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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 The Racing Machine
  2. 2 Klangtest und Vergleiche: GGNTKT Model M1

Nanu, wer hat denn hier die Vokale geklaut? Das war mein erster Gedanke, als ich über den Markennamen GGNTKT stolperte. Sperriger geht’s kaum – auf der anderen Seite prägt sich so ein Name sehr gut ein. Am Ende braucht es nur zwei „E“ und ein „A“, um aus dem Konsonantensalat das Wort „Gegentakt“ zu erzeugen. Darunter versteht man ein auch als „Push-Pull“ bekanntes Verstärkerprinzip, bei dem separate aktive Bauelemente die positive und negative Halbwelle eines Signals verstärken. Wer allerdings mutmaßt, dass beim „GGNTKT Model M1“-Lautsprecher (8.450 Euro inklusive Endstufe | https://ggntkt.de/) klassisch im Gegentakt verstärkt wird, der irrt: Hier ist Class-D-Technik am Start. Roland Schäfer, Mastermind hinter der noch jungen Marke GGNTKT, ist offenbar ein Filou – zumindest aber ist der Meckenheimer mit rheinischer Frohnatur und viel Sachkenntnis ausgestattet, wie ich am Telefon feststellen darf. Ohne Telefonat geht’s auch nicht, denn der Model M1 ist kein Lautsprecher von der Stange. Hier gibt es einiges nachzufragen – und zu entdecken.

Das beginnt schon bei der Anlieferung: Bei GGNTKT überlässt man nichts dem Zufall und verzichtet daher auf die üblichen Paketwerfer – mich erreicht stattdessen eine schmucke, blitzsauber gepackte und verschnürte Palette, auf der sich zwei Model-M1-Lautsprecher, zwei massive Stative, eine Kabelbox sowie ein externes Verstärkermodul befinden. Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass das GGNTKT Model M1 als Aktivsystem deklariert wird, obwohl die Elektronik außerhalb der Lautsprecher in einem 19-Zoll-Gehäuse (eine Höheneinheit) unterbracht ist. Die Erklärung ist aber ganz einfach: Aktivlautsprecher sind formal dadurch definiert, dass die Verstärkung hinter der Frequenzweiche stattfindet und die Treiber auf separate, speziell abgestimmte Verstärker zurückgreifen – wie dies am Ende räumlich organisiert ist, ist nicht entscheidend. Das Ankabeln anderer Verstärker ist somit weder vorgesehen noch ansatzweise sinnvoll in diesem Fall. Blicken wir zunächst mal auf die Lautsprecher.

Breiter als hoch

Blick auf die Gehäusegrundfläche des GGNTKT Model M1

Zirka 40 Zentimeter breit und nur 14 Zentimeter tief: Die Form des GGNTKT Model M1 ist Teil des technischen Konzeptes – und macht auch optisch was her. Unsere Testmodelle kommen in der Sonderausführung „Trevisilbertürkis-Metallic“, unter anderem ist aber auch die komplette RAL-Palette verfügbar

Die GGNTKT Model M1 erinnern mich spontan ein bisschen an die schwedische Guru Q10, denn sie kommen nicht im klassischen Schuhkarton-, sondern eher im Schulranzenformat daher, sind also breiter als hoch und breiter als tief. Das bedingt fast zwingend, dass man mit „normalen“ Lautsprecherständern hier nicht sehr weit kommt. Aus diesem Grund hat GGNTKT gleich passende Stative am Start: Sie kosten 1.690 Euro (Paar) – dieser Preis ist fairerweise ins Gesamtpaket einzukalkulieren. Dafür bekommt man sehr schicke und hochwertige Ständer, die noch dazu bombenfest stehen und bestens verarbeitet sind.

