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Al Di Meola muss an dieser Stelle vermutlich niemandem mehr vorgestellt werden. Der Jazz- und Fusiongitarrist ist nicht nur – aber eben auch – in der HiFi-Szene seit Jahrzehnten bekannt wie ein bunter Hund. Das liegt nicht nur an seinem variantenreichen Spiel, sondern auch an den stets hervorragend gemasterten und damit klanglich exzellenten Aufnahmen. Quizfrage: Wer von Ihnen kennt das Livealbum „Friday Night in San Francisco“ mit John McLaughlin und Paco de Lucia nicht? Nachsitzen. Raus.
Im Rahmen der High End 2023, als deren Schirmherr die Veranstalter Di Meola gewinnen konnten, ersann die Clearaudio-Mannschaft (www.clearaudio.de) um Robert Suchy die Auflage einer Plattenspieler-Sonderedition, die berühmte und einflussreiche Musiker ehren soll. Zum Auftakt dieser „Celebrity Edition“ hatte man sich – genau! – Al Di Meola ausgeguckt, der sich noch auf der Münchener Messe von der Idee begeistert zeigte und eigene Anregungen einbrachte. So hat Clearaudio den Korpus des weltweit auf 1000 Stück limitierten Drehers (unser Testmuster ist die Nummer 33) an die Form von Di Meolas Lieblingsinstrument angelehnt – einer E-Gitarre von Gibson, Modell: „Les Paul Custom“. Wer die Karriere des Amerikaners über die Jahrzehnte verfolgt hat, weiß, dass er dieses berühmte und aus der Jazz-, Blues- und Rockgeschichte nicht mehr wegzudenkende Gitarrenmodell in unterschiedlichen Ausführungen fast ausschließlich spielt. Dass die „Les Paul Custom“ seit 1954, Al Di Meolas Geburtsjahr, angeboten wird, ist wohl reiner Zufall. Ihr Alter sieht man beiden Musiklegenden jedenfalls nicht an.
Die markant geformte und aus hochverdichteten Fasern gepresste Zarge des Clearaudio Celebrity „Al Di Meola“ Edition (Preis: 3.950 Euro) – die unten eine Bodenplatte aus Stahl und oben eine Deckplatte aus Kunststoff und (bei unserem Testmuster) Palisanderfurnier besitzt – ruht auf drei höhenverstellbaren Füßen. Zur exakten Ausrichtung der Basis legt Clearaudio eine kleine Dosenlibelle bei. Der 30 Millimeter hohe Acrylteller läuft auf einem Aluminium-Subteller, der wiederum per Flachriemen vom Motor angetrieben wird. Um jedwede Vibration vom Chassis fernzuhalten, wird dieser von insgesamt sechs O-Ringen aus Gummi gelagert und somit zuverlässig entkoppelt.
Beim Auflegen des Flachriemens gilt es, eine kleine Besonderheit zu beachten: Ähnlich einem Keilriemen im Automotor, der nicht nur die Lichtmaschine, sondern via Umlenkrollen auch etwa eine Servolenkung oder Klimaanlage antreibt, läuft der Riemen des Clearaudio-Drehers nicht nur über den Motorpulley, sondern zusätzlich noch über einen etwas kleineren „Nippel“ – sprich: sowas wie eine Umlenkrolle.
Dieses von den Erlangern „Tacho Speed Control“ getaufte System macht genau das: Es steuert und regelt die Tellerdrehzahl in Echtzeit und soll so auch Änderungen der Riemenspannung oder der Umgebungstemperatur ausgleichen können. Es ist also wichtig, den Riemen über das Umlenknippelchen zu führen, was im ersten Anlauf etwas friemelig sein kann. Unterlassen Sie dies jedoch, fällt Ihnen das sofort auf – der Teller dreht dann viel zu schnell. Die beiden möglichen Umdrehungsgeschwindigkeiten 33 1/3 und 45 U/min werden über einen Dreh-Drück-Knopf gewählt, der optisch einem Drehregler der berühmten „Les Paul Custom“-Gitarre nachempfunden ist. Über diesen Knopf wird der Plattenspieler auch in den Standby-Modus versetzt.
„Hart“ ein- und ausgeschaltet wird er via Kippschalter auf der Rückseite. Dort findet sich ebenfalls ein mit „Calibrate“ bezeichnetes Knöpfchen, von dem Sie im Alltag allerdings die Finger lassen sollten – es dient der Drehzahlfeineinstellung im Servicefall, etwa wenn Komponenten ausgetauscht werden müssen.
