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Klein, silbern und im Hörraum „stark“?
Dass der Isem Audio eGO phase 4 nicht nur optisch, sondern auch akustisch nichts Alltägliches ist, wurde mir schon beim ersten Kurz-Check deutlich – eigentlich dient dieses erste Hören nur der Überprüfung, ob eine Komponente überhaupt einen Hörbericht wert ist. Ungewöhnlich leichtfüßig, detailliert und homogen empfand ich spontan das, was mir da aus meinen Thiel C.S 2.4 entgegenschallte. Ehrlich gesagt, kam sogar ein kleiner Überraschungseffekt auf: Ja, so ganz frei von Misstrauen war ich im Vorfeld dieser ersten akustischen Begegnung mit dem ungewöhnlich konzipierten Franzosen nämlich auch nicht …
Um aber sämtliches Misstrauen von mir zu „blasen“, legte ich erst mal Jesus Lizard ein: Ja, hart sind bzw. waren die vier rockenden Amerikaner schon. „Musik wie schmutzige Unterhosen“ titelte ein Musikmagazin mal über die bereits seit 1999 nicht mehr existente Band. Aufnahmetechnisch tönt es hingegen alles andere als schmutzig – da könnte sich so manche Mainstream-Produktion sicherlich eine Scheibe von abschneiden.
Wie auch immer: Ehrlich rocken kann der Isem Audio eGO phase 4 jedenfalls. Und das ohne Nervfaktor: Jeder hat ja so seine persönlichen Hörempfindlichkeiten – ich beispielsweise reagiere ganz besonders allergisch, wenn die Messing- bzw. Bronzeabteilung des Schlagzeuges silbrig und körperlos vor sich hinzischelt. Allerdings bin ich ebenso wenig zufriedengestellt, wenn die Abwesenheit nervtötenden Zischelns allein daraus rührt, dass eine Komponente die oberen Frequenzgefilde derart kastriert, dass ich während des Musikhörens das Gefühl nicht loswerde, ich müsste mal wieder mit dem Wattstäbchen ins Ohr.
Dieses Gefühl kommt mit dem Einstiegs-Isem nun gar nicht auf – und „zischeln“ tut`s ebenfalls nicht die Bohne. Nein, ob Gitarre, Stimme oder Becken und Hi-Hat: Präsent und anspringend richtet`s der kleine Franzose an. Und das mit viel Feinsinn, gerade was die mittleren und eben die sensiblen oberen Lagen betrifft. Meine standardmäßig versammelten Vergleichswerkzeuge aus der CD-Player-Abteilung kamen mir dagegen zeitweise schon fast ein wenig grobschlächtig vor. Nicht schlecht …
Die Plattentipps von Uwe Kirbach aus der Rubrik Neue CDs der Zeitschrift Stereo werden von mir immer wieder gerne gelesen. Auch auf Burial und dessen gleichnamiges Album wurde ich mal so aufmerksam. Elektronisch, intelligent arrangiert und minimalistisch kommt diese, dem Londoner Dubstep-Umfeld zurechenbare Scheibe daher. Feinsinn und die Fähigkeit, subtile Klangereignisse maßstabsgetreu darzustellen sind in besonderem Maße gefragt, wenn die heimische Anlage die richtige Atmosphäre vermitteln soll. Gewisse Tiefbassqualitäten sollten die HiFi-Komponenten aber ebenfalls mitbringen.
Der Track Spaceape wird von einer eindringlichen Stimme dominiert und ist mit teiweise kaum wahrnehmbaren Samples und Soundschnipseln gespickt. Der Hoch- und Mitteltonbereich des Isem Audio eGO phase 4 hat damit nun überhaupt keine Probleme: Kollege Ralph – bei diesem Track zufällig zu Gast – merkte sogar an, konkrete Details wahrzunehmen, die vorher – über den Audiomeca Obsession II gehört – im Verborgenen blieben.
