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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Der kleine Stern
  2. 2 Canton GLE 30: Hörtest und Vergleiche

fairaudio's favourite Award 2025Zwei hintereinandergestellte Schuhkartons groß, sauberes, aber schlichtes Gehäuse, rückseitige Bassreflexöffnung, zwei Wege und zwei Metalltreiber: Nein, die Canton GLE 30 muten auf den ersten Blick wenig außergewöhnlich oder gar aufregend an. Gleichwohl zählen sie mit zu den erfolgreichsten Modellen des aktuellen Canton-Portfolios und generell mit zu den beliebtesten Passivlautsprechern ihrer angenehm bodenständigen Preisklasse. Und: Chefentwickler Frank Göbl kommt am Telefon so ausgiebig und liebevoll ins Dozieren über seine Kleinen, dass ich irgendwie schon überrascht bin und zusätzlich neugierig werde. Die GLE 30 (598 Euro | https://www.canton.de/) scheint man im hessischen Weilrod ja wirklich ernst zu nehmen. Was die Wahrscheinlichkeit steigen lässt, dass hier und heute der bekannte Spruch mal andersrum geht – und aus Ernst tatsächlich Spaß wird.

Bevor es dann hoffentlich hörspaßig wird, sollten wir die Canton GLE 30 aber noch ein wenig inspizieren: Frank Göbl betont, dass die kleinen Serien – wie sollte es anders ein – natürlich nicht mit dem gleichen Aufwand und der gleichen Teilequalität wie die teuren Modelle beglückt werden. Dennoch agiere man beim Transfer des aus den Toplinien gewonnenen Forschungs-Know-hows nach „unten“ bewusst großzügig: „Die Zielfunktionen sind bei allen unseren Lautsprechern die gleichen“, sagt Frank Göbl. Klar, die variablen Stückkosten werden dadurch ja auch nicht wirklich höher, erinnert sich der frühe BWLer in mir, dennoch denken nicht alle Hersteller so.

Harte Jungs – die Treiber

Der Tiefmitteltöner der Canton GLE 30 arbeitet mit einer Titaniummembran, der Hochtöner mit einer Alu-Mangan-Kalotte

Der Tiefmitteltöner der Canton GLE 30 arbeitet mit einer Titaniummembran, der Hochtöner mit einer Alu-Mangan-Kalotte

Und so ist man im Hause Canton modellübergreifend etwa Fan von harten Membranmaterialien. Die mittels einer keramischen Aluminiumoxidschicht optimierten Lösungen teurerer Canton-Lautsprecher dürften vielen fairaudio-Lesern bestimmt geläufig sein. Der 174-mm-Tiefmitteltöner der Canton GLE 30 kommt hingegen mit einer schlichteren Titaniummembran, die Kalotte im typischen 1-Zoll-Format mit einer Alu-Mangan-Membran.

Die Arbeitsbereiche der beiden Treiber trennt die Frequenzweiche bei für ein solches System handelsüblichen 3,1 Kilohertz, dies allerdings recht steil: Hochpassseitig gesellt sich zu den 18 dB/Oktave noch ein Treiber-roll-off von 6 dB und auch der Tiefmitteltöner arbeitet mit 24 dB/Oktave (12 +12 dB). Auf „Zeitrichtigkeit“ trainierte Lautsprecher konnotiert man ja eigentlich eher mit flachen Trennungen, nichtsdestotrotz hätten die Optimierung der Gruppenlaufzeit und mithin der Phasenkohärenz auch bei den GLE 30 zu wichtigen Entwicklungszielen gezählt, so Frank Göbl. Ich greife mal ein wenig vor und meine, dass man das hört, nicht zuletzt an der Räumlichkeit der Wiedergabe.

