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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Powerchord
  2. 2 Chord Electronics Ultima 5 – Klangtest & Vergleiche

Manchmal machen mich meine Kollegen heiß. So etwa Michael Bruß mit seinem lesenswerten Test des Chord Ultima Integrated, in dessen Rahmen ich auch selbst gleich Gelegenheit ergriff, ein schnelles Ohr zu nehmen. Ein Vollverstärker, der sich nicht zuletzt optisch von handelsüblichen Designvorstellungen abhebt. Das mag nicht jedermanns Geschmack sein – und vielleicht gilt gleiches sogar fürs Sounddesign. Mir hingegen war sofort klar, dass ich irgendwann unbedingt mal eine Chord-Endstufe in mein Rack locken muss. Diesem „irgendwann“ entspringt hier und heute ein ausführlicher Testbericht. Begrüßen wir gemeinsam unseren neuen Gast, der es sich bereits auf meinem Amp Stand gemütlich macht und sich mit seinen 2 x 300 Acht-Ohm-Watt darauf freut, ein ordentliches Pfund aus den Klemmen zu drücken: den Chord Electronics Ultima 5 (15.990 Euro | https://3-h.de/).

Apropos Pfund: Klar, wir haben es mit einer amtlichen Endstufe zu, die Portabilität hält sich da naturgemäß in Grenzen – dennoch gehen 22,4 Kilogramm Kampfgewicht als erfreulich moderat durch für solch ein Kraftwerk. An welcher Stelle haben die Briten die Kilos denn purzeln lassen? Nun, an einer Stelle, die man wohl nicht sofort vermutet, gilt doch der good old Ringkerntrafo quasi als Goldstandard der Energieversorgung von highendigen Leistungsverstärkern. Aber: Es gibt unter renommierten Entwicklern eben auch Fans von Schaltnetzteilen, die nicht zuletzt deren besondere „Schnelligkeit“ beim Ausliefern von Impulsen rühmen: Bestens beleumundete Hersteller wie etwa Lindemann oder Soulution (Test Soulution 330 INT, Test Soulution 525 PRE & 511 STEREO) ziehen hochwertige Schaltnetzteile linearen Lösungen klanglich vor – und so auch Chord Electronics. Das muss übrigens mit Class-D-Verstärkung nicht die Bohne etwas zu tun haben. Hat’s beim Chord Electronics Ultima 5 auch nicht: Dessen Schaltungsdesign ist in Class-AB gehalten, wenn auch nach Art des Hauses. Ich werde zur Schaltung und zum Schaltnetzteil des Chord Ultima 5 gleich noch ein paar Worte verlieren.

Extrovertiert – Look & Lightshow

Die Lichtshow des Chord Electronics Ultima 5

Der Amp, der von innen strahlt: der Chord Electronics Ultima 5

Der mechanische Aufbau des Chord-Amps liefert mit Sicherheit keinen Beitrag zur „Schwerelosigkeit“ unseres Probanden. Noch mehr als die 28-Millimeter-Frontplatte beindrucken mich die Acrylseitenteile und vor allem die Deckelplatte des Aluminiumgehäuses: Die in Hifi-Tests oft bemühte „tresorartige“ und im besten Fall dann gleichzeitig resonanzarme Verarbeitung manifestiert sich beim Chord Ultima 5 so vorbildlich, dass mir meine beiden Monos Bryston 7B3 und mein Norma Revo PA 150 im direkten Vergleich fast schon ein wenig schepperig vorkommen, wenn ich auf deren Deckel klopfe. Keine Bange, ihr drei, ich mag euch so, wie ihr seid …

Kein Chord-Verstärkertest, bei dem man nicht wenigstens kurz über die dem Geräteinneren entspringende Lightshow – siehe Fotos – spricht. Hier kommt ganz offensichtlich das persönliche Ästhetikempfinden von Firmengründer, Inhaber und Chefentwickler John Franks zum Tragen, der den Verstärker und die ganze Ultima-Technologie federführend mit Unterstützung von Tom Vaughan (Senior Engineer) und Matt Bartlett (Geschäftsführer) entwarf.

