IOTAVX? Das ist doch die Audiomarke, die einem in etwa so leicht von der Zunge geht wie die Insel Krk. Was sich der Hersteller bei der Namensgebung gedacht hat, ist nicht überliefert – wofür er produktseitig steht, dürfte regelmäßigen fairaudio-Lesern jedoch nicht entgangen sein: Chichi-freie HiFi-Geräte, die vor allem auf ein gutes Preis-Sound-Verhältnis getrimmt sind. Ursprünglich britisch, ist die Marke seit Anfang des Jahres im Besitz des deutschen Vertriebs HiFiPilot (https://www.hifipilot.de/), der sich auch an der Entwicklung unseres heutigen Gasts, der Stereoendstufe IOTAVX PA40, beteiligte. Gefertigt wird nach wie vor in China, der Direktvertrieb soll zusätzlich für schlanke Kostenstrukturen sorgen: So lässt sich die PA40 telefonisch oder über den Webshop bestellen – und das für tatsächlich überschaubare 799 Euro. Ob man da wirklich auf ordentlich „bang for the buck“ hoffen darf, wollen wir im Folgenden ergründen.
IOTAVX PA40 – Grundsätzliche Technik
Es ist nur logisch, dass ein Endverstärker dieser Preisklasse nicht mit aufregenden Schaltungsinnovationen aufwartet. Das Pflichtenheft des IOTAVX PA40 zielt vielmehr darauf ab, bewährte Schaltungskonzepte so auszureizen, wie es angesichts des Preisetiketts kalkulatorisch realistisch erschien.
Und so basiert die Verstärkung in der IOTAVX-Endstufe auf einer Class-AB-Schaltung nach guter alter Väter Sitte, bei der die Leistungstransistoren in Push-Pull-Anordnung arbeiten. Pro Kanal wuppen insgesamt sechs bipolare Transistoren von Toshiba bis zu 150 Watt an die Lautsprecherklemme (8 Ohm). Die vom Hersteller deklarierte Leistungsverdoppelung an 4 Ohm (2 x 300 Watt) spricht für eine gute Laststabilität des PA40. Und auch, wenn Class-AB-Verstärker generell weniger Energie aus der Steckdose ziehen als ihre Class-A-Pendants, sind die 26 Watt Leerlaufleistung, die sich der IOTAVX-Amp fürs aktive Nichtstun gönnt, erfreulich bescheiden – da haushalten manche Class-D-Verstärker nicht sparsamer. Im Standby fällt der Verbrauch dann erwartungsgemäß auf unter 1 Watt.
Technische Überraschungen …
Für ein paar ausstattungsseitige Überraschungen ist der IOTAVX PA40 dann aber doch gut. Okay, ein 900-VA-Ringkerntrafo zählt vielleicht eher zu den Basics, ist für einen 800-Euro-Amp gleichwohl nicht unbedingt Standard. Ähnliches gilt fürs doppelt ausgeführte Lautsprecherterminal, dass sich per frontseitigen Wahlschalter in den Modi A, B oder A+B unter Spannung setzen lässt.
Besonders erfreuen mich aber die XLR-Anschlüsse – Cinchbuchsen sind natürlich ebenfalls vorhanden –, da so mehr Flexibilität bei der Quell- und Kabelwahl herrscht; liegen doch beispielsweise die Cinchanschlüsse meines Funk-MTX-Vorverstärkers so eng beieinander, dass ich das vor mir bevorzugte AudioQuest Pegasus nur in der XLR-Variante anstöpseln kann, die Stecker der Cinchbinder fallen dafür zu dick aus.
Natürlich ist das Schaltungslayout einer solch günstigen Stereo-Endstufe aber nicht vollsymmetrisch ausgeführt, sodass die via XLR eingehenden Signale einen Desymmetrierer passieren müssen, was aus klanglicher Sicht eher unschön erscheint. Meine Hörtests mit dem ebenfalls in beiden Steckervarianten vorliegenden Straight Wire Virtuoso zeigen jedoch, dass die Unterschiede beim IOTAVX PA40 in praxi vernachlässigbar sind – meine Klangbeschreibungen gelten also für beide Anschlussarten.
Nicht ausprobiert habe ich hingegen den per rückseitigen Schalterchen wählbaren Brückenmodus, in dem der PA40 zum Monoblock avanciert und über den resultierenden doppelten Spannungshub die doppelte Leistung loszutreten vermag. Und nicht nur das: Ein weiterer Vorteil rührt aus den invertierten Ausgangsspannungen, die sich wechselseitig ihr eigenes Bezugspotenzial liefern (deswegen die doppelte Ausgangsspannung) und dadurch die tatsächliche Gerätemasse nicht unmittelbar beeinflussen – so reduziert sich das Risiko möglicher Störeinflüsse auf die gesamte Schaltung. Wen dieses Thema näher interessiert: Hanno Sonder, Entwickler und Juniorchef von Abacus Electronics, erklärt das Ganze in diesem YouTube-Video schön anschaulich.