Raum für Spielereien: das Gehäuse

Nicht nur die Gehäuseform der Lautsprecher ist abseits der Norm, auch das Material sieht man nicht so oft, denn hier kommt das sogenannte Valchromat, ein MDF-Derivat, zum Einsatz. Während normales MDF bekanntermaßen aus Holzfasern besteht, die zu einer homogenen Platte gepresst werden, werden die Fasern bei Valchromat zusätzlich mit organischen Farbpigmenten eingefärbt und mit speziellen Harzen behandelt. Dadurch ist diese spezielle Form des MDF härter, widerstandsfähiger und weniger anfällig gegenüber Feuchtigkeit. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass das Material an der Oberfläche wie in der Tiefe überall gleich aussieht: Wird es gefräst, gebohrt oder geschliffen, bleiben Farbigkeit und Struktur ohne Unterbrechung erhalten.

Die Gehäuseexplosion des GGNTKT Model M1

Das Gehäuse der GGNTKT Model M1 besteht aus Valchromat, ist – auch vorteilhaft bei Kratzern – durchgefärbt und in nahezu jeder erdenklichen Farbe erhältlich (Bild: GGNTKT)

Das lässt allerlei Spielereien zu: So kommt das GGNTKT Model M1 in der Standardausführung entweder in RAL 9010 („Reinweiß“), was ein angenehm warmes und nicht zu steriles Weiß bedeutet, oder in RAL 9011 („Graphitschwarz“). GGNTKT bietet den Lautsprecher gegen Aufpreis in jeder anderen RAL-Farbe an, außerdem gibt es auf Wunsch noch spezielle Lackierungsoptionen: So kommt unser Proband, den Sie auf den Fotos sehen, in der Sonderausführung „Trevisilbertürkis-Metallic“, die – so Roland Schäfer schmunzelnd – wohl auch von einem gutbeleumundeten italienischen Sportwagenhersteller genutzt wird.

Viel Verantwortung auf kleinen Schenkeln

Fürs Model M1 bearbeitet GGNTKT das Valchromat-Gehäuse mit reichlich komplexen CNC-Maschinen. Nur so sind die tadellos ausgeführten und akkuraten Rundungen zu erklären – und der raffinierte, direkt ins Gehäuse gefräste Waveguide, der in seiner Form schon einem Hornvorsatz nahekommt. Und richtig: Dahinter befindet sich artgerecht ein Ringmembran-Kompressionstreiber aus dem gutbeleumundeten Hause BMS mit Stammsitz in Hannover. Die 56-Millimeter-Ringmembran mit 44-Millimeter-Schwingspule hat, so erklärt mir Roland Schäfer, trotz ihrer großen Membranfläche (1660 mm²) nur sehr kleine Membranschenkel (12 Millimeter). Dadurch schwinge die Membran phasengleich und quasi ohne Partialschwingungen im Hochtonbereich. Die Ankopplung an den Tiefmitteltöner erfolgt dann auch recht tief – bereits bei 1400 Hertz kommt der Hochtöner ins Spiel, den tieferliegenden Frequenzbereich bespielt ein klassischer dynamischer 17-Zentimeter-Treiber aus dem Hause SB Acoustics. Die geometrisch verstärkte und beschichtete Aluminium-Membran soll sich im Übertragungsbereich bis in die Mitten vollkommen resonanzfrei verhalten. Ventilierte Druckgusskörbe halten die auf geringste Verzerrungen optimierten Antriebe und sollen so auch bei hohen Pegeln eine maximal unverfärbte Reproduktion liefern.

Auf nach vorne! Mit der richtigen Rückseite …

Die Rückseite des GGNTKT Model M1

Die Rückseite des GGNTKT Model M1: Die beiden dortigen Treiber sollen nicht einfach den Bass aufpumpen, im Gegenteil: Mit ihnen lässt sich eine raumunkritischere Kardioid-Abstrahlung bewerkstelligen

War’s das jetzt? Nö! Denn auf der Rückseite finden wir zwei weitere 17- Zentimeter-Treiber. Warum das? Nun, hier kommen wir zur nächsten Besonderheit, denn das GGNTKT Model M1 gehört zu den wenigen Exoten am Markt, die einen Kardioid-Bass aufweisen. Das bedeutet: Die Lautsprecher strahlen tiefe Frequenzen nicht kugelförmig in alle Richtungen ab, sondern bevorzugt nach vorne. So ähnlich also wie bei der Nierencharakteristik eines Mikrofons, bei der (anders als bei der „Kugel“ oder der „Acht“) vor allem die frontseitigen Schallanteile eingefangen werden.

