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Die Phonopres, gegen die sich Einsteins Little Big Phono in meiner Kette vergleichen lassen muss, sind Naims Superline mit einem HiCap-Netzteil, welches allerdings noch nicht über die neuen Spannungsregler der DR-Version verfügt, und Siegfried Tessendorfs TE Phono.
Phonoentzerrer im Vergleich: Tessendorf, Einstein, Naim
Quellseitig kommt ein Masselaufwerk von Horstmann & Petter, der „Ullysses“ zum Einsatz. Auf der schweren Granitzarge sind sowohl der H&P Tonarm Jasson als auch Audiocrafts AC 4400 montiert. Unter die Headshell des Ersten habe ich das „Volpe“ von Walter Fuchs montiert, eine Inkarnation des bekannten Denon DL 103. Der große Audiocraft trägt das für mein Empfinden recht ausgeglichen spielende Dynavector XV-1S.
Schon die erste Platte, Covered von Friend ’n Fellow, macht klar, dass die Little Big Phono nur optisch ein wenig nach Spielzeug aussieht, sich klanglich aber ziemlich weit oben einreiht. Susanne Freunds Alt, durch diverse Liveauftritte noch recht präsent in meinen Ohren, tönt ausgesprochen körperhaft und mit eben jenem, sie möge es mir verzeihen, leicht rotzigen Unterton, der ihre Stimme so unverwechselbar macht. Die Größenverhältnisse zwischen Sängerin und begleitender Gitarre geraten akkurat proportioniert und die blitzartig angerissenen Saiten, typisch für die außergewöhnliche Spieltechnik des Gitarristen Bernd Fellow, scheinen quasi auf dem Korpus des Instrumentes zu explodieren. Das swingt und macht mächtig Laune. Wer meint, Friend ’n Fellow klängen auf Platte irgendwie immer gut, liegt zwar nicht völlig daneben. Trotzdem habe ich das gleiche Programm auch schon ziemlich langweilig dahinplätschern hören, ungeachtet des ebenfalls vierstelligen Preisschildes der verantwortlichen Phonovorstufe.
Quasi zur Rückversicherung landet ein highendiger Klassiker des in Vinyl gepressten Jazzgesangs auf dem Plattenteller: Carol Kidds Nice Work. Der Opener „Nice work if you can get it“ vertreibt dann auch den letzten Zweifel. Little Big Phono gehört eindeutig in die Riege der Phonovorstufen, mit denen sich daheim das so häufig beschworene Livefeeling wie selbstverständlich einstellt. Der treibende Bass, die auf die Felle knallenden Drumsticks, und nicht zuletzt die völlig lebensecht, unmittelbar vor mir im Raum stehende Stimme von Frau Kidd verantworten dieses intensive Gefühlserlebnis, das Kenner so gern mit der schwarzen Scheibe verbinden.
Ein klasse Einstand für Einsteins Kleine. Da kann Tessendorfs normalerweise keineswegs langweilige Phonostufe nur mit ihrem filigraneren Auflösungsvermögen, das vor allem im Mittel-/Hochtonbereich für einen Hauch mehr Durchzeichnung sorgt, dagegenhalten. Dem tief gehenden, dennoch gut kontrollierten Bass der Bochumer Vorstufe kann sie genauso wenig das Wasser reichen, wie deren lebendigen und farbstarken Mitten. Auch die Punkte für Dynamik und Timing gehen, was mich als Essener besonders freut, an die Nachbarstadt. Und so bleibt nichts anderes übrig, als für die weiteren Klangvergleiche Naims Superline heranzuziehen. Eine Phonovorstufe, die zusammen mit dem externen Netzteil HiCap über viertausend Euro teuer ist und damit ein gutes Stück über dem liegt, womit Einsteins Doppelmonophonopre (schönes Wort!) das Budget des Vinylisten belastet.
