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Viele kennen den Scheinriesen aus Michael Endes „Jim Knopf“: Aus der Ferne riesig wirkend, wird er beim Näherkommen immer kleiner und erweist sich als umgänglicher Zeitgenosse. Dass es auch Scheinzwerge gibt, hat mich dieser Test gelehrt, denn die Elac Elegant BS 312.2 (1.800 Euro | https://www.elac.com/de) ist so einer: Zunächst klein erscheinend, wächst dieser Lautsprecher bei näherer Beschäftigung über sich hinaus. Ob er ebenso umgänglich ist wie Endes Scheinriese, klären wir im Folgenden.
Hausspezialitäten
Elac ist noch da. Klar, das wissen Sie natürlich, als fairaudio-Leser sowieso. Gleichwohl ist’s eine Erwähnung wert, dass das vor annähernd hundert Jahren gegründete Unternehmen – anders als viele andere deutsche Hersteller – eben nicht zu einem bloßen Markennamen im Portfolio von Investoren geworden ist, sondern nach wie vor hochwertige Unterhaltungselektronik in Kiel fertigt. Elacs guter Ruf im Lautsprecherbau rührt unter anderem vom selbst entwickelten JET-Hochtöner her, inzwischen wird der in der sechsten Generation gefertigt. „JET“ steht für „Jet Emission Tweeter“. Der Kieler Air-Motion-Transformer (AMT) zählt zu den technischen Aushängeschildern von Elac.
Die Schallwandlung im JET erfolgt durch eine gefaltete Membran aus dünnem, leichtem Material, umgeben von einem Magnetfeld. Fließt elektrischer Strom durch die Membran (über aufgetragene Leiterbahnen), bewegt sie sich wie ein Akkordeon, das auf- und zugeht. Diese Bewegung komprimiert die Luft und presst sie in die Umgebung. Die große Oberfläche auf kleinem Raum und die direkte Signalübertragung sorgen für die hohe Effizienz und Impulstreue dieser Bauform.
Elac hat den JET-Hochtöner erneut optimiert. Erkennbar ist dies am Schutzgitter des Hochtöners: Es hat nun fünf statt vier Schlitze, wodurch mehr Signale aus der Membranmitte durchgelassen werden. Die per Lithografie aufgebrachten Leiterbahnen werden jetzt zur Mitte hin schmaler und ermöglichen eine feinere Klangerzeugung.
Diese Modifikationen beeinflussen das Gesamtsystem, so dass auch der Tieftöner mit seiner facettierten Oberfläche angepasst wurde. Die Schwingspule hat nun einen Durchmesser von 31 statt zuvor 25 Millimeter und füllt die untere Gehäusehälfte der Elac Elegant BS 312.2 fast zur Hälfte aus. Der Größenzuwachs soll der Belastbarkeit des Tieftöners zugutekommen. Hinter ihm liegt die aufwendige Frequenzweiche, teilweise mit eigenen Bauteilen bestückt.
Die facettierte Oberfläche des Tieftöners, von Elac „Kristallmembran“ genannt, soll eine trockene und prägnante Bass-Wiedergabe sicherstellen. Die markante Membranoberfläche sei, so hat mir das Elacs Chefentwickler Janke erklärt, inspiriert von gefaltetem Papier, das steifer, formbeständiger und belastbarer sei als glattes. Freilich besteht die Membran nicht nur aus „gefaltetem“ Papier. Elac nennt das Ganze „AS-XR-Membran“. „AS“ steht für „Aluminium-Sandwich“. Dieser Verbundwerkstoff besteht aus einer leichten Aluminiumschicht, die mit Kunststoff laminiert ist. Dadurch erzielt die Membran hohe Stabilität und Festigkeit, was unerwünschte Schwingungen reduzieren und eine präzisere Wiedergabe ermöglichen soll. „XR“ steht für „eXtended Range“ und weist darauf hin, dass die Membran einen erweiterten Frequenzbereich abdeckt sowie hohe Auflösung verheißt.
Die Empfindlichkeit der Elac Elegant BS 312.2 liegt bei 87 dB/2,83 V/m, also eher im mittleren Bereich, so dass die Box einen hinreichend potenten Verstärker braucht, um ordentlich auf Pegel zu kommen. Die meisten Amps dürften damit zurechtkommen; bei Röhrenverstärkern kommt es meiner Erfahrung nach immer auf die Einzelfallprüfung an. Die Nennimpedanz von 4 Ohm und ein von Elac deklariertes Minimum von 3,4 Ohm bei 280 Hz stellen jedenfalls eher moderate Anforderungen an den Verstärker.
