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Der erste Gedanke: Da hört man völlig unbeschwert und einfach stimmig Musik, und dann soll man das klanglich auseinanderdividieren – wie öde! Ein technisches Gerät zu beschreiben, das so grundsätzlich untechnisch klingt wie der Einstein Tune, ist keine kleine Aufgabe. Die Diskrepanz zwischen instantmäßig einsetzendem auditiven Genuss und kopflastig-analytischer Beschreibung dessen macht’s einem nicht leicht.
Zweiter Gedanke: Manchmal klingen Komponenten so wie sie aussehen. Zur Einstimmung hörte ich ein wenig mit einem (dreimal günstigeren) Denon-Vollverstärker und wechselte dann zum Einstein. Der Japaner ist ein Pfundskerl, wenn auch nicht der Feinsinnigste unter Gottes Sonne, der Einstein Tune dagegen verkörpert beschwingte Eleganz, aber es gibt schon mehr Pfund untenrum. Exemplarisch treten die Unterschiede bei Nik Bärtschs „Modul 53“ (Album: Llyria) hervor. Da ist beim Einstein eigentlich alles besser: Das „Rühren“ des Besens auf der Snare wird feiner aufgedröselt, vom Saxophon bekommt der Hörer mehr Textur und Zeichnung vermittelt, es wirkt weniger glattgebügelt, lebendiger, der Raum wird genauer ausgemessen und vor allem besitzt er jetzt auch Tiefe. Die tiefen Drumkicks aber bringt der Denon mit mehr Autorität. Dritter Gedanke: Alles ist relativ, wäre der Tune ’ne Röhre, würde ich jetzt den Tiefton loben, ob der Power, des Tempos und der Geschmeidigkeit, und auch, weil nicht mit einem Oberbassbäuchlein Potenz simuliert wird. Da er aber ein Transistor ist, muss darauf hingewiesen werden, dass es Vertreter dieser Gattung gibt, die mehr Schmackes in den untersten Lagen entwickeln. Und – damit zusammenhängend – grobdynamisch martialischer auftreten können, wenn’s das ist, was Sie wollen.
Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass der klassische Einstein-Hörer so tickt. Dem dürfte es vielmehr um die feinfühlig-audiophile, geschlossen-harmonische Musikdarbietung gehen, also um diesen besonderen Charme, mit dem der Tune auch bei mir sofort punktete. Diesen Amp kauft man sich nicht für den kurzen Soundkick (der schnell ermüden kann), sondern um ihn lange zu behalten, die Technik zu vergessen und sich an der stimmig dargebotenen Musik zu erfreuen. In dieser Hinsicht sind Ähnlichkeiten – wen wundert’s? – zum teureren, noch im Lager, aber leider nicht mehr in Produktion befindlichen Absolute Tune Limited aus dem gleichen Hause nicht zu verleugnen. Wobei der, wenn ich mich da nicht täusche, tonal etwas wärmer beziehungsweise weniger neutral daherkam und noch plastischere Klänge „modellierte“. Aber auch der – relativ zum Einstein The Tune ebenfalls etwas wärmer wirkende – McIntosh MA5200 kommt mir in den Sinn, geht’s bei dem doch auch vordringlich um ein stimmiges, geschlossenes Gesamt-Klangbild und nicht um „noch mehr Bumm und Zing“.
Wie verhält es sich nun tonal? Völlig balanciert würde ich sagen, aber es gibt Verstärker, die an den Frequenzextremen noch deutlicher oder plakativer – je nachdem, wie Sie das sehen wollen – vorgehen. Das weite Feld zwischen diesen Extremen aber wird klangfarblich tendenzlos wiedergegeben. Mancher mag als ersten Eindruck sogar „leicht wärmer“ mitnehmen, aber das halte ich eher für eine „Fehlinterpretation“ der besonders härte- und verzerrungsfreien, geschmeidig-fließenden Vortragsart des kleinen Einsteins. Eine Tönung ins Bronzene oder Silberne ist für mich nicht ausmachbar, gerade bei Stimmen merkt man die Bevorzugung oder Vernachlässigung bestimmter Frequenzbereiche ja sehr schnell – und hier klingt der Tune einfach so, wie’s klingen soll, weder sonorer noch heller, sondern exakt und wahrheitsliebend.
Test: Einstein Audio The Tune | Vollverstärker