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Klang KEF R900

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  1. 3 Klang KEF R900

Kef R900Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Die R900 ist klasse. Sie spielt auf einem Niveau, für das man vor noch gar nicht so langer Zeit einen fünfstelligen Betrag hätte locker machen müssen.

Dennoch gilt auch für die KEF, dass jeder Lautsprecher nun mal ein Bündel von Kompromissen ist, die sich auf den Klang auswirken. Dazu gehört, dass der Entwickler bei vorgegebener Gehäusegröße zwischen Wirkungsgrad (der sich subjektiv auf die Impulsivität, die Dynamik eines Lautsprechers auswirkt) und unterer Grenzfrequenz wählen muss. Die KEF-Ingenieure haben sich entschieden, der mit durchaus noch als moderat anzusehenden Abmessungen daherkommenden R900 einen recht tiefen Bass mitzugeben; die Angabe aus dem Datenblatt, der -6db-Punkt liege bei 35 Hertz, ist absolut glaubhaft. Der Wirkungsgrad ist deshalb durchschnittlich ausgefallen. Die Impedanz liegt zum Teil auch recht niedrig – das Minimum wird mit gut 3 Ohm angegeben. Die Konsequenz: Die KEF braucht ein bisschen Kraft vom Verstärker. Auch Stabilität an niedrigen Lasten ist von Vorteil. Meine Bryston-Endstufe 4BSST spielte problemlos und souverän, ein Symasym passte mit seiner etwas frischeren Abstimmung tonal zwar gut zur KEF, war mit circa 60 Watt und begrenzter Stromlieferfähigkeit aber dennoch eine weniger glückliche Paarung, im Bass ging ihm bei Impulsen hörbar die Puste aus. Schwachbrüstige Röhren scheiden als geeignete Spielpartner aus.

Das Uni-Q-Chassis erfüllt KEFs Versprechen einer zu den Seiten gleichmäßig abfallenden Abstrahlung. Ändert sich die Position des Zuhörers nach links oder rechts, bleibt die tonale Balance erhalten, kein Frequenzbereich wird besonders prominent oder fällt in sich zusammen. Die KEF klingt deshalb über einen Kef R900 - Seitlich-hintenbreiteren Abhörbereich stimmiger als viele andere Lautsprecher. Wenn man die KEF im Bereich bis circa drei Metern Abstand hört, sollte man allerdings darauf achten, dass die eigenen Ohren sich ungefähr auf Höhe des Uni-Q-Chassis befinden. Außerhalb klingt die KEF besonders im Bereich von männlichen Stimmen nicht so hervorragend unverfärbt, wie es die Chassis eigentlich hergeben, sondern kann ein bisschen topfig werden. Bei größerem Abstand dürfte man sich in den meisten Räumen weniger im Direktschall befinden, so dass es dann nicht mehr so kritisch ist.

Ansonsten gibt’s aber herzlich wenig, was man zu beachten hat. Wie oben schon angedeutet, kann man die KEF erst mal „hinschätzen“ und sie spielt bereits auf einem sehr erfreulichen Niveau. Der Bass ist so hervorragend kontrolliert und straff, dass man beim Abstand zur Rückwand weitgehend den eigenen tonalen Vorlieben folgen kann, ohne unschöne Aufdickungen befürchten zu müssen. In meiner Kette gefiel mir der Klang letztlich am besten, wenn ich die Box recht genau auf die Hörposition ausrichtete; das ergab die „frischeste“ tonale Balance, ein Bedürfnis, das ich nur mit der Bryston-Endstufe hatte, nicht mit dem etwas heller abgestimmten Symasym.

Besagte tonale Balance kann als ausgewogen mit einem Schuss Wärme, der von einem kräftigen – aber, wie schon gesagt, sehr straffen und konturierten – Bass und Grundton beigesteuert wird, beschrieben werden. Über einen breiten Mitteltonbereich ist die R900 dann äußerst neutral. Nach oben heraus fehlt ihr jede Brillanzbetonung, wenn sie eine Tendenz hat, dann eher zu langzeithörtauglicher Zurückhaltung als zu kurzfristig beeindruckenden Effekten. Über den gesamten Übertragungsbereich bleibt sie hervorragend sauber, die Verzerrungen liegen offenbar sehr niedrig.

Thelonious Monk und Sonny RollinsEin Beispiel: Auf dem Stück „Nutty“ von einer LP von Thelonious Monk und Sonny Rollins (Prestige7075 in einer OJC-Nachpressung) spielt ein Trio, bestehend aus Monk, Percy Heath und Art Blakey. Ungefähr in der Mitte des Stücks spielt Blakey ein Schlagzeugsolo und ändert zwischendurch das Tempo: Wie Blakey von einem Motiv in das andere wechselt, ist große Kunst. Die KEF bringt das Schlagzeug wunderbar zur Geltung, macht den Rhythmuswechsel, bei dem der neue Rhythmus in den alten einzubrechen scheint, hervorragend nachvollziehbar. Wer das als Schlagzeuger nachspielen will, bekommt mit der KEF einen Platz in der ersten Reihe. Die Felle der Toms sind straff gespannt, das Becken klingt so sauber, wie es Aufnahme und Pressung hergeben, die Kick-Drum klingt nicht wie ein tumbes Tock-Tock, sondern hat ein glaubwürdiges Ein- und Ausschwingen. Auch das Zusammenspiel mit Percy Heaths Bass ist hervorragend, da gibt’s kein Stolpern und keine Unsicherheit.

