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Test: Denon AH-GH20 | Kopfhörer, Over-/On-Ears

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  1. 1 Test: Denon AH-GH20 | Kopfhörer, Over-/On-Ears

August 2015 / Nick Mavridis

„Ups. Schulligung.“ – „Na hören sie mal! Sie hätten mich ja fast umgerannt!“ – „Ja, stimmt, tut mir leid. Mein Fehler.“ – „Leid, Fehler … ich habe doch noch laut ‚Vorsicht‘ gerufen! Ich hätte fast meine Cola verschüttet! Vielleicht sollten sie nicht so laut Rockmusik hören über ihre dicken Kopfhörer da!“ – „Nein, nein, Johannes Brahms, ‚Ein Deutsches Requiem‘, die Telarc-Aufnahme von 1983. Und soo laut war das echt nicht, aber dieser Denon AH-GC20 kann mit seiner Noise-Cancell … – Nanu? Wo sind Sie denn hin?“

Ich atme durch. Kein Zusammenstoß, niemand verletzt, keine von Zuckerwasser benetzten oder gar durchtränkten Kleidungsstücke. Nur eine Beinahekollision, wie sie in den Flugkorridoren des Luftraums über Deutschland auch ab und zu vorkommt, auf den Straßen und Trottoirs unter uns Passanten sowieso. Es gab auf beiden Seiten weder körperliche noch seelische Blessuren. Keine unflätigen Ausdrücke, abwertende oder drohende Gesten, also kann es so schlimm nicht gewesen sein. Für Verfehlungen dieser Art würde man ja in Berlin zumindest verbal gelyncht (na, so schlimm ist es hier auch nicht, die Berliner Red.), da habe ich auf der beschaulichen Einkaufsstraße unterhalb von Schloss Bensberg also noch durchaus Glück gehabt.

Aber es stimmt: a) Brahms: super. „Denn alles Fleisch ist wie Gras“ hat Gänsehautgarantie, vor allem in der „Digital Vintage“-Aufnahme des Atlanta SO unter Robert Shaws Peitsche. Taktstock, sorry. b) Dieser Kopfhörer, der Denon AH-GC20 (www.denon.de), der hat ja tatsächlich eine Noise-Cancellation-Technik. Wäre ich also wüsten Beleidigungen meines Gegenübers ausgesetzt gewesen, hätte ich gut daran getan, ihn schlichtweg wieder aufzusetzen, ignorant zwischen den beiden Hörmuscheln in die Welt hinaus zu blicken und stoisch weiterzuschreiten. Aber auch so: Dass der Denon AH-GC20 der manchmal ungeliebten Schallimmissionen der Außenwelt in mein auditives System per Antischall etwas entgegenzusetzen weiß, macht das Hörsystem des japanischen Herstellers alleine konzeptionell zu meinem Freund.

Denon AH-GC20 Case

Falls „Antischall“ für Sie nach der Geheimwaffe eines James-Bond-Bösewichts klingt oder Sie befürchten, die CERN-Mitarbeiter in Genf könnten damit ganze Universen auslöschen, dürfen Sie ihre Rückenmuskulatur wieder entspannen, die Schultern senken und die aufgerissenen Augenlider wieder auf Normalposition zurückfallen lassen. Denn genau dazu ist Antischall da, zum besseren Entspannenkönnen: Mit kleinen Mikrofonen auf der Außenseite der geschlossenen Hörmuscheln des Hörers wird der Umgebungsschall aufgezeichnet, um dann vermischt mit dem eigentlichen Musiksignal über die Treiber ans Ohr zu gelangen. Allerdings gibt es dabei einen wesentlichen Trick, denn zuvor wird die Phase des Außenschalls invertiert. Dies sorgt dafür, dass sich dieses abgeleitete Anti-Signal mit dem durch die Hörmuschel dringenden Schall verbindet und addiert. Ein identischer Plus- und Minusbetrag ergeben zusammen Null, so dass im Inneren Stille entsteht, „Noise Cancellation“ eben.

