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Staubsauger, Kühlschrank, Computer – Stecker rein, Knopf an und es saugt, kühlt und rechnet, wie sich’s gehört. Und wenn’s das mal nicht tut, liegt das bestimmt nicht am geringwertigen Netzkabel. Warum sollte ausgerechnet unser schönes Thema „Audio“ hier mal wieder aus der Reihe tanzen? Nun, zunächst einmal: Es tanzt vielleicht gerade mal eine Fußbreite daneben, Audiokomponenten funktionieren mit allen, den gängigen Normen entsprechenden Netzkabeln natürlich sicher und meist auch messtechnisch einwandfrei. Allerdings ist Musik ein äußerst komplexes Signal und unser Ohr ein besonders kritischer, sensibler Empfänger – vergleichen wir nur mal unsere Augen als Empfänger elektromagnetischer Wellen über einen Bereich von zwei Oktaven (360 bis ca. 800 Nanometer Wellenlänge) mit den ungefähr zehn Oktaven (20 bis 20.000 Hertz), die unser Gehör verarbeiten kann.
Der Sinn von speziellen Hifi-Netzkabeln wie dem zum Test anstehenden HMS Energia Suprema (1.500 Euro für 1,5 Meter inkl. Schuko-Stecker FI-38G und IEC-Heißgerätebuchse FI-28G von Furutech | https://www.hmselektronik.eu) wird zudem dadurch befördert, dass HiFi-Anlagen netzseitig recht komplexe Systeme bilden, deren Komponenten sich wechselseitig beeinflussen. Ein entscheidender Aspekt bei der Frage, warum den sensiblen Elektrönchen ausgerechnet auf den letzten Metern eine besonders komfortable Anfahrt bereitet werden soll, wenn es auf der langen Reise davor doch über Stock und Stein ging.
Ein Hifi-Netzkabel hat’s nicht leicht: Impulsivität und Induktivität
Verkompliziert wird die Sache dadurch, dass die Leistungsaufnahme gerade von Verstärkern durch Impulsivität gekennzeichnet ist – logisch. Und weiter skaliert, weil Verstärkern regelmäßig Gleichrichterschaltungen mit recht hohen Siebkapazitäten innewohnen, die die Impulsspitzenlast weiter in die Höhe treiben. Warum das? Schlichtweg deshalb, weil dem Transformator in solchen Netzteilkonstruktionen typischerweise nur ein Bruchteil (häufig 10 bis 30%) einer Periode Zeit bleibt, die Siebkondensatoren zu befüllen – und er muss dabei gleichzeitig noch die Musik am Laufen halten. Der Trafo wuppt in dieser kurzen Phase ein Vielfaches an Leistung, gilt es doch, die Energie einer ganzen Periode zu entfesseln. Ein Grund, warum manche Top-Entwickler – wie etwa Thomas Funk aus Berlin (vgl. Test Funk Lap und MTX) – die häufig bewunderten „fetten“ Siebkondensatorbänke in Audiokomponenten eher kritisch sehen.
Abrupte Leistungssprünge führen dazu, dass bei Netzkabeln neben dem ohmschen Widerstand (klar, der ist immer relevant) insbesondere der induktive Widerstand (proportional zur Frequenz bzw. Steilflankigkeit von Impulsen steigend) entscheidend ist. Und zwar zum einen aufgrund der ausstreuenden (Stör-)Felder, zum anderen aufgrund der resultierenden Spannungsabfälle am Netzkabel. Spannungsabfälle und mithin -potenziale suchen in Systemen stets nach Ausgleich – und sei es über die Verbindungen zu anderen Geräten, was in einer Hifikette unmittelbar die NF-Kabel und somit das Musiksignal berühren kann. Damit nicht genug: Induktive (und kapazitive) Lasten wirken natürlich auch unmittelbar auf die sie durchquerenden Signale ein, und zwar sowohl deren Amplitude als auch Phase betreffend; die Begriffe Schein- oder Blindleistung haben viele sicherlich schon mal irgendwann gehört.
