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In meinem Hörraum wirken die zierlichen Armonia Mundi Impact winzig. Ein bisschen sträube ich mich, sie als ernstzunehmende HiFi-Lautsprecher zu akzeptieren. Lautsprecher mit solchen Abmessungen erwarte ich eher als Bestandteile eines stylischen Heimkino-Lautsprecher-Sets – zusammen mit einem fetten Subwoofer, einem Center und diversen Rear- und Side-Speakern für sagen wir mal 1.000 Euro. Aber die Armonia Mundi Impact kosten 1.000 Euro das Stück. Ja ok, fatto a mano in bella Italia und so. Aber um mich bei dem Kurs zu überzeugen, müssen die einiges mehr bieten als bella figura. Wenn’s nur nette Designstücke sind, gehen die Dinger ganz schnell zurück zum Vertrieb.
Die Tatsache, dass Sie diesen Text gerade lesen, zeigt, dass ich die Lautsprecher nicht zurückgeschickt habe. Denn diese Lautsprecher haben es verdient, einer interessierten Öffentlichkeit vorgestellt zu werden. Auch wenn schon allein aufgrund der zierlichen Bauform einige Punkte zu beachten sind. Fangen wir also einfach damit an, was und für wen die Armonia Mundi Impact in jeden Fall nicht sind:
- Die DoAcoustics Armonia Mundi Impact sind eher für kleine Hörraume optimiert. In meinem knapp 18 m² Raum funktionieren sie auch bei vergleichsweise freier Aufstellung prächtig; in den knapp 30 m² des Kollegen Jörg Dames wurde es aber schon sehr knapp. Ich denke, die maximal zu empfehlende Raumgröße liegt bei rund 20 m².
- Bass- oder Pegel-Fetischisten werden mit den schlanken Säulen definitiv nicht glücklich. Passt die Raumgröße, klingen die Armonia Mundi ausgesprochen erwachsen und deutlich vollständiger als ihre Größe es vermuten lässt. Aber sowohl was die untere Grenzfrequenz als auch was die maximale Lautstärke betrifft, sind diesen Lautsprechern natürliche Grenzen gesetzt. Musikgenuss bei deutlich gehobener Zimmerlautstärke geht prima, auch größere Lautstärken machen die Lautsprecher noch mit, zeigen aber auf dem Weg hin zu Partypegeln irgendwann Stresserscheinungen und das Klangbild wird aggressiv. Und in den Magen fahrende Bässe gibt es per se nicht.
- Und dann gibt es da noch die ewige Diskussion darüber, wo genau die musikalische Wahrheit, die die Lautsprecher vermitteln sollen, zu suchen ist. Für die einen ist das Live-Erlebnis die Referenz – tonal vielleicht ein bisschen ruppig, dafür mit ungebremster Dynamik; für die anderen ist es der Regieraum des Toningenieurs, in dem die einzelnen Takes und Tracks aus dem Aufnahmeraum unter Zuhilfenahme geballter Studiotechnik zu einem ideal ausgewogenen Klangerlebnis abgemischt werden. Nachdem ich Ihnen Herrn Oliveri in groben Zügen vorstellen durfte, sollte klar sein, welche Prioritäten seine Lautsprecher setzen: Hier geht es um die möglichst ungefilterte, authentische Wiedergabe von Musik. Rau, aber herzlich wie der Süden Italiens, könnte man sagen.
Womit die DoAcoustics Armonia Mundi Impact vom Fleck weg begeistern, ist, wie frei sie die Musik in den Raum stellen. Sind sie aufgrund ihrer geringen Abmessungen optisch schon unauffällig, verschwinden sie akustisch komplett. Auch wenn es viele Lautsprecher gibt, von denen sich das Klangbild gut löst – bei den zierlichen Säulen habe ich nicht den Eindruck, dass sich hier überhaupt etwas von irgendwo lösen müsste. Großzügig, breit und tief und scheinbar ohne von den tatsächlichen Abmessungen des Hörraums beeinflusst zu sein, bauen sie ein weites Klangpanorama auf. Wobei sie keinesfalls alles in die Breite zerren, sondern sich an die Vorgaben der Aufnahme halten.