Wie das beim Model M1 funktioniert? Normalerweise breitet sich ein Bass-Signal nahezu omnidirektional aus, weil die Wellenlängen mit abnehmender Frequenz immer größer werden. Um eine gerichtete Abstrahlung zu erzielen, nutzt man das Prinzip der Interferenz: Der vordere Treiber wird mit den hinteren per Phasenverschiebung so kombiniert, dass die Treiber sich nach hinten gegenseitig auslöschen, während sie sich nach vorne verstärken. Dadurch entstehen im Raum weniger störende Resonanzen (Moden), außerdem wird die Energie effizienter genutzt, da sie gezielt in den Hörraum abstrahlt. Oder (einen Euro ins Metaphernschwein): Während ein normaler Basstreiber wie eine Glühbirne arbeitet, die ihr Licht in alle Richtungen abgibt, zeigt sich der Kardioid-Bass eher wie eine Taschenlampe, die den Schall nach vorne bündelt und nach hinten kaum abstrahlt.

Lässt sich doch regeln: Equalizer und Telefonsupport

Die Aktivelektronik der GGNTKT Model M1

Die Aktivelektronik des GGNTKT Model M1 kommt inklusive DSP und ordentlich Class-D-Power im externen Gehäuse

Sie ahnen es bereits: Ohne DSP geht das alles nicht. Und daher befinden sich in der externen Verstärkereinheit nicht nur potente Class-D-Amps des Herstellers Pascal mit insgesamt 420 Watt Leistung pro Lautsprecher, sondern auch 24-Bit-Wandler und 32-Bit-Sharc-DSP-Rechenknechte der vierten Generation. Angenehmer Nebeneffekt dieser geballten Rechenpower: Als Zusatzgimmick gibt es auch die Möglichkeit, den Frequenzgang zu beeinflussen: Gleich zehn parametrische Equalizer stehen zur Verfügung, um den Klang entweder an die Raumakustik oder die persönlichen Vorlieben anzupassen. Bis zu 99 Presets lassen sich auf diese Weise erzeugen – allerdings wird diese Option nur denjenigen angeboten, die sich das auch wünschen. Denn um alle diese Spielereien zu nutzen, müsste man zunächst eine für Windows und Mac verfügbare Steuerungssoftware von der GGNTKT-Website herunterladen und installieren, sodann den Rechner per USB mit der Endstufe verbinden und sich dann durch die Menüs hangeln.

Darauf hat nicht jeder Lust, denn viele Kunden möchten einfach nur Musik hören, weiß Roland Schäfer. Wer jedoch Hand anlegen will, der wird von GGNTKT unterstützt: Die Software ist kostenlos, und auf Wunsch gibt es freundlichen Telefonsupport für Einrichtung und Nutzung. Ein weiterer, allerdings aufpreispflichtiger Zusatzservice von GGNTKT ist eine Vor-Ort-Raumeinmessung und händische Anpassung per DSP, weil man vollautomatischen Messungen mit nicht zertifizierten Messmikrofonen nicht so richtig traut. Wenn schon, dann bitte auch gleich richtig – ein mir sehr sympathisches Vorgehen.

Sub oder low?

Visualisierung des Abstrahlverhaltens des GGNTKT Model M 1

Ein homogenes Abstrahlverhalten gehörte zu den mitentscheidenden Entwicklungszielen von GGNTKT (Bild: GGNTKT)