Die cantontypische "Wave-Sicke" des Bassmitteltöners der GLE 30

Die cantontypische „Wave-Sicke“ ist mitverantwortlich dafür, dass der Bassmitteltreiber auch zu höheren Frequenzen hin sauber als Kolbenschwinger arbeitet

Ein gutes Pferd springt manchmal doch höher, als es muss: Ungeachtet besagter Trennfrequenz und Flankensteilheit ist der Konus nämlich in der Lage, bis hinauf zu über fünf Kilohertz sauber als Kolbenschwinger zu arbeiten. Neben dem harten Membranmaterial ist für diesen Skill die cantontypische Wave-Sicke (siehe oberes Bild) mitverantwortlich, ebenfalls ein Trickle-Down aus den Entwicklungen höherpreisiger Lautsprecher. Grundlegend geringere Verzerrungen sowie eine aus dem potenziell größeren Hub resultierende höhere Pegelfestigkeit sollen die hörbaren Vorteile sein. Auch das checken wir später natürlich noch ab.

Nerdy

Sinn fürs audiophile Detail beweisen die Hessen überdies bei solchen – nur scheinbaren – Trivialitäten wie der Zentrierspinne: Ein spezielles Gewebe sorge für flink wirkende Rückstellkräfte, wobei hierbei sogar die Imprägnierung des Materials ein Wörtchen mitrede, die mit auf die „Gedächtnislosigkeit“ des Ganzen einwirke, so Frank Göbl: Schließlich sollen sich die mechanischen Eigenschaften der Spinne im Betrieb und generell über die Zeit möglichst konstant verhalten. Übrigens: Wer bei „flink“ automatisch „zackige Dynamik“ assoziiert, liegt richtig, um – versprochen – an dieser Stelle wirklich den letzten ungebetenen Spoiler und Appetizer für den Soundcheck einzubringen.

Die Canton GLE 30 im Hörraum

Mit 89 dB/2,83V/m legen die Canton GLE 30 den zuspielenden Verstärkern auch wirkungsgradseitig keine Steine in den Weg

Auch die 25-mm-Kalotte hat audiophiles Feintuning mit auf den Weg bekommen: Der der Membran sichtbar vorgelagerte schwarze „Knopf“ hinter dem schützenden Metallgitter – man kennt das Ganze auch von anderen Canton-Lautsprechern – lässt im Betrieb ein mechanisches Luftpolster entstehen. Die Linse erhöhe Canton zufolge nicht nur den Wirkungsgrad des Tweeters, sondern bedämpfe das unweigerliche, typische Breakup der Kalotte – die bei der GLE 30 immerhin Frequenzen bis hoch zu 40 kHz (- 6 dB) erklimmt. Der sieben Zentimeter durchmessende Horntrichter hilft ebenfalls dabei mit, ein sauberes Klangbild zu zeitigen, indem er das Abstrahlverhalten gezielt beeinflusst und so unter anderem einen homogenen Übergang zwischen den beiden Treibern begünstigt.

Canton legt Wert darauf, dass die Hochtöner fertigungstechnisch mit einem Minimum an Verklebungen auskämen, möglichst klein will man außerdem den Magnetspalt halten, da so geringere Feldstärken und mithin weniger Eisen nötig werden, was schlussendlich verzerrungsevozierende Wirbelströme im Zaum halte. Letztgenannter Kniff bedinge produktionstechnisch allerdings eine Zentrierung von Hand.

Der Hochtöner der Canton GLE 30 mit Metallgitter

Der „schwarze Knopf“ vor der Kalotte der Canton GLE 30 erhöht den Wirkungsgrad des Tweeters und bedämpft das typische Aufbrechen der Membran

Fertigungstiefe vs. Fernost

Von Hand? Ja. Man mag zwar erwarten, dass Lautsprecher dieser Preisklasse allesamt irgendwo in Fernost vom Band poltern – Canton fertigt die GLE 30 nichtsdestotrotz in Tschechien, und zwar in einer dort ansässigen eigenen Fabrik. Besagte Verklebungen, Magnete, Weichen, sogar deren Schwingspulen entstammen Canton zufolge eigener Produktion. Weitere elektronische Bauteile würden zu einem Großteil zumindest deutsche Lieferanten beisteuern. Die Gehäuse lassen die Hessen hingegen in Polen schreinern, wobei die finale Endmontage der Lautsprecher dann wieder in Tschechien erfolgt. Die Minimierung der Serienstreuung habe schließlich hohe Priorität, so Frank Göbl, was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck käme, dass sich selbst einzelne Bauteile per Klippelmessungen vorab für die Integration in die Lautsprecher qualifizieren müssen.

