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Wiedersehen macht Freude: Meine ersten Lautsprecher für stereofones Hören waren Heco-Kompaktboxen (Web: www.heco-audio.de). Das war 1985 und ich zarte 14 Jahre alt. Mein Opa hatte mir einen uralten Dual-1010-Plattenspieler vererbt, doch ich besaß dummerweise weder Verstärker noch Lautsprecher. Und auch keine Schallplatten. Was ich aber besaß, war ein Philips-Experimentierkasten, mit dem man einfache Verstärker bauen konnte. Leider jedoch nur Mono-Verstärker. Immerhin waren im Experimentierkasten genügend Bauteile vorhanden, um zwei Verstärker dieser Art zu bauen. Gesagt, getan: Ich bastelte also zwei Eintakt-Transistorendstufen, schnitt mit einer Gartenschere den DIN-Stecker des Plattenspielers ab, trennte die Leitungen auf und verband die abisolierten Adern für linken und rechten Kanal mit jeweils einem Verstärker. Jetzt fehlten nur noch Lautsprecher und eine Schallplatte. Auf dem nächsten Flohmarkt in der Stadt erwarb ich für 5 DM zwei reichlich angeschrammte Kompaktlautsprecher von Heco und die Smokie-Single „Lay Back in the Arms of Someone“. Das Ergebnis meiner Bemühungen: Ich war im HiFi-Himmel! Was für ein Sound! Mein mir bis dato treu zur Seite stehendes Saba-Dampfradio war abgemeldet und ich lebte seitdem nach der Devise: Stereo macht doppelt froh! Und der Name Heco hatte sich bei mir eingebrannt – die Lautsprecher schafften es bis in meine erste Studentenbude.
Jetzt, 34 Jahre nach meiner audiophilen Initiation, habe ich erstmals wieder Lautsprecher von Heco zu Hause stehen. Das seit 1949 aktive Unternehmen hat in seiner siebzigjährigen Geschichte eine Unzahl von Lautsprechern auf den Markt gebracht. Auch heute bietet der Hersteller ein umfangreiches Portfolio an. Es gibt aktuell eine zweistellige Zahl von Produktlinien mit knapp 50 verschiedenen Modellen: vom kleinen runden Einbaulautsprecher bis hin zum ausgewachsenen Standlautsprecher – und von der kompakten Aktivlösung bis zur kompletten Heimkino-Lautsprecherfamilie. Wir befassen uns hier und heute mit der Heco Celan Revolution 3 (Preis: 999 Euro), einem kompakten Abkömmling der Celan-Revolution-Serie. Die Celan-Serie liegt inzwischen in der vierten Generation vor und wurde gerade kürzlich erst komplett überarbeitet.
War mein damaliger Heco-Lautsprecher noch ein typischer „Schuhkarton“ aus Holz mit nicht abnehmbarer Metallgitterbespannung, so macht der Celan Revolution 3 optisch schon wesentlich mehr her: Alle Ecken sind abgerundet und die Oberseite ist nicht plan, sondern nach oben angewinkelt sowie nach Art eines Schiffsrumpfs nach hinten verjüngt. Grübel, grübel, das habe ich doch so ähnlich schon einmal gesehen – ach ja: Bei der Venere 1.5 von Sonus faber, die mit 1.250 Euro auch in einem vergleichbaren Preissegment angesiedelt ist. Diese Bauform soll in erster Linie stehende Wellen verhindern, die sich zwischen gegenüberliegenden geraden Wänden gerne aufbauen – und praktischerweise hindert die schräge Bauform auch Lebensgefährtinnen und -gefährten daran, auf den Lautsprechern Weinflaschen, Blumenvasen, Duftkerzen oder sonstigen Zierrat abzustellen. Die Verarbeitung des mehrfach verstrebten MDF-Gehäuses ist ganz ausgezeichnet, die Hochglanzlackierung so akkurat ausgeführt, dass sie auch eine bis zwei Preisklassen höher noch standesgemäß wäre, sämtliche Materialien wirken wertig.
