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Die Plattenspieler des polnischen Herstellers J.Sikora sammelten in der zwanzigjährigen Firmengeschichte schon so einige Meriten. Dass die kleine Manufaktur aus Lublin in Deutschland einen beachtenswerten Bekanntheitsgrad genießt, ist unter anderem dem Engagement des Duisburger Vertriebs LEN HiFi zu verdanken. Doch der engagierteste Einsatz trägt nur Früchte, wenn auch die Plattenspieler und Tonarme überzeugen. Das neue Einstiegsmodell J.Sikora Aspire (ab 5.700 Euro, https://www.lenhifi.de/) tritt an, um weniger betuchten Vinylliebhabern den Einstieg in die Welt von J.Sikora zu erleichtern.
Firmengründer und Entwickler von J.Sikora, Janusz Sikora, kommt ursprünglich aus der Metallbranche. Das merkt man seinen Konstruktionen an: J.Sikora baut ausschließlich schwere Masselaufwerke. Die großen Modelle – von der bisherigen Einstiegsserie „Initial“ bis hin zur Spitzenserie „Reference Line“ – huldigen dabei der in diesen Preisklassen beliebten Bohrinsel-Ästhetik. Verschiedene, massive, voneinander entkoppelte Konstruktionsebenen auf (und neben) denen Plattenteller, Motordosen, Armbasen und Steuereinheiten thronen. So technisch sinnvoll – und für den einen oder anderen auch schön – solche Konstruktionen sind, so aufwändig ist die Fertigung solcher Laufwerke. Jedes Bauteil muss einzeln präzise gefertigt und mit einer perfekten Oberfläche versehen werden – denn unter diesem Anspruch geht es in dieser Liga nicht.
Volles Brett

Der J.Sikora Aspire kommt mit einem 30 Millimeter starken Aluminiumbrett und nimmt eine Fläche von 430 mal 350 Millimetern ein
Sogenannte „Brettspieler“, also Konstruktionen, die alle Komponenten auf bzw. unter einem Brett versammeln, haben es da einfacher. Hier sind lediglich Brett und Plattenteller die Elemente, die haptisch wie optisch überzeugen müssen, was ein nicht unerhebliches Maß an Fertigungsaufwand spart. Mir persönlich gefallen Brettspieler auch vom Aussehen deutlich besser als Bohrinseln. Insofern kann ich mich sehr gut mit dem Aussehen des J.Sikora Aspire anfreunden. Was mir ebenfalls gefällt ist, dass das Laufwerk zwar mit Blick auf ein attraktiveres Preisschild gebaut wurde, technisch aber alles andere als ein Sparbrötchen ist.
Das „Brett“ ist im Fall des J.Sikora Aspire eine sehr solide Konstruktion aus Aluminium. Es misst 430 mal 350 Millimeter und ist 30 Millimeter stark. Serienmäßig gibt’s das Brett in Schwarz, Weiß oder Silber lackiert. Sonderfarben sind gegen einen Aufpreis möglich – der Vorteil der Manufakturfertigung, bei der jedes Laufwerk einzeln Stück für Stück aufgebaut wird.
Dieses Brett ruht auf drei kegelförmigen Füßen, die an ihren unteren Enden konkav ausgeformt sind. Hier passt je Fuß eine kleine Keramikkugel hinein, die wiederum auf einem kleinen Edelstahl-Teller mit einer passenden Vertiefung ihren Platz findet. Die Teller schließlich haben unten eine weiche Kunststoff-Auflage. Sinn und Zweck der Konstruktion ist, das Brett gegen Schwingungen, die sich über die Stellfläche aufs Laufwerk übertragen können, zu entkoppeln. Jedes der eingesetzten Elemente weist unterschiedliche Schwingungseigenschaften auf. Da sich die Energie unerwünschter Schwingungen durch verschiedene Materialien, unterschiedliche Kontaktflächen und Körper durcharbeiten muss, soll der Großteil davon auf der Strecke bleiben – und kann den sensiblen Abtastvorgang nicht beeinflussen. Einziger Nachteil: Das Aufstellen des Aspire erfordert ein wenig Geschick beim Platzieren der Teller und Kugeln unter den Kegeln. Hier sind vier Hände auf jeden Fall hilfreich.
