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Kimber Kable (https://www.kimber.de/) rühmt sich, mit dem originalen 4PR im Jahr 1979 das erste „richtige HiFi-Lautsprecherkabel“ entwickelt und damit „den Beginn des modernen HiFi-Stereozeitalters“ zumindest mitverantwortet zu haben. Das ist schon eine ganze Weile her, und im letzten Jahr haben die „PR“-Kabel nun die bisher umfangreichste Überarbeitung erfahren. Wir schauen uns die größere der beiden Einsteigerstrippen der Amerikaner genauer an: das Kimber Kable 8PR VariStrand HPC (Monometer 60 Euro, 2 x 3 m konfektioniert ab 619 Euro). Abschließend dann noch ein kurzer Vergleich zum konfektioniert etwas mehr als halb so teuren Kimber 4PR VariStrand HPC (ab 359 Euro).
Erst aber versuchen wir zu verstehen, was genau denn eigentlich der Beitrag von Firmengründer Ray Kimber war – schließlich sehen die klassischen geflochtenen Kimber-Kabel ja nicht gerade nach Super-Hightech aus, wenn wir mal ehrlich sind. Und genau das ist der Punkt: Bei Kimber geht es definitiv mehr ums Sein als um den Schein. Und das kam so …
Die Story
Mitte der 1970er-Jahre arbeitete Ray Kimber für eine Firma, die Licht- und Beschallungsanlagen in den hippen Diskotheken von Los Angeles installierte. Da in diesen Super-Discos starke Lichtanlagen mit Stroboskopen und Blitzen in direkter Nachbarschaft zu den Lautsprechern arbeiteten, mutierte die Audioverkabelung flugs zur Antenne und fing massig Störungen ein, die sich unschön über die Lautsprecher bemerkbar machten. Der Versuch, die Kabel mit Hilfe von Stahlblechtrassen abzuschirmen, reduzierte zwar wie beabsichtigt die Störeinstreuung (gut), aber auch die Klangqualität (nicht so gut). Stahl interagiert halt mit den magnetischen Feldern der Lautsprecherkabel.
Ray hatte dann die Idee, gegenläufig verdrillte Leiterpaare zu verwenden, um der magnetischen Wechselwirkung mit den Trassen entgegenzuwirken. Das klappte. Und dann, so die Legende, vermutete er weiter, dass die neuen Leiter auch ohne den Stahl störungsresistent würden – auch das bewahrheitete sich. Ganz nebenbei verbesserte sich aber auch die Klangqualität im Vergleich zur Standardverkabelung. Und wenn wir der Legende weiter folgen, was angesichts des Erfolgs von Kimber Kable nicht ganz blauäugig zu sein scheint, waren die Ergebnisse offensichtlich überzeugend genug, dass sie schlussendlich zum Patent der Kimber‘schen Flechttechnik führten.
Das Kabel
Das Kimber Kable 8PR VariStrand ersetzt die beiden Einsteigerversionen Kimber 8PR und Kimber 8VS. Man erkannte in Ogden, Utah, dass unterhalb der deutlich kostenintensiveren „TC“-Linie nur Platz für zwei Kabel ist. Je acht Leiter verantworten „Plus“ und „Minus“ beim 8PR und damit doppelt so viele wie im Kimber 4PR VariStrand.
Bei der aktuellen Überarbeitung der „PR“-Linie geht es selbstverständlich nicht nur um die neuen Farben der insgesamt 16 einzeln isolierten Leiterstränge, wobei das „neue“ rot-schwarze Farbschema ein „back to the roots“ zum originalen Design darstellt. Das eigentlich Besondere beim Kimber 8PR VariStrand HPC ist, wie der Name schon sagt, die VariStrand-Technologie. Bis dato gab es die nur in der wesentlich teureren Kimber-Select-Serie. Im Kimber 8PR VariStrand HPC kommen deshalb „hyper-reine“ Solidcore-Kupferleiter (HPC= Hyper Pure Copper) zum Einsatz, die in jeder Ader in drei unterschiedlichen Stärken angeordnet sind. Die Diskussion, ab wann aus wie vielen Solidcore-Leitern ein Litzenkabel wird, ersparen wir uns an dieser Stelle.