HMS-Chef Hans Martin Strassner war einer der ersten, der viele dieser Zusammenhänge anschaulich erläutert hat und natürlich bei der Entwicklung seiner Kabel berücksichtigt. Der Gleichstromwiderstand seines Netzkabels HMS Energia Suprema wird mit 4,78 Milliohm und die Induktivität mit 52 Nanohenry (nach dem amerikanischen Physiker Joseph Henry) je Meter deklariert. Und um an dieser Stelle schon mal etwas zu spoilern: Ja, klangliche Unterschiede zu anderen Kabeln herauszuhören, fiel mir besonders leicht, wenn die HMS-Netzkabel bei komplexer Musik in meinen Endstufen Norma Revo PA 150 bzw. Bryston 7B³ steckten.
Die Specs des HMS Energia Suprema
Die HMS Energia Suprema sind mit ihrem daumenbreiten Durchmesser von 16 Millimetern schon ganz ordentliche Würste, die sich dank der gleitenden und geschmeidigen inneren Teflonisolierungen gleichwohl praxisgerecht biegen lassen. Allerdings nicht sonderlich gut drehen, was insbesondere bei kurzen Längen und „ausgephasten“ Anlagen problematisch ist, ich würde daher mindestens eine Länge von 1,5 Metern empfehlen. Alternativ lassen sich die Energia Suprema über den Fachhandel mit „Wunschpolung“ bei HMS ordern.
Umschlossen von einem Nylongewebemantel mit gering leitenden Kohlenstoffeinlagerungen – hierdurch soll Störungen durch statische Aufladungen begegnet werden – finden sich im Kabelinneren 26 separate Litzen aus hochreinem Kupfer: Je zwei Phasen- und Neutralleiter sind dabei in größere Stränge zusammengefasst, von denen es fünf gibt, hinzu kommen sechs PE-Litzen. Phasen-, Neutral-, und Schutzleiter weisen jeweils respektable 7,5 Quadratmillimeter Gesamtquerschnitt auf (einflussnehmend auf den ohmschen Widerstand). Eine Kreuzverschaltung der Phasen- und Neutralleiter soll hingegen dafür sorgen, dass sich deren Induktivitäten wechselseitig kompensieren und unterm Strich minimieren.
Und natürlich konfektioniert man an solche Netzkabel nicht irgendwelche Stecker und Buchsen – was schon allein aufgrund des Kabeldurchmessers nicht ginge – sondern vermeidet an dieser Stelle störende Flaschenhälse: Unsere Testexemplare der HMS Energia Suprema weisen an ihren Enden Schuko-Stecker und Heißgerätebuchsen mit vergoldeten (resistent gegen Sulfidierung und Oxidation) Kontakten von Furutech auf (FI-38G und FI-28G). Das 16-mm-Kabel wird dabei so sicher aufgenommen, dass auch bei versehentlich stärkerer Knickbelastung nichts herausrutschen sollte.
Netzkabel HMS Energia Suprema: Klangtest & Vergleiche
Klar, es wiederholt sich, wenn ich das in jedem Kabeltest schreibe, aber zur Sicherheit sei auch hier vorangestellt: Alle im Folgenden genannten Klangeindrücke und -unterschiede sind über meine Anlage (siehe Equipmentkasten unter dem Fazit) und bestimmt jede andere sauber konfigurierte (viel wichtiger als einfach nur teure) andere Anlage leicht herauszuhören, gleichwohl bewegen sie sich nicht in einem Rahmen, den man von verschiedenen Verstärkern oder gar Lautsprechern gewohnt sein mag. Und: Achten Sie auf die „richtige“ Phase. Ich hatte eines meiner Kondo-Netzkabel bei den Vergleichsrunden versehentlich wiederholt falsch herum in die Netzleiste gesteckt. Und war – nachdem es sich unerwartet schlecht gegen das HMS schlug – mal wieder überrascht, wie viel solche vermeintlich nerdigen Kleinigkeiten ausmachen können. Wenngleich das natürlich auch immer vom angeleinten Gerät abhängt.