Auf dem Brett befindet sich eine Gusseisen-Scheibe, die als Basis für den Edelstahl-Aufnahmedorn des invertierten Tellerlagers dient. Das Lager selbst besteht klassisch aus einer Keramikkugel (Zirkoniumdioxid), auf der sich die Hartmetall-Lagerhülse dreht, die in den Delrin-Teller eingelassen ist. Dieses Lager verwendet J.Sikora auch bei den größeren Modellen. Hinten rechts auf dem J.Sikora Aspire sitzt die aus Aluminium gefertigte Tonarmbasis des Aspire. Sikora bietet Adapter zur Aufnahme unterschiedlicher Arme an.

Die Tonarmbasis des Aspire mit einem KV9-Tonarm (4.200 Euro) von J.Sikora sowie dem MC-System Aidas Durawood (4.500 Euro)
Energie + Motor
Beim Motor des J.Sikora Aspire handelt es sich um einen Gleichstrommotor von Pabst, der samt Steuer- und Regelelektronik in einem Gehäuse untergebracht ist, das sich links unterhalb des Brettes von vorne nach hinten erstreckt. Oben durchs Brett ragen die Bedienknöpfe heraus, weiter hinten der Pulley des Riemenantriebs. Der runde Gummi-Antriebsriemen windet sich mit vergleichsweise wenig Spannung einfach außen um den Plattenteller.
Die Stromversorgung für den Gleichstrommotor erfolgt über ein externes Schaltnetzteil. Zum Lieferumfang gehört überdies ein Plattengewicht. Aber: Wie die meisten Laufwerke lässt sich der J.Sikora Aspire „aufrüsten“. So kann man den Dreher mit einem wertigeren Netzteil ordern oder das größere Plattengewicht der höheren Serien bestellen. Wer möchte, kann auch die Glas-Tellerauflage, mit denen die großen J.Sikora-Modelle ausgestattet sind, für den Aspire ordern. Und natürlich kann man auch zu Tellerauflagen oder -matten anderer Hersteller greifen – der Dorn ist extra lang ausgeführt, sodass man problemlos selbst dicke Tellerauflagen verwenden kann.
Unter die Arme greifen
Tonarmseitig passen gängige Neun-Zoll-Arme. J.Sikora plant, einen OEM-Tonarm für den Aspire anzubieten; das Paket mit dem Aspire soll 7.500 Euro kosten. Zur Markteinführung will LEN HiFi zu diesem Preis noch einen Tonabnehmer im Wert von 500 Euro draufpacken. Alternativ bietet LEN HiFi den Aspire mit einem MY-1/9 Tonarm von Muarah an, der in Verbindung mit dem Aspire 2.000 Euro kostet. Da beide Tonarme noch nicht verfügbar sind, hat der Vertrieb mein Testgerät mit dem KV9-Tonarm (4.200 Euro) von J.Sikora ausgestattet.
Beim KV9 handelt es sich, wie bei seinen größeren Geschwistern KV12, KV9 MAX und KV12 MAX, um ein einpunktgelagertes Modell – die Bauart, die Janusz Sikora favorisiert und mit einem Ölbad gedämpft werden kann. Ich selbst mag Einpunkter aufgrund ihrer einfachen Konstruktion sehr. Allerdings kann die Justage mitunter schwierig sein, denn es gilt, nicht nur den VTA richtig einzustellen, sondern auch die senkrechte Ausrichtung der Abtastnadel im Blick zu halten. J.Sikora macht einem die Sache etwas einfacher, denn es gibt ein exzentrisch gelagertes Gegengewicht, das den Arm in der richtigen Position hält, während das Auflagegewicht über zwei zentrisch auf der Gegengewichtsachse montierte Gewichte eingestellt wird, die nach Belieben verschoben werden können, ohne dass der Arm nach links oder rechts kippt.