Auf jeden Fall kann das Kimber 8PR VariStrand mit einem Querschnitt von 6,62 Millimetern aufwarten. Auffälliger ist jedoch der die Leitfähigkeit definierende IACS-Wert von 102 % – derselbe wie bei den teureren Kimber-TC-Modellen, von denen seit einiger Zeit eines beim Kollegen Jörg Dames zum Einsatz kommt. Die IACS-Werte (International Annealed Copper Standard) werden als prozentuale Anteile vom Standard-Wert für die Leitfähigkeit von geglühtem, hochleitfähigem Kupfer berechnet.
Kimber Kable 8PR VariStrand HPC: Hörtest und Vergleiche
Das Kimber Kable 8PR VariStrand kommt für diesen Test in Single-Wiring-Konfiguration mit den günstigsten Bananensteckern – wobei die schon einen qualitativ hochwertigen Eindruck machen. Sie verbinden meinen Leistungsverstärker Norma Audio REVO PA150 mal mit den ATC SCM50PSL und mal mit den Magico A1 – und liefern in diesen Kombinationen einige erstaunliche Erkenntnisse. Eines vorab: Den Gedanken an Vergleiche mit dem klanglich soliden, schon etwas in die Jahre gekommenen fastaudio-Black-Science-Lautsprecherkabel (um 15 Euro pro Monometer) konnte ich bereits nach den ersten Takten mit dem Kimber 8PR VariStrand aufgeben. Das Kimber spielt in jeder Beziehung zwei bis drei Klassen höher.
Bass
Also schnurstracks zum deutlich teureren Ortofon Reference SKP Black (130 Euro für den unkonfektionierten Monometer). Schnell wird klar, dass sich das Kimber 8PR VariStrand im Tiefbass zurückhaltender und in den restlichen Bassregionen straffer verhält als das dänische Kabel – und minimal auf der schlanken Seite von neutral bleibt. Kontrabässe zum Beispiel haben über die Flechtstrippe einen knurrigen, holzigen, weniger voluminösen Ton, bleiben aber stabil und druckvoll genug, um die tonale Integrität des Instruments intakt zu lassen. Ganz erstaunlich ist, wie transparent und strukturiert das Kimber detailreiche Texturen im Bass selbst in stark komprimierten Stücken wie „Way Down We Go“ von Kaleo (Album: A/B; auf Amazon anhören) offenbart, die mit weniger differenziert spielenden Strippen versumpfen können.
Das Ortofon SPK Black Reference, das für gewöhnlich in Tri-Wiring-Konfiguration meine ATC versorgt, spielt als Single-Wiring-Kabel vergleichsweise wuchtig, mächtig und mit fundamentalem Schub im Tiefbass – und insgesamt im Bass weniger präzise-konturiert. Deshalb wirkt das dänische Lautsprecherkabel etwas weicher und gnädiger und spricht mit seiner Bassopulenz eher den Bauchhörer an als das Kimber, das „untenrum“ auf fettfreie Definition getrimmt ist. Erst ein Kabel vom Schlage des kanadischen Gutwire Chime Cube (3.700 Euro für 2 x 2,44 Meter konfektioniert) schafft es, Volumen und Druck auf der einen und Transparenz sowie Präzision auf der anderen Seite in Perfektion zu vereinen – nur mal als Hausnummer, was für so ein Kunststück meiner Erfahrung nach zu investieren ist.
Grundton
Doch zurück zum 8PR VariStrand HPC. Dessen Grundton gerät zu meiner tonalen Lieblingsdisziplin bei der Beschäftigung mit dem Kimber: So charmant grummelig, definiert und sauber, mit so fokussiertem Druck und dreckigem „Grit“, ohne sich irgendeinen tonalen Ausrutscher zu leisten, habe ich bis auf das in diesem Bereich etwas wärmer abgestimmte Supra Cable Sword Excalibur (1.599 Euro für 2×3 Meter konfektioniert) noch kaum ein Lautsprecherkabel in meiner Kette gehört. Ergo: Für Entdeckungstouren ins Reich der Strukturen und Texturen vom Tiefbass bis in den Grundton hinein ist das Kimber 8PR der perfekte Reiseleiter – und das gilt hoch bis zu sicherlich dreifach höheren Preissphären.
