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Und wo wir gerade beim Thema Energie waren – Lucinda Williams, „World Without Tears“ lässt erneut die eindrucksvollen dynamischen Qualitäten des Chord zur Geltung kommen. Die Unmittelbarkeit der Aufnahme prasselt ungehemmt auf mich ein. Country-Rock vom feinsten. Und diese Stimme! Ich traue es mich gar nicht zu sagen, aber ich habe fast den Eindruck, die Dame bevorzugt Scotch statt Bourbon. Die rauchige Note in der Stimme passt einfach nicht zu Bourbon. Oder bringt der Chord hier einen Hauch Patriotismus mit ins Spiel?
So richtig geht der Spaß mit dem Chord CPM 2650 erst bei gehobener Zimmerlautstärke ab. Nicht, dass er darunter schlecht klänge. Aber offensichtlich braucht es einen gewissen dynamischen Spielraum, damit er seine Talente voll zur Entfaltung bringen kann. Das gilt schon für kleine Jazz-Besetzungen; in viel stärkerem Maße aber für großes Orchester. Hören Sie hier zu leise, tritt die Darstellung quasi ein Stück zurück, wird kleiner. Das trifft sowohl für die einzelnen Instrumente als auch für den ganzen Bühnenraum zu. Geben Sie dem Chord den notwendigen Spielraum, dann klingt es einfach gigantisch, dann macht er die ganz große Bühne auf, gibt jedem Instrument seine natürliche Größe und platziert es dreidimensional im Raum. Edward Griegs Peer Gynt beispielsweise kommt beeindruckend. Das wilde Treiben in der Halle des Bergkönigs steigert sich zu einem phänomenalen Crescendo.
Mit großem Orchester pflegt der Chord sowieso einen ganz eigenen Umgang. Schlechte Klassik-Aufnahmen, die über einen „gnädigeren“ Verstärker noch einigermaßen hörbar sind, fallen beim Chord sowohl dynamisch als auch in der Raumabbildung zusammen. Ein großes Orchester scheint dann beinahe aus einem Tunnel zwischen den Lautsprechern zu kommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um alte Aufnahmen handelt. Eine neuere, lieblose Aufnahme klingt mitunter deutlich schlechter als eine alte, sorgfältig ins digitale Medium übertragene. Gute Glen Gould Aufnahmen kommen wunderbar zur Geltung, die leichten Rauschfahnen nehme ich gern in Kauf. Wer weiß, was man mit dem letzten Rauschen nicht sonst noch so ausgefiltert hätte. Zur Höchstform läuft der Chord allerdings mit richtig gutem Quellenmaterial auf. Falls Sie moderne Klassik vertragen: Hören Sie sich die Neunte, von Alexander Raskatov rekonstruierte und dirigierte Sinfonie von Alfred Schnittke an. Allerdings: Geben Sie dem Affen Futter beziehungsweise dem Chord Pegel! Was Sie dann hören, grenzt allerdings ans Geniale – sowohl, was die musikalische Seite, aber auch, was die klangliche Reproduktion betrifft.
Was mir während des Tests noch auffällt ist, dass der Chord sehr sensibel auf Kabel reagiert. Selten hat mir ein Verstärker so klar die Unterschiede zwischen den bei mir im Einsatz befindlichen NF- und Lautsprecherkabeln vor Ohren geführt. Mit nahezu messgerätehafter Genauigkeit arbeitet er die unterschiedlichen Charakteristika verschiedener Strippen heraus. Vielleicht sollte ich doch mal einen Kabeltest schreiben?
Test: Chord CPM 2650 Integra | Vollverstärker