Trotz seines exklusiven Outfits hat Clearaudio den Celebrity Al Di Meola Edition aus bewährten Bauteilen zusammengestellt. Beim Tonarm handelt es sich um das Modell „Profiler“. Es gehört zur Mittelklasse im Produktprogramm, das Tonarmrohr besteht aus Aluminium, es ist doppelt gelagert (horizontale Saphirlagerung plus vertikale Kugellagerung) und verfügt über eine optisch an eine Fahrradklingel erinnernde Abdeckung des Lagers am Armende – Clearaudio spricht hierbei von einer „Resonanzschutz-Kuppel“. Der in ein edel kupferfarben schimmerndes Gehäuse gehüllte MM-Tonabnehmer basiert auf dem ebenfalls gut beleumundeten „Performer V2“ mit einer Ausgangsspannung von 3,3 Millivolt. Einzeln ist der Performer V2 für knapp unter 400 Euro erhältlich.
Clearaudios seit Einführung der Concept-Modellreihe etabliertes „Auspacken, Aufstellen, Loslegen“-Prinzip ist auch das Motto unseres Sonderlings. Weitgehend vormontiert, muss lediglich wie beschrieben der Antriebsriemen aufgezogen, der Teller aufgelegt und das Tonarmgewicht aufgeschraubt werden. Als „Anschlag“ haben die Erlanger einen Gummiring aufs Armgewinde gesteckt. Erreicht das sich ziemlich stramm drehende Gewicht diesen „Stopper“, soll am Tonabnehmer eine Auflagekraft von 22 Millinewton anliegen – es schadet nicht, diesen Wert mit Hilfe einer kleinen Waage zu kontrollieren und gegebenenfalls etwas zu justieren.
Mit dem Kauf dieses Plattenspielers geben Sie sich übrigens das volle „Al Di Meola“-Fanpaket – ob Sie wollen, oder nicht. Dem Vinylisten liegt das 1977 veröffentlichte Album Elegant Gypsy bei, das als das mit über zwei Millionen verkauften Exemplaren kommerziell erfolgreichste des Ausnahmegitarristen gilt. Die Scheibe kommt als 180 Gramm schweres und pink eingefärbtes Reissue des US-Labels Impex Records und ist – wie der Plattenspieler selbst – limitiert und durchnummeriert. Und zwar exakt identisch. So trägt auch „unsere“ Schallplatte die Seriennummer 33 von 1000. Als zusätzliches Schmankerl gehört ein Gitarrenplektrum, vom Meister unterschrieben, zum Set. Das Gesamtpaket aus Dreher, Vinylalbum und Plektrum dürfte erwartbar zum Sammlerobjekt werden.
Clearaudio Celebrity Al Di Meola Edition: Hörtest und Vergleiche
Wenn Clearaudio die „Testmusik“ in verlässlich hochwertiger Qualität schon in den Karton legt, nutzen wir sie doch auch, oder? Wie bereits erwähnt, ist Elegant Gypsy Al Di Meolas bis heute kommerziell erfolgreichstes Album und mit seinem Tempo, seiner Dynamik und seinem südländisch-leichtfüßigen Flair nicht umsonst immer wieder gern genommener „Vorführer“ auf HiFi-Messen jedweder Art. Vor allem der flamencohafte „Mediterranian Sundance“ dürfte den meisten HiFi-Fans im Ohr liegen. Di Meolas Lieblingsinstrument, das er mitunter in irrwitzigem Tempo spielt, ist ein guter Prüfstein für die Fähigkeit eines Tonabnehmersystems, sowohl zeitliche Präzision als auch Durchhörbarkeit und „innere Organisation“ abzubilden. Nur wenn das facettenreiche Obertonspektrum der Saiten rüberkommt und dies im Gesamtkontext keinen Hauch verschleppt tönt, erschließt sich dem Auditorium der musikalische Kosmos dieses mitunter experimentell anmutenden Albums. Der Clearaudio-Dreher lässt hier nichts anbrennen und hängt hervorragend am Gas.