Klare Sicht auf den Plattenteller: Der J.Sikora Aspire kommt serienmäßig ohne Staubschutz – der deutsche Vertrieb bietet optional aber eine maßgefertigte Acrylhaube an
Mir persönlich gefällt die Kombination des Aspire mit dem KV9 auch optisch sehr gut. Ok, ich würde den Aspire in Schwarz bevorzugen, doch über Geschmack kann man ja streiten. Wer sich Sorgen macht, den Plattenspieler beim gelegentlich erforderlichen Abstauben – in der schwarzen Ausführung sicher nochmal mehr ein Thema als bei der silbernen – zu beschädigen, kann eine passende Acryl-Haube bestellen, die der Vertrieb bei einem darauf spezialisierten Hersteller passgenau fertigen lässt.
Kein Flaschenhals: das Tonabnehmersystem
Freilich soll ein Plattenspieler natürlich nicht nur gut aussehen, sondern vor allem gut klingen. Damit das funktioniert, bedarf es neben dem Tonarm noch einem Tonabnehmer. Für den Test hat LEN HiFi ein Aidas Durawood (4.500 Euro) installiert. Das mag ein bisschen „over the top“ sein, andererseits besteht so nicht die Gefahr, dass das Pickup bei der Klangbeurteilung der limitierende Faktor ist.
J.Sikora Aspire: Hörtest & Vergleiche
Beim Hörtest lasse ich es erst mal leise angehen. Ganz einfach deshalb, weil das für mich der wichtige Test ist, ob sich mechanische Geräusche von Motor, Riemen oder Tellerlager bemerkbar machen oder das Laufwerk geräuschlos arbeitet. Das Album Live der dänischen Jazzer Girls in Airports beginnt lautlos, und ganz langsam schälen sich aus der Stille die ersten Töne heraus. Ich höre zunächst – nichts. Kein Brummen, Summen, Schleifen oder Rauschen, nichts. Übrigens auch kein „romantisches“ Knistern. Und genau so soll das sein. Wenn ich lese, Rauschen und Knistern mache den Reiz des Schallplattenhörens aus, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Wenn das für mich ein Reiz ist, dann einer, bei dem ich eher rot sehe. Eine sorgfältig gepflegte Platte und ein sauber eingestellter Abtaster haben weder zu rauschen noch zu knistern, finde ich.

Der J.Sikora Aspire darf sich im Rack bester Gesellschaft erfreuen, die Mitspieler finden sie im Equipmentkasten am Ende des Testberichtes aufgelistet, den dicken Vollverstärker Audio Analogue ABsolute neben dem Aspire hatten wir bereits im Test
Ich nutze die leise Passage, um ein wenig im Zimmer herumzulaufen, mit den Füßen aufzustampfen und auf den Rackboden zu klopfen. Und ich bin erstaunt, wie gut die mechanische Entkopplung des Aspire funktioniert. Ich möchte behaupten, dass die aufwendige schwingende Lagerung meines ehemaligen stst Motus II (7.000 Euro) das auch nicht viel besser gemacht hat.
Viele klangliche Aspekte hängen natürlich nicht zuletzt von Tonarm und Tonabnehmer ab. Das heißt, an den folgenden Klangeindrücken haben der KV9-Tonarm sowie der Aidas-Durawood-Tonabnehmer ihren Anteil.
