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In diesem Test geht es um eine Vor-End-Kombi von Electrocompaniet (Vertrieb: www.mrvaudio.de), doch zugegeben, der Fokus liegt auf der Endstufe, wofür es gleich mehrere Gründe gibt: Die Electrocompaniet AW 800 M ist das neuere Produkt, das Flaggschiffmodell der Norweger, und zudem macht sie gut 80 % des Gesamtpreises der Verstärkerkombination von 26.598 Euro aus. Und noch ein wenig mehr vom Gesamtgewicht der Kombi. Wer nun aber meint, die Vorstufe Electrocompaniet EC 4.8 MKII sei für so einen Referenz-Kaventsmann gar nicht standesgemäß, der irrt. Mehr dazu später.
Ein wenig Firmengeschichte
In der Audio-Branche gibt es viele Traditionsunternehmen, und die Norweger gehören mit dazu – auch wenn sie mit 51 Jahren nur circa halb so alt sind wie beispielsweise Luxman. In Japan liegt das Durchschnittsalter ja eh höher.
Alles begann damit, dass ein gewisser Herr Dr. Matti Otala ein Verzerrungsproblem namens „Transienten-Intermodulation“ ausmachte, das seiner Ansicht nach durch ein Übermaß an globaler Gegenkopplung hervorgerufen werde. Das praktische Ergebnis der Studien war der „The 2 Channel Audio Power Amplifier“ von Electrocompaniet, der anno 1973 ob seines klanglichen Auftritts gehörig gefeiert wurde.
Während des letzten halben Jahrhunderts gab es einiges an Auf und Ab bei Electrocompaniet, aber auch viel Konstanz, etwa bei der Technik – geringer Gegenkopplung wird noch immer das Wort geredet – oder was die Produktlebenszyklen angeht. Den Vorgänger der Electrocompaniet AW 800 M, die AW 600 Nemo, gab es geschlagene 25 Jahre lang und den der Vorstufe habe ich selbst schon vor 14 Jahren getestet (die aktuelle MKII-Version ist freilich erst drei Jahre alt). Übertrieben hektische Produktpolitik kann man den Norwegern nicht vorwerfen.
Zur Konstanz gehört auch, dass Electrocompaniet im kleinen Örtchen Tau, circa 150 Kilometer südlich von Bergen gelegen, die Produkte designt und entwickelt, aber eben auch herstellt. Das ist im Grunde nur möglich, weil Electrocompaniet die schönste oder zumindest doch audiophilste Tochter eines größeren Verbunds ist, der sich Westcontrol nennt. Bei Westcontrol arbeiten um die 375 Angestellte – 220 davon in Tau – und das Hauptbetätigungsfeld liegt ganz woanders: Man produziert Ladelösungen für E-Autos, Elektronik für Offshoreanlagen und automatische Lagersteuerungssysteme, Landwirtschaftsroboter und einiges andere mehr. Audiophile Transistorelektronik mit geringer Gegenkopplung beispielsweise … Ein solcher Firmenverbund bietet natürlich Vorteile, so hat man alles selbst in der Hand, ohne dass die aufwendige Infrastruktur alleine über HiFi-Umsätze finanziert werden muss.
Endstufe Electrocompaniet AW 800 M
Seien Sie nicht so blöd wie ich und versuchen, die Electrocompaniet AW 800 M alleine zu bewegen, es sei denn, Sie sind sehr regelmäßig in der Muckibude. Bei 55 Kilogramm hört der Spaß so langsam auf. Da absehbar war, dass das Ungetüm nicht in mein Rack passt – 29 Zentimeter sind einfach zu hoch –, steht es nun davor auf einer Basis und verströmt Highend-Machismo alter Schule. Passt ganz gut zu meinen „filigranen“ Acapella-Lautsprechern: schwarz, viel Acryl, goldenes Bling in Bodennähe. Die 80er-Party kann steigen.
Doppelmono as it meant to be
Nimmt man den soliden, zwei Millimeter starken Stahldeckel ab, erfreut das Auge ein Doppelmonoaufbau, wie er idealtypischer kaum sein kann. Okay, es gibt „nur“ eine Kaltgerätebuchse, aber das ist auch schon alles, was sich die beiden Verstärkerzüge teilen.