Der kugelförmige, illuminierte Netzschalter des Chord Electronics Ultima 5

Der kugelförmige Netzschalter des Chord Electronics Ultima 5 leuchtet im Betrieb in Türkis

Ja, die Optik des Chord Electronics Ultima 5 polarisiert. Ein Freund, der zufällig bei mir reinschneite, fand – ohne, dass ich ihn gefragt hätte – nur wenig schmeichelhafte Worte für den Ultima 5. Ich selbst hingegen empfinde das unorthodoxe Design des englischen Verstärkerblocks als erfrischend anders und gucke den Ultima 5 gerne an. Mainstream geht anders – zum Glück. Der frontseitige kugelförmige Netzschalter aus Polycarbonat erinnert an Videospielautomaten der 8oer-Jahre: Beim Hochfahren der Verstärkerschaltung leuchtet er grasgrün wie ein englisches Polofeld, im Betrieb realisiert sich dann so etwas wie ein märchenhaftes Türkis. Ja, das ist verspielt – ich mag das.

Schnell und sauber – die Energieversorgung

Innenaufnahme vom Chord Electronics Ultima 5

Entfernt man den Gehäusedeckel vom Chord Electronics Ultima 5, erblickt man sofort die PSU: Der gesamte untere sichtbare Bereich im Bild umfasst die Schaltung des Schaltnetzteils und die aufwändige Filterung, die auch vor externen Störeinflüssen schützen soll

Wenden wir uns den inneren Werten zu: Aufgeblähte Siebkapazitäten, die klassische Ringkerntrafos häufig flankieren, führen dazu, dass der Trafo besonders dann intensiv gefordert wird, wenn es gilt, die Kondensatoren von Phasendurchlauf zu Phasendurchlauf neu zu betanken. Zumal die unmittelbare Energieversorgung für die Verstärkung währenddessen ja ebenfalls geleistet werden muss. Chord führt zudem ins Feld, dass die maximalen Lade- und Entladegeschwindigkeiten zu „einem Kontrollverlust unterhalb von 50 Hz (Netzfrequenz) und mithin zu einem ‚wummernden‘ Bassbereich führen, der einen künstlichen ‚Überschwang‘ erzeugt, welcher den Klang wärmer macht“.

In dieser Sache seien Schaltnetzteile – neben erwähnter „Schnelligkeit“ – ebenfalls überlegene Lösungen, gibt sich Chord überzeugt. Aber was ist mit den gefürchteten Störeinflüssen der Schaltfrequenz? Chord setzt auf die 80 Kilohertz, die im Ultima 5 oszillieren, eine umfangreiche, proprietäre Filterung an, die die Engländer als entscheidenden technischen Schachzug ansehen: Mache die Filterung doch nicht ausschließlich die vom Netzteil abgegebenen Störungen unschädlich, sondern gleichzeitig auch einfallende externe HF-Verunreinigungen, die sich durch das versorgende Netz einzutragen versuchen. „Aus diesem Grund empfehlen wir auch keine Netzfilter, da sie die Leistung des Ultima 5 beeinträchtigen können“, sagt Sales Manager Dan George.

Ich selbst habe die Endstufe wie meine anderen Amps auch an einen nur mild filternden Steckplatz meiner HMS Energia MkII geklemmt, der für Verstärker mit höherer Leistungsaufnahme vorgesehen ist – und konnte keine keinerlei „Überfilterung“ in Form von Dynamikeinbußen oder ähnlichem Unbill feststellen.

Class AB: I did it my way …

MOSFET aus der Leistungsstufe des Chord Electronics Ultima 5

Von Chord erdacht und in Deutschland gemacht: Die MOSFETs in der Leistungsstufe des Chord Electronics Ultima 5

Wenn sich ein Verstärkerhersteller sogar die Transistoren für seine Schaltungen selbst ausdenkt, darf man wohl von ziemlich konsequent verfolgten eigenen Wegen sprechen. Vielleicht stehe ich ja gerade auf dem Schlauch, aber mir fällt auf die Schnelle kein anderer Hersteller ein, der sich unmittelbar selbst an die Halbleiter seiner Amps macht. Die in der Ausgangstufe des Chord Ultima 5 verwendeten MOSFETs sollen aber tatsächlich aus der Feder von John Franks stammen – die Fertigung übernimmt ein deutsches Unternehmen, das die MOSFETs exklusiv an Chord Electronics liefert.

