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Test: Ichos N°TWO | Standlautsprecher

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  1. 1 Test: Ichos N°TWO | Standlautsprecher

Juli 2016 / Frank Hakopians

Diese Geschichte beginnt auf den Wiener Klangbildern im November letzten Jahres. Eine Kette spielt sich mit einer gehörigen Portion Präsenz, Durchhörbarkeit und Musikalität in mein Ohr. Sie nutzt eine analoge Quelle und einen sehr anständig gefertigten Vollverstärker mit 300B-Endröhren des – in China produzierenden – österreichischen Herstellers Wasami. Am Ende der Kette versieht ein Paar ausgewachsener Standlautsprecher namens Ichos N°ONE (www.ichos.at) seinen Dienst. Dank amtlicher 15-Zoll-Chassis ist die Membranfläche der Ichos keinesfalls zu knapp bemessen und befähigt die Lautsprecher nicht zuletzt zu einer auffällig guten Basswiedergabe.

Nachdem ich mit Robert Rothleitner – dem freundlichen Entwickler und Inhaber des in Wien ansässigen Herstellers Ichos Schallwandler (Ichos: griech. Klang) – in ein anregendes Gespräch komme, ist ein Test seiner Lautsprechers schnell beschlossene Sache. Da nach seiner Einschätzung die knapp 12.000 Euro teuren Ichos N°One in meinem 24 Quadratmeter großen Hörraum größenmäßig keine Idealbesetzung darstellen, sollen es die nächstkleineren Modelle, die mit 30-Zentimeter-Chassis bestückten, konstruktiv aber ansonsten identischen Ichos N°TWO richten. Für ein Pärchen N°TWO werden zwar „nur“ 7.998 Euro fällig, doch stehe die Performance gegenüber der großen Schwester, so wird mir versichert, gerade in kleineren Räumen in nichts nach.

Einen Teil seiner Zeit verbringt der Maschinenbauingenieur Robert Rothleitner mit der Planung und Inbetriebnahme von Biogasanlagen. Den verbleibenden Rest widmet er seiner großen Leidenschaft, dem Lautsprecherbau. Das war schon zu Studienzeiten so, als er mehr gedrängt als freiwillig Kommilitonen mit selbstgebauten Boxen versorgte. Man ahnt fast, wie solche Geschichten ausgehen, und so ist es nicht verwunderlich, dass für Robert Rothleitner der Lautsprecherbau inzwischen ein vollwertiger Zweitberuf geworden ist.

Direkt neben seinem Büro hat er sich kürzlich einen separaten Hörraum eingerichtet. Hier findet er die Zeit, seine Kreationen in Ruhe zu erproben, oder auch mal einen spontanen Einfall rasch in die Tat umzusetzen. Auf gut dreißig Jahre Erfahrung im Lautsprecherbau blickt Robert Rothleitner zurück – und hat erkannt, dass es nicht unbedingt nötig ist, alle Herstellungsschritte eigenständig durchzuführen. Er setzt lieber auf ein Netzwerk einschlägiger Spezialisten, besonders, wenn es um die Chassis und Gehäuse seiner Lautsprecher geht. Die entscheidenden Abstimmungs- und Designfragen werden freilich ausschließlich inhouse vorgenommen.

Ichos N°TWO

Großen Wert legt der Macher von Ichos Schallwandler darauf, dass seine Lautsprecher für die Verstärkerelektronik eine leicht zu betreibende Last darstellen. Dann ergäben sich spannende Kombinationen mit klanglich hervorragenden, häufig gar nicht teuren und gern auch nur wenig Leistung bereitstellenden Verstärkern. Dass diese dem Röhrenlager entstammen dürfen, braucht an dieser Stelle wohl nicht extra betont zu werden.

Nicht zuletzt für diesen Zweck warten Rothleitners Kreationen mit sattem Wirkungsgrad und gleichmäßig hoher Impedanz auf. Im Falle des Testobjekts Ichos N°TWO beträgt der Wirkungsgrad immerhin stolze 99 dB/W/m. Die Nennimpedanz wird mit acht Ohm deklariert – und verläuft tatsächlich weitgehend stabil über den Frequenzverlauf. Das Minimum von 6 Ohm liegt bei etwa 4500 Hz, was keinen Verstärker ernsthaft überfordern sollte. Sogar Verstärker mit der legendären Triodenröhre 300B sind, wie die Kette auf den Klangbildern bewiesen hat, als Leistungslieferanten nicht ausgeschlossen.

Frequenzweichen sind für den Wiener Entwickler generell Klangbremsen, die dem Musiksignal vor allem Energie und Dynamik rauben. Deshalb setzt Rothleitner auf ein Breitbandchassis, welches zwecks ordentlicher Basswiedergabe natürlich nicht zu klein ausfallen darf. Der immerhin 120 Zentimeter aufragende Standlautsprecher N°TWO nutzt daher ein 30-Zentimeter-Chassis mit hart aufgehängter Papiermembran. Auftretende Resonanzen, die bei dem großen Übertragungsbereich des Chassis von 28 bis etwa 7500 Hz unvermeidbar sind, werden durch auf der Membran definiert eingearbeitete dämpfende Punkte bekämpft. Die Membran selber wird mit vier unterschiedlichen Lacken bestrichen und anschließend im Ofen regelrecht „gebacken“.