Weiterhin erwähnenswert: Die Wiederqualität des Franzosen, was Stimmen betrifft. Mir war diese Stärke schon zuvor aufgefallen, aber gerade in diesem Stück kommt sie besonders deutlich zutage: Die Stimme klingt komplett unangestrengt, offen, frei und weniger nuschlig, als ich das von vielen anderen Zuspielern (leider) so kenne. Ja, auch die damit verbundene Sprachverständlichkeit zählt somit zu den großen Stärken des kleinen Isem. Weniger den Schokoladenseiten des Franzosen zurechenbar ist allerdings die Wiedergabe der sich im Stück dahinschleppenden, tieffrequenten Bass-Beats: Da bin ich schon ein bisschen mehr Druck gewohnt …
Dominante Basslinien sind ein Markenzeichen der ebenfalls aus den USA stammenden Band Primus. Allerdings sind diese weniger elektronisch, als rein „handmade“. Les Claypool, so der Name des Primus-Bassisten, gilt gemeinhin sogar als ausgemachter Virtuose „am Brett“ – davon zeugen auch die nicht gerade wenigen Auszeichnungen, die er – insbesondere in den 90ern – von der Fachpresse zugeschrieben bekam.
My Name is Mud vom Album Pork Soda beginnt gleich eingangs mit einer „geslappten“ (bei dieser perkussiv klingenden Technik werden die Saiten von Daumen und Fingern gleichsam geschlagen wie gerissen) Basseinlage. Schnell genug ist der Isem Audio eGO phase 4 für solche Spielchen allemal, konturiert zeigt er sich auch – erneut vermisse ich allerdings ein bisschen Druck und Tiefgang. Nicht dramatisch, aber etwas strenger darf man für 1500 EUR auch schon sein …
In den mittleren und höheren Frequenzlagen zeigen sich dann abermals die faszinierenden Stärken dieses Players: Die sperrigen, teils sägenden Gitarren kommen so luftig, trocken, präzise und anspringend direkt, wie ich das sonst nur selten zu hören bekomme. Und zudem tönt es angenehm detailliert: Die einzelnen, feinen Schwingungen der Gitarre werden derart feingezeichnet, dass man die „Zähne“ der „Gitarrensäge“ fast einzeln wahrnehmen zu glaubt. In diesem Zusammenhang gilt aber, ebenso wie für das Schlagzeug und die Stimme: Einzelne Klangereignisse werden zwar deutlich umrissen und mit der nötigen Körperhaftigkeit wiedergegeben – aber keinesfalls klinisch analysiert.
Auch im Hinblick auf seine Qualitäten in Sachen Raumdarstellung ist dem Franzosen nicht am Zeug zu flicken – das gilt selbstverständlich nicht nur für die Primus-Stücke: Trennscharf und auch im dichten Instrumenten-Getümmel den rechten Überblick bewahrend, versteht es der Franzose (sonstige Komponenten ähnlicher Qualität selbstverständlich vorausgesetzt) eine realistische und gleichsam involvierende Bühne zu schaffen, die sich angenehm von den Boxen löst.
Der Isem Audio eGO phase 4 ist sicherlich eine echte Bereicherung für die „Szene“. Und das meine ich nicht im Hinblick auf das etwas avantgardistisch anmutende (Bedien-)Konzept. Um es kurz zu machen – meistens tue ich mich mit (überschwänglichem) Lob ja eher schwer:
Wer mit der im Vergleich zu anderen Playern eher etwas zur Zurückhaltung neigenden Wiedergabe der unteren Frequenzlagen kein Problem hat und zudem weder ein Freund von betont metallisch glitzernden, „digitalen“ Klangbildern noch eines betont abgerundeten Hochtonbereichs ist – für den wäre es eindeutig suboptimal, würde er sich beim nächsten CD-Player-Kauf nicht intensiver mit den Isem Audio eGO phase 4 beschäftigen …
O.K., Sie haben recht – ich sag`s kürzer & prägnanter: Es gibt bestimmt eine Menge Hörer (wie mich), die den Franzosen sehr, sehr gut finden werden …
Der Isem Audio eGO phase 4 charakterisiert sich durch:
- ein ausgesprochen homogenes und natürliches Klangbild, welches sich durch die komplette Abwesenheit von digitalen Härten auszeichnet.
- durch eine hohe Homogenität und „Leichtfüßigkeit“ in der Wiedergabe.
- durch die Symbiose aus Detailreichtum, Körperhaftigkeit und dem Erreichen des vielgerühmten musikalischen Flusses.
- eine lokalisationsscharfe und involvierende Bühnenabbildung.
- eine tadellose Verarbeitung.
- ein für den einen oder anderen vielleicht gewöhnungsbedürftiges Bedienkonzept.
- durch das Fehlen des allerletzten Quäntchen Drucks im unteren Frequenzbereich.
Test: ISEM Audio eGO phase 4 | CD-Player