Stark
Das hochglanzlackierte Gehäuse der Elac Elegant BS 312.2, erhältlich in Weiß oder Schwarz, besteht aus robustem Aluminium mit zwischen 6,5 (außen) und 8,5 (innen) Millimeter Stärke. Dünnhäutig ist dieser Schallwandler also keineswegs. Mal sehen, was das im musikalischen Ernstfall bedeutet. Grundsätzlich gewährleistet die Massivität der Gehäusewand Stabilität und Resonanzarmut. Wie wichtig mechanische Stabilität für die Klangqualität ist, weiß jeder, der schon mal Schrauben an den Treibern festgezogen hat. Und High-End-Hersteller wie Wilson Audio oder Magico greifen nicht ohne Grund zu Gehäusematerialien jenseits von MDF & Co. Die Kieler Box, deren Front nur etwa so groß ist wie ein Taschenbuch (rund 20 x 12 Zentimeter), wiegt pro Stück dann auch gut sieben Kilogramm. Beim Auspacken war ich daher kurz irritiert: Doch ein Aktivsystem? Nein, aber ein Passivlautsprecher mit Ambitionen.
Das zeigen weitere bauliche Charakteristika – wie etwa die mit 28 Zentimeter ungewöhnlich ausgedehnte Gehäusetiefe, die mit Blick auf die Basswiedergabe trotz kleiner Schallwand für hinreichend Volumen sorgt. Der Platzbedarf resultiert aber auch aus der hinter dem Tieftöner montierten Frequenzweiche sowie insbesondere aus dem nach hinten abstrahlenden Bassreflexrohr. Obwohl Elac im Inneren auf zusätzliche Werkstoffe oder Dämmmaterial verzichtet hat, ist das Erdgeschoss mit Tieftöner und Frequenzweiche schon ziemlich gut ausgefüllt. Der erste Stock ist dem Hochtöner und den rückwärtigen Tiefton-Emissionen vorbehalten (siehe oberes Bild).
Zugänglich …
Die Lautsprecherterminals sind massive Schraubanschlüsse, hochwertig verarbeitet und vergoldet. Sie ermöglichen den Anschluss von Bananensteckern, Kabelschuhen oder blanken Kabelenden. Das Terminal lässt Bi-Wiring oder Bi-Amping zu. Trotz der kompakten Abmessungen sind die Terminals gut zugänglich. Der Anschluss der Lautsprecherkabel und die Handhabung der Kabelbrücken bereiten tatsächlich keine Probleme.
Farbiges Zubehör und ein ganz klein wenig Geduld …
Die Ergonomie passt also. Die mitgelieferten Lautsprecherbasen (siehe unteres Bild) erfordern aber etwas Geduld bei der Montage; die beiliegende Anleitung ist nicht ganz korrekt. Tipp: Für die Verbindung von Lautsprecher und Basis die großen Unterlegscheiben verwenden, nicht die kleinen!
Die Frontabdeckung der Elac BS 312.2 haftet magnetisch und ist in verschiedenen Farben erhältlich. Wer mag, kann hier zusätzliche farbliche Akzente setzen, wobei das Exemplar in Schwarz ohne Abdeckung für mich am meisten hermacht. Dann besticht die Kieler Box durch eine hochwertige Eleganz mit fast futuristisch anmutenden optischen Details. In jedem Fall dürfte der WAF der Kieler Grazie deutlich über dem von mannshohen Schallwandlern mit ausgreifenden Basements liegen.
Die Aufstellung
Apropos Basements: Elac bietet auch Ständer für die kleinen Schallwandler an. Im Lieferumfang meines Testexemplars sind die aber nicht enthalten; daher nutze ich meine eigenen von Mission Audio. Die passen gut zu den Abmessungen der Elac Elegant BS 312.2, so dass der Lautsprecher stabil steht und durch die Spikes der Ständer entkoppelt wird. Eine hochwertige Box wie die Elac sollte natürlich frei aufgestellt werden, nicht zu nah an Wänden oder in Bücherregalen. Das hat nicht nur mit dem rückwärtigen Bassreflex-Auslass zu tun, sondern auch mit der räumlichen Abbildung, die – wie bei den meisten anderen Lautsprechern – nur bei freier Aufstellung ihr volles Potenzial entfalten kann.