Insgesamt 32 solcher MOSFETs wuppen die Ausgangsleistung des Ultima 5. Fein säuberlich in Metalldosen zu Pärchen kombiniert. In jedem Stereokanal halbleiten jeweils vier solcher Zwillinge als N-Kanal- und P-Kanal-Bausteine, um einen klassischen Push-Pull-Betrieb (vgl. Verstärker-Klassifizierungen) zu etablieren. Räumlich arbeiten N-Kanal- und P-Kanal-Bausteine wiederum ebenfalls in paarweiser Nachbarschaft zusammen, um sich thermisch wechselseitig anzupassen. Diese Topologie macht einen horizontalen, gemeinsamen Kühlkörper für beide Kanäle nötig, der sich am Heck der Chord-Endstufe befindet – bei vielen anderen Verstärkern sind diese ja kanalgetrennt seitlich positioniert.

Eingefleischter Single

Cinch-Eingänge und XLR-Inputs am Chord Electronics Ultima 5

Neben Cinch-Eingängen finden sich am Chord Electronics Ultima 5 klassengemäß auch XLR-Inputs. Die Verstärkerschaltung wurde von Chord dennoch bewusst nicht vollsymmetrisch konzipiert

Der Chord Electronics Ultima 5 bietet zwar XLR-Eingänge, seine Schaltung ist nichtsdestotrotz durchgehend „single ended“ – Chord ist kein Fan von Vollsymmetrie. „Dies ermöglicht uns absolute Kontrolle“, so Dan George, „und einen extrem hohen Dämpfungsfaktor. Symmetrische Verstärker bieten zwar die bequeme Möglichkeit, die Leistung zu verdoppeln, haben aber bei sehr hohen Leistungspegeln aufgrund der erzeugten Crossover-Verzerrungen ihre Schwächen.“

Apropos Dämpfungsfaktor, der ja ein Spiegelbild der Ausgangsimpedanz ist, die wiederum von der berühmt-berüchtigten Gegenkopplung klein gehalten werden kann: Im Chord Electronics Ultima 5 soll zum einen ein globales Rückkopplungssystem für Stabilität und die Minimierung von Rauschen sorgen. Überdies sollen kleinere, lokale Rückkopplungsschleifen Rauschen und Verzerrungen im Verstärkungsprozess zusätzlich im Zaum halten. Chords berühmte „dual-feed-forward error correction“, die „doppelte Vorwärtsfehlerkorrektur“, erfolgt in einem kleinen Maßstab an jeder einzelnen Verstärkerstufe und setzt dabei auch unmittelbar an den erwähnten N-Kanal- und P-Kanal-MOSFET-Bausteinen an.

By the way: Vielleicht mag es bei alledem nicht überraschen, aber Chord deklariert für seinen Ultima 5 eine extrem niedrige Nennausgangsimpedanz von gerade mal einem(!) Milliohm. Das reduziert theoretisch übrigens auch den klanglichen Einfluss von Lautsprecherkabeln.

Chord Electronics Ultima 5 – Klangtest & Vergleiche

Der Chord Electronics Ultima 5 im Betrieb

Der Chord Electronics Ultima 5 im Betrieb

Ich finde meine eigene Kette ja durchweg top, logo, aber wenn ich in einer Sache besonders gut aufgestellt bin, dann ist das wohl in Sachen Endverstärkung. Denn hier stehen mir gleich zwei Kraftwerke zur Verfügung, die ich (subjektiv) mit für das Beste halte, was mir bis dato ins Rack kam. Und wenn auch die beiden Bryston-7B3-Monos noch ein bisserl eherner im Bass und einen Tick reiner, feingliedriger, fokussierter in den darüber liegenden Frequenzbereichen spielen, höre ich tatsächlich sehr oft mit dem Stereoendverstärker Norma Revo PA 150, der mir klanglich kaum weniger Spaß macht – aber eben ein einzelnes Gerät ist: Einmal einschalten, einmal Abwärme (im Sommer nicht irrelevant) und nur 30 Watt Leerlaufleistung (der Amp läuft schon mal öfter den ganzen Arbeitstag bei mir).