Kontrollierte Kraft: der Tiefton
Der Tieftonbereich des J.Sikora Aspire ist ein Paradebeispiel für kontrollierte Kraft. Der Bass ist nicht überbetont, sondern tief, strukturiert und stets im Dienste der Musik. Kontrabässe haben Volumen und Textur, elektronische Beats kommen mit Druck und Präzision, ohne jemals aufzudicken oder zu wummern. Im Vergleich zu meinem verflossenen stst Motus II agiert der Aspire etwas schlanker, besitzt aber die gleiche Stabilität beziehungsweise Kontrolle. Was ich für „besser“ halte? Schwierig. Da der Motus II nicht weicher, aber noch etwas substanzieller klingt, wäre ich im Bass leicht auf Seiten des stst, der Blick auf Preisschild freundet mich hingegen mit den Sikora an. Sagen wir so, das Preis-Bass-Verhältnis ist bei unserem Testkandidaten besser.
So präsentiert der J.Sikora Aspire Charles Mingus Pithecanthropus Erectus (das Reissue von Speakers Corner) mit enormer Energie. Mingus‘ Bass kommt unglaublich facettenreich und richtig schön „holzig“ rüber. Das Differenzierungsvermögen der Aspire-Kombination ist hervorragend. Ich möchte behaupten, dass sich die Schwungmasse des Plattentellers sowie die steife Konstruktion des Chassis sehr positiv bemerkbar machen. Auch synthetische Tiefen meistert der Aspire mit Bravour.
1/1 von Nils Petter Molvær & Moritz von Oswald höre ich grundsätzlich nur analog. Digital finde ich irgendwie nicht die Ruhe, mich auf das Album einzulassen. Über den J.Sikora Aspire geht das extrem gut. Hier punktet das Laufwerk mit einer beeindruckenden Souveränität. Gerade die komplexen Synthesizer-Flächen, die von Oswald seiner Elektronik entlockt, wollen mit exaktem Timing rüberkommen. Und auch hier punktet der Sikora-Plattenspieler auf ganzer Linie. Ich bin überzeugt davon, dass er ein hervorragendes Gleichlaufverhalten aufweist. Und ich bin erneut davon beeindruckt, wie klar und strukturiert er Bässe reproduziert. Das ist nach meiner Hörerfahrung deutlich über Preisklassenniveau.
Dynamik mit Drive
Nicht, dass sie jetzt glauben, der J.Sikora Aspire hätte bei aller Struktur und Souveränität etwas Akademisches oder Buchhalterisches an sich. Das ist definitiv nicht der Fall. Dieser Plattenspieler kann nämlich einen mächtigen Drive vorlegen. Energiegeladenen Rock erweckt er mit explosiver Dynamik zum Leben. Wobei es der Sikora-Dreher auch nicht übertreibt. Ich erinnere mich noch gut an das hyperdynamische Leichtgewicht Rega Planar 6 (1.600 Euro). Der spielt zwar in einer deutlich niedrigeren Preisliga, entpuppte sich im Test aber als so ziemlich das Lebendigste und Dynamischste, was ich bisher an Plattenspielern hörte. Wobei ich mir teilweise schon die Frage gestellt hatte, ob das Laufwerk nicht ein bisschen schneller als die vorgegebenen 33 1/3 Umdrehungen pro Minute dreht. Diesen Eindruck habe ich beim Aspire nicht, was dem Spaß am herrlichen Schub, den er vermittelt, keinen Abbruch tut.
Weil ich beim Test des Rega so viel Spaß mit dem Album hatte, krame ich Frankie Goes to Hollywood Welcome to the Pleasuredome heraus. Jaaa, das ist total eighties, macht mir als Mensch, der in dieser Zeit seine musikalische Sozialisierung erfahren hat, aber einfach Spaß. Und „Relax“ oder „War“ elektrisieren mich mit ihrem Drive immer noch, woran der J.Sikora Aspire mit seiner idealen Mischung aus lehrbuchartiger Präzision und lebendiger Energieumsetzung einen erheblichen Anteil hat.