Das Stereodreieck darf größer sein, als es die Abmessungen zunächst vermuten lassen. Hier hält der kleine Lautsprecher aus Kiel tatsächlich einige Überraschungen bereit: Sicher, er taugt zum Nahfeldmonitor; aber er kommt auch mit deutlich größeren Abständen zurecht. Selbst bei einer Distanz von rund drei Metern bleiben Klangbild und akustische Bühne stabil; das akustische Panorama fällt weder auseinander noch in sich zusammen. Damit hat sich die Elac Elegant BS 312.2 erste Meriten in den Disziplinen „Einsatz“, „Hörraum“ und „Flexibilität“ erworben. – Nur bitte, frei aufstellen, die Preziose aus Kiel!
Elac Elegant BS 312.2: Hörtest & Vergleiche
Ausgepackt, angeschlossen und losgelegt. Fast! Der kleine Schallwandler braucht Einspielzeit – etwa hundert Stunden. Die Materialien der Lautsprecherchassis scheinen ab Werk noch nicht sonderlich geschmeidig zu sein. Ohne Einspielzeit haben Stimmen zunächst eine gehörig nasale Verfärbung. Hoch- und Tieftöner müssen sich also klanglich aufeinander einspielen.
Das Setup
Zum Vergleich habe ich meine M6-Kette von Musical Fidelity (CD-Player, DAC, Vollverstärker) und die Harwood Acoustics LS3/5A (rund 1.500 Euro) genutzt, also ein Line-up mit eher britischer Genetik. Und es wurde noch internationaler: Ein audiophiler Freund bot mir an, die Elac auch in seiner „französischen“ Kette zu hören. Die besteht im Kern aus einem Micromega-Vollverstärker M One 150 und einem Paar Cabasse Bora. Der Schallwandler aus Frankreich ist ein Drei-Wege-Lautsprecher und volumenseitig etwa sechsmal größer als die Elac, aber mit rund 3.000 Euro nicht weit entfernt vom Preis des Kieler Lautsprechers.
Zum Klang der Kielerin. Das Wichtigste zuerst: Die nasale Verfärbung von Stimmen verschwindet nach dem Einspielen zuverlässig. Verfärbungen sind in dieser wichtigen Tonlage nicht mehr zu befürchten.
Die kanadische Jazzsängerin Diana Panton (Album: Winds and Roses), die durch ihre nicht für Kinder gedachten „Kinderlieder“ etwas bekannter geworden ist, pflegt einen ganz eigenen Stil. Etwas sphärisch, etwas versponnen, ein wenig entrückt. Sie interpretiert Jazzstandards, Balladen und Bossa Nova mit Intensität und Intimität, wobei sie auf minimalistische, akustische Arrangements setzt. Ihre Darbietungen sind geprägt von subtilen Nuancen und einem eigenwilligen Vortrag, der klassische Jazz-Einflüsse mit einer jugendlichen, fast kindlichen Interpretation verbindet. Dabei wechselt sie oft spielerisch zwischen englischer und französischer Sprache.
Langzeittauglich analytisch: Mitten & Höhen
Das neue Album lebt von ihrer glockenhellen Stimme sowie der minimalistischen Begleitung. Und die Elac Elegant BS 312.2 kommt sehr gut mit diesem Material zurecht. Die Stimmenwiedergabe setzt keine falschen Akzente, also keine Akzente, die die Musik nicht selbst liefert. Die Elac-Box bringt feine Texturen und Schattierungen in der inzwischen ganz leicht gereiften Stimme und den akustischen Instrumenten beflissen zur Geltung, ohne den Gesamtklang tonal zu verschieben. Die konturierte Reproduktion verleiht der Stimmen- und Mittenwiedergabe eine natürliche Frische, bei der harte oder spitze Klangartefakte durch Abwesenheit glänzen.