Erwähnenswert wäre noch, dass es auch für Nicht-Power-User bereits ab Werk zwei wählbare Kardioid-Abstimmungen und ein Sonder-DSP-Preset gibt. All dies ist ebenfalls über die Software abrufbar. Die Konfiguration „Sub Cardioid“ arbeitet destruktiv, löscht also über die rückwärtigen Treiber den Bass nach hinten nahezu vollständig aus. Im Gegenzug erntet man eine etwas schlankere klangliche Abstimmung und kann die Lautsprecher sorglos wand- oder ecknah aufstellen. Die Konfiguration „Low Cardiod“ hingegen minimiert nur die Frequenzen über 200 Hertz, klanglich ergibt das also einen gewissen Subwoofer-Effekt mit einer milden Bassverstärkung. Zu guter Letzt lässt sich auf Wunsch noch ein spezielles Nahfeld-Preset abrufen: Hier wird die Übergangsfrequenz zwischen Tiefmittel- und Hochton verändert, sodass das Model M1 mit diesem Preset nach meinem Empfinden schon fast so kongruent wie ein Koaxialsystem klingt – praktisch für alle, die sehr nah an den Monitoren sitzen, wie es häufig im Studio vorkommt.

Verkabelung + Schnittstellen

Ungewöhnlich ist wohl ebenfalls, dass die Verbindung zwischen Endstufe und Boxen nicht über handelsübliche Lautsprecherkabel erfolgt, sondern per mit Speakon-Steckern konfektionierten Kabeln – eine Verbindung aus der PA-Technik, die man im Home-Hifi-Bereich nicht sehr oft sieht. Ich kenne das aus eigener Anschauung bisher nur vom Komplettsystem Linn Kiko oder vom Vestlyd V12c. Das hat technisch gesehen einige Vorteile: Zum einen ist Verpolen ausgeschlossen, zum anderen hält die Verbindung bombenfest und ist einfach herzustellen: Einstöpseln, ein Stück drehen, und es macht klick. Mit Hornbrille und Rollkragenpulli ausgestattete Design-Gurus könnten indes bekritteln, dass das mitgelieferte, recht dicke Speakon-Kabel einen allzu wohnlichen Hörraum optisch etwas konterkarieren könnte. Hier gäbe es von meiner Seite den Verbesserungsvorschlag, bei der nächsten Edition der Lautsprecherständer doch gleich noch einen Kabelkanal mitzuliefern.

Die Rückseite der externen Endstufe der GGNTKT Model M1

Die externe Endstufe und das GGNTKT Model M1 nehmen über Kabel mit Speakon-Steckern Kontakt auf

Doch verlieren wir uns nicht in Details, weiter im Text: Die Verstärkersektion von Model M1 lässt sich wahlweise analog per XLR oder digital per AES/EBU (ebenfalls XLR) beschicken – letzteres erfordert allerdings eine Digitalquelle mit eigener Lautstärkeregelung. Da mir solche Lösungen zuweilen verlustbehaftet erscheinen, habe ich mich hier auf die analoge Zuspielung fokussiert, die Roland Schäfer zufolge auch die Mehrzahl seiner Kunden im Einsatz hat. Als Quellen dienen mein C.E.C. CD5 sowie mein Cambridge-Audio-Streamer, als Klangturbo für beide kommt mein HenryAudio DA 256 mit Farad-Super3-PSU zum Einsatz, und die Vorverstärkung erfolgt über den Tsakiridis Alexander. Auf geht’s.

Klangtest und Vergleiche: GGNTKT Model M1

Die PA für zuhause?

Ich mag’s ja, wenn ein Lautsprecher sein Revier markiert und sagt, „hier bin ich!“ Ganz klar, das GGNTKT Model M1 ist kein Allerwelts-Aktivling, sondern was Besonderes. Warum? Nun, weil er die Kraft, Direktheit, Dynamik und Neutralität eines Bühnen-PA-Systems so geschickt in den Hörraum herunterskaliert, dass man sich erst mal die Augen reiben muss: Das, was man sieht (schulranzengroße Boxen, denen man keine echte Basspotenz zutraut), geht jedenfalls nicht mit dem Gehörten zusammen. Wirklich erstaunlich, was hier für ein knochentrockener, tief hinabreichender und dynamisch packender Bass geboten wird.