Den Frequenzbereich bis 2.800 Hertz verantwortet ein klassischer dynamischer Konustreiber mit Langhubsicke und 32-mm-Schwingspule, die eine Membran aus sogenanntem „Kraftpapier“ – ein vergleichsweise festes Papier mit langen Fasern – in Schwingung versetzt. „Obenrum“ gibt’s einen Kalottenhochtöner mit einer 30-mm-Polyfiber-Compoundmembran, einem Ferrit-Doppelmagnetsystem und einer Alu-Frontplatte mit spezieller Formgebung, die bei Heco „Fluktus-Geometrie“ heißt.
Ihr Profil wurde computeroptimiert und soll laut Hersteller unter allen Winkeln ein besonders ausgewogenes und harmonisches Abstrahlverhalten mit sich bringen. Dank seiner Ferrofluid-Kühlung sei der Hochtöner auch besonders hoch belastbar und pegelfest, so Heco weiter.
Die Rückseite lässt den Tester zufrieden nicken: Wir sehen ein perfekt eingepasstes, strömungsoptimiertes Bassreflexrohr und ein hochwertig anmutendes Lautsprecherterminal, das neben Bi-Wiring sogar eine Hochtonanpassung gestattet: Der Pegel kann von „linear“ auf „+2 dB“ angehoben werden. Der Wirkungsgrad der Heco liegt bei 90 dB/W/m.
Heco Celan Revolution 3: Klangeindruck
Bevor es ans Experimentieren geht, folge ich meinem eingespielten Testablauf: Die Boxen werden mit dem Vollverstärker Hegel H90 verbunden, dieser wiederum mit dem C.E.C. CD5 CD-Spieler beschickt. Und schnell wird klar: Wir haben es hier mit einem Lautsprecher zu tun, der gleichermaßen dynamisch wie analytisch zu Werke geht – und damit dann doch deutlich anders spielt als meine fast dreimal so teure Harbeth 30.1, die eher lässig-sonor und tonal aus der Mitte heraus agiert.
Hoch- & Mittelton
Besonders ohrenfällig wird der Unterschied im Obertonbereich: Der Hochtöner der Heco Celan Revolution 3 löst phänomenal genau auf, weshalb ich mir die Revolution 3 auch sehr gut in einem Tonstudio als Abhöre vorstellen könnte. Nehmen wir Jimmy Smiths „Blues after all“ (Album: Retrospective remastered; auf Amazon anhören), damals erschienen auf dem legendären Verve-Label: Die Verve-Tonmeister haben seinerzeit den typischen Label-Sound geprägt, indem sie recht experimentierfreudig mit Halleffekten und Pingpong-Stereo gespielt haben. Das entspricht zwar nicht unbedingt der reinen HiFi-Lehre, sorgt aber für eine mitreißende und zuweilen auch etwas psychedelische Atmosphäre. Die Celan Revolution 3 schält deutlich heraus, dass das Schlagzeug hier nicht klassisch abgemischt wurde, sondern dass Snare und Becken einen kleinen Extraschuss Hall mitbekommen haben, der den Schlagzeugklang merklich intensiver macht und auch eine tiefe Räumlichkeit suggeriert, die der ursprüngliche Aufnahmeraum wohl eher nicht hergeben konnte.
