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Der KEF M400 kann als Mobilhörer wirklich überzeugen. Und ganz ehrlich: Es hat mir viel Spaß gemacht, mit dem M400 einfach „abzurocken“, denn dafür ist er perfekt geeignet.
Hierzu passt einfach auch die Abstimmung im Bassbereich. Dieser ist leicht betont – für seine Größe schafft der M400 ein beeindruckendes Fundament. So gelingt es dem kleinen KEF bei Thom Yorkes Album Tomorrow’s Modern Boxes (auf Amazon anhören) das bei vielen Songs vorhandene tiefe Sythesizer-Wabern glaubhaft darzustellen und so den Gegensatz zu Yorks hohem Gesang herauszuarbeiten, wie ich es von großen Lautsprechern gewohnt bin. Gleichzeitig wirkt beispielsweise ein Kontrabass zwar etwas voluminöser, dank der Kontrolle im Bassbereich, welche bereits direkt an mobilen Quellen vorhanden ist, jedoch nicht so stark künstlich aufgedickt, dass es unnatürlich klingt.
Richtig aufleben kann der KEF wie gesagt bei Rockmusik. So gelingt es dem M400 beim Titelsong von Muses Debütalbum Showbiz (auf Amazon anhören), das ganze Spektrum des Songs darzustellen. Während er zu Beginn die Spannung langsam aufbaut und die Basslinie in den Vordergrund rückt, übernimmt ab zwei Minuten klar die Leadgitarre in Verbindung mit Bellamys Stimme und treibt den Song voran. Der kleine KEF stellt sich hier ganz in den Dienst der Musik. Den typischen schrillen Gesang, speziell am Finale des Songs, bringt der Hörer so intensiv rüber, wie es nur geht. Der KEF M400 übermittelt die Intensität des Songs ausgesprochen gut – zu keiner Zeit fühlt man sich distanziert.
Für seine Größe bietet der kleine KEF auch eine sehr gute Dynamik. Klar können hier große, ohrumschließende Modelle noch etwas mehr, jedoch helfen die 40-mm-Treiber enorm, um auch komplexer Big-Band-Musik eine sehr gute Präsenz zu schaffen. Hierbei gelingt es dem M400, Hintergrunddetails sehr fein herauszuarbeiten. Selbst kleine Geräusche des Publikums, aber auch die Kommunikation der Musiker untereinander, sind stets eindeutig wahrnehmbar. Es zeigt sich, dass der KEF M400 die „typischen Fehler“ eines Hörers, der im Hochton eher milder und dezenter vorgeht, nicht macht, sondern die Musik weiterhin außerordentlich lebendig darstellt. Denn das muss man schon sagen: Vergleicht man diesen Mobilhörer mit hochwertigen (Heim-)Kopfhörern, merkt man, dass Letztere ab den oberen Mitten bis in die Höhen hinein noch offener und klarer spielen können. Mir fiel das besonders bei Gianna Nanninis „Ragazzo Dell’Europa“ von ihrem Remake-Album Perle (auf Amazon anhören) auf. Der Song bekommt unheimlich viel Spannung und eine Arte Verzweiflung durch die vielen harten Spitzen im Klavierspiel und die Überschläge von Giannas Stimme in den hohen Lagen. Diese Charakteristik mildert der M400 ab und nimmt dem Stück damit vergleichsweise etwas an Dramatik.
Im Grunde wundert mich das aber auch nicht, denn es ist konzeptionell bedingt: Ich vermute, dass der für die Ohrpolster benutzte Akustikschaum maßgeblich für diese Klangcharakteristik verantwortlich ist. Wie bereits geschrieben, sorgt er für eine ausgezeichnete Dämpfung von Umgebungsgeräuschen – die Musik von den Treibern muss aber auch hindurch und wird zwangsweise beeinflusst. Der KEF M400 „erkauft“ sich also seine herausragende Dämpfung von Störgeräuschen – und die ist elementar für den mobilen Einsatz – durch eine gedämpftere Spielweise.
Und so ist die Auflösung zwar nicht auf dem Niveau offener Heimkopfhörer wie dem Sennheiser HD600 oder Beyerdynamic DT880, und sehr feine Details geraten etwas „verwaschen“. Verglichen mit anderen Kopfhörern seiner Bauweise (also geschlossen, ohraufliegend und für mobile Zwecke optimiert) bewegt er sich jedoch auf hohem Niveau.
Auch wirkt die Bühne des mobilen KEF zu keinem Zeitpunkt eingeengt, sondern im Gegenteil stets angenehm aufgebaut. Einen maximal weitläufigen Raumeindruck zu vermitteln, gelingt ihm zwar nur eingeschränkt und so kann ein richtig großer Aufnahmeraum auch nicht völlig realistisch dargestellt werden. Insgesamt bietet der KEF M400 aber ein gutes Raumgefühl und arbeitet Unterschiede zwischen verschiedenen Aufnahmesituationen oder Abmischungen eindeutig heraus.
Beides ist jedoch für mich bei einem Hörer für den mobilen Einsatz nicht wirklich entscheidend. Ganz ehrlich, so ruhig, dass ich tatsächlich die Grenzen der Auflösung wahrnehmen kann, ist es in den Situationen, in denen ich einen mobilen Hörer wie den M400 nutze, nicht. Ähnlich verhält es sich mit der Räumlichkeit. Die glaubhafte Simulation eines großen Raumes ist für mich nur entscheidend, wenn ich mich vollkommen entspannt in die Musik vertiefen kann.
Was der KEF M400 hingegen ausgezeichnet kann, ist, mir unabhängig von der Umgebung tolle musikalische Momente zu bereiten. Auf Gitarrenrock bin ich bereits eingegangen, doch auch bei Singer-Songwriter-Material überzeugt er.
Hierfür habe ich eines meiner Lieblingsalben eingelegt – naja, ehrlich gesagt habe ich nur die entsprechenden Dateien ausgewählt: Damien Rices O (auf Amazon anhören) betitelter Erstling. Der kleine KEF braucht nicht zwingend die lauten Töne, um zu begeistern, nein, seine Spielweise unterstützt die Wärme der Aufnahme und bringt sie mir absolut berauschend ans Ohr. Damiens Stimme ist sehr gut freigestellt und wird sehr lebendig präsentiert. Auch die dezente Schlagzeugunterstützung kann der KEF M400 gut einbinden. Seine Bassanhebung sorgt zudem dafür, dass der Rhythmus nicht in den Umgebungsgeräuschen untergeht. Die Räumlichkeit ist absolut passend – man fühlt sich nah und involviert und hat doch den nötigen Zuschauerabstand. Und wieder – ich muss es einfach wiederholen – kann ich diese Momente mitten in der Bahn erleben. Die Isolation reicht selbst für solch ruhige Musik aus und ermöglicht echten Musikgenuss.
Das Gute dabei: Was die Anforderungen an den antreibenden Verstärker angeht, bleibt der kleine KEF sehr genügsam. Selbst direkt am iPhone klingt er schon absolut ausgewachsen und detailliert. Auch bei dynamischen Stellen habe ich niemals Kontrolle vermisst, sodass ich den KEF M400 guten Gewissens ohne zusätzliche Verstärkung betreiben würde.
Test: KEF M400 | Kopfhörer