Eine ehrliche (und anpassungsfähige) Haut
Was ebenfalls begeistert ist, dass mich nicht der Eindruck beschleicht, der J.Sikora-Dreher mogele auf irgendeine Art. Der polnische Plattenspieler präsentiert sich tonal vielmehr bemerkenswert ausgewogenen. Es gibt keine künstliche Betonung einzelner Frequenzbereiche, keine Effekthascherei. Stattdessen herrscht eine wohltuende Neutralität. Stimmen wirken authentisch, Instrumente behalten ihre individuelle Charakteristik, und selbst komplexe Arrangements bleiben transparent und nachvollziehbar. Wobei: Arm und Pickup spielen dabei natürlich eine ebenso große Rolle. Da aber eine Kette immer nur stark wie ihr schwächstes Glied ist, muss ich betonen, dass das im Vergleich zum Arm und Pickup des Test-Settings vergleichsweise preiswerte Laufwerk auf einem extrem hohen Niveau mithält. Der Aspire bildet eine tolle Basis für dieses studiomäßig neutrale Analog-Setup.
Wer mag, kann den J.Sikora Aspire sicher genauso in eine euphonischere Richtung trimmen. Das ist das Schöne an der Analogwiedergabe – man hat eine Menge Einflussmöglichkeiten auf den Klang und kann das Ganze nach eigenem Gusto trimmen. Montieren Sie ein Grado-System an den Arm, nutzen Sie einen geschmeidigen Röhren Phono-Pre, und schon wird der Aspire definitiv zum betörenden Charmeur…
Farbecht: Mitten und Stimmen
Um Klangfarben so richtig auf den Zahn zu fühlen, greife ich gerne zu Antonio Vivaldis Le Quattro Stagioni, aufgeführt vom Sonatori de la Gioiosa Marca mit Giuliano Carmignola an der Solo-Geige. Die Einspielung entstand in der kleinen Kirche Chiesetta di San Vigilio bei Treviso auf historischen Instrumenten. Und ich bin beeindruckt, wie sauber das J.Sikora-Aspire-Setup die etwas anderen Klangfarben der historischen Instrumente rüberbringt. Wenn es mich beim Klang der Geige im Winter fröstelt – ja, das historische Instrument klingt etwas heller, dünner und weniger warm als aktuelle Geigen –, weiß ich, dass hier etwas sehr richtig klingt.
Zu den komplexesten und kritischsten „Instrumenten“ gehören immer noch Stimmen. Wir Menschen als soziale Tierchen sind extrem darauf geeicht, hier feinste Nuancen wahrzunehmen, um neben der reinen Sachinformation auch etwas über den Sprecher zu erfahren. Ist er glücklich oder traurig, ist er sich seiner Sache sicher oder nicht ganz so von dem überzeugt, was er sagt? Oder lügt er gar? Evolutionsseitig hat es uns Menschen viel gebracht, den Sprecher richtig einzuschätzen. Entsprechend sensibel reagieren wir auf die Darbietung von Sängerinnen und Sängern. Der Aspire agiert im Test-Setup sehr klar, transparent und durchhörbar, ohne dabei Gefahr zu laufen, kalt oder sezierend zu klingen. Immer noch ein Erlebnis: Aretha Franklins Album Amazing Grace von 1972. Mit dem Christentum habe ich nur so viel am Hut, wie man es nicht vermeiden kann, wenn man im Rheinland aufwächst. Doch diese Platte könnte mich glatt bekehren. Die Gospelsängerin, Tochter eines Baptistenpredigers, und spätere Queen of Soul ist hier in ihrem Element. Das ist nicht bloß gesungen, das ist zutiefst empfunden. Der J.Sikora Aspire vermittelt offenbar jede Nuance, jedes Detail dieser beeindruckenden Performance. Das Ganze könnte kitschig klingen, tut es aber nicht, weil die Technik hier nichts verschönert, verklärt, geschmeidisiert oder sonst wie dick aufträgt.

Die Bedienung des J.Sikora Aspire erfolgt über fünf Tasten: „33“ und „45“ setzen den Plattenteller mit den jeweiligen Geschwindigkeiten in Bewegung, „off“ schaltet den Antrieb aus und die Tasten „+“ und „-“ erlauben eine Drehzahlfeineistellung.
