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Test: Fischer & Fischer SN 170 | Standlautsprecher

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  1. 1 Test: Fischer & Fischer SN 170 | Standlautsprecher

Juli 2015 / Martin Mertens

Soll ich’s glauben? Die Firma Fischer & Fischer (www.fischer-fischer.de) hat 1980 ihren Betrieb auf dem Gelände einer Schiefergrube aufgenommen. Und Thomas Fischer behauptet hartnäckig, dass der Ort nichts damit zu tun hat, dass die Firma Lautsprechergehäuse aus Schiefer baut.

Ok, mag sein, dass man nicht von vornherein Lautsprecher aus Schiefer bauen wollte. Aber dass man auf der Suche nach einer Alternative zu Holz recht schnell auf Schiefer gekommen ist, hatte doch bestimmt damit zu tun, dass das Zeug nun mal quasi vor der Haustüre lag – oder? Wie dem auch sei, bei Fischer & Fischer schwört man seit 35 Jahren auf die Vorteile des Materials: seine Resonanzarmut, seine Masse und nicht zuletzt seine Ästhetik. Wobei man lernen musste, dass eine spaltraue Schieferoberfläche nicht jedermanns Sache ist. Deshalb gibt es alle Lautsprecher von Fischer & Fischer auch mit geschliffenen und lackierten Oberflächen.

Auch die neue SN 170, um die es im Folgenden geht, kann man in allen RAL- und Pkw-Farben bestellen. Dann heißt sie SL 170 (SL für „Schiefer Lack“), kostet 5.100 Euro und damit 1.300 Euro mehr als die mit 3.800 Euro zu Buche schlagende SN-Version („Schiefer Natur“). Und ich kann Ihnen versprechen, dass ich überhaupt kein Verständnis dafür hätte, wenn Sie den Aufpreis für die SL-Version bezahlen. Die schlanken Säulen sehen in der SN-Version nämlich ausgesprochen gut aus. Finde ich. Front und Rückwand sind auch hier geschliffen, sodass die Lautsprecher eher elegant als ruppig aussehen. Der Stein ist mit einem speziellen Edelwachs versiegelt, was sich leicht auffrischen lässt, wenn das mal nötig sein sollte. Alles in allem eine wunderschöne Ästhetik, die es mit jedem exotischen Holzfurnier aufnehmen kann. Ok, wenn Ihre Lautsprecher unbedingt das gleiche Rot wie Ihr Ferrari haben müssen, dann eben „SL“. Aber dann bestellen Sie doch auch bitte gleich das 39.700 Euro teure und 280 kg schwere Spitzenmodell SL 1000. Dann ist die Sache wieder rund.

Fischer & Fischer SN 170

Natürlich ist es nicht primär die Ästhetik, deretwegen man bei Fischer & Fischer auf Schiefer als Gehäusematerial schwört. Vielmehr geht es um das leidige Thema Resonanzen. Sind diese bei Musikinstrumenten erwünscht, weil sie den Ton verstärken und die Klangfarbe prägen, sind sie bei Lautsprechern eher unerwünscht. Schließlich soll ein HiFi-Lautsprecher eine hohe Wiedergabetreue gewährleisten und nicht den Klang durch Resonanzen des Gehäuses „anreichern“. Hersteller, die auf Holzgehäuse setzen, haben sich schon einiges einfallen lassen, um die Resonanzen ihrer Lautsprechergehäuse in den Griff zu bekommen. Neben diversen Holzwerkstoffen (Spanplatte, MDF, HDF, Sperrholz …) und Gehäuse-Verstrebungen mussten Bitumenplatten, Matten aus mit Bleischrot gefüllten Kammern oder High-Tech-Beschichtungen aus der Raumfahrt herhalten, um dem Material das unerwünschte Verhalten auszutreiben. Andere Hersteller setzen allerdings darauf, die unvermeidlichen Gehäuseresonanzen gezielt zur Unterstützung bestimmter Frequenzbereiche zu nutzen, wie etwa Harbeth (auf fairaudio wurde zuletzt die Harbeth Super HL5 Plus getestet) oder Graham, die die Tradition englischer BBC-Monitore pflegen. Andere Hersteller schwören wiederum darauf, Gehäuseresonanzen über einen möglichst breiten Frequenzbereich zu verteilen. Nach diesem Prinzip arbeiten zum Beispiel meine geschätzten Diapason Adamantes.

Bei Fischer & Fischer will man dem Thema auf jeden Fall möglichst komplett aus dem Weg gehen und hat mit Schiefer ein Material gefunden, das in Sachen Resonanzen weniger Eigenleben entwickelt als Holz. Schiefer ist ein Gestein, das eine ganz besondere Struktur aufweist. Bei seiner Entstehung wurde vergleichsweise weiches Sedimentgestein während eines durch Druck und Hitze bedingten mineralischen Umwandlungsprozesses durch tektonische Einflüsse, also Bewegungen der Erdkruste, vielfach deformiert und übereinandergefaltet. Was dabei herauskam, kann man sich etwa so wie einen Blätterteig vorstellen: Das Gestein besteht aus vielen einzelnen Schichten. Hier bildet jedoch nicht Butter (im besten Fall) oder irgendein Ziehfett (dazu sage ich lieber nichts) die Trennschicht, sondern Glimmer. Wobei der Glimmer für einen festen Halt zwischen den einzelnen Schieferschichten sorgt, während die Butter im Blätterteig ja gerade die einzelnen Teigschichten voneinander trennen soll, damit der Teig aufgehen kann und die Nusshörnchen schön locker werden.