Der Tiefmitteltöner des des GGNTKT Model M1

Die Tiefmitteltöner der GGNTKT Model M1 entfachen mehr Energie als man es den kompakten Aktivlingen zutraut

Ich habe dem Model M1 so einige bassstarke Tracks serviert, beispielsweise „Joe Meek will Inherit the Earth“ vom fabulösen Tropical-Fuckstorm-Album Fairyland Codex, aber auch das urgewaltige „Michigan Hammers“ von Protomartyrs Ultimate Success today. Ganz gleich, ob es um geknüppelte Bassdrums oder einen bauchigen, tiefen E-Bass geht: Das knallt erstens ohne jeden Verzug oder imaginären Reifenabrieb in den Raum, geht zweitens locker bis in den Kontra-Bereich und zeigt sich überdies noch dazu komplett unverzerrt, weder angedickt oder komprimiert, sondern vielmehr glasklar und transparent, ohne andere Frequenzbereiche als Kollateralschäden in die Ecke zu drängen. Oft ist es ja gerade bei kompakteren Konzepten so, dass der Bass entweder tief hinabreicht oder dynamisch „schnell“ beziehungsweise lastwechselfreudig ist. Falls man beides bekommt, mangelt es wiederum zuweilen an der Pegelfestigkeit; da geht es zuweilen schon mal in die Kompression oder Verzerrung.

Tropical Fuckstorm Fairyland CodexBei den lautstärkeseitig im Grunde partytauglichen GGNTKT Model M1 bekommt man hingegen alle drei Talente auf einmal. Einen ähnlich überzeugenden Antritt kenne ich so nur von aktiven Genelec-Monitoren wie dem 8361 (um 10.000 Euro). Beeindruckend. Wobei – so scheint es mir – das Model M1 diesen Effekt eben nicht nur über Membranfläche, Antriebskonzept und schiere Class-D-Leistung abruft, sondern hier sehr tatkräftig von der Kardioid-Konzeption unterstützt wird, denn er regt tatsächlich fast nur die Luft Richtung Hörer an und nicht den Raum nach hinten. Was man eindrucksvoll merkt, wenn man sich einmal spaßeshalber hinter den Lautsprechern positioniert. Es ist also auch der buchstäbliche Kontrast zwischen „Nutzschall“ und „ruhigem Raum“, der hier eine wichtige Rolle spielt.

Wie mit dem Lineal: die Tonalität

Das Hochtonhorn des GGNTKT Model M1 in der Nahaufnahme

Für die tonale Neutralität des GGNTKT Model M1 ist über weite Strecken die bereits ab 1,4 kHz einsetzte Hochtonabteilung verantwortlich

In den Mitten und auch in den Höhen setzt sich diese transparente Gangart lückenlos fort. Der Frequenzgang fühlt sich an, als sei er unter Zuhilfenahme einer Wasserwaage gezogen worden, zeigt sich komplett frei von Verfärbungen, Auslöschungen oder Betonungen und macht damit einem klassischen Studiomonitor alle Ehre. Stopp! Gilt so eine Formulierung überhaupt? Es gibt ja solche und solche Monitore – und meine Arbeitslautsprecher, die Harbeth 30.2 XD, kommen ja nun auch aus einem traditionsreichen Monitorhaus. Trotzdem klingen sie ganz schön anders, gerade im Mittenband und in den Höhen: Während die GGNTKT ziemlich sachlich-präzise aufspielt (und dabei, falls nötig, auch mal einen Finger in die Wunde legen kann), zeigen sich die Harbeth insgesamt etwas milder, und vor allem im Hochton ein Stück weit zurückgenommener. Auch das erfüllt seinen Zweck, denn so wie wir Hifi-Genusshörer unterschiedliche Ansprüche und Geschmäcker haben, gilt das auch für Toningenieure: Der eine legt mehr Wert auf jedes feinste Detail – der andere schätzt eine etwas verrundende Darbietung für stundenlanges geschmeidiges Arbeiten. Der eine braucht zuerst einmal ordentlich Dampf auf dem Kessel, um auch Electro- und Powerproduktionen gut abmischen zu können, der andere präferiert einen Fokus auf den Mitten, wenn es beispielsweise um klassische oder Jazzproduktionen geht – und braucht keine unverzerrten Maximalpegel. Ergo: „Den“ Monitor gibt es eigentlich gar nicht.