Applaus für die tiefen Töne
Doch richten wir endlich unsere Ohren auf das HMS Energia Suprema – sowie die unteren Frequenzetagen: Was die Leverkusener Binder hier zuwege bringen, ist unbedingt einen Applaus wert. Ohne tonales Aufdicken oder Anflüge von Klobigkeit (wie das bei meinen Swisscables Reference ganz, ganz leicht der Fall ist) transportieren sie den Bass mit einer Schwärze und einem Druck, dass meine ansonsten famosen Kondo KSL-ACc Persimmon (1.400 Euro für 2 Meter) in dieser Sache fast schon ein wenig spaßbefreit klingen. Zumindest in gewissen Situationen, wir wollen nicht übertreiben, etwa wenn die aus Ohio stammenden Postrocker If Trees Could Talk (Album: Red Forest; auf Amazon anhören) im Track „The First Fire“ nach seichtem Vorgeplänkel bei 0:34 abrupt in die Vollen gehen: Hier bereitet das HMS-Stromkabel der mächtigen Wall of Sound ein noch massiveres Fundament. Die emotional-packende Wirkung des Tracks bekommt durch das HMS Energia Suprema tatsächlich ein cooles Upgrade – im Tiefton erwachsen spielende Standlautsprecher vorausgesetzt.
Nomen est omen – Mehr Energie auf der Bühne
Und wenn wir schon bei „emotional-packend“ sind: Die großformatige Bühne, sprich die Ausdehnung, mit der sich die Abbildung virtuell in den Hörraum streckt, ist ebenfalls große klasse. Meine Quantum-Powerchords quetschen beispielsweise Downloads hochimpulsives Elektrogefrickel auf dem Album Helicopter + Wookie Wall (auf Amazon anhören) eher zwischen meine Wilson SabrinaX, als dass sich das Klangbild über die Lautsprecherschallwände hinaus ausdehnt, wie das beim HMS-Netzkabel der Fall ist. Logisch, man wird man das nicht am Wattmeter ablesen können, dennoch fühlt sich’s irgendwie so an, als würde das Energia Suprema – nomen est omen – mehr Energie in meine Endstufen blasen. In Sachen Bühne ist das Kondo dann übrigens quasi zentimetergenau pari mit dem HMS, diese beiden Netzkabellösungen nehmen sich hier nichts.
Freier Blick auf feine Texturen
Ebenfalls pari sind die HMS- und Kondo-Netzkabel in puncto Klangreinheit und Detailfokussierung. Die preiswerteren Netzkabel von Swisscable und Quantum fallen hier hingegen hörbar ab. Ja, beide Aspekte sind in gewisser Weise artverwandt: Ertönen Musikdetails vor einem „schwarzen“, grisselfreien Hintergrund, lassen sie sich vom Gehör auch räumlich eindeutiger fassen. Eine akkurate – und eben nicht flächige oder ausgefranste – räumliche Definition von Details zahlt wiederum auf die Abwesenheit von unterschwelligem Nebel oder Nervosität ein. Die Netzkabel von HMS und Kondo sind in dieser Sache nicht nur gleichauf, sondern ganz große Klasse – mit ein Grund, warum ich mir die Kondo vor einiger Zeit zulegte, das HMS hatte ich zu der Zeit noch nicht gehört. Schön zudem, dass die akustische Schleierfreiheit und der klare Fokus natürlich auch dafür sorgen, dass subtile Texturen – wie etwa von Hi-Hats oder Becken – gut zur Geltung kommen und nicht einfach nur als unterkomplexe Zischelei durchgehen. In Sachen Auflösung nehmen sich beide Netzkabel ebenfalls nichts.