IOTAVX PA40 – Hörtest & Vergleiche
Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Oder: Warum sollte man sich eine Endstufe zuzüglich Extra-Vorverstärker kaufen, anstatt einfach einen Integrierten ins Rack zu schieben? Unter anderem vielleicht deshalb, weil die dedizierten Netzteile und Schaltungen klanglich auf mehr Kraft und Reinheit hoffen lassen. Nun, verbändeln wir den IOTAVX PA40 nach hinten raus mit meinen Wilson SabrinaX, leinen vorne Elektronik in Gestalt des Melco N50-S38, Canever Audio ZeroUno SSD und Funk MTX an – und hören, was unser Gast zu diesem Thema zu sagen hat.
Auf Zack!
Mit „Kraft“ meine ich natürlich nicht bloß die schnöde Ausgangsleistung, sondern das Talent, im Bedarfsfall möglichst blitzschnell Reserven zu mobilisieren: Dysrhythmias „Coffin of Conviction“ ist ein hervorragendes Album, um die dynamischen Fähigkeiten eines Audiosystems abzuklopfen – ein rein instrumentales, sich beständig windendes Gebilde aus Stromgitarren, Bass und Schlagzeug, das über weite Strecken synästhetisch wie ein nervöses, überladenes Wimmelbild anmutet, obwohl die Band nur drei Musiker umfasst. Guter, virtuoser Progressive Metal, der bestimmt auch den einen oder anderen Frickeljazz-Fan abholt.
Dem scheinbar erratischen Auf-und-Ab, dem Beschleunigen und Abbremsen der Instrumente ist eigentlich nur mit HiFi-Geräten beizukommen, die in Sachen „Schnelligkeit“ mit den Wahl-New-Yorkern mithalten können. Dahinfliegende Licks, furztrockene Riffs, wirbelnde Toms oder peitschende Snares: Während man beim Hören der hasenartig hakenschlagenden Tracks immer wieder mal kurz vermeint, eine Struktur zu erkennen, lässt einen der nächste Wechsel schon wieder stutzen. Wie gut, dass wenigstens der IOTAVX PA40 schnell genug ist, um dem wilden Treiben der drei Ausnahmemusiker auf der Spur zu bleiben. Mehr noch: Der PA40 scheint das Ganze regelrecht zu zelebrieren – und zwar sowohl grobdynamisch wie feindynamisch. Die Attackphase plötzlich einsetzender Impulse zeichnet der PA40 unglaublich gut nach, und ich finde zudem, dass den Tonkörpern, dem Sustain, ebenfalls anstandslos Beachtung geschenkt wird – ausgedünnt oder überspitzt klingt jedenfalls nichts.
Dynamisch erfüllt der IOTAVX PA40 die Hoffnungen, die man mit Blick auf Vertreter seiner Zunft hegt, also locker. Und das durchaus preisklassenübergreifend, denn auch mein Norma Revo PA 150 (7.200 Euro) bildet Pegeländerungen keineswegs zackiger ab; um hörbar mehr Impulstreue zu bekommen, muss man schon zu solchen Spezialisten wie dem Enleum AMP-23R-2022 (7.500 Euro) greifen. Einzig das letzte Tröpfchen an seidig-geschmeidiger Obertonpolitur, das den Hörer noch flüssiger über das Pegelgebirge gleiten ließe, mag man als Besitzer teurer Endstufen vermissen. Wir kommen darauf noch kurz zu sprechen, wenn wir uns die Hochtonwiedergabe der IOTAVX-Endstufe näher anhören.
Lecker Bass
Und natürlich müssen wir uns noch basslastigere Musik als Coffin of Conviction anhören. Zumal die Tieftonwiedergabe eines Amps in Teilen ja ebenfalls etwas mit der erwähnten „Kraft“ zu tun hat. Ich streife durch meine Musikbibliothek und ziehe unter anderem spanischen Instrumentalrock von Toundra (Album: Hex) oder massiven Dubstep à la Burial (Untrue) in die Playlist. „Sauber und tiefreichend“ heißt es dazu in meinen Hörnotizen. Die Bassqualität und -quantität des IOTAVX PA40 tragen natürlich einen großen Teil zum packenden Dynamikverhalten des Amps bei – und übertreffen auch generell meine Erwartungen an eine Endstufe im dreistelligen Preisbereich.