Vorne, hinter der Acrylfront, stecken zwei 800-VA-Ringkerntransformatoren in einer magnetisch und elektrostatisch schirmenden Behausung, dahinter die Abteilung Gleichrichtung & Siebung mit Kondensatorbänken von jeweils 105000 µF „Stärke“, sodann die eigentliche, kühlrippenbewährte Verstärkerschaltung. Die Stromversorgung ist RF- und DC-gefiltert, die Norweger raten dazu, die AW 800 M an einer ungefilterten Steckdose zu betreiben, denn Doppelgemoppel an dieser Stelle schade eher als das es nütze.
Flexibel im Einsatz
Die beiden Verstärker unter gemeinsamen Dach lassen sich ungewöhnlich flexibel einsetzen. Man kann die Electrocompaniet AW 800 M als klassische Mono-Endstufe im Brückenbetrieb betreiben, was pro Kanal 800 Watt an 8 und 1500 Watt an 4 Ohm freisetzt, aber auch im Mono-Bi-Amping-Modus, dann stehen je Seite 2 x 300 Watt an 8 Ohm für den Tief- und Mittelhochtonbereich der Lautsprecher zur Verfügung. Oder, dritte Möglichkeit, im Stereobetrieb, dann gibt‘s die gleiche Leistung kanalgetrennt – also 2 x 300/600/1000 Watt an 8/4/2 Ohm. Es lässt sich also „klein“ anfangen und flexibel upgraden, zumal es neben den genannten Modi auch noch möglich ist, mehrere AW 800 M daisy-chain-mäßig zu verbandeln, dafür gibt es extra „Link“-Ausgänge auf der Rückseite. Tri-Amping mit sechs Monos und knapp 5000 Watt Gesamtleistung ist Ihr Ziel? Kein Problem, lässt sich realisieren. Go for it! Wir bleiben für diesen Test mal ganz bodenständig im Stereobetrieb.
Technisches Konzept
Grundsätzlich handelt es sich bei der Electrocompaniet AW 800 M um ein vollsymmetrisches, direktgekoppeltes Class-AB-Push/Pull-Konzept mit geringem Über-alles-Feedback – hier zeigt sich wieder die Konstanz, von der ich oben sprach. Sämtliche Detaillösungen des Flaggschiff-Endverstärkers der Norweger wurden jedoch auf den aktuellen technischen Stand der Dinge gebracht. So liegt die Bandbreite nun bei 0,5 bis 220000 Hertz, was der zeitrichtigen Wiedergabe der Musik in die Hände spielen soll, und die neu entwickelte Ausgangsstufe schirmt die Eingangs- und Treiberstufen noch besser von der anzutreibenden Last; der Ausgang sei „extrem steif“, heißt es, der Dämpfungsfaktor liegt bei über 1000.
Verbessert und verstärkt wurde auch die Signalmasseführung, zudem gibt es ein Erdungsschräubchen am rückseitigen Anschlussfeld. Insgesamt 2 x 16 bipolare Transistoren, denen Electrocompaniet hohe Bandbreite, Strombelastbarkeit und exzellente Gain-Linearität attestiert, besorgen den „Antrieb“ in der Ausgangsstufe, in der Eingangssektion hingegen arbeitenden JFETs und bipolare Typen Hand in Hand – in Class-A. Der Aufbau der Schaltung ist komplett diskret mit hochwertigen Bauteilen, viele davon in SMD-Form. Auch das Stahlchassis wurde neu designt, verstärkt und versteift, um Vibrationen den Garaus zu machen. Es steht auf vier Soundcare-Super-Spikes von Seas.
Vorstufe Electrocompaniet EC 4.8 MKII
Gegen so ein Dickschiff von Endverstärker nimmt sich der Pre der Norweger geradezu dezent aus, doch auch er teilt klassische Electrocompaniet-Trademarks wie den Doppelmonoaufbau (der Schaltung wie der Stromversorgung), die Vollsymmetrie und die recht hohe Bandbreite (bis 200 kHz). Im Laufe der Jahre gab es viele Upgrades, erfahre ich von Volker Hunger, Technical Director bei Electrocompaniet, und die stecken natürlich alle in der aktuellen MKII-Inkarnation, zudem gab es ein vorsichtiges Facelift, eine Überarbeitung des Gehäuses und ein neues Display.