Durchhörbarkeit und Präzision sind fürs neue Cure-Album Songs of a Lost World auch gut zu gebrauchen, dessen Rauswerfer „Endsong“ übrigens genauso düster-schwermütig, fast rauschhaft und instrumentell verdichtet daherkommt, als hätten die düsteren Briten keine 18 Jahre (!) Bandpause hinter sich. Das wie eh und je extrem verwobene Soundgeflecht der Wave-Pioniere, die übrigens bereits seit 1976 existieren, kann akustisch nur verstanden werden, wenn ein Tonabnehmersystem in der Lage ist, unter die Oberfläche der vielschichtig-komplexen Strukturen der Songs zu tauchen.
Das Plattenspieler aus Erlangen dieses Talent mitbringen, bewies bei mir zuletzt die Sonderedition Concept Gold/White (Komplettpreis etwa 3.200 Euro), die solche verwobenen Strukturen sehr feinfühlig aufzudröseln vermochte. Die Verwandtschaft verleugnet der „Al Di Meola“ nicht, folgt dem Geschehen allerdings noch dichter, noch unmittelbarer. Mein Dauergast, ein in meinem Besitz befindlicher Technics SL-1210GR (um 1.500 Euro), der auch technisch als Direkttriebler einem völlig anderen Ansatz folgt als der Clearaudio, sieht sich weniger als „Spürnase“ in Sachen Auflösung. Wer den Technics kennt, weiß indes auch, dass er als Timingmeister gilt und sich in dieser Disziplin die Butter nicht vom Brot nehmen lässt. Auch nicht von einem Erlanger in Gitarrenform. Und so muss dieser anerkennen, dass ein Flamenco auch noch knackiger dargeboten werden kann, wenngleich er eben für sich verbuchen darf, komplexere Strukturen hörbar feiner voneinander zu lösen. So hat doch jeder seine Kernkompetenzen.
Klangliche Familienähnlichkeit ist im Hause Clearaudio durchaus beabsichtigt und auch eine Tugend. Auf gewisse akustische Attribute kann man sich bei den Drehern aus Mittelfranken blind verlassen. Um dies für mich erneut zu bestätigen, lag es nahe, bei der Auswahl meiner Hörproben zumindest in Teilen auf die Musik zu setzen, die ich seinerzeit auf den ebenfalls limitierten Acrylteller des Concept Edition Gold/White gelegt hatte …
Bassbereich
Und so durfte sich auch hier das zupackend-treibende „Demon Fire“ aus AC/DCs Erfolgsalbum Power Up „austoben“ und mich mit seiner schlackenlos-knochentrocken strukturierten Darbietung des Bassbereichs auf ein Neues begeistern. Immer wieder klasse, wie der E-Bass spannungsgeladen knarzt und der bandtypisch eher simpel gehaltene 4/4-Takt erdig und ansatzlos druckvoll auf die Ohren und direkt in die Blutbahn pumpt. Kein Gramm Fett zu viel, ein „austrainiert-straffer“ Tiefton, wie ich ihn mag.
Ebenfalls ein Brett ist „Dani California“ von den Red Hot Chili Peppers, worin Kultbassist Flea mit seinem funky Fingertapping zur Höchstform aufläuft. Wunderbar, wie flink und präzise der Clearaudio Al Di Meola dem Melodiebogen folgt und wie erdig er ihn aus der Gemengelage herauslöst. Das ambitioniert bediente Drumset schnalzt ebenso trocken und sehr druckvoll von der virtuellen Bühne, wenngleich nicht ganz so massiv und tiefgreifend, wie es etwa der japanische Diskokönig von Technics interpretiert. Der versteht Tritte mit dem Fußpedal gegen die große Bassdrum als Aufforderung, diese Kicks mit ungefiltertem „Buff!“ direkt in die Magengrube des Auditoriums weiterzureichen – bezahlt dies aber mit leichten Abstrichen hinsichtlich der Beweglichkeit. Der Bass kommt über den Technics tief, jedoch nicht so agil und zackig wie über den Clearaudio, der den Tieftonbereich als sportliche Disziplin versteht. Druckvoll und gleichzeitig neutral, während der 1210er untenrum doch eher vollmundig-satt-saftig aufspielt. „Sixpack“ aus Bayern gegen „Popeye“ aus Japan – was mag man lieber?
Die Mitten
Im Mittenband bietet Clearaudios Al Di Meola eine sehr feingliedrige und plastisch-griffige Darstellung von Gesang und Naturinstrumenten, womit ich erneut auf ein Familienklangbild abhebe, was an den Concept Edition Gold/White erinnert, sich im Detail aber doch auch unterscheidet.
