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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Physik trifft Psyche
  2. 2 Kimber Select KS-1018 & KS-1038: Hörtest und Vergleiche

fairaudio's favourite Award 2025Die Kimber Kable Modelle KS-1018 (ab 1.795 Euro/0,5 m) und KS-1038 (ab 4.795 Euro/0,5 m) sind analoge Cinchkabel aus der Select-Serie des amerikanischen Herstellers (Vertrieb: https://www.kimber.de/). Spannend, oder? Moment mal: Laut Kimber sind sie auch „Werkzeuge zur Verschiebung der Grenzen für eine emotional bewusstseinserweiternde Wahrnehmung“. Ach so!?

Wer jetzt schmunzelt, tut diese Beschreibung eventuell zu voreilig als typisch amerikanische Marketing-Poesie ab. Mal abgesehen von dieser recht blumigen Beschreibung fußen die Kreationen der Amerikaner für gewöhnlich nämlich fest in physikalischen Fakten und Zusammenhängen. Und um den beiden nicht gerade billigen Select-Kabeln etwas näher auf den Leib zu rücken, sollten wir erst mal einige technische Details klären.

Die Cinchkabel Kimber Kable Select KS-1038 und KS-1018

Die Cinchkabel Kimber Kable Select KS-1038 und KS-1018 sind äußerlich recht ähnlich – aber die Beschriftung am Holzklötzchen klärt natürlich, mit wem man es zu tun hat. Zudem lassen sie sich an den Cinchsteckern erkennen: Während das KS-1038 mit der Silbervariante des WBT-Steckers 0102 Nextgen kommt, ist’s beim KS-1018 standardmäßig die Kupferversion

Da wäre zum Beispiel der „International Annealed Copper Standard“ (IACS) zu nennen, auf den man bei Kimber gerne abstellt – ein Referenzwert für die elektrische Leitfähigkeit von reinem, geglühtem Kupfer. 100 % IACS entspricht einer Leitfähigkeit von 58 Megasiemens pro Meter (MS/m) und dient als Vergleichsmaßstab für die Leitfähigkeit anderer Materialien. Je nach Material kann die Leitfähigkeit natürlich enorme Unterschiede aufweisen – sie erstreckt sich über 27 Zehnerpotenzen, von Materialien mit sehr geringer Leitfähigkeit bis hin zu Silber als dem besten (Nicht-Supra-)Leiter.

Die dielektrische Konstante (DK) spielt bei Kabeln natürlich ebenfalls immer mit hinein. Sie wird auch Permittivität genannt und mit ε bezeichnet, eine zentrale Rolle nimmt sie insbesondere bei der Entwicklung von Kondensatoren, Antennen und eben Kabelisolierungen ein. Die Permittivität gibt an, wie stark ein Material von einem elektrischen Feld polarisiert wird; konkret beschreibt ε das Produkt aus der spezifischen Permittivität eines Materials und der Permittivität des Vakuums, deren Wert bei 1 liegt und der sich Kabelhersteller letztlich nur annähern können.

Die Kimber-Select-Kabel

Nun aber konkret zu den beiden Testprobanden. Beim Kimber Kable KS-1018, dem zweitkleinsten Analogverbinder der Kimber-Select-Familie, ist das Leitermaterial „Select Pure“-Reinkupfer mit einem Leitfähigkeitswert von 104 % gemäß dem International Annealed Copper Standard (IACS). Pro Stereopaar verwendet Kimber Kable sechzehn einzelne, für Plus und Minus einander entgegengesetzt rotierende Leiter, die jeweils mit dem Isolationsmaterial STVTC isoliert sind. Durch diese Flechtgeometrie sollen Auswirkungen von Hochfrequenzstörungen, elektromagnetischen Feldern und Leitervibrationen effektiv minimiert werden. STVTC ist eine Teflonvariante und laut Hersteller ein „Ultra-High-End-Benchmark-Referenzisolator“, so die etwas blumige Beschreibung auf der Kimber-Webseite.

Im tiefen Inneren der Kabel setzt Kimber Kable auf sogenannte X38R-Innenkerne und zusammen mit den isolierten Leitern verflochtene, elektrostatisch ableitende Garne (ESD), um elektromagnetische Störungen zu verringern. Der X38R-Innenkern besteht aus einem Solidcore-Leiter, der quasi als „Ground“ dient und laut Kimber „elektromagnetische Felder reduzieren und somit die Übertragungsverluste von Stimmen, Instrumenten und Geräuschen minimieren“ soll.