Schade eigentlich, dass sich die Nordländer dabei nicht zu einem – meinetwegen goldenen – Drehpoti haben durchringen können, sondern beim markentypischen Vier-Button-Karo für Eingangswahl und Pegelregelung geblieben sind. Ich will drehen, nicht drücken. Und wo ich gerade bei Wünsch-dir-was bin: Ein Mute-Knopf am Gerät wäre schon ganz okay und eine Fernbedienung mit sechs statt gefühlten 60 Knöpfen, von den die meisten keine Funktion besitzen, kein schlechte Idee. Ich weiß, Petitessen, also Larmoyanzmodus aus und ab in den Hörraum.
Electrocompaniet EC 4.8 MKII & AW 800 M: Hörtest und Vergleiche
Bevor ich zum Klangeindruck der Kombi komme – an dem die Endstufe AW 800 M gehörigen Anteil hat –, möchte ich vorab ein paar Worte zum Vorverstärker EC 4.8 MKII verlieren, damit das Dickschiff ihm nicht die ganze Show stiehlt.
Vor einem guten Jahr habe ich die Alluxity Pre One getestet und unter anderem mit meiner gleichteuren Pass XP-12 verglichen. Beim Klangbild der Electrocompaniet EC 4.8 MKII kommt es mir nun so vor, als bediene sie sich von diesen beiden Vorstufen: Stringenz und Festigkeit im Tiefbass sowie die Plastizität von der Alluxity, doch weniger warm intoniert, sondern neutral gehalten, wie die Pass es macht. Ja, es wird Hörer geben, die die Pass ob ihres ausladenderen Bühnen-Panoramas als involvierender empfinden und andere, die die sonore Diktion der Alluxity goutieren. Doch das sind subjektive Geschmacksurteile, keine echten Besser/Schlechter-Bewertungen. Ziemlich objektiv dagegen der Preisunterschied: Die Vorstufe der Norweger ist gut 3.000 Euro günstiger als die beiden anderen. Das macht sie zu einem veritablen Preis/Leistungs-Tipp. Kurz und gut: Ja, da geht schon noch mehr, aber dafür muss man auch deutlich mehr Geld in die Hand nehmen – was die EC 4.8 MKII zu diesem Kurs abliefert, ist echt klasse.
Der Klang der Kombi
Nachdem die Vor-End-Kombi eine Woche an Lastwiderständen schwitzen durfte, setze ich mich zum ersten Mal davor, um bewusst zuzuhören. Endlich wieder ein Electrocompaniet-Verstärker, musikalischer Flow, satter Bass, sonore Mitten … so meine Erwartungshaltung. Und dann, um Klischees gleich im Ansatz zu pulverisieren, gibt’s einen klanglichen Adrenalinstoß, der sich gewaschen hat – und mich verwundert die Augen reiben lässt. Gibt’s doch nicht, das dicke Ding nimmt echt keine Gefangenen!
Keine Sorge, liebe Freunde des norwegischen Verstärkerbaus, das hier ist immer noch erkennbar Electrocompaniet, an „Flow“ mangelt nicht und der Bass ist zum Niederknieen. Doch insbesondere dynamisch ist es eine andere Liga als das, was ich erwartet habe – und im Vergleich zu meiner Referenzverstärkung von Pass (aktuell circa 21.000 Euro) sind die Norweger ganz schön „Reine-Lehre-mäßig“ unterwegs, was mich ebenfalls erstaunt. Gehen wir der Sache der Reihe nach auf den Grund.
Linear plus Bass
Okay, was interessiert mich mein Geschwätz vom Satz zuvor: So hundertpro reine Lehre ist es im Bass nicht. Aber das Quäntchen mehr fällt geringer aus als vermutet – und es sitzt tiefer, nämlich weniger in der Oberbass/Grundton-Region, sondern eher so ab den mittleren Basslagen abwärts. Der Rest vom Frequenzschrieb ist balanciert-neutral, bis in höchste Höhen hinauf wird rechtschaffen linear durchgezogen, nichts schmeckt vor, nichts wird „charmant bedeckt“.
