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Derzeit läuft bei mir Neil Youngs spätes Opus Psychedelic Pill rauf und runter. Ich kann mich einfach nicht genug daran erfreuen, wie dieser wundervolle Rock-Opa ungeachtet jedweder Moden und Trends sein antikes Röhrenverstärkergerümpel in die Verzerrung treibt, zehnminütige Schweinesoli spielt – und das alles auch noch mit seiner vergleichsweise dünnen Kinderstimme vollsingt. Große Sache!
Über die FS 407 auch. Mein erster Eindruck beim Hören des Songs „Ramada Inn“ war: Das ist so schön komplett. Alles, was ich von dem Song erwarte, wird mir gegeben. Da hätten wir den unnachahmlichen, oberfetten Gitarrensound. Den abgrundtiefen, warmen Bass. Das schleppende, bewusst unvirtuos gespielte Schlagzeug. Die FS 407 machen daraus eine vollamtliche Veranstaltung, insbesondere gefällt mir, wie raumfüllend mir die Gitarre um die Ohren fliegt und wie toll der Hochtöner die feinen harmonischen Verzerrungen der Gitarren-Amps zu einem herrlich dichten Vintage-Sound zusammenfasst.
Ich bin ja bei als hochauflösend getriebenen Hochtönern immer ein bisschen skeptisch, denn allzu schnell werden diese vorlaut – und es bedarf großer Abstimmungskunst, einen bruchlosen Übergang zum Mitteltonbereich beziehungsweise zu einem technisch nach einem anderen Prinzip arbeitenden Chassis herzustellen. Dem Elac-Entwicklungsteam ist es, das muss ich mal so euphorisch sagen, geradezu meisterhaft gelungen, diesen Übergang hinzukriegen.
Der Tiefmitteltöner und der Jet-Hochtöner ergänzen einander auf eine fast symbiotische Weise. Nun ist das ganze Neil-Young-Album von der Produktionsweise eher retro und nicht gerade auf anspringenden Hochtonbereich hin produziert. Daher an dieser Stelle noch nicht zu viel über die Tonalität des FS 407. Schauen wir mal lieber, was er aus dem Song „Space between your ears“ der Band Ozric Tentacles macht. Die britische Spacerock-Band, die unüberhörbar von den alten Hawkwind inspiriert wurde, hat über 20 Alben mit höchst bewusstseinserweiternder Musik veröffentlicht. Mir gefällt vor allem das Frühwerk Strangeitude, das brillant produziert ist und geradezu ein Füllhorn an musikalischen Details bereit hält.
„Space between your ears“ beginnt mit einem Schlagzeugeinsatz, der mit reichlich Raumanteil versehen wurde. Die Bassdrum ist ungewöhnlich tief gestimmt und muss richtig in die Magengrube gehen. Der später einsetzende Dub-Reggae-artige Bass hat ebenfalls Vehemenz und wird dann peu à peu durch allerlei elektronische Spielereien und Gitarren ergänzt. Insgesamt feuert dieser Song frequenzgangmäßig aus allen Rohren, es gibt in jeder tonalen Region etwas zu entdecken.
Auch hier lässt der Elac-Kandidat wenig zu wünschen übrig. Beginnen wir im Bassbereich. Die FS 407 ist ja recht schmal. Trotzdem geht sie erstaunlich tief herunter. Die flinken Bassläufe des Stücks werden nicht nur angedeutet, sondern sie gleiten mit erstaunlich viel Durchzug und Nachdruck in den Hörraum. Die Bassdrum ist, wie oben gewünscht, durchaus im Unterleib zu spüren. Beides geschieht mit einer erfreulichen Kontrolliertheit. Kein Wummern, kein Dröhnen, kein Komprimieren – sehr gut. Auch in den anderen Frequenzbereichen ist alles da, wo es hingehört, die Mitten mit Gitarren und Synthesizern fächern sich sauber auf – und im Hochton haben wir nun viel Glanz und Glitter, was aber nicht ursächlich am Elac-Lautsprecher liegt, sondern an Komposition und Produktion, die auch obenrum eine ordentliche Schippe an Ride- und Crashbecken sowie allerlei Synthesizer-Obertöne bereithalten.
Wie ferngesteuert ziehe ich Pink Floyds Final Cut-Album hervor (komisch, schon wieder so etwas Psychoaktives, aber sei’s drum). Der Song „Gunner‘s Dream“ ist eine klassische Power-Ballade, ergänzt um die für Pink Floyd so typische, leicht paranoid-düstere Grundstimmung, die vornehmlich durch produktionstechnische Kniffe und ein kleines, aber feines Paralleluniversum aus Geräuscheffekten gebildet wird. Fast schon spießig-sämige Dur-Moll-Wechsel in Gitarre und Klavier werden kontrastiert von tief im Raum abgebildeten Soundeffekten wie beispielsweise einem Granateneinschlag oder einer einsam schlagenden Kirchenglocke.
Die akustischen Instrumente (cleane Gitarre, Konzertflügel, Saxophon) klingen höchst authentisch, warm, vollmundig. Die Bühnenabbildung gerät stabil und präzise. Wobei mir auffällt, dass es bei den FS 407 nicht schadet, den Lautsprechern etwas mehr Basisbreite als üblich zu gönnen. Der beste Eindruck (bedeutet bei mir: möglichst weiträumige Abbildung bei stabil zentrierten Monosignalen wie zum Beispiel Lead-Stimme) ergab sich für mich bei einem Seitenabstand, der etwas über dem Hörabstand lag, verbunden mit einer minimalen Einwinklung auf den Hörplatz.
Mit den Eels und dem Song „If you see Natalie“ (Album: Blinking Lights and other Revelations) möchte ich sehen, wie der Elac-Wandler mit einfacher, zarter Musik umgeht. Hier haben wir Klavier, Streicher, Schlagzeug und die sehnsuchtsvolle, brüchige Stimme von Mark Oliver Everett. Was die FS 407 daraus machen, ist sehr gelungen. Hier stelle ich erneut fest, wie überzeugend der Jet-Hochtöner mit den beiden Wandlern zusammenspielt. Man ist hier bei der Abstimmung glücklicherweise nicht der Versuchung erlegen, die Feinauflösung des Jet-Hochtöners durch eine Überbetonung desselben herauszustellen. Nein, fast das Gegenteil scheint der Fall: Die Höhen, vor allem die Hi-Hat und die Obertöne der Streicher fallen samtig-weich aus, trotzdem aber mit einem großen Detailreichtum. Das klingt alles ungemein homogen und wie aus einem Guss.
Bisher eine tolle Hörsession, doch ich will auch ein anderes Erlebnis nicht verschweigen. Als ich Echo & The Bunnymens Album Ocean Rain auflegte, hier zum Beispiel das Titelstück oder den Song „Seven Seas“, kam es zu einer leichten Ernüchterung: Klang dieses Album denn damals, als ich es kennenlernte, auch schon so dünn? Jou, muss wohl. Nix los an den Frequenzgangenden, dünner Bass- und Grundtonbereich, insgesamt sehr mittenorientierte Tonalität, wenig Details, immerhin wenigstens eine einigermaßen tiefe Raumabbildung. Bei Louis Tillets Album A Cast of Aspersions genau der umgekehrte Effekt. Tonal abwechslungsreich, dafür räumlich und dynamisch gequetscht.
Test: Elac FS 407 | Standlautsprecher