Meine JBL Studiomonitore geben dieses Schlagzeugsolo noch ein kleines bisschen impulsiver und noch stärker nach vorne treibend wieder. Die KEF treibt nicht ganz so sehr, ist andererseits auch keineswegs langsam, strahlt eher eine kleine Prise Gelassenheit aus. Da sind wir dann wieder bei den Kompromissen. Die KEF scheint einen Tick Impulsivität der für die Gehäusegröße beeindruckenden Ausdehnung im Bass zu opfern.

Prokoffieff, Peter und der WolfDie Belohnung für diesen Kompromiss bekommt man dann bei Musik, die von den Entscheidungen der KEF-Entwickler profitiert. Auch hierfür wieder ein Beispiel: Prokoffieff, Peter und der Wolf, die bekannte DG-Produktion mit Barenboim und dem English Chamber Orchestra und Loriot als Erzähler. Wenn das Orchester ein Tutti spielt, dann füllt sein Klang über die KEF den Hörraum so aus, dass bei mir trotz 42 Quadratmeter Wohnzimmer und 3,60 Meter Deckenhöhe nie das Verlangen nach einem Subwoofer oder sonst „mehr Bass“ aufkam, die R900 ist ein echter Fullrange-Lautsprecher. Die JBLs sind dagegen bei symphonischer Musik ohne Subwoofer unbefriedigend, sie geben nur eine Ahnung von der Macht des Orchesters. Die Bassabstimmung der KEF ist im Übrigen musikalisch geschickt gewählt. Bei Rockmusik überträgt sie den tiefsten Ton, den ein E-Bass erzeugt (42 Hz), noch mit vollem Pegel. Bei klassischer Musik kann sie kleine und große Besetzungen gleichermaßen überzeugend wiedergeben. Im Gegensatz zur JBL bemüht sie sich, allen Musikgattungen gleichermaßen gerecht zu werden.

Zurück zu Peter und der Wolf. Anhand dieser Aufnahme lassen sich auch Auflösung, Artikulation und Abbildung erläutern. Loriots Stimme wird nuanciert wiedergegeben, so dass man das berühmte leichte Schmunzeln förmlich sehen kann. Die Querflöte, die den Vogel charakterisiert, wird einerseits mit einer sehr attraktiven dynamischen Leichtigkeit, andererseits mit so viel Detailreichtum wiedergegeben, dass man das Metall des Instrumentenkörpers vibrieren zu spüren meint. Auch die Schläge auf Pauken und große Trommel, die die Gewehrschüsse darstellen, werden hervorragend differenziert wiedergegeben. Wie bereits erwähnt, der Tiefton ist straff. Von der Bassreflex-Boxen noch gelegentlich nachgesagten „One Note“-Basswiedergabe ist bei der R900 nichts zu hören.

Basstreiber der Kef R900 - Zeichung

Die Abbildungsqualitäten der KEF sind hervorragend. Die R900 öffnet eine breite und tiefe Bühne, in der einzelne Instrumente plastisch wahrnehmbar sind. Die Abbildung entspricht dabei dem von Kollegen Ralph Werner im Test der KEF Q900 beschriebenen „HiFi-Bühnen-Standardmodell“.

John Lee Hookers Album The Healer

Tiefenabbildung wird nicht nur in der Mitte zwischen den Boxen erreicht, sondern auch bei links oder rechts angesiedelten Instrumenten. Beim Stück „My Dream“ von John Lee Hookers Album The Healer macht die KEF zudem hörbar, dass der Gitarrenverstärker für Hookers Gitarre auf dem Boden neben dem Musiker stand, dessen Stimme aber einiges über dem Boden des Aufnahmeraums aufgenommen wurde. So klar wie über die KEF gibt’s diese Höhendimension selten zu bewundern.

Ein weiteres Beispiel: Der Äthiopier Mulatu Astatke hat mit Timeless eine Doppel-LP mit der Aufzeichnung eines Konzerts in Los Angeles vom 1.2.2009 veröffentlicht. Da scheint man bei der Post-Produktion gespart zu haben. Beim ersten Stück, „Yèkèrmo Sèw“, stimmt die Balance der diversen Instrumente noch nicht so Mulatu Astatkeganz. Trevor Wares Bass und Tony Austins Drums sind sehr stark nach vorn gemixt, das Vibraphon von Mulatu Astatke und die Bläsersektion sind „unterbelichtet“. Der trockene, mit wenig Hall versehene Bass dominiert über die KEF das Klangbild, wie es bei dieser Aufnahme sein muss. Auch in Passagen, in denen auf der Bühne ordentlich was los ist und die zahlreichen Musiker aus Leibeskräften zupfen, schlagen, blasen und trommeln, laufen die Instrumente bei dieser durchaus „schwierigen“ Aufnahme nicht ineinander, sondern lassen sich jederzeit einzeln nachverfolgen. Die R900 legt den Mix offen und zeigt fast Monitorqualitäten. Da kann man wirklich jedes Detail nachverfolgen.

Das gilt bis zu einer gewissen, durchaus gehobenen Lautstärke. Übertreibt man den Rechtsdreh am Lautstärkeregler, leiden die bis dahin vorbildliche Sauberkeit des Klangs und die Souveränität der Abbildung. Das Gehäuse scheint dann doch irgendwann ein kleines bisschen mitzuspielen, aber ein paar Trümpfe muss KEF sich ja auch noch für die Reference-Serie vorbehalten. Dann ist man aber schon in Bereichen deutlich jenseits üblicher Heim-Lautstärken. Dennoch würde ich zur Beschallung einer großen Party eher einen auf Lautstärke spezialisierten Lautsprecher als die R900 empfehlen.

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Test: Kef R900 | Standlautsprecher

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