Unlängst gelang es mir auf dem Krefelder Analogforum eine ungespielte, noch verschweißte Scheibe des hierzulande relativ unbekannten Geigers Arturo Delmoni an Land zu ziehen. Der New Yorker hat sich in den Staaten als Interpret romantischer Musik einen respektablen Namen erspielt, wobei er stets auch auf die audiophilen Qualitäten seiner Veröffentlichungen achtet. Auf Songs my mother thaught me von 1990 trifft denn auch feinste Tontechnik auf leidenschaftlich vorgetragene (spät)romantische Violinstücke von Johannes Brahms, Gabriel Faure, Fritz Kreisler und weiteren namhaften Vertretern dieser Epoche. Dem Dynavector obliegt es, die wunderbar transparent und makellos eingespielte Aufnahme aus der schwarzen Rille zu bergen und den Phonopres zu überantworten. Was die Abschlussimpedanz des Dynavector XV-1S betrifft, sollte Volker Bohlmeier übrigens recht behalten. Es kommt wunderbar mit den 470 Ohm der Little Big Phono zurecht. Den Bogenstrich auf Delmonis Stradivari habe ich tatsächlich noch nie so unmittelbar und direkt vernommen wie mit Einsteins Phonostufe. Auch der Korpusklang des Instrumentes, warm, aber nicht süffig, kommt im rechten Maße.
Im Vergleich zu Naims Superline erscheint mir der Hochtonbereich aber schon von der etwas prägnanteren Sorte zu sein. Das sorgt für einen ordentlichen Schuss Frische und Klarheit im Klangbild. Ein echtes Überziehen der Hochtonpower oder gar ein Abgleiten ins glasig-analytische Terrain kann ich nicht feststellen. Die Mitteltonlagen zeichnen sich dabei durch eine geschickte Melange aus Klangfarbenreichtum, Dreidimensionalität und Informationsdichte aus, die aber dankenswerterweise jeden Hang zum Detailfetischismus vermissen lässt.
Masselaufwerk Horstmann & Petter „Ullysses“
Mit dieser Abstimmung und einer körperhafteren Darstellung, als es die Superline vermag, gelingt der Little Big Phono die nahezu perfekte Illusion, als hätten sich Herr Delmoni und seine Strad tatsächlich zu einem Privatkonzert in meinen vier Wänden eingefunden. Nicht nur bei Fritz Kreislers „Tempo di Menuetto“ ertappe ich mich dabei, heftig die Luftvioline zu spielen. Kein Wunder, Einsteins schwarze Kästchen wirken einfach mitreißend.
Wie schon eingangs erwähnt, ist die Bassperformance keinesfalls von schlechten Eltern. In sich überraschend fest und tief und dabei, wenn erforderlich, auch mit Kickbass-Qualitäten gesegnet. So ist es ob des vorhandenen Potenzials nicht verwunderlich, dass der Dead Can Dance Klassiker Spiritchaser auf MoFis neuem Silver Label zu einer fast tranceartigen Erfahrung mit hypnotischer Sogwirkung gerät – unterbrochen lediglich von der als schmerzhaft empfundenen Notwendigkeit, die Platten des Doppelalbums häufig wechseln zu müssen. Wenn hier das DL 103 Volpe zum Einsatz gelangt, übrigens ebenfalls mit 470 Ohm abgeschlossen, entwickeln die tiefen Töne nochmals eine Spur mehr Prägnanz und Energie. Allerdings geht der Tonabnehmerwechsel, nicht ganz unerwartet, etwas zulasten von Räumlichkeit und Feinzeichnung. Das liegt natürlich nicht am Phonovorverstärker, sondern am zugegeben etwas unfairen Vergleich mit dem großen Dynavector. Der Little Big Phono gelingt es allerdings, die besonderen Vorzüge des Volpe in den Disziplinen Rhythmus, Timing und musikalischer Geschlossenheit recht deutlich zu Gehör zu bringen.
Einsteins Kleine ist eigentlich eine ganz schön Große. Das ahnte ich schon nach den ersten Tönen, jetzt ist Halbzeit und nach wie vor staune ich über den forschen und bestimmten Eindruck, den die Little Big Phono hinterlässt. Der Tonfall hat nichts Nebulöses, hier ist Klartext angesagt. Bässe werden wunderbar griffig und mit dem nötigen Nachdruck reproduziert, die Höhen nicht ein Jota zurückgenommen – was auf der Scheibe ist, wird wiedergegeben, basta. Und wenn da zu viel Hochton drauf ist, wird die Einstein nicht zum (höflichen) Weichspüler. Trotz dieser klaren Ansagen hat die Kleine aber auch eine charmante Ader und schafft es, den musikalischen Fluss nicht abreißen zu lassen.
Test: Einstein Audio The Little Big Phono | Phono-Vorstufe