etwas milder erscheint, was auf die Langzeittauglichkeit einzahlt und manche karge Aufnahme genießbarer gestaltet – aber das wurde subtil ausgeführt, nie wirkt es wattiert. Die zweite Zutat: die hervorragende Auflösung im Mittenband im Zusammenspiel mit dem offenen Obertonbereich, von dem ich oben sprach. Das sorgt für eine reichhaltige Klangfarben-Palette und kommt akustischen Instrumenten und Stimmen zupass. Und dann gesellt sich noch eine plastische Abbildungsqualität hinzu, was vor allem Gesang schön griff rüberbringt.
Das alles lässt sich mit Laura Marlings neuem Album Child of Mine erleben, das musikalisch zwar eher ins Genre „Gähn!“ fällt, aber intim und teilweise sehr „nah“ eingefangen wurde – die Gloria beamt Laura geradezu in mein Zimmer: detailreich, plastisch, authentisch. Das ist ziemlich beeindruckend. Und was mir dabei auch klar wird, ist, dass die Klangheim die Bühne auch schon mal vor der Stereobasis starten lässt.
Raumdarstellung
Nein, nicht wirklich weit vorne wie es etwa eine Orbid Sound Maridur (15.000 Euro) macht, was gut zu deren angriffsfreudigem Grundnaturell passt, sondern eher so wie die Betonart Arrivato V2 (knapp 16.000 Euro): Da geht es oft ein halbes Schrittchen vor der Lautsprecherbasis los. Nimmt man gerne mit, insbesondere bei Stimmen, ist gut fürs Bonding.
Überhaupt gibt es da einige Ähnlichkeiten, die Bühne betreffend. So bietet die Klangheim Gloria wie die Betonart eine standesgemäße Tiefenstaffelung und ein ordentlich breites Panorama, das, wenn gefordert, nicht an den seitlichen Grenzen der Lautsprecher haltmacht. Vor allem erlebt man mit der Klangheim aber auch diese besonderer Freiheit der Abbildung, die mich bei ihr doch mehr erstaunt als bei einem Lautsprecher aus „totem“ Beton. Offenbar haben die Mühen zur Resonanzminimierung bei der Berlinerin Früchte getragen.
Dynamik
Wer in der Preisklasse der Gloria einen Lautsprecher kauft, kann sich für ganz unterschiedliche Konzepte und Klangrichtungen entscheiden. Da ist es schon ganz interessant, mal zu vergleichen. Die erwähnte Orbid Maridur beispielsweise geht als Kontrapunkt zur Klangheim durch.
Das Hauptthema der Maridur ist Dynamik und in diesem Feld hat sie ein bisschen mehr drauf als die Gloria, sei’s fein, sei’s grob. Sie lässt sich das allerdings auch etwas kosten, ein wenig Substanz im Bass beispielsweise – und wo die Klangheim die Präsenzen „gnadenhalber“ minimal milder händelt, legt die Orbid noch ein wenig drauf, um ordentlich anzumachen.
Die Orbid Sound eignet sich damit für ausgemachte Dynamik-Fans, die den Preis einer gerade bei mittelmäßigen, hellen Aufnahmen etwas auf Kante genähten Tonalität zu zahlen bereit sind – sie ist definitiv eher Spezialistin. Die Klangheim dagegen Generalistin: Sie besitzt im Vergleich zur Orbid die balanciertere Über-alles-Tonalität, die feinere Auflösung und mehr klassisch-audiophile Tugenden – und verbindet das mit einem impulsiven, lebhaften Antritt, auch wenn besagte Dynamik-Fans sich hier vielleicht noch mehr wünschen würden. Sei‘s drum, ich bin mir ziemlich sicher, dass das Gros der Hörer eher zur Gloria und ihrem stimmig-natürlichen, „einfach richtigen“ Klangbild tendieren wird als zum etwas spezielleren der Maridur.
Test: Klangheim Gloria | Standlautsprecher