Ein Déjà-vu – und ordentlich Dynamik

Wenn ich mich die letzten Jahre überhaupt mal versucht gefühlt hätte, mit einem anderen Verstärker zu liebäugeln, dann geschah das ausgerechnet bei einem solch ungewöhnlichen Konzept wie dem im November 2022 getesteten Enleum AMP-23R-2022. Ein Miniamp mit gerade mal 2 x 25 Watt an 8 Ohm, der allerdings ein solch außergewöhnlich lebendiges, „schnelles“ (Fein-)Dynamikverhalten an den Tag legte, dass ich mich nachgerade ans Hörsofa gefesselt fühlte. Knapp zweieinhalb Jahre später und mit potenziell 550 Watt mehr an den Klemmen, erlebe ich sowas wie ein Déjà-vu.

Three Trapped Tigers Silent EarthlingOkay, die quietschlebendige Frickelei und Wuselei der englischen Post-Rock-Kapelle Three Trapped Tigers bietet eigentlich über jeden halbwegs gut gemachten Amp dynamisch reichlich Kirmes. Dafür bürgen fette, achterbahnfahrende Synthesizer-Arrangements, Captain-Future-mäßig pulsierende Sounds aus der E-Gitarre und ein von Adam Betts virtuos gedroschenes Schlagzeug, dessen Beats nicht nur den Bauch, sondern auch die Hirnwindungen massieren. Und meine Norma- und Bryston-Blöcke liefern das von Altmeister Brian Eno mitproduzierte Album Silent Earthling natürlich erst recht so wendig und agil aus, dass nie der Wunsch nach mehr „Speed“ aufgekommen wäre. Im Gegenteil: Eine zu sehr die Attack betonende Spielweise kippt akustisch schnell ins Eckige oder Blutarme. Es sei denn – so meine bisherige Erfahrung – der kleine Enleum besorgt die Verstärkung.

Die Polklemmen des Lautsprecherterminals des Chord Electronics Ultima 5

Die Polklemmen des Lautsprecherterminals nehmen Spades nur von schrägoben auf. Bananas sitzen etwas lockerer als gewohnt. Der integrierte Überstromschutz schützt natürlich auch vor Kurzschlüssen, außerdem wacht ein Ausgangsrelais über die gegenelektromotorische Kraft der Lautsprecher

Meine neue Erfahrung: Der Chord Electronics Ultima 5 steht dem Enleum AMP-23R-2022 in nichts nach – wohl eher ist das Gegenteil der Fall. Wenn sich Dynamik im Metall gießen ließe, sähe sie bestimmt so aus wie der englische Verstärkerblock. Meine Herren, was ist dieser Engländer impulsiv, wo bleibt da das britische Understatement? Schade, dass der Enleum gerade nicht für einen direkten A/B-Vergleich zu Verfügung steht, aber ich meine, dass beide Amps in Sachen Feindynamik und generell „Impuls-Zackigkeit“ in etwa auf Augenhöhe spielen sollten.

Ein Herz für Sportfahrwerke

Wichtig: Der Chord Ultima 5 beweist bei alledem nicht nur ein Herz für die Attack von Tönen, sondern ebenso für deren Körper, das Sustain, und überhaupt für die gesamte Hüllkurve von Tönen. Impulslastige Musik hört sich deshalb nicht die Spur „stachelig“ oder ausgedünnt an, der Chord verlieht Transienten und dem gesamten Klangbild vielmehr eine realistische, wenn auch keineswegs schönfärberische Körperhaftigkeit beziehungsweise Geschmeidigkeit. Aber klar: Der Ultima 5 setzt auf einem kompromisslosen Sportfahrwerk auf, wer hingegen beim Hören das Gefühl vermittelt bekommen möchte, in einem alten Citroën DS betulich über den Asphalt zu gleiten (was definitiv auch was für sich hat), ist hier falsch.