Sogenannte ESD-Garne werden bei den NF-Kabeln der Select-Serie mit den Leitern verflochten, was der elektrostatischen Ableitung und damit der klangliche Performance dienen soll

Auch die ableitenden ESD-Garne sind wichtig im Kimber-Kosmos: Sie bestehen aus einem Polymer, das laut Kimber „elektrostatische Energie schneller entlädt als sie sich zwischen den Isolatoren- und Metalleiteroberflächen aufladen kann“. Elektrostatische Aufladungen zwischen den Isolatoren und Metallleiteroberflächen würden so fast vollständig eliminiert. Das wirke sich positiv vor allem auf die Darstellung von dreidimensionalen Rauminformationen aus.

Spannend ist es ja, wenn ein Hersteller die Klangqualität seiner Kreationen selbst einschätzt und in einer Empfehlungstabelle auflistet. Genau das tut Kimber – und scheut sich nicht, Leistungseinschränkungen in der 2.000-Euro-Klasse zu verkünden. Das KS-1018 sei darauf ausgelegt, „Stimmen, Instrumente und Geräusche mit einer relativen Dynamik und Tonauflösung von bis zu 95,9 % zu übertragen.“ Das ist deshalb interessant, weil viele andere Hersteller bei quasi all ihren Verbindern ordentlich auf die Pauke hauen und nichts weniger als das Maß der Dinge geschaffen haben wollen. Die prozentuale Angabe basiert übrigens auf dem „Kimber OSCaR-System „Objective Subjective Correlation and Results“. Was genau das bedeutet und wie man auf den konkreten Wert inklusive Nachkommastelle kommt, bleibt allerdings das Geheimnis von Kimber Kable.

Das Kimber Select KS-1038 aufgerollt auf einem Plattenteller

Analog verbunden – natürlich hat’s in Kimbers Select-Serie auch Digitalkabel, doch in diesem Test geht es um die analogen NF-Verbinder. Hier im Bild: das Cinchkabel KS-1038. Übrigens: Die XLR-Version des Verbinders kostet exakt das gleiche wie die Cinchvariante

Aber wo stecken die angeblich fehlenden 4,1 % Klang? Wenn es nach Kimber geht, zum Beispiel im Kimber Kable Select KS-1038. Dessen Leitermaterial ist „Black Pearl“-Reinsilber, das in diesem Kabel mit einem Leitfähigkeitswert von bis zu 108,4 % gemäß IACS aufwarten könne. Dadurch sei insbesondere die Übertragung von Rauminformationen mit nahezu perfektem Timing möglich. Kimber sagt dazu: „Black Pearl Silber – der Begriff stammt aus dem Projekt ‚Kimber Kable The Black Pearl‘ – ist das Silber mit dem höchsten Reinheitsgrad auf der Welt. Niemand sonst auf dem Kabelmarkt setzt diese Qualität ein. Entweder, weil sie zu teuer ist oder weil man keinen Zugriff auf den Produzenten hat.“

Auch im Select KS-1038 lässt Kimber sechzehn Leiterbahnen des exklusiven Materials – acht je Phase – um die X38R-Innenkerne rotieren und setzt das Isolationsmaterial STVTC sowie die elektrostatisch ableitenden Garne ein.

Äußerlichkeiten

Durch das schwarze Außengeflecht kann man die geflochtenen Einzeladern und das ableitende Garn erahnen. Beide Kabel sind erstaunlich leicht und biegsam. Beides ist in vielen Fällen ein großer Vorteil in engen Racks oder bei der Verwendung mit leichten Komponenten, die von starren und schweren Verbindern gerne mal von der Standfläche gezogen werden.