Auch bei höheren Lautstärken bleibt der Klang ausgewogen, stabil und kontrolliert. Allenfalls könnte man der Elac einen Hang zum Analytischen, zum Trennscharfen und Definierten attestieren, jedoch bar jeder technisch anmutenden Härte. Einen Drang ins Metallische hat dieser Lautsprecher zu keiner Zeit. Ins Runde oder Warme aber ebenso wenig. Im Kern haben die Kieler bei der Entwicklung der kleinen Box auf eine hoch-neutrale Abstimmung der Mitten gesetzt, die mich durchaus an die Unbestechlichkeit eines Studiomonitors erinnert. In den Mitten entfaltet die BS 312.2 eine Präzision, die über das hinausgeht, was ich in ihrer Preisklasse erwarten würde.
Auch in den Höhen zeichnet sich die Elac durch Klarheit und Präzision aus, bleibt tonal stabil und übersteuert nicht. Die Höhenwiedergabe wirkt offen und brillant, stets kontrolliert. Das Risiko des „Hochtonklingelns“ meistert sie mühelos. Keine Selbstverständlichkeit, neigen analytische AMT-Systeme doch gelegentlich zur Überspitzung. Die Elac ist aber frei von Härten und erweist sich damit als langzeittauglicher Spielpartner.
Ihre Brillanz liegt dabei minimal über der Darstellung der Cabasse und der Harwood Acoustics. Das geht aber nicht zu Lasten der Neutralität, da die Elac im Gesamtspektrum nicht ins Helle oder Spitze tendiert. Das lässt sich wirklich nicht sagen und würde einen falschen Eindruck der Klangcharakteristik vermitteln. Es ist vielmehr so, dass die Elac besser darin ist, hohe, perlende, flirrende Klangereignisse wiederzugeben als die Harwood Acoustics oder die Cabasse. Bei aller filigranen Wiedergabe hoher Frequenzen verfällt die BS 312.2 aber nie ins Plärrende oder Grelle. Sie fühlt sich bei aller Analyse angenehm ausgewogen und stimmig an.
Ja, die Stimmenwiedergabe – bei den Elac möchte ich hierunter bewusst Mitten- und Höhenwiedergabe subsumieren – gehört ohne Zweifel zu den großen Stärken der Elac, zumindest wenn man sich nicht zu den romantischen Hörern zählt, die hier vor allem auf Wärme und Schmelz aus sind. Die Modifikationen am JET-Hochtöner tragen offenbar hörbar Früchte.
Klare Sache
Was die Elac Elegant BS 312.2 in Sachen Auflösung drauf hat, lässt sich etwa in der Eingangssequenz des Stücks „Very Early“ von Ellen Andersson (Impressions of Evans von 2024) hören. Hier lässt es die Elac klingeln und perlen, ohne anzuspitzen oder zu kupieren. Die Keyboard-Passagen konkurrieren zu Beginn mit dem spröden timbrierten Gesang der schwedischen Jazz-Sängerin. Das reproduziert die Elac mit viel Feingefühl, fast ziseliert sie in solchen Sequenzen. Besonders gut ist sie darin, die gleichsam aufgeraute Oberflächenstruktur von Anderssons Stimme nachzuzeichnen. Das bringt Spaß und Spannung in die Abhörsituation! Oder mit anderen Worten: Die Elac Elegant BS 312.2 kann Atmosphäre; sie ist besonders gut darin, stimmliches Charisma zu artikulieren. Das schimmerte weiter oben ja schon durch. Und wird durch die überdurchschnittliche Transparenz und Detailfreude der Kielerin weiter bestärkt.
Fast nur logisch, dass sich die kleine Box aus dem Norden auf feindynamische Abstufungen, Nuancen und Schattierungen in der Musik bestens versteht und viel Luft in der Exposition musikalischer Miniaturen lässt. Kammermusikalischer Jazz wie der von Diane Panton oder Ellen Andersson ist daher besonders „dankbares“ Material für die Elac. Wer Freude an solcher Musik hat, an kleinen Ensembles und exponierten Stimmen, der kann mit der kleinen Box aus dem hohen Norden – wie mein „frankophiler“ Mithörer konstatierte – „endglücklich“ werden.
Über Erwartung und Erfahrung – der Bass
Die kompakten Abmessungen lassen natürlich keine seismischen Bassgewitter erwarten, aber die Elac Elegant BS 312.2 wartet im Tieftonbereich mit einer durchaus überraschenden Performance auf. Zwar kann sie mit signifikant größeren Lautsprechern nicht ganz mithalten, doch für ein kompaktes Modell ihrer Größe gelingt ihr ein beeindruckender Tiefgang. Und beim Schreiben dieses Berichts stelle ich fest, das ist untertrieben!