Der Heco-Lautsprecher lässt einen durch sein hohes Auflösungsvermögen aber auch spüren (wenn man denn ein highfideler Erbsenzähler ist), dass hier ein wenig getrickst wurde im Vergleich zu einer klassischen Abmischung, bei der den Einzelinstrumenten des Schlagzeugs ein eher kohärenter Hallanteil zugestanden wird: So lässt sich mit ihm heraushören, dass die einzelnen Schlaginstrumente unterschiedlich lange nachklingen und sogar auch, dass die Hallräume sich tonal voneinander unterscheiden: Bei der Snare ist der Hall nach oben hin eher abgesoftet, während er bei den Toms auch im Obertonbereich „mitsingt“. Interessanterweise – oder besser: glücklicherweise – trübt diese recht analytische Gangart den Musikgenuss nicht, die Atmosphäre des Stücks ist und bleibt mitreißend; trotzdem hat man das Gefühl, der Musik „von einer exponierten Position aus“ beizuwohnen und das, was bei der Produktion „veranstaltet“ wurde, zu erkennen und zu verstehen.
Auch die Bläsersektion, bestehend aus Trompete, Posaune und Altsaxophon, profitiert vom pfeilschnellen, detailreichen Hochton und einem ebenfalls sehr fein aufgefächerten Mittenband: So verleiht der farbenprächtige Mittenbereich jedem dieser Blasinstrumente eine ganz klare Prägung und bildet damit die Klangcharaktere der Instrumente authentisch ab. Außerdem sind Anblas- und Nebengeräusch klar vernehmbar – und jede noch so feine Laut-Leise-Schattierung, die sich durch die Blastechnik einerseits und das unvermeidliche Annähern und Entfernen des Instruments vom Mikrofon andererseits ergibt. In dieser Disziplin kann sich die Heco Celan Revolution 3 durchaus mit wesentlich ambitionierteren Lautsprechern wie der B&W 702 S2 (circa 4.000 Euro) messen.
Die Anbindung an die Mitten erfolgt allerdings nicht völlig bruchlos, was an Jimmy Smiths Hammondorgel sehr gut festzustellen ist, denn sie spielt über einen weiten Frequenzbereich: vom gutturalen Tieftongrollen über ein weit gefächertes Mittenband bis in die hohen Lagen, wo die Mixtur-Register zuweilen auch schon mal ins Öhrchen beißen. Ein Großteil des Wiedergabebereichs wirkt über die Celan 3 kohärent und gleichmäßig aufgefächert – wenn es auf die hohen Frequenzen zugeht, scheint mir die Kalotte aber doch etwas alerter als der Tiefmitteltöner aufzuspielen.
Insgesamt sorgt die etwas hellere Abstimmung der Heco Celan 3 in den meisten Anwendungsfällen für Hörgenuss, bietet sie doch einen packenden und energetischen Klang und viele Details. Zudem können durch diese Tonalität etwas „gemütliche“ Zuspieler teils erheblich gewinnen: Ich paarte die Heco Celan Revolution 3 beispielsweise mit meinen Audreal-Röhrenmonoblöcken und war nachgerade begeistert. Diese Monos habe ich nämlich ins Herz geschlossen, obwohl sie den Obertonbereich zuweilen etwas über Gebühr verrunden und nach oben hin ausblenden. Der kleine Extraschuss Präsenz im Hochton, verbunden mit der ausgezeichneten Auflösung, wirkte für die Audreal-Amps wie eine Frischzellenkur: Als hätte man einen Vorhang weggezogen, spielten diese nun befreiter und auch involvierender auf als beispielsweise im Verbund mit meinen Harbeth-Lautsprechern. Auch die Paarung mit meiner Valvet-Eintakt-Transistorendstufe entpuppte sich als Glücksgriff: Der anständige Wirkungsgrad der Heco Celan Revolution 3 ließ aus schlappen 12 Watt Sinusleistung einen ebenso präzisen wie quirlig-anmachenden Sound werden. Aber natürlich gilt umgekehrt auch: Tendiert die zuspielende Elektronik ins leicht Helle, kann’s in Kombination mit der Heco obenrum auch zu viel des Guten werden.