Die C19-Netzkupplung am Chord Electronics Ultima 5

Wer kann, der (ver)braucht: Der Chord Electronics Ultima 5 benötigt ein Netzkabel mit C19-Kupplung für bis zu maximal 16 Ampere Belastung. Die Leerlaufleistungsaufnahme beträgt allerdings erfreulich geringe 45 Watt, die sich einstellen, wenn man den Trafo nach dem Einschalten einige Minuten Zeit zum Driften lässt

Der Chord vermag über ein halbes Kilowatt mehr in die Schwingspulen der anhängigen Lautsprecher zu drücken als der Enleum, was ihn zwar nicht schneller macht, ihn aber grobdynamisch wesentlich mehr „Klangmasse“ schaufeln lässt. Der Enleum tönt gerade an größeren Lautsprechern naturgemäß „machtloser“, von der Pegelfestigkeit ganz zu schweigen.

Der Chord Electronics Ultima 5 hingegen tritt, sofern musikalisch gefordert, grobdynamisch einen Wumms los, wie man ihn von solch großen Endstufen erwartet. Meine mit insgesamt 1200 Watt an 8 Ohm noch muskelbepackteren Bryston-Monos tönen an meinen Wilson SabrinaX jedenfalls auch nicht druckvoller. Obwohl man aufs erste Hören bei einigen Musikstücken – und bei anderen weniger – mitunter einen anderen Eindruck gewinnen könnte, selbst im Vergleich zu meinem Norma. Wir kommen darauf später genauer zu sprechen, wenn wir gemeinsam die Basswiedergabe inspizieren.

Ein bisserl Psychologie

Zuvor möchte ich noch auf eine Erfahrung hinaus, die ich als notorischer Lauthörer vor vielen Jahren das erste Mal bewusst machte, als ich die Myro Whisky, in meinem Hörraum begrüßen durfte. Ein Pärchen damals wirklich spannender, auf „Zeitrichtigkeit“ getrimmter Kompaktlautsprecher. Sauber impulsiv spielende Komponenten (hier spielt übrigens das Thema Phasenkohärenz mit rein, bei Lautsprechern natürlich eine noch größere Baustelle) bewirken, dass sich bei mir schneller eine Pegelsattheit oder-zufriedenheit einstellt. Ich höre dann leiser. Und auch der Chord Ultima 5 scheint mein Hirn leichter in die Pegelsättigung zu treiben, den energetischer austreibenden Pegelspitzen sei Dank. Gleiche Süße mit weniger Zucker, könnte man sagen – und weniger Saures von den Nachbarn.

Die Rückseite des Chord Electronics Ultima 5

Endstufentypisch schlicht gibt sich das Heck des Chord Ultima 5

Auflösung: Analytisch – und auch wieder nicht

Sie können sich‘s wohl bereits denken: Der Chord Ultima 5 tönt nicht nur „schnell“, sondern auch sehr rein. Ansonsten ließen sich besagte Pegelspitzen gar nicht so sauber verfolgen. Unschärfe, Grissel, Grauschleier sind allesamt Fremdwörter für den Engländer (auch auf Englisch). Hier toppt der Chord meinen eigentlich ebenfalls sehr unverrauschten Norma, dem man in dieser Sache ohne direkten A/B-Vergleich wohl nicht die Bohne etwas ankreiden würde. Und sogar meine Bryston-Monos, die ich bisher ja immer mit dem Prädikat „quellwasserrein“ versah. Tue ich auch immer noch.