Ist vorgesehen, dass die Musik den Eindruck erweckt, sie käme von einem alten portablen Plattenspieler, der irgendwo in der Mitte des Raumes steht, wie etwa im Track „Now I’m Following You (Part 2)“ auf dem Madonna Album I’m Breathless – Music from and Inspired by the Film Dick Tracy, (auf Amazon anhören) geben die Armonia Mundi Impact das genau so wieder – so realistisch, dass ich aufstehen und um den Plattenspieler herumgehen möchte. Auch alle anderen Spielereien und Effekte dieses akustischen Comics setzen sie beeindruckend plastisch um. So was habe ich bisher wirklich nur von exzellenten Breitband-Systemen wie zum Beispiel der Hornmaufaktur Akusmatik A90 gehört.
Wo gerade Dick Tracy dran ist, lasse ich auch das letzte Stück „Vogue“ durchlaufen – in den 1990er Jahren eine veritable Disconummer. Hier erinnert mich allerdings nicht viel an meine erste Begegnung mit dem Stück – eben Anfang der 1990er Jahre, damals im Düsseldorfer Checker’s Club. Die tiefen Synthie-Läufe unterschlagen die Armonia Mundi Impact fast komplett, wenn man nicht weiß, dass sie eigentlich da sein müssten, würde man sie aber nicht unbedingt vermissen. Auch ein näheres Heranrücken an die Rückwand bringt da nichts. Im Gegenteil: Das, was an Bässen da ist, verliert dann an Definition und die beeindruckende Räumlichkeit wird diffus. Letzteres liegt vermutlich daran, dass der Schall der nach hinten abstrahlenden Hochtöner zu früh von der Rückwand reflektiert wird und das Gehör nicht mehr zwischen Direkt- und Diffusschall unterscheiden kann. Ergo: Stellen Sie die Italienerinnen lieber mit ein bisschen Abstand zu den Wänden auf.
Was aber die DoAcoustics Armonia Mundi Impact an Bass machen, machen sie ordentlich. Sie reichen zwar wie erwähnt nicht allzu tief hinunter, behalten aber die Kontrolle, bevor sie sich nach unten sanft aus dem Geschehen verabschieden. Bei natürlichen Tönen, wie etwa von einem Kontrabass, hilft die Psychoakustik und ergänzt das, was die Ohren an Obertonspektrum wahrnehmen, um den zugehörigen Grundton. Man spricht hier gerne von „Geistertönen“.
Herrn Oliveri gegenüber fühle ich mich quasi verpflichtet, Gianna Nannini in mein Hörprogramm aufzunehmen. Der Streaming-Dienst Tidal macht’s möglich. Die Klangqualität ihres ersten Erfolgsalbums („Bello e impossibile“ – Sie wissen schon) ist leider sehr mager. Ihre späteren Alben liegen in besserer Qualität vor. Die geschäftstüchtige Italienerin hat ihre Hits regelmäßig neu eingespielt sowie auf diversen Samplern wiederveröffentlicht. Insofern gibt es fast jeden ihrer Hits auch in guter Klangqualität. Und ja, für solche Musik sind die DoAcoustics regelrecht gemacht. Stimmen sind auf jeden Fall eine absolute Domäne der Armonia Mundi Impact. Ich behaupte, so geschlossen, kohärent, so spannend und intensiv kann nur ein guter Breitbänder Stimmen wiedergeben. Das raue Organ von Frau Nannini kommt mit solcher Intensität rüber, dass ich unweigerlich Gänsehaut bekomme. Schließe ich die Augen, scheint die Dame leibhaftig vor mir zu stehen. Das wirkt alles sehr unmittelbar, vielleicht ein wenig ungeschliffen, aber dadurch umso authentischer.