Was heißt das aber nun konkret für die GGNTKT Model M1? Nun, sie verschweigen weder in den Mitten noch in den Höhen etwas. Wenn bei einer Studioproduktion der Klick, den der Drummer auf dem Kopfhörer hat, auf ein Overhead-Mikrofon überspricht, dann wird man das über den Model M1 sofort mitbekommen – und über die Harbeth eher dann, wenn man’s vorher schon weiß. Auch hier erinnert Model M1 wiederum qualitativ stark an die bereits weiter oben erwähnten Genelec-Aktivlinge – oder auch eine Horn Acoustic Ferria (um 11.000 Euro), sie zeigt sich also absolut preisklassenwürdig. Wenn hier und da ein paar nicht richtig heruntergedrückte Gitarrensaiten schnarren – wie beispielsweise im neuen Tom-Odell-Album „A Wonderful Life“, das „live on tape“ und ohne Overdubs aufgenommen wurde, dann ist das integraler Bestandteil der Musik, es firmiert nicht unter „ferner liefern“, wie bei vielen anderen Schallwandlern.

Die vorderen Treiber des GGNTKT Model M1

Unverfärbt ehrlich – so lässt sich der Gesamtauftritt der GGNTKT Model M 1 mit nur zwei Worten schon ganz gut beschreiben …

Ja, es sind diese Nuancen, die – ich sagte es ja oben schon – sehr auf das Live-Erlebnis einzahlen, das ist „the real stuff“. Hervorheben möchte ich aber noch, dass das Model M1 trotz seines analytischen Antritts niemals dünn oder farblos klingt, im Gegenteil: Der GGNTKT-Monitor bedient sich in den Mitten einer ausgedehnten und reichhaltigen Farbenpalette, aber er verfärbt nicht. Der Hochton ist alert, frisch und eher agil als seidig-mild. Nicht überbetont, trotzdem aber tendenziell etwas heller ausgeleuchtet als bei meiner eher lieblich als streng neutral abgestimmten Harbeth, auf keinen Fall aber mit der leichten Überpräsenz, die man zum Beispiel bei manch einer kompakten B&W erleben kann. Damit zeigt das Model M1 sowohl im Mittenband als auch im Hochton eine tendenziell detailverliebt-direkte, sicherlich nicht schmeichelnd-samtige, aber auf keinen Fall harte oder spitze Gangart. Klar: Wenn Ihr Beuteschema üblicherweise eher in Richtung „Triode plus Breitbänder“ geht, wird Ihnen das „schnelle“ und tonal neutrale GGNTKT Model M1 vermutlich etwas zu direkt und ungeschminkt auftreten. Stimmen und insbesondere akustische Instrumente werden halt mit klarer Präsenz dargeboten: Im Zweifelsfall eher Tageslicht am Mittag als Kerzenschein – aber weit entfernt von der guten alten Leuchtstoffröhre, um einen weiteren Euro ins Metaphernschwein zu werfen. Mir gefällt das, denn es erzeugt ein ganz klares Gefühl, wirklich dabei zu sein.

Vorhang auf: Die Bühne

Prolapse I Wonder When They're Going to Destroy Your FaceDem tonal nachgerade eidgenössisch anmutenden Neutralitätsgebot folgend zeigt sich auch die Bühnenabbildung. Sie bläht den Raum weder künstlich auf noch staucht sie ihn. Das Klangbild beginnt auf der Grundlinie und zeigt sich weitgehend so, wie die Toningenieure sich das beim Mix vermutlich gedacht haben. Es gibt Lautsprecher, die einen etwas größeren Raum zaubern – mir fällt da die kleinste Harbeth P3ESR XD ein. Ebenso gibt es aber auch Zunftkollegen wie die Ksdigital C5-Reference, die gerade in der Vertikalen eine etwas limitierte Abbildung anbieten: Der GGNTKT-Lautsprecher geht hier einen goldenen Mittelweg und bildet klaustrophobische Produktionen wie „The Fall of Cashline“ von Prolapse (Album: I Wonder When They’re Going to Destroy Your Face), die „kurz vor Mono“ gemischt wurden, engumrissen ab, während ein weitläufig gemischter Track („You and your friend / Dire Straits) nachgerade „unendliche Weiten“ aufzieht. Hier zeigt sich das GGNTKT Model M1 als valides und hochwertiges Arbeitsgerät, ohne unbotmäßig als Innenarchitekt in die wiedergegebenen Soundwelten einzugreifen.