Kimber KS-1018 am Anschlussterminal eines Verstärkers

Leicht und biegsam – KS-1018 wie KS-1038 lassen sich sehr geschmeidig hinterm Rack verlegen, was leider nicht bei allen Kabeln des Marktes der Fall ist

In Sachen Stecker lässt sich Kimber nicht lumpen und setzt auf Qualität Made in Germany. Beim Select KS-1018 lässt man dem Kunden die Wahl zwischen den WBT 0102 Nextgen Cu, also der Kupferausführung der Stecker, und den 0102 Nextgen AG, demselben Modell, aber mit Reinsilber-Metallanteilen statt Kupfer – für einen Aufpreis von 250 Euro pro Stereoset. Beim Select KS-1038 sind die Silber-Stecker immer gesetzt. Die RCA-Stecker lassen sich „verriegeln“, was einem ordentlichen Kontakt zugutekommt. XLR-Varianten lassen sich ebenfalls ordern, dann fügt Kimber in der Nomenklatur an der Hunderterstelle eine 1 statt eine 0 ein. Aus dem unsymmetrischen Select KS-1018 wird in der symmetrischen Ausführung ein Kimber KS-1118, aus dem KS-1038 ein KS-1138. Preislich ändert sich in beiden Fällen nichts.

Das Kimber Select KS-1038 vorm Basstreiber der Divine Acoustics Bellatrix

Das Kimber Select KS-1038 vorm Basstreiber der Divine Acoustics Bellatrix

Kimber Select KS-1018 & KS-1038: Hörtest und Vergleiche

In meiner Kette kommen die beiden Kimber Kable als RCA-Verbinder zwischen der Vorstufe Norma Audio SC-2 mit ihrem integrierten DAC und der Stereo-Transistorendstufe Norma Audio PA-150 zum Einsatz. Dort ersetzen sie die beiden Stammspieler Gutwire EON Z (um 1.800 Euro/1 m) und Graditech Kide 3 (um 1.500 Euro/1 m). Anders als die Lautsprecherkabel aus der Kimber-TC-Klasse besitzen die Select-Verbinder eine Laufrichtungsempfehlung auf einem kleinen Holzklötzchen, das die beiden Kabel auch räumlich beieinander hält.

Laufrichtungsempfehlung beim Kimber Select NF-Kabel KS-1038

Wo geht’s lang? – Die Kimber-Select-NF-Kabel kommen mit Laufrichtungsempfehlung

Das Kimber Kable Select KS-1018

Schon das Auspacken aus der stabilen Hartschatulle, in der beide Strippengeschmeide geliefert werden, und die geschmeidige Haptik des Kimber Select KS-1018 bereiten Freude. Die vergrößert sich mit den ersten Tönen der offensichtlich gut eingespielten Kabel. Wie das Graditech Kide 3 agiert das KS-1018 prinzipiell sanft und laid back, doch bringt es ein Maß an Schmelz, Transparenz, Breitbandigkeit und seidiger Auflösung ins Spiel, das meinem „Dienst-Opa“ aus Finnland nicht gelingen mag.

My Dying Brides For Lies I SireGehen wir das doch mal von vorne durch, wobei vorne in diesem Fall unten ist. Das Kimber spielt deutlich tiefer und mit mehr Druck in den Basskeller herunter als das Graditech, wirkt dabei mit dem druckvollen Bass von Lena Abé auf dem My-Dying-Brides-Album For Lies I Sire fluider und strukturierter zugleich. Dabei gelingen ihm die allertiefsten Lagen noch mächtiger als dem Gutwire Eon Z, das kräftiger im Oberbass zulangt und in den allertiefsten Registern weniger nachdrücklich spielt. Der vehemente Tiefbass des KS-1018 ist angesichts der Sauberkeit und Kontrolle, die tiefste Grollbässe auch mit diesem kleinen „Nachdruck im Vortrag“ behalten, kein Manko. Die meisten Ketten dürften von einem Plus an so einem gesitteten Tiefbass profitieren, da es einfach gefühlt „tiefer runter“ geht. Wohlgemerkt, wir sprechen von leichten Tendenzen – die Über-alles-Balance des Basses gegenüber dem restlichen Spektrum bleibt gewahrt.