Tiefton
Recht beeindruckend angesichts der Größe dieser Lautsprecher ist der Bass: Er ist flink, hat aber zugleich genügend Substanz und Druck, zumindest wenn es um natürliche Instrumente und Klangquellen geht. Bassdrums und die Pedalsektion der Hammondorgel kommen trocken und fix, unverschleppt und tief genug, dass sich eine realistische Live-Atmosphäre einstellt und nicht nur das Gefühl, „da kommt gerade Musik aus einer Konserve“. Krasse Sägezahn-Synthiebässe wie bei der schrägen Dance-Scheibe „Trouble Rides a Fast Horse“ (Album: Palm Skin Productions / Remilixir) kommen über die Heco Celan 3 jedoch weniger aggressiv und zupackend rüber. Auch der legendäre Bass in Pink Floyds „Another Brick in the Wall“ ist bei der Heco Celan Revolution 3 zwar „da“, aber eben nicht so substanziell wie mit einem größeren Lautsprecher – was ja auch nicht verwundert.
Wer diesbezüglich „mehr“ möchte, insbesondere im Tiefbass, der muss sich dann schon bei Standlautsprechern wie der nuBox 683 (deren Hochtonauflösung aber nicht ansatzweise an der Performance der Revolution 3 kratzen kann) oder wesentlich dicker auftragenden Kompaktlautsprechern wie der XTZ Divine Delta umsehen. Gerade Letztere macht den Tiefbass körperlich spürbar, belastet den Geldbeutel aber auch mit knapp 4.000 Euro. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Standlautsprecher – wie meine Zweitabhöre Audes Maestro 116 (1.600 Euro) –, die der Heco Celan Revolution 3 im Tiefbass eher noch ein Stück weit unterlegen erscheinen. Bleibt festzuhalten: Für eine Kompakte dieser Größe wird hier viel geboten.
Auf der Bühne
Und nun zur Kür, zur Parade, zum i-Tüpfelchen: der stereofonen Abbildung. Sie ließ mich spontan an die bereits oben erwähnte Sonus faber Venere denken: Wie der Klang sich von den Lautsprechern löst, wie weit er sich horizontal und vertikal über die Abmessungen der Lautsprecher hinaus ausdehnt, wie präzise die Schallquellen dabei trotzdem zu orten sind – das scheint mir eine der Hauptattraktionen dieses Lautsprechers zu sein. Bei „The Sun“ von Soap&Skin (Album: Soap&Skin; auf Amazon anhören) beispielsweise ist alles da: zu Beginn ein eher klaustrophobisch-eng gemischtes Klavier im Verbund mit einer verhallten, gedoppelten Gesangspur und flächig in die Breite gemischten Synthesizer-Klangflächen. Zur Klimax des Songs hin wird der Hallanteil der Stimme immer weiter reduziert und im Mittelteil kommen an unterschiedlichen Stellen im Panorama verteilte bizarre Geräusche hinzu, die an Staubsauger und alte, technische Apparaturen erinnern.
Die Heco Celan Revolution 3 lässt den Hörer an allen diesen Entwicklungen sozusagen von der ersten Reihe aus teilnehmen. So könnte man beispielsweise das am Anfang erklingende Klavier in der Horizontalen fast auf den Zentimeter genau abmessen, während die Stimme sich realistisch in der Mitte manifestiert. Die Synthesizer-Pads, aber auch die später hinzukommenden Geräusche, scharen sich deutlich links und rechts um das Klavier herum, sie werden klar wie mit einem Laserpointer ausgeleuchtet. Sämtliche Akteure haben ordentlich Raum um sich herum und werden sehr exakt platziert. Manche Lautsprecher lassen die Schallquellen ja etwas im „Ungefähren“, was ein organisch-kohärentes Gesamtbild abgibt – so macht es die Heco nicht, sie „rastert“ die Bühne geradezu durch. Welche Art der Raumdarstellung einem mehr zusagt, ist natürlich Geschmackssache – mir hat die Celan 3 sehr gut gefallen.
Test: Heco Celan Revolution 3 | Kompaktlautsprecher