Aber der Chord erklimmt ein Niveau, das mich an die Schwärmereien meines Kollegen Ralph Werner über Solutions-Amps erinnert – die ich selbst leider nicht intensiv gehört hatte. Das führt mit dazu, dass der Chord Ultima 5 eine Auflösungsqualität erreicht, die sich ebenso detailakribisch-feinsinnig wie selbstverständlich anfühlt. Der Chord liefert den realistischen, den echten Stoff – und keineswegs eine aufgekratzte Analytik bzw. eine aufgesetzte Zurschaustellung von Details, die ich als irgendwie abträglich für die Langzeittauglichkeit empfinde. Vielmehr höre ich den Charakter von Stimmen im dichten Instrumententreiben noch prägnanter heraus, nehme feines Schimmern sanft geschlagener Becken noch liebevoller ausgearbeitet wahr, bekomme die Texturen von Geigen noch einen Tick reichhaltiger und charismatischer präsentiert, höre Snares unverstellter schnarren und fühle mich bei transientenreichen Elektronikstücken so, als würde ich in ein Kaleidoskop gucken, dessen Optik eine sehr hohe Güte aufweist.

Die Füße des Chord Electronics Ultima 5

Zeigt her, eure Metallfüße – mit Gummisohlen

Um die Kirche im Dorf zu lassen: Alle im Test beschriebenen Unterschiede sind natürlich nicht so groß, als dass man von erster und zweiter Liga oder ähnlichem sprechen könnte. Sie machen gefühlt aber dennoch zwei, drei Tabellenplätze in der Premier League aus. Und in diesem Sinne fühlen sich meine Norma- und Bryston-Verstärker, es sind ja auch saugute Amps, noch etwas geschmeidiger an. Manch ein Ohr wird das mögen, auch in Abhängigkeit von den Lautsprechern. Ich selbst fühle mich intensiver mit der Musik verbunden, wenn der Chord endverstärkt, er „packt“ mich mehr, ist für meine Ohren völlig frei von jedwedem künstlichen Beigeschmack. Sowohl mildem als scharfem.

Bass, Mitten, Höhen, Heizpilze …

Im Grunde habe ich zur Mittel- und Hochtonwiedergabe implizit schon alles gesagt, was ich für wichtig halte. Auch wegen meiner Ehrfurcht für die Protokolltreue des diesen Text unerbittlich redigierenden Kollegen Jochen Reinecke gerne noch drei Sätze: Der Chord Electronics Ultima 5 zählt zwar zu den extrem durchlässigen, transparenten Amps mit obendrauf geradezu vorbildlicher Offenheit/Luftigkeit im Hochton, ist dort dennoch gänzlich frei von artifiziellen Härten und Schärfen. Im Mittelton romantisiert er seinen Besitzer ebenso wenig mit betont „schönen“ Klangfarben wie er ihn hier knausernd kurzhalten würde. Tendenzlos, sachlich, extrem rein & fein, realistisch – so könnte man die Mittel- und Hochtonwiedergabe in einem Satz beschreiben.

Der Ein/Austaster des Chord Electronics Ultima 5

Dass der Chord Ultima 5 bei den Aspekten „Konturiertheit“ und „Schnelligkeit“ im Bass geradezu Benchmarks setzt, sollte oben im Text ebenfalls durchscheinen. Was mir überdies extrem gut gefällt und zusätzlich auf die Spielfreude einzahlt, ist die Art und Weise, wie die Musik groovt. Ja, das Timing des englischen Amps zählt mit zu den Stärken, die die Bindung zur Musik zusätzlich intensivieren. Eine Stärke übrigens, die ich ebenso an meinen Bryston 7B3 besonders schätze. In früheren Zeiten war das nicht gerade typisch für die kanadischen Amps, deren Bass ich häufig als etwas zu „stoisch“ und „klobig“ empfand.