Denon AH-GC20 Noise Cancelling
„Canceln oder nicht canceln?“, ist mit dem Denon AH-GC20 die Frage

Der Theorie steht die etwas komplexere Praxis entgegen, alleine durch unterschiedliche Einfallsrichtungen von Schall, aber mittlerweile sind die möglich gewordenen Dämpfungen beachtlich. Ursprünglich zur Ermöglichung von Kommunikation in lauten Umgebungen wie Hubschraubern gedacht, erstrecken sich die Anwendungsmöglichkeiten mittlerweile auf den Gehörschutz, das akustische Design von Fahrzeuginnenräumen und eben den Ruhe und Entspannung liebenden Musikhörer, dem seine Umgebung den Musikgenuss auditiv zu vergällen droht. Die Geräuschunterdrückung im Denon AH-GC20 arbeitet mit zwei Mikrofonen pro Seite, von denen je eines im Inneren der Hörmuschel liegt. Eine Feedbackschaltung kontrolliert quasi das Ergebnis, vergleichbar mit den Rückführungen, wie man sie möglicherweise von Verstärkern kennt.

Natürlich: Eine aktive Schallunterdrückung kann besonders dann gut arbeiten, wenn die passive schon einmal für gute Grundvoraussetzungen sorgt. Und somit ist der Denon AH-GC20 nicht ohraufliegend, sondern -umschließend. Die samtig gummierten Plastikschalen, von zahlreichen Schalterchen und Buchsen bevölkert, kuscheln sich mit weichen Kunstlederwülsten an des Trägers Kopfflanken. Die Angleichung des vertikalen Winkels der beiden Kopfhörerschalen ermöglicht die Zweipunktbefestigung der Alu-Klammer. Der Übergang zum einteiligen, unterfütterten Kopfbügel ist nicht fix: Hier lassen sich die Hörschale samt Halteklammer horizontal verdrehen. Der Kopfbügel ist zudem ausziehbar. Das Drehgelenk ist so mobil, dass sich beide Muscheln um 90° drehen lassen, wodurch ein platzsparendes Verstauen in der mitgelieferten Reißverschlusstasche möglich ist.

Denon AH-GC20

Gelenkig – der Sitz der Muscheln des Denon AH-GC20 ist horizontal wie vertikal anpassbar

Beides ist sehr „handy“, wenn man bedenkt, dass der Denon-Kopfhörer vom Nutzer wahrscheinlich sehr viel von A nach B und wieder zurück bewegt werden will. Wie es sich für einen hochwertigen Kopfhörer gehört, besteht seine weitere Mitgift aus einem USB-A-/USB-Micro-B- und einem 3,5-mm-Vierpol-Kabel von 130 Zentimetern Länge, einem Airline- sowie einem 3,5mm-/6,3mm-Stereoklinkeadapter. Auch ein mehrsprachiges Handbuch findet sich im Bordgepäck.

Denon AH-GC20 Zubehör/Kabel

Das dem Denon AH-GC20 beiliegende Stecker- und Kabelzubehör

Die eigentliche Wandlung der elektrischen Signale von Programmaterial und Antischall erfolgt mit breitbandigen Treibern von 40 Millimetern Membrandurchmesser. An ihnen ist eine kleine Kupferspule aufgebracht, die in einen Neodym-Topfmagneten eintaucht und sich dadurch mit der Stärke und der Polarität der anliegenden Spannung vor- und zurückbewegt. Kurz: Die Wandlung erfolgt nach dem verbreitetesten Prinzip, dem elektrodynamischen. Von Denon ist zu erfahren, dass für die Verwendung mit der aktiven Geräuschunterdrückung eine spezielle Membran zum Einsatz kommt. Diese besteht aus dreilagigem PET, ist aber selbstredend deutlich dünner als die Colaflasche, die im Falle einer tatsächlichen eigenverschuldeten Passantenkollision in weniger umgänglichen Gegenden der Welt möglicherweise meiner Stirn oder meiner Schläfe gedroht hätte.