Zu dem beeindruckenden Eindruck trägt sicherlich ebenso bei, dass das J.Sikora-Setup auch in Sachen Auflösung und Feindynamik jede Nuance zu transportieren scheint, denn das ist definitiv eine Voraussetzung für eine so beeindruckende Stimmwiedergabe.
Ok, das war jetzt ein ziemlich hohes und absolut gerechtfertigtes Lob der Mittenwiedergabe des Aspire. Wobei ich generell den Eindruck habe, das analoge Technik digitalen Lösungen im Mittenband etwas voraushat. Digital muss man eine Menge Technik in die Waagschale werden, um dieses Niveau zu erreichen.
Keine Unannehmlichkeiten, bitte: die Höhen
Exakte Klangfarben sind immer ein deutlicher Hinweis auf eine sehr gute Hochtonwiedergabe, denn der Eindruck von Klangfarben wird zum großen Teil durch das Obertonspektrum der jeweiligen Töne bestimmt. Das J.Sikora-Aspire-Setup vermittelt in dieser Sache eine beeindruckende Klarheit, ohne dass es Schärfen oder andere Unannehmlichkeiten gibt. Sehr schön, wobei ich selten analoge Setups hörte, die hier versagen, und wenn, lag es meist am Phono-Pre.
Konkret heißt das, dass die Hochtonauflösung analogtypisch nicht die allerhöchste ist, der Hochton aber stets harmonisch und organisch mit dem Rest des Frequenzbandes verbunden wirkt. Die besagte Geige im Winter klingt etwas dünner und vielleicht etwas schärfer als ein vollmundigeres, modernes Instrument; das feine Verhallen ihrer Töne im Kirchenschiff kann ich über den Aspire wundervoll nachvollziehen. Ja, da wären vielleicht ein paar Feinheiten mehr möglich, allein, so wie es das Test-Setup wiedergibt, ist das absolut schlüssig. Mein stst-Setup konnte das auch nicht besser und ich behaupte mal, dass wir hochtonseitig eh knapp an der Grenze des analog Machbaren liegen.
Atmosphärisch glaubwürdig – die Raumabbildung
Wo wir uns gerade schon in der Chiesetta di San Vigilio befinden, gleich noch ein paar Anmerkungen zur Räumlichkeit. Auch die produziert das Team aus J.Sikora Aspire, KV9 und Aidas Durawood ausnehmend authentisch, luftig und aufgeräumt, das Ganze mutet sehr authentisch und atmosphärisch glaubwürdig an. Das Kirchenschiff ist in seiner Größe klar umrissen, der sauber aufgelöste Nachhall vermittelt einen wunderbar realistisch-plastischen Raumeindruck. Die Musiker sind recht klar verortet, für ein bisschen Irritation sorgt der erwähnte Nachhall, doch alles in allem wirkt das Ganze sehr „echt“.
Wobei der Aspire eine gesunde Distanz hält: Das musikalische Geschehen findet klar vor mir statt, ich bin in einer extrem komfortablen Zuhöherposition. Nicht zu nah dran, nicht zu weit weg. Auf der anderen Seite hatte das Setup auch keinerlei Probleme damit, die synthetischen Klangflächen von 1/1 in nahezu unendliche Weiten auszubreiten. Das lässt sich nur schwer beschreiben. Wenn Sie sich eine Art akustisches „Tron“ vorzustellen versuchen, kommt das der Sache vielleicht am nächsten. (Der Dritte Teil läuft übrigens gerade in den Kinos.) Das ist nun wirklich bemerkenswert, denn Kanaltrennung ist nicht die Domäne von Schallplatten, und wenn das hier trotzdem einwandfrei funktioniert, ist das ein ganz klares Zeichen für ein hochqualitatives Setup.
Test: J.Sikora Aspire | Plattenspieler