Canton GLE 30: Hörtest und Vergleiche

Die Canton GLE 30 in Weiß

Erste Eindrücke und die Umkehrung von Erwartungen …

Wuppen wir die Canton GLE 30 aus ihrem Zwei-Bett-Karton, stellen sie auf stabile Boxenständer von Lovan, gönnen ihnen wie allen anderen Testlautsprechern, die bei mir eintrudeln, eine freie Aufstellung (> 1 Meter zu allen Seiten), winkeln sie nahezu „auf Achse“ ein – und setzen uns selbst auf das im Mittelfeld (2,5 Meter) positionierte, gemütliche Hörsofa. Erstes kurzes Ohr: Das klingt schon ganz ordentlich, aber noch ein bisserl staksig. Lassen wir die Gäste aus dem Taunus also in Ruhe ihre Reisestrapazen abstreifen und die noch etwas hüftsteife Mechanik gebührlich über ein verlängertes Wochenende eingrooven.

Nach rund 70 Stunden Einspielzeit ist von Hüftsteife nichts mehr zu spüren. Dafür von einigen klanglichen Eigenschaften, die ich bei einem Lautsprecher dieser Preisklasse nicht erwartet hätte. (Fast) nichts zu hören ist dagegen von meinen Vorbehalten, die ich gegen solche preisgünstigen, ja eigentlich doch auf Massentauglichkeit und das „schnelle Ohr“ trainierten Volumenmodelle hege. Das ist ja beinahe so, als hätte ich mich selbst – wie hieß das in der Schule? – mit dem Kehrwert malgenommen. Okay, die komplette Rechenoperation mal im Einzelnen:

Anrührend räumlich

Der 174-mm-Tiefmitteltöner der Canton GLE 30 mit Titaniummembran

Der 174-mm-Tiefmitteltöner der Canton GLE 30 mit Titaniummembran

In Sachen „räumliche Abbildung“ darf man bei kompakten Zweiwegerichen ja eh meist guter Hoffnung sein. Allerdings sind zugrundliegende Parameter wir Paargleichheit, Phasenkohärenz und Abstrahlverhalten auch bei kleinen Boxen keine Selbstläufer. Bei solchen für 600 Euro sowieso nicht. Dass der Wechsel auf die Canton GLE 30 von meinen mir ans Herz und Ohr gewachsenen Wilson SabrinaX und Sehring 903 – die in Preissphären schweben, die einen Vergleich eigentlich verbieten – mich dann derart wenig vermissen lässt, empfinde ich beinahe schon als sensationell:

Coil Musick To Play In The Dark 2Die zu Perkussion gesampelten Luftpolsterblasenplatzer in Coils „Where are you“ (Musick To Play In The Dark 2) schweben so präzise durchs Stereopanorama und überdies merklich links und rechts über die eigentliche Basisbreite hinaus, dass ich den GLE 30 für diesen Trick nur die volle Punktzahl geben kann. Ähnliches gilt für die Abbildung der Steeldrum, der Gitarre und des Kornetts in Robert Wyatts „On the Town Square“ (Comic Opera): Die jeweils links, mittig und rechts positionierten Instrumente markieren sauber und plastisch die grundlegenden Eckpfeiler für eine Soundscape, in der man sich selbst als verwöhnter Audiophiler sofort „drin“ wähnt. Zumal sich die Abbildung schön von den Boxen Richtung Hörer ablöst.

Und die unverkennbare, brüchig-raue Stimme von Mark Oliver Everett aka Eels nuschelt im wunderschönen, anrührenden „That’s not her Way“ (Tomorrow Morning) derart überzeugend exakt aus der Stereomitte, dass ich danach schnell hirnmassierenden Frickelmetal-Track von Behold… the Arctopus auflegen muss, um im trüben Dezember nicht doch noch der Melancholie zu verfallen. Kurzum: Die Canton GLE 30 sind wahre Bühnentalente und liefern ihrer Preisklasse zum Trotz in dieser Sache wahrhaft highendig ab. Außerdem verfügen sie offenbar über ein gutes Rundstrahlverhalten – heißt: von den beschriebenen Qualitäten der GLE 30 profitiert man nicht ausschließlich im Sweetspot auf der Sofamitte.

