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Mai 2015 / Jochen Reinecke
Zugegeben, es gibt Lautsprecher, die auf den ersten Blick einen wesentlich spontaneren und heftigeren „Habenwill!“-Reiz auslösen als die Genelec-8351-Aktivmonitore (www.genelec.de). Ist ihr massives Gehäuse aus Aluminium zwar auch sehr sauber verarbeitet – ganz klar, das hier ist die Profiliga –, so war die äußere Erscheinung dieser Lautsprecher trotzdem nicht gerade dazu angetan, mich sofort Hals über Kopf in sie zu vergucken (es gibt sie allerdings auch in Weiß). Andererseits habe ich diverse Monitore des finnischen Herstellers aus meiner aktiven Zeit als Toningenieur stets in bester Erinnerung – als höchst detailreich aufspielende, ermüdungsfreies Arbeiten ermöglichende und nicht zuletzt extrem zuverlässige „Kollegen“.
Auf den zweiten Blick wirken die Genelec 8351 schon wesentlich interessanter. Sichtbar ist nämlich nur der koaxiale Mittelhochtontreiber, während die beiden ovalen Tieftonchassis gewissermaßen hinter der Schallwand versteckt wurden. Ein raffiniertes System aus Schallschlitzen in Verbindung mit der Anordnung dieser Tieftontreiber bewirkt durch eine akustische Beugung des erzeugten Schalls eine Richtwirkung nach vorne. Also gewissermaßen eine Punktschallquelle über den gesamten Frequenbereich. Es handelt sich beim 8351 um einen echten aktiven 3-Wege-Bassreflexlautsprecher (Übergangsfrequenzen: 490 und 2600 Hertz) mit drei separaten Endstufen. Der Aluminium-Kalottenhochtöner kann sich hier über 90 Watt Class-AB-Verstärkerleistung freuen, Tief- und Mitteltontreiber sogar über 120 beziehungsweise 150 Watt, allerdings in Class-D-Schaltung. Das sollte nicht nur für den Nahfeldbetrieb genügen, damit dürfte man auch die meisten Wohnzimmer dieses Landes angemessen beschallen können.
Die Genelec 8351 ist gegen Aufpreis auch in Weiß zu haben
Wie häufiger bei Genelec (siehe unsere Tests der Syno-Serie, der 8260 und der M040) sind auch bei der 8351 die Gehäusekanten merklich verrundet. So werden erstens die bei parallelen Gehäusewänden unvermeidbaren stehenden Wellen im Gehäuseinneren minimiert, außerdem profitiert der Hörer durch das Fehlen von Kantenreflexionen an den Außenseiten der Lautsprecher von einem gleichmäßigeren Abstrahlverhalten. Zu guter Letzt ergibt sich durch die Gehäuseform eine gegenüber klassischen rechtwinkligen Konzepten erhöhte Steifigkeit und damit Vibrationsdämpfung. Man hat bei Genelec sichtlich einigen Aufwand betrieben, den Lautsprecher möglichst „ungerührt“ arbeiten zu lassen.
Zugang zum Aktivsystem ist generell analog und digital möglich – und zwar wahlweise per AES/EBU (XLR) oder analog (ebenfalls symmetrisch per XLR). Das eingehende Digitalsignal wird über einen AES/EBU-Out durchgeschleift, üblicherweise zum anderen Lautsprecher, denn stereo macht bekanntermaßen doppelt froh. Der Analogeingang kann per DIP-Schalter in drei Pegelstufen (-10, -20 und -30 dB) justiert werden, zusätzlich gibt es noch ein Poti zur Feinanpassung. Da Potis ohne Rasterung aber nie ganz präzise einzustellen sind, sei entweder Links- oder Rechtsanschlag empfohlen und die Hauptpegelanpassung über die DIP-Schalter zu tätigen, so lautet zumindest meine Empfehlung.
