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Der Klang des Chord-Amps: Wälder oder Berge?
So viel Technik benötigt erst einmal eine gewisse Zeit zum Warmwerden. Auch im kalten Zustand klingt das Gerät schon recht gut, allerdings sind hier noch ein paar Schärfen zu hören. Die sind nach circa einer halben Stunde Betrieb gänzlich verschwunden. Bereits vom Start weg stürmt der Chord CPM 2650 los, als ob es kein Morgen gäbe. Knackig, dynamisch, rhythmisch auf den Punkt – der Verstärker lässt keinen Zweifel daran, dass er es ernst meint. Es gibt Verstärker, deren Performance einem Waldspaziergang ähnelt: Man möchte eigentlich auf jeder Lichtung verweilen, in Ruhe das Lichtspiel der Sonnenstrahlen zwischen den Blättern genießen, Zeit haben, um jede Nuance an Grüntönen in sich aufzunehmen. Eigentlich kann die Zeit nicht langsam genug vergehen, weil ein einziger Augenblick so reichhaltig erscheint. Andere ähneln eher einer Bergwanderung: Man genießt den Ausblick, ist aber immer neugierig, was man von der nächten Anhöhe noch mehr sehen kann oder was sich hinter der nächsten Biegung verbirgt. Jeder erreichte Punkt macht Lust auf den nächsten. Der Chord hat eher den Charakter einer Bergwanderung.
Eine Bergwanderung beginnt man meistens unten, also fange ich mit meinem Hörbericht auch genau da an: beim Bass. Und was der Chord CPM 2650 an Bässen aus meinen Geithain ME 150 heraushaut, ist substantiell. Tief, mächtig und kontrolliert klingt es in den unteren Lagen. Was mich ernsthaft überrascht ist, wie viel Körperhaftigkeit der Chord auch in den tiefsten Lagen vermittelt. Pseudotiefe Discobässe entlarvt er sofort als Blendwerk. Aber auch zwischen synthetischen und echten Tiefbässen weiß er zu unterscheiden, indem er einer Bassdrum die richtige Größe gibt, das Fell in allen Details ausschwingen lässt und exakt den „Punch“ vermittelt, den Synthesizer eben genau nicht hinkriegen. Auch Kontrabässe habe ich selten derart exakt definiert gehört. Beeindruckt hat mich diesbezüglich etwa Holly Cole. Hören Sie sich „Come fly with me“ oder „Dedicted to the one I love“ auf der CD „Romantically Helpless“ an. Oder China Moses „This one’s for Dinah“.
Voraussetzung für den ultimativen Spaß mit dem Chord CPM 2650 sind aber absolut einwandfreie Aufnahmen. Es gibt Verstärker, die sich bei durchschnittlichen Aufnahmen gnädiger verhalten. Sie scheinen sich eher auf die guten Seiten der Aufnahme zu konzentrieren als die Mängel aufzudecken. Nicht so der Chord. Beinahe sezierend arbeitet er alle Eigenheiten einer Aufnahme heraus. Etwa bei „Caterina Valente in London“: Ungnädig enthüllt der Chord die Aufnahmetechnik beziehungsweise die zur Zeit der Aufnahme gängigen Verfahren der Nachbearbeitung. Man hört, dass die Stimme nicht wirklich in den Raum gehört, in dem die Band spielt. Aber abgesehen von solchen „Kleinigkeiten“ macht die Musik Spaß. Auch wenn die Stimme dabei nicht immer so glaubhaft in das musikalische Geschehen integriert wird.
Bei guten Aufnahmen heißt es dann wieder Anschnallen und die Ohren anlegen: Chirio Yamanaka, „Abyss“ – wo nimmt diese zierliche Frau nur die unglaubliche Energie her, solche Töne aus dem Klavier zu holen? Wenn ich unbedingt meckern wollte, könnte ich konstatieren, dass die Höhen hier schon mal einen Hauch feiner gereicht wurden. Besen auf Becken kann noch differenzierter klingen. Muss es aber gar nicht. Verstärker, die im Hochtonbereich eine ausgewiesene Stärke haben, können zwar noch mehr aus der Aufnahme herausholen, insgesamt würde ich aber sagen, dass die Wiedergabe der oberen Oktaven beim Chord gleichauf mit seinen anderen Talenten liegt – und zwar auf sehr hohem Niveau.
Test: Chord CPM 2650 Integra | Vollverstärker