Das Single-Wiring-Terminal der Canton GLE 30

Das Single-Wiring-Terminal der Canton GLE 30

Zackig frickelig – die Dynamik

Scale the Summit VFrickel-Metal ist generell eine gute Idee. Zumindest, wenn man Musik wie die von Blotted Science (The Machinations of Dementia, keine audiophile Perle, aber sehr kreativ & virtuos) oder – schon audiophiler – Scale the Summit (Album: V) gerne auch mal kopfig genießt. Denn: Die Canton GLE 30 sind dynamisch pfeilschnell unterwegs und bleiben den rasanten Licks, dem leichtfüßigen Tapping, den impulsiven Tom-, Snare- und Hi-Hat-Schlägen sowie den generell wendigen und hakenschlagende Arrangements sauber auf der Spur. Prima, denn nur so kann die Komplexität, die Virtuosität solcher Musik richtig zur Geltung kommen – und entsprechend geschätzt und genossen werden.

Sinn fürs Subtile

Zumal die GLE 30 auch in puncto Auflösung nichts anbrennen lassen. Im Gegenteil: Transparenz und Sinn fürs Detail zählen zu ihren weiteren Stärken. Das fühlt man bereits bei den Frickel-Tracks und lässt sich beispielsweise – wir wechseln die Musikgenres – an Clock DVAs „Final Program“ oder Kasabians „Where did all the Love go?“ überprüfen. Nämlich am subtil wahrnehmbaren Sechzehntel-Ticken der elektronischen Hi-Hat beziehungsweise einer kurzen Passage mit unterschwellig durchschimmernden Gitarrenspuren. Die GLE 30 fördern solche Kleinigkeiten nahezu so gut zutage wie ich das gewohnt bin, Respekt.

Kopf und Bauch

Canton-Logo am Bassmitteltöner der GLE 30

Zurück zu Rock und Metal sowie Kopf und Bauch: „Intellektuelle Kopf-Hörer“ mit einem Faible für kompositorische und klangliche Strukturen und Verläufe werden – mit entspanntem Seitenblick auf den geschonten Geldbeutel – ihre helle Freude an den Canton GLE 30 haben. Bauchhörer könnten sich dagegen je nach Track noch etwas mehr Wumms wünschen: Was nicht an der Basswiedergabe liegt, auf die komme ich noch zu sprechen, sondern an einem kleinen Dip irgendwo im Grundtonbereich. Der Dip macht sich übrigens mitnichten bei jedem Rocksong bemerkbar, bei „Synaptic Plasticity“ von Blotted Science aber beispielsweise schon: Die E-Bass-Impulse und -Läufe muten im Vergleich zum Gitarren- und Becken-Sound tonal etwas zurückgenommen an. Sie geraten dynamisch zwar ebenso „schnell“ wie der Rest des Frequenzbandes, aber halt weniger voluminös, etwas druckloser als gewohnt, was trotz aller Schnelligkeit auch die gefühlte grobdynamische Wucht des Tracks etwas schmälert.

Monitoresk: die Mitten

Interessant und gut finde ich, dass der leicht zurückgenommene Bereich im Grundton kaum Einfluss auf die Mitten- beziehungsweise Stimmwiedergabe nimmt. Klar, die Farbkraft und Vollmundigkeit etwa der Bryston Mini A Bookshelf erreichen die Canton GLE 30 keineswegs, die kanadischen Lautsprecher sind allerdings bewusst euphonischer, wärmer abgestimmt, nicht zuletzt aufgrund ihres etwas betonten Tieftons; sie bedienen einen anderen Hörgeschmack. Die Mittenwiedergabe der GLE 30 erinnert mich an Studiomonitore, die ein minimales Faible für die Präsenz und Brillanz von Stimmen mit auf den Weg bekommen haben, um deren Durchhörbarkeit weiter zu befördern.