Nachvollziehen kann man den unwahrscheinlichen Punch der Elac Elegant BS 312.2 anhand der Kompilation Part of the Dream von Vini Vici. Das ist ein israelisches Duo, bestehend aus den Musikern Aviram Saharai und Matan Kadosh. Ihr Metier? „Psychedelic Trance“ oder auch „Psytrance“ – ein Genre, das sich nicht nur durch atmosphärische und psychedelische Melodien, Versatzstücke aus der Weltmusik, sondern auch und in besonderem Maße durch brachialen Bass auszeichnet. Und ich meine wirklich „brachial“.
In den meisten Stücken dieser Sammlung wird auf diesen Bass hingearbeitet. Wenn es so weit ist, dann wird er aber pulsierend und hoch-energetisch serviert. Sicher keine Musik für den audiophilen Feingeist, aber hervorragendes Material für den Test von Tieftönern!
Und den meistert die Elac mit erstaunlichem Standvermögen, ja fast möchte man meinen, mit einer gewissen Nonchalance – selbst bei Pegeln, die den Nachbarn nicht mehr zu vermitteln sind. In Sachen Tiefton ist die metallene Elac-Box der Usain Bolt unter den Ultra-Kompakten, trabt locker auslaufend ins Ziel und dreht dann noch eine Ehrenrunde im Stadion, während die Konkurrenten kollabieren. Die Kieler Box spielt hier weit über ihren Abmessungen und ganz vorn in ihrer Klasse. Sie steigt durchaus tief in den Keller und meistert die Frequenz der Psytrance-Hammerschläge, ohne ins Wummern oder tonal aus der Fassung zu geraten.
Das bleibt alles ebenso voluminös wie trocken, so impulsiv wie terminiert. Im Vergleich dreht die Harwood Acoustics da dann doch deutlich früher bei und verlässt sich auf ihren trockenen, konturierten Bass von begrenzter Statur. Die Cabasse reicht sicher noch etwas tiefer, aber tatsächlich erreicht sie die Prägnanz und Kontur der Tieftonwiedergabe, zu der die Elac imstande ist, nicht ganz. So ungerührt, wie die Elac Elegant BS 312.2 den Bass in den Raum stellt, nimmt sie den rückwärtigen Impuls wieder auf. Das wirkt nüchtern und kontrolliert, selbst bei kernigen Lautstärken. Wahrscheinlich kommt den BS 312 hier nicht zuletzt ihr rigides, weniger energieschluckendes Metallgehäuse zugute. Die Vorbehalte, denen offene Systeme gelegentlich ausgesetzt sind, werden jedenfalls Lügen gestraft.
Die Nebenwirkung: Grobdynamik
Das hat Auswirkungen auf die Grobdynamik der Elac Elegant BS 312.2, was sich ebenfalls an der Psytrance-Kompilation gut demonstrieren lässt: Üblicherweise werden auf dem Album die Bass-Attacken zunächst dezent anmoderiert, mit Gesang oder akustischen Instrumenten, um dann umso heftiger einzusetzen. Da gerät mancher Schallwandler aus dem Tritt oder buchstäblich ins Kippeln. Nicht so die Elac; die bewahrt bei den teils enormen Dynamikwechseln die Contenance und zeichnet die Impulse mit Schmackes nach, ohne weich oder diffus zu wirken. Das massive Gehäuse sorgt zudem dafür, dass die Umgebung nicht unangenehm angeregt wird.
Der Lautsprecher verleiht den Stücken Durchschlagskraft und Schub und agiert auf dem gleichen Leistungsniveau wie bei der beschriebenen Tieftonwiedergabe. Dabei setzt die Elac Elegant BS 312.2 insgesamt eher auf Kontrolle als auf Kraftmeierei. Ähnlich tritt die Harwood Acoustics auf; im direkten Vergleich überlässt sie allerdings auch hier der Kieler Box recht deutlich den Vortritt – die verfügt im Ergebnis über signifikant mehr dynamisches Durchsetzungsvermögen. Freilich, die deutlich größere Cabasse dominiert das Testfeld dann doch mit noch mehr grobdynamischen Headroom, das ist halt Physik.