Kurzum: Trotz ihrer unbändigen Kraft und Muskulosität haben sowohl meine Bryston-Monos als auch die Chord-Endstufe etwas angenehm Leichtfüßiges, Tänzerisches an sich und das kohärent über den gesamten Frequenzbereich hinweg. Beides sind keine Lösungen, die nach dem Motto „ich bin eine fette Endstufe und muss auf dicke Hose machen“ versuchen, mit einem ostentativ druckvollen, souveränen Tiefton zu prahlen. Trotz ihres jeweils amtlichen Tiefgangs. Okay, die Bryston-Monos tönen untenrum vielleicht noch eine Spur flutschiger, geölter – ich mag das. Der Chord Ultima 5 stellt dafür einzelne Bassimpulse vielleicht noch einen Tick konzentrierter, definierter, „nackter“ dar. Ich meine, das könnte an einer besonders akkuraten Phasenkohärenz des Engländers liege und/oder tatsächlich an seinem ausgeklügelten Schaltnetzteil. Das mag ich auch. Nun, die Unterschiede sind für mich eigentlich vernachlässigbar und ohne wirklichen Einfluss auf meinen Hörspaß.

Erdungsklemme am Chord Electronics Ultima 5

Für den Fall, dass es durch bestimmte Geräte in der Kette zu einem Erdungsbrummen kommt, bietet der Chord Ultima 5 eine Erdungsklemme

Aber klar, als „Heizpilz“ für die darüber liegenden Frequenzgeschosse taugt die Bassabstimmung hüben wie drüben nicht. Und so empfinde ich den Tiefton und die gesamte Darbietung über meinen Norma je nach Track schon eine Nuance wärmer – obwohl ich ihn ebenfalls als tadellos neutral einstufen würde. Der Italiener knallt einzelne Impulse weniger schnellkräftig auf den Punkt, weicht sie etwas auf und suggeriert dadurch im Bass eine (wirklich nur subtile!) Fülle und Substanz, die im ersten Moment sogar etwas charmanter anmutet. Gerade beim längeren Hören wiegen für meine Ohren aber die hohe Punktgenauigkeit, die zielgerichtetere Impulsivität des Bryston-Doppels und des Chord-Amps stärker.

Räumlichkeit

Bei den ersten Hörrunden mit dem Chord Electronics Ultima 5 kam bei mir ab und an zwar unterschwellig das Gefühl auf, die räumliche Abbildung würde sich noch stärker Richtung Hörplatz öffnen oder sich einen Tick vergrößern. Aber nein, weder können meine Bryston 7B3 aufgrund ihrer naturgemäß perfekten Kanaltrennung in dieser Sache irgendwelche Vorteile ausspielen noch bietet mein Norma Revo PA 150 gegenüber den beiden teureren Lösungen irgendwelche Nachteile. Auch interessante Phasenphänomene in der Musik, die den Sound über den linken äußeren Rand der Lautsprecherbasisbreite schwappen lassen – zu hören bei „Living in Memory“ des französischen Elektronik-Dauerprojekts L’Ombre – transportieren alle drei Amps gleich weiträumig. Aber: Der Chord Ultima 5 integriert einzelne Bestandteile der Musik noch fokussierter, konzentrierter, weniger „verwackelt“ ins virtuelle Bühnenbild. Und legt dadurch, wenn man so will, automatisch mehr Platz zwischen einzelnen Tönen frei, was wiederum einen eindeutigeren („schwärzeren“) Hintergrund suggeriert. Das fällt bei Transienten womöglich noch stärker auf als bei Stimmen, befördert aber so oder so automatisch einen guten Klangfarbenkontrast. Und natürlich eine sehr präzise Ortungsschärfe. All das gilt beim Vergleich mit meinem Norma im stärkeren Maße, aber überraschenderweise sogar – wenn auch weniger signifikant – im Vergleich zu meinen Bryston-Monoamps.

Chord Electronics Ultima 5 in Silber mit "Integra-Beinen"

Den Chord Electronics Ultima 5 gibt es auch in Silber und unabhängig von der Farbe auch mit „Integra-Beinen“. Diese fungieren als Stapelsystem für eine Kette aus mehreren Chord-Komponenten, wie einem zusätzlichen Vorverstärker (z.B. Ultima Pre 2) und DAC (Dave). Die Acryl-Seitenblöcke unseres Testmodells sind optional ohne Preisdifferenz erhältlich

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Test: Chord Electronics Ultima 5 | Endstufe

  1. 1 Powerchord
  2. 2 Chord Electronics Ultima 5 – Klangtest & Vergleiche

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