Der Hochtöner der Canton GLE 30 wird von einem robusten Metallgitter geschützt

Der Hochtöner der Canton GLE 30 wird von einem robusten Metallgitter geschützt

Unterm Strich ergibt sich zwar eine eher sachliche als schwelgerische, gleichwohl immer noch unverfärbt anmutende Mittenqualität: Ob die Wechsel zwischen klarem und energischem Gesang von Katrina Ford in Celebrations „Evergreen“ (The Modern Tribe), der unverkennbar kehlig-sanft-beschwörende Auftritt des The-Legendary-Pink-Dots-Frontmanns Edward Ka-Spel (9 Lives to Wonder) oder das beinahe einer akustischen Kriegserklärung gleichkommende Sludge-Metal-Growling von Aaron Turner im genialen „Rigid Man“ (Sumac: What one becomes) – die GLE 30 transportieren diese ganz unterschiedlichen Stimmen jeweils klangfarblich überzeugend, spielen ihre Stärken aber vor allem dahingehend aus, dass sie die die feinen Charakteristika, die spezifischen Texturen der Stimmen schön aufdröseln. Ja, letzteres zählt mit zu den Highlights dieser Lautsprecher, mit Blick auf den Preis finde ich ihr Differenzierungsvermögen geradezu hervorragend.

Sportlich knackig – der Bass

Der Bassmitteltöner der Canton GLE 30 mit Wave-Sicke

Den Grundton der Canton GLE 30 beschrieb ich in Teilbereichen ja tonal als etwas zurückgenommen. Für den darunterliegenden Bassbereich gilt das jedoch keineswegs: Bei den kurzen Tiefbassimpulsen im Intro von „Madame Guillotine“ der Legendary Pink Dots muss ich sogar überrascht aufhorchen – und den Track noch einmal starten, da ich meine, mich eigentlich verhört haben zu müssen. Nein, die GLE 30 buddeln tatsächlich so tief. Auch naturgemäß basslastiger Dubstep im Stile von Kode9 (Black Sun) oder der experimentelle, rein instrumentale Hip-Hop von Free The Robots (Ctrl Alt Delete) funktionieren mit den kleinen Canton so gut, wie man sich das bei einer Box dieser Größe und Preisklasse eigentlich nur wünschen kann.

Zumal ich die Tieftonwiedergabe erstens quantitativ als rechtschaffen ausgewogen und angenehm integriert empfinde (minimal angehoben, aber wirklich nicht der Rede wert). Und zweites auch die Qualität stimmt: Bassläufe und -impulse kommen sportlich-knackig: ja: absolut trocken rüber, ein Zug, der bestimmt auch von besagter Grundtonabstimmung profitiert, wie übrigens ebenso die sich toll ablösende Räumlichkeit. Wie dem auch sei: Der Bass der Canton GLE 30 und wertige Elektromucke gehen wirklich überraschend gut zusammen.

Ein Paar Canton GLE 30

Frische Luft im Oberstübchen – der Hochton

Gut mit Elektro gehen auch die Höhen, die ich en passant ja bereits beschrieb: Zählen doch Feindynamik und Transparenz mit zu den Stärken der GLE 30. Zudem tönen die Canton-Boxen schön luftig und haben mit guten Verstärkern vornedran auch durchaus ein Händchen für die ätherischen Obertonauren von Instrumenten. Mehr als etwa die kürzlich getesteten, mit integrierten Verstärkern ausgestattete Argon Forte WiFi-Serie. Allerdings boten die aktiven Dänen zum Teil ebenfalls eine wirklich erstaunliche Performance in meinem Hörraum – und obwohl die Forte A55 WiFi sehr zierliche Standlautsprecher sind, setzen sie den GLE 30 einen noch erwachseneren Bass entgegen.

An die Hochtonqualität einer Neat Acoustics Petite Classic (2.500 Euro) reicht die GLE 30 dann aber nicht heran. Die mit dem fairaudio’s favourite Award prämierte Petite schoss mir beim Hören und Schreiben übrigens schon die ganze Zeit durch den Kopf, könnte sie doch glatt als hochskalierte, nahe Verwandte der Canton GLE 30 durchgehen: Beide Lautsprecher ähneln sich mit Blick auf den Grundcharakter sowie ihre Stärken doch sehr, wobei die Neat das Ganze schlichtweg auf ein höheres Niveau hievt, sie mutet feinstofflicher und gleichzeitig reiner und verzerrungsärmer an. Aber: Die Canton ist eine tolle Alternative für Fans der Neat, die stärker aufs Budget achten wollen oder müssen.