Kabel und Stecker des Kimber Select KS-1018 im Detail

Die bei den Kimber-Select-Cinchverbindern verbauten WBT-Stecker lassen sich „verriegeln“ – die äußere Hülle wird verschraubt und presst damit den Kontakt an die Buchse des Geräts

Ich möchte in diesem Zuge auch gleich auf das Thema Grobdynamik zu sprechen kommen. Denn bei allem Potenzial zur Kraftentfaltung und zum physischen Druck scheint das Kimber bei härtesten Beats minimal weniger punchy und hart im Impuls als das Gutwire oder auch ein Audioquest Earth (1.499 Euro/1 m) zu agieren. Wohlgemerkt: scheint. Denn nach einiger Zeit zeigt sich, dass das Kimber Select KS-1018 das Drumherum gleichberechtigter zur Geltung kommen lässt und weniger Aufmerksamkeit allein auf den Impuls richtet. In „Crash“ von Charly Antolini wirkt sich das so aus, dass man weniger dem „Thrill“ der Schlagzeugschläge verfällt als vielmehr das Instrument als Ganzes wahrnimmt. Wie hat der Meister seinen Snare-Teppich gespannt, wo setzt er die Sticks auf, wie dick ist die Snare wohl? Ach ja, er spielt sicherlich recht dicke Stöcke, und die Congas gegen Ende flirren akzentuierter … Auch die Trommel in „Toyos“ von Ichu klingt im ersten Moment weicher – weil eben die Fellresonanz, das Material des Klöppels und der Körper der Trommel zu ihren Rechten kommen.

Innerhalb der an Sternstunden nicht armen Performance des Kimber KS-1018 scheint mir vor allem der Mittelton besonders betonenswert zu sein, denn hier trennt sich – wie so oft – die Spreu vom Weizen. Da wären zum Beispiel Bläser. Egal, ob „Griff and Me“ von Monty Alexander oder „88 Basie Street“ von Count Basie: Es kommt äußerst selten vor, dass der Austausch eines Kabels einen solchen Effekt auf meine Wahrnehmung einer ganzen Instrumentengattung hat. Welcher Musiker eines Ensembles ein Saxofon wie spielt reicht das Select KS-1018 transparent, eindeutig und klar durch. So aus sich heraus strahlend habe ich die Trompeten in „88 Basie Street“ selten gehört, so sanft und warm die Bläser in „Quotation“ von Isla Eckinger auch nicht. Und dann: Stimmen. Der unvergleichliche Benjamin Clementine schnurrt, seufzt, jauchzt, intoniert, summt, haucht in „London“, als sei er von einer unsichtbaren Last befreit. All das, während die Kickdrum einen so satten Wumms hinlegt, dass ich den beiden Woofern der Divine Acoustics Bellatrix ein gedankliches „Chapeau!“ zukommen lasse – weil sie diesen profunden Bass auch bei höheren Lautstärken klaglos produzieren und dabei noch die Contenance besitzen, sich so geflissentlich um die transparente Übersicht und subtile Feindynamik in den Mitten zu kümmern. Dabei gelingt dem Kimber ein natürlicher, ideal kalibrierter Klangfarbenreichtum, der meine beiden Referenzen blass aussehen lässt.

Das Kimber-Cinchkabel Select KS-1018

Im Hochton wirkt das Kimber Select KS-1018 offener, detaillierter, feiner texturiert und zugleich sanfter als das Graditech oder der sträflich unterbewertete Feingeist Ortofon Reference 905-Silver RCA (900 Euro/1 m). Die amerikanischen Kabel lassen Cymbals freier ausschwingen und geben Messingglöckchen Luft und Glanz, ohne den klanglichen Charakter des Metalls anzutasten. Härten jeder Art sind dem Kimber KS-1018 absolut fremd, Rauschschleier über feinsten Hochtonverästelungen ebenso. Das zeigt sich in „Bourée“ von Lenny Mac Dowell par excellence: Die Flöte kann schnell stumpf und fahl wirken, wenn Luft und Auflösung fehlen – mit dem KS-1018 wirkt sie putzmunter und fröhlich strahlend.