Ähnlich – und doch für unterschiedliche Hörgeschmäcker: Kondo- und HMS-Netzkabel
Ich will hier gar kein Rattenrennen veranstalten, finde die Vergleiche zwischen dem HMS Energia Suprema und dem Kondo KSL-ACc Persimmon dennoch ziemlich spannend. Beide zählen mit zu den besten Netzkabeln, die bisher in meiner Filterleiste steckten. Und wenn sie wie beschrieben teilweise recht ähnliche Stärken aufweisen, zielen sie letzten Endes dennoch auf unterschiedliche Hörgeschmäcker ab. Zum einen natürlich aufgrund des erwähnten Tieftondrucks des HMS, das untenrum schlichtweg einen hörbar besseren Job macht. Zum anderen, weil das Kondo dafür obenrum tonal mehr aufmacht, einen Tick offener tönt, das Klangbild mutet auch dadurch etwas präsenter an. Nicht zuletzt Schlagzeugbecken rücken tonal einen Tick eindeutiger ins Licht. Das HMS Energia Suprema weicht hier minimal von der strengen Hifi-Lehre ab und rührt gewissermaßen eine kleine Prise Milde in die Musik – ohne dass Details über die Wupper gingen. Und es gibt der Musik zudem einen angenehmen Fluss mit: Die Attack von Tönen wird zwar akkurat, aber nicht ultrazackig nachgezeichnet (gut zu hören etwa bei Toms oder Snares), was sich – so gering ist dieser Zug dosiert – beim normalen Musikhören eher unterschwellig bemerkbar macht: als angenehme Geschmeidigkeit.
Test-Fazit: HMS Energia Suprema
Auch wenn Klangunterschiede bei Kabeln in der Regel vergleichsweise subtil ausfallen, bin ich mir sicher, dass der eine oder andere Hörer doch überrascht sein wird, wenn er mit den HMS Energia Suprema seine Geräte an die Leine nimmt: Der Gewinn an Bassdruck und -schwärze kann sich – natürlich abhängig von den bisherigen Netzkabeln – nämlich recht deutlich offenbaren. Ja, der Tiefton des HMS geht tatsächlich als echtes Sahnestückchen durch, zumal das „Mehr“ an Bass dabei weder etwas mit verminderter Präzision noch Abkehr von tonaler Neutralität zu tun hat – im Gegenteil.
Wer seine Anlage auf mehr Hochton und Air trainieren will oder generell auf eher präsente Klangbilder steht, wird hingegen wahrscheinlich zu anderen Netzkabeln greifen, ich würde das HMS Energia Suprema für neutrale oder (zu) hell abgestimmte Ketten empfehlen, trägt es doch eine leichte tonale Wärme ins Klangbild. Die unterschwellige Zunahme von Geschmeidigkeit und Lockerheit zahlt ebenfalls drauf ein, dass das HMS-Netzkabel eher als „Genießerkabel“ durchgeht. Wobei in diesen Zusammenhang ein weiteres Highlight zu nennen ist: Genuss und Präzision sind hier keine Widersprüche, das Energia Suprema befördert bei aller Euphonie gleichwohl eine hochfeine Auflösung – und zwar ganz unangestrengt vermittels einer sehr angenehmen Klarheit, mit der auf feine Texturen und Klangfarben geblickt werden kann. Die Leverkusener Leitungen verdienen sich unbedingt eine nachdrückliche Probehörempfehlung.
Fakten:
- Modell: HMS Energia Suprema
- Konzept: niederinduktives Netzkabel
- Preis (1,5 m): 1.500 Euro inkl. Schuko-Stecker FI-38G und IEC-Heißgerätebuchse FI-28G von Furutech, andere Konfektionierungen auf Anfrage
- Geometrie/Leiterquerschnitt: fünf Viererpakete aus kreuzverschalteten Phasen- und Nullleitern, sechs PE-Leiter, jeweils 7,5 Quadratmillimeter Gesamtquerschnitt
- Sonstiges: Nylongewebemantel mit Kohlenstoffeinlagerung
- Widerstand: Gleichstrom – 4,78 mOhm/m; Induktivität – 52 nH/m; Kapazität – 675,5 pF/m
- Garantie: 2 Jahre, bei Registrierung 5 Jahre
Hersteller und Vertrieb:
HMS Elektronik – Hans M. Strassner GmbH
Am Arenzberg 42 | 51381 Leverkusen
Telefon: +49(0)2171-734007
E-Mail: mail@hms-elektronik.com
Web: https://www.hmselektronik.eu/
Test: HMS Energia Suprema | Netzkabel