Canton-Logo auf der Schallwand der GLE 30

Becken und Hi-Hats bilden die Neat Petite noch etwas feinpixeliger, lockerer aufgefächert und geschmeidiger ab. Die Canton stellen hingegen auch Sibilanten einen Tick kompakter und weniger „feinzerstäubt“ dar. Mögen teurere Lautsprecher obenrum also noch entspannter und gleichzeitig feinsinniger tönen: Die GLE 30 machen preisklassenbezogen hier dennoch einen sehr guten Job. Die Alternative für die Canton-Entwickler wäre wohl gewesen, sie einfach runder und gedeckelter abzustimmen, was dann zu Abstrichen bei der Feindynamik, Auflösung und Luftigkeit geführt hätte. Nicht besser, nicht schlechter, sondern reine Geschmacksache. Lautsprecher sind immer Kompromisse – mit fallendem Preis gilt das natürlich umso mehr.

Die Hochtondosis der Canton GLE 30 würde ich als straight neutral mit einer Minitendenz ins leicht Frische einordnen. Klar, man kann die Lautsprecher weniger stark auf den Hörplatz einwinkeln, das mindert für mein Empfinden aber vor allem das Gefühl von Luftigkeit, mir gefällt es besser, wenn die GLE-30-Tweeter direkter aufs Ohr zielen.

Vollverstärker Rotel A8 und Stereoendstufe Norma Revo PA 150 im Rack

Links oben im Rack der Vollverstärker Rotel A8, rechts daneben die Stereoendstufe Norma Revo PA 150, unten der DAC Canever Audio ZeroUno SSD sowie der Musikserver Melco N50-S38

Übrigens: Machen Sie sich über die Langzeittauglichkeit und Stressfreiheit der GLE 30 keine Sorgen, neutrale und „saubere“ Elektronik vorausgesetzt. Das funktionierte bei meinen Versuchen bereits mit einem Rotel A8 (399 Euro) – und zwar wirklich gut: Die Kombi klingt angenehm und lässt die beschriebenen Charakteristika der GLE 30 schön zur Geltung kommen. Ansonsten kann man im Zweifelsfall auch Quellen und Verstärker wählen, die im Hochton einen Tick weicher oder gedimmter tönen als Normalnull.

Meine Referenzkette (siehe Equipmentkasten am Ende des Tests) ist unterm Strich so ziemlich auf „neutral“ getrimmt – und selbst 80er-Jahre Plastikproduktionen wie Peter Gabriels „Sledgehammer“ richten mir die GLE 30 gut verdaulich an, wenngleich natürlich keine Schmeichelei fürs romantische Ohr geboten wird, klar.

Paaaartyyy?

Lediglich bei Pegeln, die so langsam Partyalarm auslösen, verlieren die Canton GLE 30 ein bisserl die Contenance und tönen zunehmend nervöser. Für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern reicht die Pegelfestigkeit aber wohl allemal, sofern die Wahrung des Nachbarschaftsfriedens als obligatorische Nebenbedingung des Musikgenusses gilt. Ein Tipp für die nächste größere Fete sind die kleinen Canton also nicht. Für Hörer, die spätabends gerne bei Flüsterpegeln hören, hingegen schon: Mir gefällt jedenfalls, dass ihr Klangbild auch bei geringen Lautstärken angenehm lebendig und anspringend wirkt, tonal nehme ich ebenfalls keine wirklich störenden Verschiebungen wahr.

Übergang der Schallwand zum Gehäusekörper der Canton GLE 30

Das Gehäuse der Canton GLE 30 ist zum Großteil foliert, nur bei der 19-Millimeter-Schallwand wollte sich Canton einen wertigeren Lackauftrag nicht nehmen lassen. Der Rest des MDF-Gehäuses ist 16 Millimeter stark

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Vincent

Test: Canton GLE 30 | Kompaktlautsprecher

  1. 1 Der kleine Stern
  2. 2 Canton GLE 30: Hörtest und Vergleiche

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