Dass bei allem Detailreichtum und der Offenheit des Klangbilds die Gesamtenergie im Hochton minimal milder ausfällt als absolut neutral wäre, ist erstaunlich und selten. Auflösung und Luft kann das Gutwire Eon Z nämlich auch. Doch es tendiert eher ein wenig zum hellen und präsenten Silberklang, auch wenn die Instrumente aus Messing oder Kupfer gefertigt sind. Und dem kanadischen Kabel gelingt nicht ganz so überzeugend die mustergültige Balance des Kimber aus erstaunlicher Analytik, seidiger Textur und besonders der feindynamischen Brillanz, die mir beim Pianospiel von Chilly Gonzalez Schauer über den Rücken jagt. Auch die Variationen der Anschläge auf die Percussion und das Zupfen der Kora (westafrikanische Stegharfe) und Mbira (ein „Zupfidiophon“) in „Soft Landing“ des Hadouk Trio geraten zur feindynamischen Lehrstunde für meine versammelte Kabelsammlung von Audioquest Yukon bis Gutwire Eon Z. So schnell und dabei fein akzentuiert und balanciert vermittelt das Kimber Select KS-1018 das Geschehen, dass ich mich schon frage, wie viel da eigentlich noch geht.

Kimber Select KS-1018, verbunden mit der Endstufe von Norma Audio

Verbindlich – das Kimber Select KS-1018 an der Endstufe von Norma Audio

Dieselbe Frage stelle ich mir auch, wenn es um die Abbildung geht. Räumliche Grenzen sprengt das Kimber Kable KS-1018 geradezu. Gerade in die Tiefe erstreckt sich der auf der Lautsprecherebene beginnende akustische Raum bei entsprechenden Aufnahmen deutlich weiter als ich es bisher kannte. Bemerkenswert ist dabei, dass man das Gefühl hat, dass da ganz hinten keine Begrenzung, keine „virtuelle Wand“ existiert, sondern der Klang im Prinzip beliebig weiter in die Unendlichkeit projiziert werden könnte. Die Abbildungspräzision gelingt dem Select KS-1018 hervorragend, wobei es die einzelnen Protagonisten auf eine unauffällige Art und Weise akustisch voneinander trennt. Sezieren will das Kimber den Raum nicht, dazu schwelgt es zu sehr in Oberton-Aura und Klangfarben. Doch Struktur, Ordnung und Übersicht schafft und bewahrt es auf jeden Fall.

Das Kimber Kable KS-1038

Das Kimber Select KS-1038 ist grundsätzlich ein KS-1018 im Quadrat. Bedeutet: Die meisten Wesenszüge des kleineren Kabels übernimmt das KS-1038 und bringt sie zur Perfektion. Dabei glättet es die stimmige, aber charaktervolle tonale Balance des KS-1018 mit etwas weniger Zuneigung zu den allertiefsten Bassfrequenzen und etwas mehr Energie im Hochton.

Jerry Cantrell Boggy DepotEine solche Annäherung an das Neutralitäts-Ideal bedeutet auch, dass zum Beispiel Tools Album Lateralus im ersten Moment mit dem Select KS-1038 härter und kantiger wirkt, nicht so offensichtlich seidig-fließend wie mit dem kleineren Geschwister. Die Tendenz in die eine oder andere Richtung – metallisch oder seidig – hängt beim Kimber KS-1038 jedoch vollumfänglich von der Aufnahme ab. Die Produktion von Lateralus hat einen kleinen Buckel im Mittelton, der mit komplett neutralen Komponenten eben nerven kann. Andererseits transportiert das große K-Kable den wunderbar warm angezerrten Sound von Jerry Cantrells „My Song“ vom Album Boggy Depot wie von einem klassischen Röhren-Amp verstärkt (und das muss so sein!) und außerordentlich feinstofflich, geradezu sämig texturiert – das ist das krasse Gegenteil zu den mechanoiden Sounds von Lateralus.

Darkthrone A Blaze in the Northern SkyJe mehr unterschiedliche Mucke man mit dem Kimber Kable Select KS-1038 hört, desto klarer kristallisiert sich heraus, dass hier ein wahrlich durchlässiges Kabel spielt, das nichts tut, was nicht auf der Aufnahme zu hören ist, und dafür wesentlich mehr davon offenbart, als mir bisher bekannt war. Es transportiert zum Beispiel mühelos, dass der klirrende norwegische Black Metal der frühen 1990er Darkthrone auf A Blaze in the Northern Sky zwar gewollt kalt, aber nie aus technischer Unfähigkeit heraus unangenehm produziert klingt. Die gänzlich bassbefreiten Gitarren schmirgeln die Trommelfelle des Hörers wie feines Sandpapier, nicht wie Metallschredder – mit weniger transparenten und hochauflösenden Kabeln lässt sich die Verzerrungsstruktur dieser genreprägenden Gitarren-Produktion meist nur erahnen.