Dynamik und Impulse
In Benjamin Clementines „London“ (Album: At Least for Now; auf Amazon anhören) kickt die Bassdrum schön trocken auf den Punkt. Sie verschiebt dabei zwar etwas weniger Luftmasse als mit dem Ortofon Reference SPK Black, wirkt aber zackiger, pointierter und elastischer. Überhaupt, diese nonchalante Lockerheit, mit der das Kimber 8PR VariStrand auch dynamische Verläufe nachzeichnet, ist schon enorm. Dass nämlich eine heftige Lautstärke-Eruption nicht immer linear ansteigen und abschwellen muss, gehört zu den Feinheiten, die nur sauber und transparent spielende Verbinder darzustellen in der Lage sind.
Auch Snaredrums und Toms kommen verdammt flott und mit einem präzise definierten Druckpunkt, der auch physisch spürbare Energie überträgt. Mir scheint, dass das Kimber 8PR VariStrand den ersten Impuls eines Schallereignisses besser vom Tonkörper differenziert als die meisten Kabel, die ich kenne – und gleichzeitig das Kunststück schafft, den Zusammenhang zwischen beidem nicht aus den Augen zu verlieren.
Mitten
In den Mitten spielt das Kimber Kable 8PR VariStrand neutral mit einer – wahrscheinlich durch die Charakteristik der darunterliegenden Frequenzbereiche so empfundenen – Tendenz zur Klarheit und Offenheit, in Abgrenzung zur kuscheligen Wärme. Klangfarben? Die sind da und wirken realistisch, auch wenn richtig ist, dass deutlich teurere Verbinder wie das Supra Cable Sword Excalibur oder AudioQuest Rocket 88 (1.480 Euro für 2 x 3 Meter) ein wenig satter und deckender pinseln.
Hochton
Obenrum gibt sich der Kabelzopf aus Utah klar, für die Preisklasse herausragend sauber und weder betont seidig noch unangenehm kristallin. Der neutrale Hochton fügt sich nahtlos ins restliche Spektrum ein und schafft eine „unauffällig-richtige“ Balance des gesamten Klangbilds. Das Ortofon-Litzenkabel spielt einen Hauch softer und seidiger und im Superhochton vielleicht nicht ganz so offen und sauber wie das 8PR. Mit dem Kimber agieren der Beryllium-Tweeter der Magico A1 und die Softdome-Kalotte der ATC SCM50PSL etwas prägnanter und frischer, was dem Klangbild in meiner gut bedämpften Akustik guttut.
Auflösung
Dem Kimber gelingt, wie bereits erwähnt, die Auflösung von Strukturen und Details im Bass und Mittelton, insbesondere wenn es um die Artikulation von Stimmen geht, faszinierend gut. Diesbezüglich kann es sich mit jedem mir bekannten Lautsprecherkabel der Tausend-Euro-Klasse locker messen. Im Hochton servieren Kimber und Ortofon die Einsichten in die Details zwar auf etwas unterschiedliche Arten (siehe oben), offerieren aber streng genommen kaum Unterschiede bei der Detailquantität. Die etwas sanftere Hochtondarbietung des Ortofon Reference SPK Black oder eines Supra Cable Sword Excalibur könnte zu der Annahme verleiten, dass auch deren Auflösung geringer ausfällt – doch es handelt sich tatsächlich nur um eine minimale Zurückhaltung im Pegel.
Abbildung und Raum
Mit dem Kimber 8PR erstreckt sich die virtuelle Bühne – bei entsprechend aufgenommenem Material – ein Stück weiter nach hinten als gewohnt. Das erstaunt mich fast ein wenig, denn eigentlich hatte ich in dieser Disziplin bisher kein echtes Optimierungspotenzial in meiner Kette erkannt. Doch mit dem Kimber geht die Vorne-Hinten-Spannweite tatsächlich weiter auf als mit dem Ortofon, es lässt zudem mehr Luft um die Instrumente herum, und ihm gelingt die Definition einzelner Schallquelle sehr präzise.