Ichos N°TWO

Neben der positiven Wirkung auf das Resonanzverhalten der Membranen soll mit diesem aufwändigen, nicht automatisierbaren Verfahren auch die Langlebigkeit des Breitbänders gefördert werden. Statt Ringmagnete kommen antriebsseitig radial angeordnete, kräftige Neodymstabmagnete zum Einsatz. Ein Konzept, das man auch schon bei anderen Herstellern, wie beispielsweise Focal sehen konnte. Die in Handarbeit produzierten und speziell auf Ichos-Anforderungen zugeschnittenen Chassis bezieht Rothleitner von einem Spezialisten aus Deutschland, mit dem ihn inzwischen eine jahrelange Partnerschaft verbindet.

Das Chassis arbeitet nach dem Prinzip des Backloaded-Horns auf eine nach unten abstrahlende Basskehle und gewährleistet so auch bei tiefen Frequenzen einen überdurchschnittlichen Wirkungsgrad. Die recht hohen, massiven Spikes definieren die Größe der Hornöffnung, wobei sich die untere Grenzfrequenz letztlich in Abhängigkeit von der Raumgröße ergibt. Sollten die Böden keinen sicheren Stand gewährleisten, insbesondere sehr hochflorige Teppichböden können da schon mal Probleme bereiten, liefert der Wiener Hersteller zur Abhilfe passende Basen aus Holz oder Granit. Für die N°TWO verspricht Ichos unter günstigen Bedingungen einen Frequenzgang von 33 Hz bis 23 kHz.

Ichos N°TWO

Damit sollte ausreichend Tiefgang wohl gewährleistet sein, doch ein adäquater Hochton ist mit so einem großen Membrandurchmesser physikalisch natürlich nicht realisierbar. Deshalb kommt neben dem Breitbänder ein 25-mm-Kompressionstreiber zum Einsatz, den Robert Rothleitner in ein eigenes, nach hinten offenes Gehäuse einsetzt und der ebenfalls von einem deutschen Zulieferer modifiziert wird.

Der Hochtöner arbeitet als Dipol, strahlt den Schall also nach vorne wie nach hinten in den Hörraum ab. Das führt in der Regel zu einer besonders luftigen und räumlichen Wiedergabe. Allerdings erfordert die Aufstellung eines Dipollautsprechers meist mehr Fingerspitzengefühl, weil die zeitversetzt eintreffenden, von den Rückwänden reflektierten Schallwellen ja nicht unerheblich zum Gesamtergebnis beitragen. Doch ist bei der Ichos N°TWO ja nur der Hochtöner, welcher ab etwa 7000 Hz ins Geschehen eingreift, dem Dipolprinzip unterworfen und die Titankalotte überdies in ein zwar nach hinten geöffnetes, an den Seiten aber gut zwanzig Zentimeter ausladendes Gehäuse eingesetzt, wodurch sich die Aufstellungsproblematik stark reduziert und es zumindest in meinem Raum keine hörbaren Interferenzen im Hochtonbereich zu bemängeln gibt.

Ichos N°TWO
Der Hochtöner arbeitet als Dipol und strahlt sowohl nach vorne als auch …

Vor schädlichen tiefen Frequenzen schützt den Hochtöner ein Kondensator im Signalweg. Natürlich kommen nur Typen mit ultrakurzer Entladezeit in Betracht, für die dann schnell mal 70 Euro fällig werden.

Während die Frontplatte der ovalen Behausung der Hochtoneinheit aus massivem, 25 Millimeter starkem Aluminium besteht und lediglich an den Rändern auf 10 Millimeter abflacht, wird der Rest des Gehäuses bei unserem Testlautsprecher (noch) aus MDF gefertigt. Demnächst soll ein aus dem Vollen gefrästes Aluminiumbauteil zum Einsatz kommen, welches auch die Schraubverbindungen entfallen lasse. Von der höheren Steifigkeit des Hochtönergehäuses profitieren laut Rothleitner sowohl die Hochtonpräzision als auch die räumliche Abbildungsfähigkeit der Ichos N°TWO.

Wie sich unschwer erkennen lässt, bevorzugt man bei Ichos Schallwandler mechanische Lösungsansätze und versucht so Fehler bereits am Ort ihrer Entstehung zu vermeiden. Anderswo müsste man diese beispielsweise innerhalb einer Frequenzweiche mehr oder weniger umständlich korrigieren, wobei das Musiksignal natürlich immer abgeschwächt und dabei qualitativ degradiert würde, gibt sich der Ichos-Chef überzeugt. Keineswegs leicht sei es gewesen, erinnert sich Rothleitner, Zulieferer zu finden, die diesen aufwändigen und meist reichlich Handarbeit erfordernden Weg mitgehen und kontinuierliche Qualität abliefern können.

Ichos N°TWO
… nach hinten ab

Die Gehäuse werden inzwischen von einer Traditionsschreinerei aus der Steiermark beigesteuert, die auf einschlägige Erfahrungen in der Fertigung hochwertiger Lautsprechergehäuse zurückblicken kann. Die Spezialisierung seines Schreiners ermöglicht es Robert Rothleitner überdies bei der optischen Gestaltung gezielt auf Kundenwünsche eingehen zu können. Die Lieblingsfarbe der Ehefrau, ein besonders wertvolles Furnier oder auch eine aufwändige Intarsienarbeit sind prinzipiell und nach Absprache realisierbar.

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Test: Ichos N°TWO | Standlautsprecher

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