Den Frequenzgang gibt Denon mit 5-40000 Hz an, allerdings ohne gleichzeitige Nennung des bereits erfolgten Pegelabfalls an diesen Punkten und auch ohne die Orte und Stärke der maximalen Abweichung zwischen diesen Werten zu nennen. Mit 100 Ohm Impedanz und einer Empfindlichkeit von 102 dB/mW steht der AH-GC20 bezüglich seines Gehörschädigungspotenzials sicher nicht in der ersten Angriffsreihe, wird aber voraussichtlich auch nicht zu schwachbrüstig sein. Damit der dynamische Treiber bestimmungsgemäß werkeln kann, benötigt er Audiosignale, die entweder per Bluetooth (Bluetooth 4.0 Dual Mode, aptX Low Latency) oder über die Klinkenbuchse das Gerät entern.

Denon AH-GC20 Telefonieren

Der Telefontaster sitzt auf der linken Schale des Denon AH-GC20

Auf der linken Schale des Denon AH-GC20 wohnt nur der Telefontaster, mit dessen Hilfe man Anrufe tätigen und annehmen kann. Die beiden Mikrofone dafür befinden sich an der rechten Hörmuschel. An deren Rand siedeln zudem mehrere Bedienelemente. Die Aktivierung der NC-Technik erfolgt mittels Schiebeschalter, wohingegen der Abhörpegel mit einer kleinen Wippe geregelt wird. Play/Pause-, Skip- und Shuttle-Funktionen werden mit einem kombinierten Taster-/Schiebeschalterelement gesteuert, dem zudem noch die Aufgabe des Ein- und Ausschaltens sowie die Kennzeichnung der Bluetooth-Paarungswilligkeit zukommen. Selbstverständlich lassen sich auch Volumebefehle an Smartphones übertragen. Dabei ist man nicht auf die üblichen Player beschränkt, denn Denon bietet mit „Travel“ eine App für iOS und Android an. Unter einer Staubkappe des Hörers befindet sich ferner der USB-Micro-B-Anschluss zum Laden des Akkus (20 Stunden mobile Spielzeit werden versprochen, wir werden das weiter unten prüfen), in direkter Nachbarschaft hat es sich die 3,5mm-Klinkenbuchse zum kabelgebundenen Betrieb gemütlich gemacht.

Denon AH-GC20 Play/Pause/Skip

Die rechtsseitigen Bedienelemente des Denon AH-GC20

Ein erstes Testen des Denon AH GC20 habe ich übrigens deutlich vor dem eingangs beschriebenen verkehrstechnischen Fauxpas nicht im außerhäuslichen Gefahrenbereich durchgeführt, sondern „safe and sound“ in heimeliger Atmosphäre im Hörzimmer. Dabei polsterte mein Sessel genauso angenehm mein Sitzfleisch wie die kuschelig weichen Kunstleder-Pads mein … ähm … Hörfleisch. Oh ja, er sitzt richtig angenehm, der AH-GC20, und das nicht nur für die ersten Minuten! Das Gewicht ist mit 275 Gramm moderat, der Bügel sitzt angenehm und leicht angewinkelt auf der Frisur, der Anpressdruck ist nicht zu groß. Nur Musikhörer mit sehr kleinen Köpfen werden vielleicht eine geringere Minimalgröße wünschen. Personen mit besonders großen Ohrmuscheln können sich an den Fähigkeiten des Memory-Schaumstoffs erfreuen, denn dieser arbeitet grandios und dichtet wirklich gut ab. Das Abklopfen der Bestandteile des Denons mit dem Fingerknöchel beantwortet dieser stoisch mit einem tonlosen „Pck“. Klasse: keine Resonanzen, geschweige denn ein Klappern.

Denon AH-GC20 Ohrpolster

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Test: Denon AH-GH20 | Kopfhörer

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