Entscheidender für die Tiefton-Performance ist zwar die Qualität, doch machen wir uns nichts vor, die Quantität ist gleichfalls bedeutsam. Ich finde es ziemlich geschickt, wie Electrocompaniet diese Kombi und vor allem die Endstufe AW 800 M abgeschmeckt hat. Zum einen sorgt die weitgehend lineare Gangart dafür, das der hochauflösenden Diktion nichts im Wege steht, zum anderen wirkt der kleine Nachschlag im Sub- und Midbass wie eine Art Kontergewicht, damit das Klangbild nicht umkippt, vor allem bei hohen Lautstärken. Pauken, Flügel, Kontrabässe, auch Celli wirken hierdurch authentisch-erdverbunden – gäbe es diese Art der „Grundierung“ nicht, klänge es sicherlich immer noch faszinierend, aber ab einem gewissen Pegel stiege die Gefahr, dass es bei allem Detailreichtum dann doch ein wenig blutarm-akademisch rüberkommt. Dieses Problem wird souverän umgangen.
Nun zur Bass-Qualität, in einfachen Worten: Die gehört zum Besten, was mir verstärkerseitig bisher zu Ohren gekommen ist. Es ist ja nur logisch, dass man so einen hochmotorisierten Sportwagen auch mal ausfahren will, zumal dann, wenn Wohn- und Lautsprechersituation es erlauben. Also her mit den Floorfillern und fieser Electronica, von Billie Eilishs unentbehrlichem „Bad Guy“ über Burnt Friedmans „Fuck back“ bis zu Goa aus den 90ern, und ab dafür … Oh ja, schon schön, wenn Highend auch Club kann! Egal wie „krank“ die Pegel, die Basslinien besitzen Wucht und Durchzeichnung bis in die allertiefsten Register, und – wichtig – immer wirkt es ganz lässig, schließlich hat die AW 800 M reichlich Reserven zum Nachlegen. Auch bezeichnend: Eine meiner ersten Notizen lautet: „Die Acapella klingt jetzt wie ein Aktivlautsprecher.“
Szenenwechsel: Statt Club- knapp über Zimmer-Lautstärke und ein nettes Alternative-Country-Stück à la „When we Embraced“ von Micah P. Hinson and the Red Empire Orchestra – hinten bummelt locker-flockig ein Akustikbass herum, und der wird eben nicht trockengelegt, sondern darf lässig swingen. Okay, nicht ganz so lässig wie mit einer Pass X.250.8, die hier mit schmunzelndem Charme musiziert, doch dabei auch das eine oder andere Detail links liegen lässt, wie mir der Vergleich mit der Electrocompaniet zeigt. Für die gilt: Kontur ja, knochige Askese nein. Sie kennt nicht nur ein Thema im Bass (immer weich/immer hart), sondern richtet sich danach, was die Aufnahme verlangt. Das ist High Fidelity im Wortsinn – aber mit ein bisschen mehr Nachdruck.
Dynamik mit Ausrufezeichen!
In dieser Preisliga geben sich die meisten Verstärker keine echte Blöße mehr, doch dessen ungeachtet besitzen unterschiedliche Amps nun mal unterschiedliche Akzentsetzungen und sprechen damit verschiedene Hörgeschmäcker an. Beim jüngst getesteten Vollverstärker Soulnote A-3 (knapp 21.000 Euro) fielen mir beispielsweise mit als erstes die authentischen Klangfarben auf – mit der Flaggschiff-Verstärkung von Electrocompaniet ist es hingegen der hochdynamische Antritt.
Ein wenig ist das so, als vergliche man mehrere konventionelle Lautsprecher miteinander, sortiere sie fein säuberlich auf einer gedachten Dynamikskala ein – und dann schnallt man ein gut gemachtes Horn an. Bitte jetzt nicht gleich wörtlich nehmen, es ist eine Metapher. Aber es geht ein bisschen in diese Richtung, die Ansprache wirkt mit der AW 800 M unlimitiert dynamisch, egal bei welchem Pegel, egal mit welchem Musikmaterial. Impulse sitzen auf den Punkt, Saiten wirken wie straffer gespannt, ganz gleich ob nun die einer Gitarre, eines Cellos oder großen Flügels – den diese Kombi übrigens bis ganz nach unten wunderbar durchzeichnet und ihm bei aller Kontrolle gleichwohl alle Zeit der Welt lässt, vollständig auszuklingen, das Sustain wird keinesfalls beschnitten. Mein Gott, da steh‘ ich ja drauf.