Zwar langt die PA40 nicht ganz so tief hinunter wie die meisten fetten Endstufen der, sagen wir mal: Über-5.000-Euro-Klasse – denn ganz unten nimmt seine Pumpleistung einen Tick ab. Auch mögen die Texturen von Bassdrumschlägen nicht maximal ausgearbeitet und reichhaltig erscheinen, was sicherlich der Obertonwiedergabe geschuldet ist, die wir später noch ansprechen. Dennoch geht die Basswiedergabe des Amps preisbezogen ebenfalls als Sahnestück durch und liefert eine weitere Antwort auf die Frage, warum man sich vielleicht doch besser eine dedizierte Endstufe anschaffen sollte. Das, was der IOTAVX-Endverstärker im Tieftonbereich lostritt, müssen die Boxen erst mal transportieren können, die in der freien Wildbahn wohl meist nicht vom Kaliber der von mir eingesetzten Wilson SabrinaX sind. Heißt: Bei vielen Lautsprechern in der Klasse bis 5.000 Euro oder auch noch drüber wird eher die Schallwandlung der Flaschenhals sein.
Direkte Ansprache
„Desire“ vom schwedischen Musikprojekt Leakh (Et Cetera) ist ein schlicht produzierter, akustisch eher grenzgängerischer als audiophiler Song, der sich aber gerade deshalb gut zum Testen der Mitten eignet, wie ich finde. Man erfährt schließlich auch mehr über den Zustand des Straßenbelags, wenn man auf der Felge fährt, ließe sich sagen. Zumal der Track trotz allem ein interessantes Charisma aufweist: Dazu tragen eine sehr unmittelbar und „nah“ eingefangene Westerngitarre, ein unverkennbarer, eigentümlich fahler und nicht immer perfekt den Ton treffender Gesang, der sowohl schnell ins zu Präsente als auch ins Drucklose rutschen kann, sowie ein paar Synthieflächen bei.
Der IOTAVX PA40 bereitet den Track ausnehmend informativ auf: Feinheiten wie Griffbrettgeräusche oder Saitenknarzen kommen geradezu mustergültig durch, akribische Toningenieure hätten ihre helle Freude. Die Stimme klingt so prägnant und profiliert wie möglich – dennoch behält sie weitgehend ihren (dünnen) Körper bei. Ja, das Auflösungsvermögen und die Transparenz der Mitten sind extrem hoch, selbst mein formidabler Norma Revo PA 150 liefert hier nicht mehr.
Allerdings: Mag der Gesang in „Desire“ nicht offenkundig blutleerer klingen, als ich es gewohnt bin, kommt der hohen Auflösung des PA40 dennoch zugute, dass er die Mitten einen Hauch direkter und präsenter ausleuchtet. Überspitzt könnte man sagen, dass der Hörer eher die Plektrumanschläge und die Metallsaiten vor Ohren geführt bekommt als die warmen Grundtöne des Gitarrenkorpus. Zudem empfinde ich die Obertonstrukturen nicht ganz so locker-seidig und reichhaltig wie etwa bei meinem Norma-Endverstärker: Die Gitarre klingt zwar offen, doch es mangelt einzelnen Tönen am letzten Quäntchen feinstofflicher, seidig-glänzender Aura. Diese „Tricks“ befördern das Gefühl, dass sich Details etwas freigelegter, „nackter“ und stärker akzentuiert präsentieren – was schlussendlich den Eindruck von hoher Transparenz bestärkt.
Freilich fällt dies vor allem im A/B-Vergleich mit wesentlich teureren Stereo-Amps und High-End-Lautsprechern wie meinen Wilson SabrinaX auf – und das noch nicht einmal wirklich störend. Es fehlt halt der letzte Hauch an feinem Flair. Da solche Unterschiede bei derartigen Preisdifferenzen mindestens zu erwarten stehen, staune ich eher darüber, wie weit der PA40 meine Wilson SabrinaX und die vorgeschaltete Elektronik ausreizt. Ist doch eine Kette bekanntlich nur so stark wie ihr schwächstes Glied.
Fledermausfreundlich
Über die Hochtonwiedergabe habe ich ja schon einiges ausgeplaudert. Allein die beschriebene Mittencharakteristik lässt darauf schließen, dass es in den Höhen wohl kaum unbotmäßig abgerundet oder abgedimmt zugehen kann. Und so ist es auch: Das anfänglich eingemischte „Plattenknistern“ in Kasabians „Where Did All the Love Go“ (West Ryder Pauper Lunatic Asylum) arbeitet der PA40 sogar überdurchschnittlich prägnant und profiliert heraus. Dabei wirft der Amp zwar nicht gerade mit ätherischer Obertonfeinstofflichkeit um sich und wirkt auch nicht ultimativ feinpixelig-rein, dennoch darf der Hochton als tadellos offen und angesichts der Preisklasse sogar überraschend präzise gelten.