Das Cinchkabel Kimber Kable Select KS-1038

Das Select KS-1038 kommt mit Leitern aus sogenannte „Black Pearl“-Reinsilber – der laut Kimber Kable weltbesten Silberqualität

Auf der anderen Seite des Spektrums stehen audiophile Aufnahmen wie zum Beispiel die des Stockfisch Labels mit ihren bisweilen ostentativ präsenten „Larger-than-life“-Klangbildern. Chris Jones‘ „No Sanctuary Here“ gerät mit dem Kimber Kable Select KS-1038 geradezu überwältigend offen, im Hochton flirrend, sauber, über alle Frequenzen strukturiert – und am Ende mustergültig neutral. Daran ändert auch der massive Bassanteils der Aufnahme, der mit weniger gut kontrollierenden Verbindern aufgebauscht und dröhnig wirken kann, nichts. Das Select KS-1038 reicht ihn einfach durch, wie er ist.

Eine weitere Stockfisch-Aufnahme, ebenfalls im Laufe der Jahre auf diversen Messen von der audiophilen Sekte rituell hingerichtet, ist „Turned My Upside Down“ von Sara K. Eher zufällig landet der Track in meiner Playlist – und lässt mich nach dem ersten Impuls, den Stopp-Knopf zu drücken, aufhorchen: Der leicht angezerrte Bass gewinnt plötzlich einen klarer definierten Charakter, kleinste dynamische Intonationsverschiebungen ergeben neuen Sinn, Obertonmodulationen erscheinen erstmals wirklich nachvollziehbar und geben dem eigentlich abgenudelten Song neue Nuancen und Perspektiven. Sehr schön!

Das Kimber KS-1038 ist mit dem WBT-Steckers 0102 Nextgen Ag konfektioniert

Das Kimber KS-1038 ist mit dem WBT-Stecker 0102 Nextgen Ag konfektioniert – den gibt es beim kleineren Geschwister KS-1018 nur als Upgrade-Option

Die Bühne weitet sich mit dem KS-1038 nochmals in Breite und Höhe weit über die Gehäuse der Lautsprecher hinaus, aber weniger in die Tiefe des Raums hinter den Lautsprechern – aber da hat das KS-1018 eh schon mehr als ordentlich vorgelegt. Einzelne Schallquellen grenzt das 38er ebenfalls noch besser voneinander ab, lässt sie präsenter und konturierter scheinen. Ganz ehrlich, so frei und direkt aufspielend habe ich meine Anlage – weder mit den ATC noch den Divine Acoustics – zuvor noch nicht erlebt. Dabei liegen beide Kabel grobdynamisch in meiner Kette fast gleichauf, auch das Select KS-1038 spielt diesbezüglich eher „ganzheitlich“ und nicht betont punchy.

Systemfrage

Das Kimber Kable Select KS-1038 ist dem KS-1018 also auf allerhöchstem Niveau in so gut wie allen Bereichen überlegen. Doch lohnt sich die Mehr-Investition?

Kimber Kable Select KS-1038 und das Select KS-1018

Ob man Richtung Kimber Kable Select KS-1038 oder Select KS-1018 tendiert, ist auch sehr stark vom Anlagenumfeld abhängig

In Systemen, die preislich an die sechsstellige Schallmauer reichen oder sie gar durchbrechen, definitiv. In moderaten bis mittleren fünfstelligen Regionen dürften erstens Investitionen in Elektronik oder Raumakustik größere Klanggewinne bringen und zweitens die klanglichen Zugewinne gegenüber dem circa ein Drittel kostenden KS-1018 weniger ausgeprägt ausfallen. Meine Wahl in der Sub-50-Kilo-Euro-Umgebung wäre das Select KS-1018. Wenn Budget überbleibt, sind Investitionen in Stromversorgung und/oder Raumakustik in einem solchen Komponentenumfeld wahrscheinlich sinnvoller.

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Test: Kimber Kable Select KS-1018 und KS-1038 | NF-Kabel

  1. 1 Physik trifft Psyche
  2. 2 Kimber Select KS-1018 & KS-1038: Hörtest und Vergleiche

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