Die Schallereignisse wirken zwar ein wenig kleiner, als ich es gewohnt bin, jedoch formt und projiziert das 8PR sie kantenscharf voneinander abgegrenzt. In dieser Hinsicht zieht es mit dem räumlich fantastisch performenden Supra Sword Excalibur gleich. Die Breite der Abbildung jedoch kann mit der des blauen schwedischen Kabels nicht mithalten und bewegt sich in etwa im Rahmen dessen, was ich von den meisten Kabeln der 1K-Klasse gewöhnt bin – allerdings macht das 8PR den Raum nach oben hin wiederum höher auf (oder ist das ein Effekt des klaren Hochtons?). Das gesamte Bühnen- und Klangbild wirkt straff und bestens organisiert. Die räumliche Abbildung des Kimber 8PR VariStrand HPC ist also eine seiner vielen Schokoladenseiten.
Vergleich mit dem Kimber 4PR VariStrand HPC
Das kleinere 4PR ist mit dem 8PR konstruktiv identisch, nur eben mit der Hälfte der Leiter ausgestattet. So kostet es als Meterware nur die Hälfte, und auch konfektioniert spart das mit den Standard-Bananen bestückte 3-Meter-Set mit knapp 360 Euro doch so einiges. Da stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, deutlich mehr für das Kimber 8PR VariStrand zu berappen.
Die Antwort ist frei nach Radio Eriwan „Im Prinzip ja …“ – sprich, in den meisten Fällen. Das liegt einerseits am bei aller Straffheit druckvolleren (Tief-)Bass des größeren Kabels und andererseits an der realistischeren Grobdynamik. Beides trägt zur größeren Souveränität des 8PR-Klangbilds bei.
Wem es rein um Abbildung und Auflösung geht, oder wer ein wenig am Bass sparen möchte und auf Grobdynamik etwas weniger Wert legt, dem sei der Vergleich freilich ans Herz gelegt, schließlich wächst das Geld ja nicht auf Bäumen – zumal das 4PR in (etwas zu) basskräftigen Anlagen sich als das besser passende Kabel herausstellen könnte.
Testfazit: Kimber 8PR VariStrand HPC
Das Kimber Kable 8PR VariStrand weiß genau, was es sein will: Ein sauberer, ziemlich neutraler Klangvermittler mit Tendenz zu ungeschönten, klaren Worten und impulsiv-dynamischer Herangehensweise – und doch ist es mit Taktgefühl bei feindynamischen Abstufungen gesegnet. Insgesamt ist das 8PR-Klangbild eher etwas leichter als füllig, dabei sehr sauber und knackig-präzise. Das Kimber 8PR will den Hörer nicht mit warm-anheimelnder Stimmung einlullen, sondern lädt zum aktiven Hören ein.
Seine Abstimmung macht es zum perfekten Partner für neutrale oder leicht ins Warme gehende HiFi-Anlagen, denen Disziplin und Speed guttun. Wenn es einer Kette an Druck und Energie im Tiefton fehlt, könnte es etwas etwas zu schlank werden. Das Kimber Kable 8PR VariStrand ist meines Erachtens für alle Musikstile geeignet.
Seine Fülle an Talenten in unterschiedlichen Disziplinen und seine Unbestechlichkeit machen das Kimber Kable 8PR VariStrand angesichts des zivilen Kaufpreises zu einer klaren Empfehlung.
Preise:
Kimber Kable 8PR VariStrand HPC
- Unkonfektioniert: 60 Euro/Monometer
- 2 x 3 m, mit Bananas: ab 619 Euro
- Weitere Informationen und Preise im deutschen Kimber-Onlineshop
Kimber Kable 4PR VariStrand HPC
- unkonfektioniert: 30 Euro/Monometer
- 2 x 3 m, mit Bananas: ab 359 Euro
- Weitere Informationen und Preise im deutschen Kimber-Onlineshop
Vertrieb:
B&D Audio/Video GmbH
Sachsenweg 4 | 67117 Limburgerhof
Telefon: +49(0)6237-800 851
E-Mail: info@kimber.de
Web: https://www.kimber.de/
Test: Kimber Kable 8PR VariStrand HPC | Lautsprecherkabel