Selbst die hohen, nahezu fledermausartigen Quietschtöne, die in Coils „Where Are You?“ (Musick To Play In The Dark – 2) alle zwei Takte fiepen, erwischt der IOTAVX PA40 so makellos wie ein highendiges, tonal kompromisslos straight durchziehendes Studiogerät. Ja, mit ihm sind mir diese Töne überhaupt zum ersten Mal aufgefallen, obwohl der Song als sehr gut abgehangen gelten darf. Pegelseitig überreizt es der PA40 dabei keineswegs, von artifiziell spitzen oder gleißenden Höhen ist keine Spur – selbst extrem komprimierte, harsch und hart aufgenommene Alben wie Gnarls Barkleys „St. Elsewhere“ klingen nicht merklich verhunzter als sonst. Romantischer allerdings auch nicht. Der IOTAVX-Verstärker ist im Mittel- wie Hochtonbereich ein Freund klarer Worte, der Töne mit dem festen Blick aufs Wesentliche artikuliert und hier einen Hauch drahtiger wirkt.
Völlig losgelöst …
Wie bereits beschrieben profitiert die Stimmwiedergabe der IOTAVX PA40 von deren hoher Transparenz im Mittenbereich. Und überdies von einer Räumlichkeit, die ich mit zu den Highlights dieser Endstufe zähle. Stimmen (und Instrumente) lösen sich wunderbar freigestellt vom restlichen Geschehen ab und schweben so ortungsscharf in der Stereomitte, dass selbst viele teure Amps das nicht besser hinbekommen. Dasselbe gilt für die Weitläufigkeit der Abbildung: Die PA40 bietet in Breite und Höhe eine großzügige Darstellung, wie man sie von hochwertigen Verstärkern erwartet, und öffnet das Klangbild schön nach vorne in Richtung Hörplatz. Dabei bleibt das Klangbild auch an den Rändern der Bühne präzise und ortungsscharf, sofern die Aufnahme das hergibt.
Kleine Giganten: Vergleich mit dem Abacus Ampino 20 Dolifet
Der mit dem fairaudio’s favourites Award prämierte und kultige Abacus Ampino 20 Dolifet zählt zu den Verstärkern, die ich im Freundeskreis gerne empfehle, wenn hohe Klangqualität bei kleinem Budget gewünscht ist und auf Ausstattung sowie hohe Ausgangsleistung verzichtet werden kann. Die Lautstärkeregelbarkeit (Stichwort: „puristischer Vollverstärker“) dieser Endstufe geht allerdings als besonderes Ausstattungsmerkmal durch; Bi-Wiring-Ausgänge oder XLR-Eingänge bietet der kleine Niedersachse hingegen nicht. Dafür liefert der Ampino für meine Ohren, gemessen an der Preisklasse, ein sehr verzerrungsarmes Klangbild. Und so wirken im direkten Vergleich mit dem PA40 dessen Klangfarben tatsächlich etwas reiner und die Obertonstrukturen um ein, zwei Tropfen geölter.
Der IOTAVX PA40 macht hingegen deutlich, dass er nicht nur physisch, sondern auch leistungsmäßig der größere Verstärker ist. Gemessen an seiner Preisklasse macht der Ampino zwar bei den elektronischen Bassbeats oder den Snare-, Hi-Hat- und Beckenschlägen in Cynics „The Winged Ones“ (Album: Ascension Codes) einen überraschend guten Job. Zumal meine Wilson-Lautsprecher kein unbedingt leicht verdauliches Impedanzprofil aufweisen. Der PA40 pfeffert Impulse jedoch merklich explosiver in den Hörraum und entwickelt aufgrund seines etwas ausgedehnteren Tiefgangs mehr Wucht im Bassbereich. Zudem treibt der PA40 meine nicht besonders effizienten (87 dB/1 W/1 m) SabrinaX zu partytauglichen Pegeln, die ich mit dem Ampino nicht erreiche.
Je nach verkabelten Lautsprechern, Ausstattungs- und Hörvorlieben bin ich mir sicher, dass die meisten Hörer bei einem A/B-Vergleich schnell subjektiv ihren Favoriten finden werden. Objektiv spielen beide Verstärker auf ähnlich hohem Niveau; persönlich würde ich meine Entscheidung rein in Abhängigkeit von den verwendeten Lautsprechern treffen.
Test: IOTAVX PA40 | Endstufe