Und bin gleichzeitig der erste, der zugibt, dass nicht jeder Hörer gleichermaßen auf die sehr dynamische Gangart anspricht. Die meisten wohl schon, vermutlich, doch wer ausnehmend romantisch-röhrenaffin unterwegs ist und vor allem Wärme und charmante Lässigkeit sucht, dem wird das, was die Norweger rüberbringen, auf die Dauer vielleicht „zu viel an Realität sein“, wenn Sie wissen, was ich meine. Was ja okay ist, schließlich geht’s bei der ganzen Audiophilie um Wunscherfüllung, nicht um absolute Wahrheiten.
Wie dem auch sei, die Dynamik ist jedenfalls ein Punkt, der mich tatsächlich an Verstärker von Soulution erinnert, die ebenfalls dieses „Hallo wach!“-Gen besitzen. Wobei die norwegische Vor-End-Kombi dem inzwischen nur noch 4.000 Euro günstigeren Vollverstärker 330 INT zumindest grenzdynamisch den Rang abläuft (insbesondere im Bass), während die 5er-Kombi der Schweizer beweist, dass immer noch etwas mehr geht – freilich zum doppelten Kurs. Besagter Soulnote A-3 hingegen kommt bei allen sonstigen Tugenden, die ihn auszeichnen, dynamisch nicht mit, wickelt den Hörer aber dafür mit der Natürlichkeit seiner Klangfarben und des Obertonbereichs um den Finger.
Detailversessen
Wie der Japaner und die Schweizer Amps gehören auch die Norweger ins hochauflösende Lager, was sich vielfach positiv bemerkbar macht. So wirken Transienten und Impulse auf den Punkt und zerfasern nie, was mitverantwortlich für den (fein-)dynamischeren Eindruck im Vergleich zu weniger präzise vorgehenden Verstärkern ist – stets gut nachvollziehbar mit dem Cello-Spiel von Leyla McCalla, etwa auf Vari-Colored Songs: Der Saitenanriss hat mit der Testkombi richtig Grip, Power, kommt weniger fuzzy, wenn man es stark formulieren möchte.
Ein weiterer guter Prüfstein fürs Auflösungsvermögen ist die Stimmwiedergabe, denn in diesem Bereich dürfte das menschliche Ohr nicht ohne Grund die höchste Empfindlichkeit besitzen. Eigentlich halte ich meinen Musikgeschmack ja für zu sophisticated, als dass ich den lieben langen Tag Norah Jones höre könnte … aber es ist einfach auch nicht fair, wie die Electrocompaniet-Kombi die Dame mit allen samtenen, säuselnden Details dreidimensional ins Hörzimmer beamt. Seufz.
Und wo wir bei Traumhaftem sind: Schon interessant, wie die räumlich sehr überzeugende Vorstellung meiner Pass-Kombi bei Chopins Nocturnes (auf Jan Lisiecki/Chopin: Complete Nocturnes) mit dem Wechsel auf Electrocompaniet noch einmal nachgeschärft wird. Die Trennung zwischen den Klavierklängen und der Reaktion des Raums auf sie – sprich: dem das Instrument „umfließenden“ Hall des Aufnahmeraums – geschieht spürbar akkurater. Auch das ist ein Ergebnis der sehr hohen Auflösungsfähigkeit.
Raumdarstellung
Überhaupt ist „Akkuratesse“ der Begriff, der mir auch beim Thema Raumdarstellung zentral scheint. Es gibt ja Verstärker, die gerne vor der Stereobasis ein weites Panorama aufziehen und Einzelklänge üppig, mit ordentlich Fleisch dran zeichnen – durchaus angenehm, durchaus involvierend, durchaus saftig und mellow.
Die Electrocompaniets gehen anders vor. Klar kann es auch mit den Norwegern nach vorne gehen und ausladend breit werden – aber nicht standardmäßig, sondern wenn die Aufnahme es fordert. Stimmen und Instrumente erscheinen zudem etwas kompakter als ich es gewohnt bin, dafür präziser eingefasst, plastischer und noch griffiger. Ferner gehört die Transparenz der Tiefenstaffelung zum Besten, was mir bisher untergekommen ist, getoppt allenfalls von Soulutions 525/511-Kombi, die den Bühnenraum dabei tendenziell etwas weiter vorne starten lässt. Freunde klassischer Orchester dürfen sich jedenfalls freuen, zumal es in den Ecken der Bühne kein Stück diffuser wirkt als in der Mitte.
Test: Electrocompaniet EC 4.8 MKII & AW 800M | Vor-End-Kombi