So reichert das „kleinere“ Concept-Sondermodell Stimmen mit einem ganz leichten und charmanten Schuss Wärme an. Was sich der Clearaudio Celebrity Al Di Meola Edition verkneift, ohne dabei aber kühl werden zu wollen. Er bleibt einfach neutral. Trotzdem schlängelt sich die raue Stimme des Element of Crime-Frontmannes Sven Regener im Klassiker „I long for you“ von 1990 (Album: Crime Pays) in alle Hirnwindungen und lässt mit ihrer Intensität und plastischen Griffigkeit Nacken- und Unterarmhärchen zu Berge stehen. Eine Darbietung, die der Technics – sorry, liebe Fans dieser legendären „Maschine“ – einfach nicht so körperhaft-nahbar darstellen kann. Aber gut, der kostet ja auch nicht mal die Hälfte.
Hochton
Das obere Frequenzsende präsentiert sich sehr detailreich und nahezu kristallklar, auch Subinformationen, etwa über die Beschaffenheit des Raumes, können sehr transparent herausgehört werden. Ich beschrieb das Hochtonspektrum des Clearaudio Concept Edition Gold/White als „elegant“. Zu dieser Einschätzung kam ich, weil er es vermochte, seinen ebenfalls sehr reinen Duktus fast ohne jeden Anflug von Schärfe, etwa zischelnden S-Lauten, ans Gehör zu bringen. Er verrundet nach oben heraus ganz leicht, was vor allem der „Dauerhörbarkeit“ auch bei etwas kritischeren Aufnahmen zuträglich ist. Es wundert mich nicht: Der Clearaudio Al Di Meola kann das auch beziehungsweise macht es ganz ähnlich. Wobei er in feine Verästelungen und Details doch noch ein Quäntchen tiefer hineinleuchtet als der etwas günstigere Bruder und ihm der Balanceakt zwischen kristallklar und schärfenfrei noch etwas selbstverständlicher gelingt.
Raum und Dynamik
Beim Thema Raumdarstellung grüßt erneut „La Familia“. Warum sollte man denn auch krampfhaft etwas ändern wollen, was passt? Die Darstellung der Bühne führt der Clearaudio Celebrity Al Di Meola Edition großzügig-realistisch aus, und zwar in allen Dimensionen. Die Musiker können sich auf ihr frei und beschwingt bewegen, sind dabei stets hervorragend lokalisierbar sowie in ihren Relationen nachvollziehbar und realistisch gezeichnet. Ebenfalls erwartbar: Die Darbietung wahrt von der gedachten vorderen Bühnenkante eine angemessene Distanz zum Auditorium, wird nie aufdringlich. Der Clearaudio lässt das Geschehen bei der Stereobasis starten.
Dynamisch – zumindest in der „Abteilung Attacke“ – muss der Gitarrero seinem kleineren Bruder Concept Edition Gold/White hingegen tatsächlich den Vortritt lassen. Dem Technics SL-1210GR ebenfalls, wobei der im direkten Vergleich fast grobschlächtig wirkt und somit einen anderen Hörerkreis im Visier hat, der eben genau das sucht. Der „Wolkenschieber“ aus dem gleichnamigen Album der Mittelalterrocker von In Extremo bricht über den weißgoldenen Concept brutaler, ansatzloser und packender über das Publikum herein, Laut-Leise-Passagen kommen mit etwas kantigerer Attacke. Al Di Meolas Prachtdreher zeigt sich zurückhaltender, ja, „ziviler“ und mit etwas weniger nachdrücklicher Wucht. Allerdings scheint mir das auch bewusst so ausgelegt worden zu sein und damit letztlich eine Charakter- beziehungsweise Geschmacksfrage. In den Genuss einer enorm sensiblen Feindynamik kommen Sie mit dem Clearaudio Celebrity Al Di Meola Edition auf jeden Fall: Das zarte „Finding a place“ des Songwriters David O´Dowda (Album: Velvet Ears: The Fault Lines) beispielsweise kann kaum knisternder und herzerwärmender unter die Haut krabbeln. Genau richtig für die kalte Jahreszeit!
Test: Clearaudio Celebrity Al Di Meola Edition | Plattenspieler