Das Terminal der Genelec 8351
Wie es sich für einen Aktivmonitor geziemt, der zuallererst in einem klassischen Tonstudio-Biotop zu arbeiten hat, verfügt auch der 8351 über die Möglichkeit, mittels eines DSP-Prozessors den Klang an den Raum, aber auch den persönlichen Geschmack anzupassen. Zugriff auf die Klangregelung erfolgt entweder per rückseitig angebrachten DIP-Schaltern (hierfür stehen vier zur Verfügung), oder auch detaillierter – und das ist das Elegante – über eine vollautomatische, computergestützte Einmessprozedur, die eine Kombination aus sechs vollparametrischen und vier Shelving-Filtern nutzt. Und das geht so:
Genelecs GLM-Kit
Man erwerbe – oder leihe sich beim Deutschlandvertrieb – ein sogenanntes GLM-Kit (GLM steht für Genelec Loudspeaker Management) und nehme sich eine knappe halbe Stunde lang Zeit, denn länger dauert es nicht. Das Kit besteht aus einem Netzwerkinterface mit Mikrofon-, USB- und Netzwerkanschluss sowie einem Messmikrofon. Zunächst werden über LAN-Kabel alle im Setup integrierten Lautsprecher (es dürfen auch mehrere sein, z. B. ein 5.1-Set) in Reihe mit der Blackbox verbunden. Sodann muss das Mikrofon angeschlossen und ein PC oder Notebook per USB mit der Blackbox verbunden werden. Zu guter Letzt wird die GLM-Software heruntergeladen und installiert.
Ein Doppelklick auf das neu auf dem Desktop erschienene Software-Icon und los geht’s. Alle angeschlossenen, eingeschalteten und erkannten Lautsprecher werden nun in Form von Symbolen auf dem Bildschirm angezeigt. Bei Genelec nennt man ein solches Arrangement „Gruppe“ – diese sollte zunächst vom Benutzer benannt werden (es können nämlich mehrere unterschiedliche Arrays und auch Räume verwaltet werden). Sodann zieht der Nutzer mit der Maus per Drag & Drop die Symbole in eine rechteckige Freifläche, die – stark vereinfacht – den Grundriss des Hörraums repräsentiert. Ein weiteres Symbol zeigt das Messmikrofon, das – logischerweise auf Hörpositionshöhe – mittig zwischen die Lautsprecher gestellt werden muss. Durch einen Klick auf das Mikrofon-Icon starten wir die Messung. Ein Countdown wird auf dem Bildschirm heruntergezählt, danach spielen alle in das Setup eingebundenen Lautsprecher einen Sinus-Sweep ab, der vom Mikrofon aufgezeichnet wird.
Die Anschlüsse der GLM-Blackbox
Wenig später beginnt die Moden-Schau (aha!). Es erscheinen nämlich Frequenzschriebe auf dem Bildschirm, die über die Wirkung der Raummoden aufklären und zeigen, an welchen Frequenzen der Hörraum sich besonders beeinflussend zeigt. Nun beginnt das automatische Filternetzwerk zu arbeiten, die Software kombiniert die vorhandenen Filter so, dass die Auswirkungen der gemessenen Raummoden so gut als möglich nivelliert werden (sie kann übrigens auch noch mehr, zum Beispiel als Delay fungieren, um Bild-Ton-Latenzen bei AV-Systemen auszugleichen etc.). All dies ist kinderleicht und selbsterklärend, ein Youtube-Video zeigt das Prozedere übrigens auch recht gut. Zugleich erfolgt eine Pegel- und Laufzeitkorrektur zwischen linkem und rechtem Kanal. Die automatischen Anpassungen erfolgen übrigens nur bis 2000 Hz hinauf – wer mehr machen möchte, kann sich natürlich auch „manuell“ mit der Software austoben.
Der folgende Klangteil bezieht sich auf die eingemessene Variante. Was sich durch den Einmessprozess positiv ändert, werde ich in einem späteren Absatz erklären. Überwiegend benutzte ich den analogen XLR-Eingang mit dem B.M.C. PureDAC als Wandler und dem Audiolab 8200CDQ als CD-Laufwerk sowie einem Notebook mit foobar als Zuspieler. Alle bereit? Los geht’s!
Test: Genelec 8351 | Aktivlautsprecher, Kompaktlautsprecher