Ich gebe allerdings zu, dass das nicht so ganz mein Musikgeschmack ist. Also kommt quellenmäßig mein analoger Neuzugang zum Einsatz und Lucinda Williams, The Ghosts of Highway 20 (auf Amazon anhören) landet auf dem Plattenteller des stst Motus II D. Das Zyx Yatra senkt sich in die Rille und die Armonia Mundi Impact machen klar, dass die Spielpartner ihrer Wahl analog sind. Die Stimme von Frau Williams, ebenfalls nicht die geschmeidigste, inszenieren die Armonia Mundi Impact noch intensiver. Das Klangbild wird noch weiter, plastischer – irgendwie scheint es eine gewisse Kongenialität zwischen analoger Quelle und Armonia Mundi Impact zu geben. Selbst der Bass scheint substanzieller.
Aber auch jenseits von rauchigen Frauenstimmen wissen die Armonia Mundi Impact zu überzeugen. Etwa bei modernen Jazz, wie dem Album 1/1 von Nils Petter Molvaer und Moritz von Oswalt (auf Amazon anhören). Die synthetischen Klangwelten von Oswald stellen die DoAcoustics Armonia Mundi Impact beeindruckend sphärisch in den Raum, die Trompete Molavers findet sich hier oft homogen ein, an anderen Stellen wirkt sie aber auch wie ein Einbruch von Wirklichkeit in die synthetischen Welten von Oswalts. Solche musikalische Kontraste bringen die Italienerinnen mit einer wunderbaren Souveränität rüber. Spannungsbögen, die feinste Differenzierung zwischen Harmonie und Reibung, solche Aspekte von Musik können die Armonia Mundi Impact einfach grandios vermitteln.
Wobei ich durchaus diverse Lautsprecher gehört habe, die mehr Details bieten, andere, die Klangfarben noch exakter zeichnen oder Transienten noch präziser reproduzieren. Aber nur wenige kommen an die Geschlossenheit und Intensität heran, die die Armonia Mundi Impact bieten. Die stellen einfach andere Qualitäten in den Vordergrund – solche, die sich den üblichen HiFi-Kriterien eher entziehen. Das ist eher das „andere“ HiFi, das Audiophile mit entsprechenden Vorlieben veranlasst, sich Single-Ended 300 B Verstärker zu kaufen und den Hörraum mit sündteuren Hornsystemen oder abenteuerlichen Selbstbaulautsprechern zu füllen. Den DoAcoustics Armonia Mundi Impact gelingt das Kunststück, viel vom Zauber dieser Welt zu bieten, ohne dass man in Vintage-Lautsprecher investieren oder auf die Spanplatten-Verhaue der Selbstbauszene gucken muss. Allerdings, um hier Missverständnissen vorzubeugen: Zum Betrieb an einem 300B-Verstärker eignen sich die Armonia Mundi Impact weniger. Deren Wirkungsgrad gibt der Hersteller mit 88 dB/W/m an – was ich mal vorsichtig als „optimistisch“ bezeichnen möchte. Denn den Lautstärkeregler meines 35 Watt starken Musical Fidelity AMS 35i muss ich vergleichsweise weit aufdrehen, damit meine Musik in gewohnten Lautstärken ertönt.
Im Hochton geben sich die Armonia Mundi Impact frisch und dabei bodenständig. Höchstes Auflösungsvermögen ist ihre Sache nicht, allerdings klingen sie auch hier wunderbar frei und luftig, was ich nicht zuletzt auf den Diffusschall-Anteil des rückseitig angebrachten Hochtöners zurückführe. Der Hochton passt komplett ins Gesamtbild: Analyse ist – das sollte mittlerweile deutlich geworden sein – nicht das Steckenpferd der Armonia Mundi Impact. Die DoAcoustics sind nichts für Menschen, die mit Falten auf der Stirn den letzten Flageolettönen hinterher spüren, sondern eher für solche, die sich in die Musik hineinfallen lassen, sie in ihrer Gesamtheit wahrnehmen. Und genau für dieses Hören sind die Lautsprecher ein absolut stimmiges Angebot.
Test: DoAcoustics Armonia Mundi Impact | Standlautsprecher