Die hinteren Konustreiber der GGNTKT Model M 1

Von der sauberen Monomitte bis hin zu ausufernder Weite – die GGNTKT Model M1 skalieren auch räumlich mit dem Musikmaterial wie unbestechliche Studiomonitore, darauf zahlt bestimmt auch das Kardioid-Konzept mit ein

Zwei Dinge sind noch zu erwähnen: die sehr saubere und realistische Manifestation von mittig platzierten Schallquellen (üblicherweise dem Gesang) und der erfreulich breite Sweet Spot: Hier kann man auch mit der (oder dem) Liebsten im Arm auf dem Sofa hocken und trotzdem eine saubere Stereobühne genießen. Wenn es um die Lokalisation einzelner Schallquellen geht, dann gelingt diese dem Model M1 sehr gut, hier fächert sich die Bühne mit ihren Akteuren klar und verbindlich auf. Gut, nur nicht ganz so stark, gerät das indes in Bezug auf die Tiefe – hier kenne ich Konzepte, die diesbezüglich noch mehr können; zum Beispiel die Soundkaos Vox 3A (12.950 Euro), bei der – richtige Aufstellung vorausgesetzt – fast schon der Eindruck entsteht, die hintere Raumwand wäre kurz mal weggesprengt worden.

Laut, leise, langsam, schnell: Dynamik und Timing

Es klang oben bereits an: Zwar wird das GGNTKT Model M1 Frédéric Chopins „Minutenwalzer“ nicht in 58 Sekunden darbieten, aber wenn das ginge, hätte es das Zeug dazu. Man kann diesem Lautsprecher wirklich keine betuliche Dezenz attestieren, hier sitzt jede Note straff am rechten Fleck. Das ist kein Wunder, denn es sind gleich mehrere Technologien am Werk, die auf Dynamik und Geschwindigkeit einzahlen: Das beginnt bei der oben beschriebenen Elektronik und endet in der Hochtonabteilung mit Druckkammertreiber und Hornvorsatz.

Der Horntrichter des GGNTKT Model M1

Dynamisch auf Zack: Nicht nur die Lackierung der GGNTKT Model M1 erinnert an den Rennsport …

Und das Ganze macht wahrlich Spaß: Plötzliche Orchestertutti in Mahler-Sinfonien kommen so schnell aus dem pianissimo herausgeballert, dass einem lustvoll die Haare zu Berge stehen. Bei schnellen Sechzehntelläufen mit scharfen Mixturpfeifen auf der Kirchenorgel oder flirrenden Sizzle-Becken vibriert buchstäblich die Luft. Das ist auch mit Blick auf die Preisklasse schon außergewöhnlich gut.

Und natürlich wird – wie sollte es nach dem bisher Gesagten auch anders sein – feindynamisch ebenfalls erstklassig abgeliefert. Leise Artefakte (Umgreifen am Gitarrenhals, getretenes Hi-Hat-„Tschick“ wie in den getragenen Werken der frühen Bohren & der Club of Gore) geben die Model M1 absolut unverzögert und spurtreu wieder. Und da wir gerade beim Feinen und gewissermaßen auch der Lautstärke sind: Mir gefallen die GGNTKT-Aktivlinge am besten ab vielleicht Zimmerlautstärke aufwärts, da kommt ihr Hallo-wach-Charakter am besten zum Tragen, ausgewiesene Lautsprecher zum Flüsterhören sind sie hingegen weniger.

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Test: GGNTKT Model M1 | Aktivlautsprecher

  1. 1 The Racing Machine
  2. 2 Klangtest und Vergleiche: GGNTKT Model M1

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