Jeder auf seinem Platz – die Räumlichkeit
Die räumlichen Abbildungsfähigkeiten der Elac Elegant BS 312.2 mithilfe von Dance Mixes oder kleinen Jazz-Aufführungen abzufragen, wäre wohl zu schlicht, denn da wird Räumlichkeit ja in beherrschbaren Grenzen exponiert. Also etwas höher ins Regal gegriffen. Zu Sinfonischem. Daniel Barenboims aktuelle Einspielung von César Francks einziger Sinfonie (1888) mit den Berliner Philharmonikern passt. Barenboims gewohnt strenges Dirigat kommt dieser leicht überschießenden, leicht ins hohle Pathos drehenden Komposition sehr entgegen. Er legt ihr die Zügel an und achtet konsequent darauf, dass niemand seinen Platz verlässt. Andere Werke können unter dieser strengen Aufsicht steril, formal oder antiseptisch wirken. Nicht so in diesem Fall, weil Barenboim der Sinfonie alles Überzogene, alles tendenziell Kitschige austreibt und sich auf die musikalische Substanz konzentriert.
Unter Aspekten der Räumlichkeit meistert die Elac Elegant BS 312.2 diese Herausforderung sicher. Der Lautsprecher löst das musikalische Geschehen von seiner faktischen Position im Raum; der Klang schwebt zum Teil weit außerhalb der Lautsprechergehäuse. Der Kieler Schallwandler versteht sich darauf, die Staffage fast pedantisch auszuleuchten und zu beschreiben – und erzeugt eine aufgeräumte Klanglandschaft, die über die reine Stereobreite hinausgeht und den Raum horizontal und vertikal öffnet. Das sorgt für exakte Ortbarkeit und Differenzierung der Klangquellen. Die Instrumente lassen sich gut lokalisieren, sie erscheinen plastisch und präzise positioniert. Das bekommt die Elac gut hin.
Für mich die Probe aufs Exempel in Fragen der Räumlichkeit ist immer wieder Madonnas „Vogue“ von der Kompilation The Immaculate Collection (1990). Abgesehen von allen musikalischen Präferenzen ist zu konzedieren, dass diese Sammlung sehr gut produziert ist und mit spektakulären räumlichen Effekten aufwartet. Und die Elac patzt nicht. Sie schafft die räumlichen Illusionen ähnlich souverän wie teurere Schallwandler – die Effekte zu Beginn des Stücks werden im Höreindruck weit außerhalb des Gehäuses lokalisiert, weit links bzw. rechts davon.
In der Lokalisierung und Raumabbildung leistet der kleine Schallwandler also Beachtliches. Insgesamt lässt sie das Testfeld in dieser Dimension allerdings nicht hinter sich. Die Cabasse Bora und die Harwood Acoustics bauen ebenfalls große akustische Bühnenbilder auf. In beiden Fällen stimmen die Größenverhältnisse. Höhe und Breite passen gut zur dargestellten Tiefe. Klar, der Lautsprecher aus Frankreich ist hier besonders großformatig, aber auch die Harwood patzt nicht und schafft ein schönes dreidimensionales Bild.
Und in einer Sache kommt die Elac Elegant BS 312.2 nicht ganz mit: Trotz breiter Bühnenabbildung und guter Lokalisierung zeigt der Lautsprecher aus Kiel in der Tiefe einige wenige Einschränkungen. Die Darstellung tritt zwar schön nach vorne, auf den Hörer zu, ist gleichwohl geringfügig limitiert und kann bei komplexen Stücken zu einer leichten Kompression und Begrenzung der Tiefenstaffelung führen. Um es etwas platt auszudrücken: Schlagzeug, Blasinstrumente und die Streichinstrumente der tieferen Lagen sind in Barenboims Interpretation von Francks Sinfonie etwas zu weit vorn gruppiert; das Orchester wirkt etwas gedrängt, nicht in der Höhe oder Breite, aber in der räumlichen Differenzierung von vorn und hinten. Das macht den Klang buchstäblich etwas vordergründiger. Das ist aber nur bei räumlich sehr komplexen Aufnahmen wahrnehmbar, weniger bei der recht artifiziellen Produktion der Madonna-Kompilation.
Test: Elac Elegant BS 312.2 | Kompaktlautsprecher