Fischer & Fischer SN 170

Durch die heterogene, im Wesentlichen in parallelen Schichten orientierte Mineralstruktur pflanzen sich Schwingungen in Schiefer nicht so gut fort, was eine hohe Dämmung bewirkt. Die ist sogar besser als die von härteren Gesteinen, welche eine homogenere Mineralstruktur aufweisen, wie zum Beispiel Granit. Und natürlich ist die Dämmung von Schiefer deutlich besser als die der gängigen Holzwerkstoffe. Er neigt kaum zu Resonanzen, ist wenig schalldurchlässig und damit das ideale Material für Lautsprechergehäuse – davon ist man jedenfalls bei Fischer & Fischer überzeugt. Immerhin stehen die Sauerländer damit nicht allein. Auch andere Firmen setzen bei Lautsprechergehäusen ganz oder zumindest teilweise auf Schiefer, wie etwa die Firma JaWil bei den kürzlich von mir besprochenen Heimdall. Ein weiterer Aspekt spricht nach Meinung von Fischer & Fischer für Schiefer: Da, wo ein Gehäuse zu Resonanzen angeregt wird, nimmt es Anregungsenergie auf. Die wird dem anregenden Lautsprecherchassis quasi entzogen und steht nicht mehr zur Schallabstrahlung zur Verfügung, was sich bei Holzgehäusen negativ auf die Dynamik und den Schallpegel der Lautsprecher auswirken soll. Nicht zuletzt kommen Fischer und Fischer dank Schiefer mit dünneren Materialstärken aus, als sie bei Holz notwendig wären, was letztendlich zu kleineren, wohnraumfreundlicheren Lautsprechergehäusen führt. Das kann ich bestätigen – wohnraumfreundlich sind die SN 170 mit ihren 18,4 x 98 x 22 cm (BxHxT) inklusive der 40 mm starken Bodenplatte auf alle Fälle.

Der 14-cm-Tiefmitteltöner der fischer & Fischer
Der 14-cm-Tiefmitteltöner der Fischer & Fischer SN 170

Selbst auf die Nachteile von Schiefer ist man bei Fischer & Fischer stolz – oder vielmehr darauf, diese im Griff zu haben: die im Vergleich zu Holz deutlich aufwändigere Verarbeitung. Die für die Gehäuse notwendigen Steinplatten bezieht man aus einer regionalen Schiefergrube. Die Platten werden an den Rändern mit Falzen versehen, die beim Fügen zu einem rechteckigen Gehäuse ineinander greifen. Das ermöglicht die Verklebung des Materials in mehreren Ebenen. Anschließend werden die Kanten mit einer Fase versehen, Vorder- und Rückseite plan geschliffen und die Öffnungen für Chassis, Bassreflexöffnung und Anschlussterminal gefräst. Zuletzt wird die Technik eingebaut. Auch hier wurden spezielle Methoden entwickelt, da man die Gehäuse erst bestücken kann, wenn sie komplett fertig sind. Besondere Ansprüche, wie etwa der, dass die Frequenzweiche direkt hinter den Anschlussterminals sitzt, damit man keine Kabelverbindung zwischen Terminal und Frequenzweiche benötigt, machen die Sache nicht leichter.

Darauf, dass man fast alle benötigten Teile in Deutschland einkauft und mittlerweile auch Chassishersteller in Deutschland gefunden hat, die Treiber exklusiv nach Vorgaben von Fischer & Fischer bauen, sind die Sauerländer ebenfalls Stolz. Nur bei wenigen Modellen kommen noch Chassis der üblichen skandinavischen Premiumhersteller zum Einsatz. Die SN 170 als das jüngste Modell ist natürlich komplett mit „eigenen“ Chassis bestückt: Zwei 140-mm-Tiefmitteltöner mit glasgewebekaschierten Papier-Sandwich-Membranen und eine 28-mm-Gewebekalotte verrichten hier pro Box ihren Dienst.

28-mm-Gewebekalotte
Die 28-mm-Gewebekalotte

Ein paar praktische Details sollen nicht unerwähnt bleiben, etwa die sehr soliden und erstklassig zu handhabenden Schraubklemmen zum Anschluss der Lautsprecherkabel, die auch Bananenstecker aufnehmen.

Terminal der Fischer & Fischer

Oder die in die Bodenplatte in Form von Madenschrauben eingelassenen Spikes. Die lassen sich mit einem Inbusschlüssel feinfühlig von oben justieren. Die Bohrungen der Madenschrauben sind unten aufgeweitet, sodass die passenden Unterlegscheiben für die Spikes fast vollständig im Sockel verschwinden. Das sieht sehr elegant aus.

Spike der SN 170

Überhaupt muss ich zugeben, dass ich sowohl von der optischen Erscheinung der Lautsprecher als auch von der gebotenen Verarbeitungsqualität sehr angetan bin.

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Test: Fischer & Fischer SN 170 | Standlautsprecher

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